LVwG-300833/16/Kl/PP

Linz, 27.04.2016

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Ilse Klempt über die Beschwerde des Herrn S.J., vertreten durch G. Rechtsanwälte, x, W., gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 14. September 2015, BZ-Pol-09015-2014, wegen Übertretungen nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz den

B E S C H L U S S

gefasst:

 

I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungs­strafverfahren eingestellt.

 

 

II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Kostenbeitrag zum Beschwerdeverfahren zu leisten.

 

 

III. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 14.09.2015, BZ-Pol-09015-2014, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von 1.500 Euro in zwei Fällen, Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 50 Stunden, wegen jeweils einer Verwaltungsübertretung gemäß § 130 Abs. 5 Z 1 iVm § 118 Abs. 3 Arbeitnehmer­Innenschutzgesetz (ASchG) iVm § 87 Abs. 2 Bauarbeiter­schutzverordnung (BauV) verhängt, weil er es als gemäß § 9 Abs. 2 VStG verantwortlicher Beauftragter der Firma M. R. Gesellschaft mbH, W., x (Arbeitgeberin) hinsichtlich der Baustelle Hoch­regallager S. W., x, S. (TATORT!) zu vertreten hat, dass am 20.03.2014 bei einer Baustellenüberprüfung durch Arbeitsinspektor DI H., AI Linz, auf der o.a. Baustelle, nachfolgende Verwaltungsübertretung festgestellt wurde:

 

Am 20.03.2014 (TATZEITPUNKT!) waren I.M., geb. x und S.S., geb. x, beide Arbeitnehmer oa. Firma auf oa. Baustelle mit Isolierarbeiten am Dachsaum auf dem Dach mit weniger als 20° Neigung (Flachdach, ca. 2°) und bei einer Absturzhöhe von geschätzten 20 m bis 25 m beschäftigt, wobei keine Absturzsicherungen oder Schutzeinrichtungen gemäß §§ 7 bis 10 BauV vorhanden waren und obwohl bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung bis zu 20° und einer Absturzhöhe von mehr als 3,00 m Absturzsicherungen oder Schutzeinrichtungen gemäß §§ 7 bis 10 Bauarbeiterschutzverordnung vorhanden sein müssen. Die Arbeitnehmer waren auch nicht mittels Sicherheitsgeschirres sicher angeseilt.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer Bauleiter der Firma M. R. Gesellschaft mbH mit Sitz in W. sei. Im November 2013 habe die Gesellschaft einen Werkvertrag mit der Firma B. GmbH eingegangen und aufgrund eines Angebotes vom 05.11.2013 bei der Firma S. W. in S. Sanierungsarbeiten auf den Flachdächern eines Betriebsgebäudes durchgeführt. Die Gesellschaft habe zunächst mit den Arbeiten unverzüglich begonnen, wobei auch vorschriftsgemäß Absturzsicherungen angebracht gewesen wären. Die Arbeiten hätten in der Folge abgebrochen werden müssen, da eine ordnungsgemäße Ausführung der geplanten Arbeiten nicht möglich gewesen wäre. Es sei daher der Rat eines Sachverständigen für Dacheindeckungen und Bauwerksabdichtungen eingeholt worden, welcher zusätzliche Maßnahmen empfahl. Es sei von der Gesellschaft ein Zusatzangebot an den Bauherrn gelegt worden. Aufgrund der anfallenden Mehrarbeiten und der Wettersituation sei es nicht mehr möglich gewesen das beauftragte Werk selber herzustellen und sei daher der Auftrag zur Herstellung am 10.12.2013 an einen Subunternehmer erteilt worden, nämlich an die Firma F. GmbH mit Sitz in W. Diese habe als Subunternehmerin den Auftrag ausdrücklich und schriftlich angenommen und spätestens im März 2014 mit der Ausführung des Werkes begonnen. Bei der Kontrolle des AI Linz am 20.03.2014 seien zwei Arbeitnehmer auf dem dortigen Flachdach des Hochregallagers bei Isolierarbeiten angetroffen worden, wobei keine Absturzsicherungen oder Schutzeinrichtungen vorhanden gewesen seien und auch kein Sicherheitsgeschirr verwendet worden sei, allerdings habe es sich nicht um Arbeitnehmer der Firma R. GmbH gehandelt. Es seien lediglich Arbeitnehmer der Firma F. GmbH auf der Baustelle vorhanden gewesen, welche in eigener Verantwortung als Subunternehmer den Auftrag ausgeführt und das Werk auch im Frühling 2014 fertiggestellt hätte. Gegenstand des Subauftrages seien die Dach­isolierungsarbeiten gewesen, worunter nicht nur die Erbringung von Arbeitsleistungen bzw. die Beistellung einer Arbeitskraft zu verstehen gewesen sei, sondern sei die nach den Regeln der Technik entsprechende Ausführung der Dachisolierung, also die Herstellung eines bestimmten Erfolges beauftragt gewesen. Die Verwendung des Begriffes „Arbeiten“ ändere nichts daran, dass zwischen den Vertragsteilen die Herstellung eines bestimmten Erfolges vereinbart sei. Es bedarf auch keiner ausdrücklichen zusätzlichen Vereinbarung dahin­gehend, dass der Werkunternehmer selbstredend auch die Haftung (Gewährleistung) für sein Werk nach den Vorschriften des ABGB übernehme. Es sei auch unrichtig, dass die Arbeitnehmer in Arbeitskleidung der Firma R. auf der Baustelle angetroffen worden seien und fehlen hierfür Nachweise. Hinsichtlich des verwendeten Firmenbusses der Firma R. könne es möglich sein, dass der F. GmbH kurzfristig und leihweise ein Firmenbus zur Verfügung gestellt worden sei, möglicherweise sei an diesem Tage dem Subunternehmer kein eigenes Fahrzeug zur Verfügung gestanden. Auch wenn das gesamte Material von der Firma R. zur Verfügung gestellt worden wäre, würde dies nichts an der Qualifikation als Werkvertrag ändern, weil nach der ständigen Rechtsprechung die Einordnung eines Vertrages als Werkvertrag nichts daran ändert, wenn der Stoff vom Besteller beigestellt wird. Hinsichtlich einer Arbeitskräfteüberlassung werde auf § 9 Abs. 1 ASchG verwiesen, wonach eine Überlassung iSd des ASchG dann vorliege, wenn Arbeitnehmer einem Dritten zur Verfügung gestellt werden, um für ihn und unter seiner Kontrolle zu arbeiten. Diese Voraussetzung sei nicht erfüllt. Aber auch die Voraussetzungen gemäß § 4 Abs. 2 AÜG seien nicht erfüllt. Insbesondere sei § 4 Abs. 2 Z 2 AÜG nicht erfüllt, da dieser voraussetzt, dass fremdes Material und fremdes Werkzeug eingesetzt werde, wobei nur der Verwendung des Werkzeuges entscheidende Bedeutung zukomme und die Beistellung des Materials (des Werkstoffes) hingegen praktisch keinerlei Bedeutung hätte. Auch lasse sich nicht schlüssig darlegen, dass die Firma F. GmbH nicht für den Erfolg der Werkleistung haften würde. Aber lediglich bei Erfüllung eines der Tatbestands­merkmale des § 4 Abs. 2 AÜG zur Gänze kann die Gesamtbeurteilung entfallen. Das angefochtene Erkenntnis sei inhaltlich rechtswidrig. Darüber hinaus sei die verhängte Strafe überhöht, zumal der Beschwerdeführer für die Baustelle nicht zuständig sei, weil für die Erbringung der Arbeiten ein anderes Unternehmen betraut worden sei. Er hätte keinen Einfluss auf die Dienstnehmer des Unternehmens nehmen können und diesen Weisungen erteilen können. Auch sei der Beschwerdeführer unbescholten. Es sei auch außer Acht gelassen worden, dass die vorhandene Attika einen gewissen Absturzschutz biete, wodurch auch das Gefährdungspotential gemindert werde. Schließlich wäre das Tatsachen­geständnis als Milderungsgrund zu berücksichtigen gewesen.

 

3. Der Magistrat der Stadt Wels hat die Beschwerde samt dem bezug­habenden Verwaltungsstrafakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt und die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 03.12.2015, zu welcher die Verfahrensparteien geladen wurden und mit Ausnahme des Beschwerdeführers erschienen sind. Dieser wurde durch seinen Rechtsfreund vertreten. Weiters wurden die Zeugen AI DI A.H., S.S. und I.M. geladen und unter Beiziehung eines Dolmetschers einvernommen. Die in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Fotos wurden zum Akt genommen und der Entscheidung zugrunde gelegt.

 

4.1. Im Grunde des durchgeführten Beweisverfahrens steht folgender Sach­verhalt als erwiesen fest:

 

Der Beschwerdeführer wurde mit Zustimmungsurkunde vom 27.02.2014, beim AI Linz eingelangt am 27.02.2014, als Bauleiter zum verantwortlichen Beauftragten der Firma R. GmbH mit Sitz in W. für den Dienstort W., x, für den sachlichen Zuständigkeitsbereich „Einhaltung des Arbeitsinspektionsgesetzes, aller Arbeitnehmerschutzvorschriften und Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften BauV, AM-VO, KJBG“ und den räumlichen Zuständigkeitsbereich „S. S., x“ bestellt. Dieser Bestellung wurde nach­weislich zugestimmt.

Am 20.03.2014 wurde an der Baustelle Hochregallager S. W., x, S., eine Kontrolle durch das AI Linz durchgeführt. Dabei wurden die Arbeiter I.M. und S.S. mit Isolierarbeiten am Dachsaum beschäftigt angetroffen, wobei keine Absturzsicherungen oder Schutzeinrichtungen vorhanden waren und die Arbeitnehmer auch nicht angeseilt waren. Die Dachneigung war zirka 2°, nämlich Flachdach, und die Absturzhöhe betrug zwischen 20 und 25 m. Es war eine Attika von zirka 10 cm bzw. durch die Dachneigung bis zu 30 cm Höhe vorhanden. Auf dem Dach selbst waren zwei Sekuranten vorhanden, persönliche Schutzausrüstungen waren auf dem Dach nicht vorhanden. Hinsichtlich eines Firmenbusses verwiesen die beiden Arbeitnehmer auf den Firmenbus der Firma R. Die Arbeitnehmer haben Abschlussarbeiten auf dem Dach durchgeführt. Es waren nur die beiden Arbeitnehmer auf der Dachfläche. Eine Verständigung vor Ort war mangels Sprachkenntnisse der Arbeitnehmer nur schwer möglich. Sie verneinten die Frage, dass sie Arbeitnehmer der Firma R. seien. Das Material wurde von der Firma R. bereitgestellt. Nach dem Chef auf der Baustelle befragt wurde die Firma R. genannt.

Die beiden Arbeiter waren Arbeitnehmer der Firma F. Sie wurden von dieser zur Sozialversicherung aufrecht gemeldet. Es gibt keine Verein­barung der Firma F. mit den Arbeitnehmern über Leiharbeit bzw. Arbeitskräfte­überlassung.

Die Firma F. hat von der Firma R. den Auftrag erhalten die Dachisolierarbeiten durchzu­führen. Am Kontrolltag wurde der Bus der Firma R. verwendet, da die Firmenbusse – die Firma F. hatte nur zwei Firmenbusse – nicht zur Verfügung standen. Die beiden Firmen liegen nicht weit auseinander. Herr F. hat den Bus zur Firma gebracht und es hat der Arbeitnehmer M. dann den Bus zur Baustelle gefahren. Er war verant­wortlich. Am 20.03.2014 hat er den letzten Tag gearbeitet. An diesem Tag wurden die Arbeiten auch abgeschlossen.

Das verwendete Werkzeug war von der Firma F., nämlich sämtliche Maschinen und Arbeitsroboter. Die Arbeitseinteilung für die Baustelle wurde durch Herrn D.F., dem Chef, vorgenommen. Für den Fall von Abwesenheiten musste man sich bei ihm abmelden. Die Arbeiten dauerten auf der Baustelle zirka 14 Tage. Es wurde Dämmung aufgetragen und eine Folie gelegt und verschweißt. Dies macht die Robotermaschine.

Über die Baustellenkontrolle hat der Arbeitnehmer seinen Chef, Herrn F., unterrichtet. Einen Kontakt mit der Firma R. hatte er nicht.

Die Firma F. arbeitet mit der Firma R. zusammen und führt meistens für die Firma R. Arbeiten aus, manchmal für die Firma R. H.

Die Dachisolierarbeiten auf der konkreten Baustelle wurden ausschließlich von Arbeitern der Firma F. ausgeführt, es waren keine Arbeitnehmer der Firma R. auf der Baustelle.

Die Arbeitnehmer trugen die persönliche Oberbekleidung, insbesondere die eigene Jacke. Von der Firma F. bekamen sie Hose und Arbeitsschuhe. Ein Arbeitnehmer bekam auch eine Jacke, die ihm aber zu groß war und weshalb er dann seine eigene Jacke trug. Der Arbeiter S. trug auf der konkreten Baustelle eine Hose der Firma R., die ihm von seinem Schwager geschenkt wurde, welcher bei der Firma R. arbeitete. Eine neue Hose hätte er von der Firma F. erst zu Neujahr bekommen.

Am 20.03.2014 wurden lediglich Schlussarbeiten durchgeführt, nämlich war eine undichte Stelle an der Attika, die gestückelt werden musste und vom Kollegen dann geschweißt werden musste.

Das Material wurde bereits im Dezember 2013 geliefert und mit einem Kran der Firma F. auf das Dach gehoben. Das Material wurde dort abgelagert und abgedeckt. Die Arbeiten wurden dann erst im März 2014 begonnen. Zum Zeitpunkt der Anlieferung und Ablagerung des Materials war der Geschäftsführer F. auf der Baustelle, später dann etwa fünf oder sechs Stunden auf der Baustelle. Von der Firma R. war im März 2014 niemand auf der Baustelle.

Hinsichtlich einer Absturzsicherung verwiesen die Arbeiter darauf, dass vorher während der Arbeiten ein Geländer angebracht war, dieses aber dann weil die Arbeiten schon fertig waren, entfernt wurde und nur mehr die Abschluss- bzw. Ausbesserungsarbeiten vorzunehmen waren.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den vorliegenden Fotos sowie aus den Aussagen der einvernommenen Zeugen. In den wesentlichen Punkten, insbe­sondere Arbeiten auf der Dachfläche, keine Absturzsicherungen, Arbeitskleidung, Firmenbus, Anordnungen für die Baustelle, Material und Werkzeug, usw. stimmen die Aussagen im Wesentlichen überein. Wenn hingegen der Arbeitsinspektor angibt, dass ein Arbeitnehmer eine Jacke der Firma R. bzw. mit einer Aufschrift der Firma R. trug, ein Arbeitnehmer aber ausführte seine persönliche Jacke getragen zu haben und eine Hose der Firma R. angehabt zu haben, so sind diese unter­schiedlichen Angaben aber letztlich nicht von Relevanz. Wesentlich und einhellig ergab sich, dass nur Arbeitnehmer der Firma F. Dachabdichtungsarbeiten durchgeführt haben, die Anweisungen für die Arbeiten ausschließlich von der Firma F. kamen, auch der Chef der Firma F. die Baustelle besuchte und nicht der Firma R. Auch das Werkzeug, insbesondere größere Maschinen und Schweißroboter stammen von der Firma F. Unbestritten ist auch, dass die Firma F. viele Aufträge für die Firma R. in Sub ausführt. Hingegen war zu würdigen, dass selbst bei der Kontrolle gegenüber dem Arbeitsinspektor immer wieder von den Arbeitern angeführt wurde, dass sie für die Firma F. bzw. bei der F. arbeiten, die Arbeiten aber für R. ausgeführt werden.

Glaubwürdig erscheint insbesondere auch, dass die Auftragsweitergabe im Dezember 2013 erfolgte, danach auch das Material an die Baustelle geliefert wurde und dann die Arbeiten aber nicht ausgeführt wurden, sondern erst nach Verstreichen der Wintermonate im März 2014 begonnen wurden.

 

5. Hierüber hat der Oö. Landesverwaltungsgericht erwogen:

 

5.1. Gemäß § 87 Abs. 2 Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) müssen bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung bis zu 20° und einer Absturzhöhe von mehr als 3,00 m Absturzsicherungen oder Schutzeinrichtungen gemäß §§ 7 bis 10 vorhanden sein.

Gemäß § 130 Abs. 5 Z 1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 166 bis 8.324 Euro, im Wieder­holungsfall mit Geldstrafe von 333 bis 16.659 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt weitergeltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

Gemäß § 3 Abs. 1 Arbeitskräfteüberlassungsgesetz – AÜG ist Überlassung von Arbeitskräften die Zurverfügungstellung von Arbeitskräften zur Arbeitsleistung an Dritte. Überlasser ist, wer Arbeitskräfte zur Arbeitsleistung an Dritte vertraglich verpflichtet (Abs. 2). Beschäftiger ist, wer Arbeitskräfte eines Über­lassers zur Arbeitsleistung für betriebseigene Aufgaben einsetzt (Abs. 3).

Gemäß § 2 Abs. 2 AÜG gilt für jede Überlassung von Arbeitskräften, dass keine Arbeitskraft ohne ihre ausdrückliche Zustimmung überlassen werden darf.

Gemäß § 4 Abs. 1 AÜG ist für die Beurteilung, ob eine Überlassung von Arbeitskräften vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.

Gemäß § 4 Abs. 2 AÜG liegt Arbeitskräfteüberlassung insbesondere auch vor, wenn die Arbeitskräfte ihre Arbeitsleistung im Betrieb des Werkbestellers in Erfüllung von Werkverträgen erbringen, aber

1.   kein von den Produkten, Dienstleistungen und Zwischenergebnissen des Werkbestellers abweichendes, unterscheidbares und dem Werkunternehmer zurechenbares Werk herstellen oder an dessen Herstellung mitwirken oder

2.   die Arbeit nicht vorwiegend mit Material und Werkzeug des Werkunter­nehmers leisten oder

3.   organisatorisch in den Betrieb des Werkbestellers eingegliedert sind und dessen Dienst- und Fachaufsicht unterstehen oder

4.   der Werkunternehmer nicht für den Erfolg der Werkleistung haftet.

Der VwGH führt in seinem Erkenntnis vom 29.04.2011, Zl. 2011/09/0024, aus, dass selbst im Fall zivilrechtlich als Werkvertrag einzustufender Vereinbarungen (und einer entsprechenden Vertragsabwicklung) zwischen Unternehmer und "Subunternehmer" eine Arbeitskräfteüberlassung vorliegt, wenn eine der Ziffern des § 4 Abs. 2 AÜG anwendbar ist. Einer Gesamtbeurteilung des Sachverhalts im Sinne des § 4 Abs. 1 AÜG bedarf es nur dann, wenn der Tatbestand keine der vier Ziffern des § 4 Abs. 2 AÜG (in Verbindung mit dem Einleitungssatz dieser Bestimmung) zur Gänze erfüllt.

Auch im Erkenntnis vom 19.05.2014, Ro 2014/09/0026, führt der VwGH aus, dass bei Erfüllung auch nur eines der in § 4 Abs. 2 Z 1 bis 4 AÜG genannten Tatbestandsmerkmale jedenfalls dem wirtschaftlichen Gehalt nach Arbeitskräfte­überlassung im Sinn des § 3 Abs. 1 AÜG durch den Werkunternehmer als Über­lasser im Sinn des § 3 Abs. 2 AÜG (der insofern die überlassenen Arbeitskräfte mittelbar zur Arbeitsleistung an den Beschäftiger verpflichtet) an den Werk­besteller als Beschäftiger im Sinn des § 3 Abs. 3 AÜG vorliegt.

 

5.2. Im Grunde des als erwiesen festgestellten Sachverhaltes ergibt sich grundsätzlich klar, dass die Arbeitsleistung nicht „im Betrieb des Werkbestellers“ – wenn auch in Erfüllung von Werkverträgen – ausgeführt wird, zumal eindeutig festzustellen war, dass die Arbeiter nur über Arbeitseinteilung und Anweisung ihres Arbeitgebers, nämlich des Werkunternehmers, tätig wurden, dort auch allfällige Abwesenheiten zu melden hatten und die Aufsicht auf der Baustelle über die Arbeitsverrichtung vom Werkunternehmer allein durchgeführt wurde. Darüber hinaus wurden die auszuführenden Abdichtungsarbeiten ausschließlich von der Firma F. ausgeführt und waren daher vom Betrieb und den Arbeits­leistungen der Firma R. als Werkbesteller eindeutig abzugrenzen. Arbeitnehmer der Firma R. waren zu keiner Zeit der Abdichtungs­arbeiten auf dem Dach der Baustelle anwesend. Es war daher das Tatbestandsmerkmal gemäß § 4 Abs. 2 Z 1 AÜG nicht erfüllt. Hinsichtlich der Bestimmung des § 4 Abs. 2 Z 2 AÜG wurde einhellig dargelegt, dass das Material auf die Baustelle angeliefert wurde, das Werkzeug aber ausschließlich vom Werkunternehmer beigestellt wurde. Der Beschwerdeführer selbst gibt an, dass das Material von ihm beigestellt wurde. Da sohin nicht Material und Werkzeug vom Werkbesteller geliefert wurde war auch diese Bestimmung nicht zur Gänze erfüllt. Jedenfalls waren die Arbeiter keinesfalls in den Betrieb des Werkbestellers eingegliedert und unterstanden nicht dessen Dienst- und Fachaufsicht (§ 4 Abs. 2 Z 3 AÜG). Wenngleich auch nicht ausdrücklich im vorgelegten Werk­vertrag eine Haftungsübernahme durch die Firma F. geregelt wurde, so kann diese auch mangels Regelung nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Aus den Gesamtumständen, dass nämlich die Arbeiten und die hierfür erforderlichen Maschinen und Roboter ausschließlich von der Firma F. durchgeführt wurden und die Arbeiten von ihr kontrolliert wurden, spricht nach der allgemeinen Lebenserfahrung jedenfalls vieles auch für eine Gewährleistung und Haftung durch die Firma F. als ausführendes Unternehmen.

Im Sinn der aufgezeigten Judikatur des VwGH war daher noch eine Beurteilung nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt gemäß § 4 Abs. 1 AÜG vorzunehmen. Wenngleich auch die Verwendung des Firmenbusses des Werkbestellers (Firma R.) sowie auch Verwendung von Arbeitsbekleidung des Werk­bestellers grundsätzlich den äußeren Anschein der Arbeitsleistung durch diese Firma erweckt, so ist dem gegenüber zu stellen, dass die Arbeitnehmer zu keiner Zeit persönlichen Kontakt zur Firma R. hatten, keine Arbeitskraft dieser Firma während der Arbeiten durch die Firma F. anwesend war, die Arbeiten ausschließlich durch die Firma F. kontrolliert wurden, von dieser Firma auch in Rechnung gestellt wurden, die Arbeitnehmer auch keine Vereinbarung mit ihrer Firma über eine Zurverfügungstellung an Dritte hatten, also auch keine ausdrückliche Zustimmung zur Überlassung gaben, und schließlich von der Firma F. ordnungsgemäß zur Sozialversicherung gemeldet waren. In Gesamtbetrachtung kann daher das Vorbringen des Beschwerdeführers, dass nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt keine Arbeits­kräfteüberlassung sondern eine Werkbestellung bzw. ein Subunternehmervertrag vorliegt, nicht zur Gänze von der Hand gewiesen werden. Insbesondere entspricht es auch der Lebenserfahrung, dass Firmen in enger Zusammenarbeit kooperieren in dem Sinne, dass Teilleistungen eines Gesamtauftrages von Subfirmen in Eigenverantwortung erbracht werden. Es kann daher nicht mit der für die Durchführung eines Strafverfahrens erforderlichen Sicherheit von einer Arbeitskräfteüberlassung ausgegangen werden. Ebenfalls ist aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens nicht davon auszugehen, dass die Firma R. Arbeitgeber der angetroffenen Arbeitnehmer war.

 

Gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann und keine Verwaltungsübertretung bildet.

Es war daher spruchgemäß das Straferkenntnis im Zweifel aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Abschließend wird jedoch darauf hingewiesen, dass der Beschuldigte als rechtmäßig bestellter verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs. 2 VStG für den Dienstort in W. bestellt wurde und daher Tatort als Ort, an dem die erforderlichen Dispositionen zu treffen gewesen wären, W. ist. Die Anführungen im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses entsprechen nicht den Ermittlungsergebnissen. Darüber hinaus wäre bei einem Tatort in S. die das Straferkenntnis erlassende Behörde örtlich unzuständig.

 

6. Bei diesem Ergebnis entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kosten­beitrages zum Beschwerdeverfahren gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG.

 

7. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s e

1.   Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichts­hof einzubringen.

 

2.   Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Ilse Klempt