LVwG-300714/4/Kü/PP
Linz, 18.04.2016
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Thomas Kühberger über die Beschwerde des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr, Handel-Mazzetti-Promenade 14, 4400 Steyr, vom 6. Mai 2015, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 10. April 2015, SV96-17-2014, betreffend Einstellung des gegen Frau E.H., vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Dr. C.J., x, K., geführten Verwaltungsstrafverfahrens wegen Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird die Beschwerde abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. 1. Mit Bescheid vom 10. April 2015, SV96-17-2014, hat die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems (im Folgenden: belangte Behörde) das gegen Frau E.H. wegen des Verdachts von Verwaltungsübertretungen gemäß § 111 Abs. 1 iVm § 33 Abs. 1 ASVG eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren (unterlassene Anmeldung von Frau O.M., Frau Z.M., Frau A.R., Frau I.R., Frau A.S. und Frau Z.S. zur Sozialversicherung) gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 Verwaltungsstrafgesetz eingestellt.
Begründend wurde festgehalten, dass über die gegenständliche Tätigkeit zwischen den genannten Damen und der H. BetriebsgmbH, als deren handelsrechtliche Geschäftsführerin die Beschuldigte fungiert, weder ausdrückliche schriftliche noch mündliche vertragliche Vereinbarungen abgeschlossen worden seien. Die Oö. GKK habe gegenüber der belangten Behörde bekannt gegeben, dass bei dieser Anzeige keine Beitragszuschläge nach § 113 ASVG verhängt oder eine Anmeldung zur Pflichtversicherung eingefordert worden wäre. Die Auskunft, welche das Finanzamt Kirchdorf Perg Steyr auf telefonische Nachfrage bekommen habe, wonach es sich bei Sexualdienstleisterinnen um Dienstnehmerinnen iSd § 4 Abs. 2 ASVG handle, und sich diese ab 1. April 2014 bei der zuständigen Oö. GKK ordnungsgemäß anmelden könnten, sei bestimmt richtig. Angemerkt sei allerdings, dass der Tatzeitpunkt (Kontrollzeitpunkt) bereits am 26. Februar 2014 gewesen sei und somit eine Anmeldung noch nicht möglich gewesen wäre.
Da das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses der in Rede stehenden Parteien nicht nachgewiesen werden hätte können, können die der Beschuldigten zur Last gelegten Taten (unterlassene Anmeldungen zur Sozialversicherung) nicht erwiesen werden.
2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Finanzamt Kirchdorf Perg Steyr eingebrachte Beschwerde, in der beantragt wird, den bekämpften Bescheid zu beheben und nach Entscheidung in der Sache eine angemessene Strafe zu verhängen.
Begründend wurde auf die Ausführungen der Abgabenbehörde im Strafantrag vom 5. März 2014 sowie auf die Stellungnahme vom 6. Juni 2014 verwiesen. In der Folge wurden der Strafantrag sowie die Stellungnahme wörtlich wiedergegeben.
Zudem wurde ausgeführt, dass die Einstellung des Strafverfahrens mit der Begründung, dass die Oö. GKK keine Beitragszuschläge nach § 113 ASVG verhängt bzw. keine Anmeldung zur Pflichtversicherung eingefordert habe, nicht als einzige Begründung für die Einstellung des Strafverfahrens herangezogen werden könne. Im Übrigen sei die Aussage der Oö. GKK, dass eine Anmeldung zur Sozialversicherung ab 1. April 2014 möglich sei, auch wohl dahingehend zu verstehen, dass eine Dienstnehmereigenschaft von Sexualdienstleisterinnen grundsätzlich sehr wohl gegeben sein könne. Die Behörde hätte sich im Sinn einer Gesamtabwägung mit dem wahren wirtschaftlichen Gehalt des durch die Finanzpolizei festgestellten Sachverhaltes, sohin mit der Frage ob ein Beschäftigungsverhältnis vorliege, auseinandersetzen müssen.
3. Die belangte Behörde hat die Beschwerde samt Verfahrensakt mit Schreiben vom 7. Mai 2015, eingelangt am 19. Mai 2015, dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidungsfindung vorgelegt. Dieses hat gemäß § 2 VwGVG durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter zu entscheiden.
4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. In Wahrung des Parteiengehörs wurde der Beschuldigten Gelegenheit gegeben, zu den Beschwerdeausführungen Stellung zu nehmen. In der von der rechtsfreundlichen Vertretung eingebrachten Stellungnahme wurde unter anderem wörtlich festgehalten:
1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder
2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder
3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder
4. gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.
Nach § 33 Abs. 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden.
Nach § 35 Abs. 1 ASVG gilt als Dienstgeber i.S. dieses Gesetzes u.a. derjenige, für dessen Rechnung jener Betrieb geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist. Dies gilt entsprechend auch für die gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 ASVG pflichtversicherten, nicht als Dienstnehmer beschäftigten Personen.
Nach § 4 Abs. 2 ASVG ist als Dienstnehmer anzusehen, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Thomas Kühberger