LVwG-850546/2/WEI/BZ

Linz, 18.04.2016

B E S C H L U S S

gefasst:

 

 

I.          Der Beschwerde wird insofern stattgegeben, als der Bescheid des Kuratoriums der Wohlfahrtseinrichtungen der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten, GZ:  L 1275/2015-R1, amtssigniert am 26. Juni 2015, aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides gemäß § 28 Abs 3 Satz 2 VwGVG an die belangte Behörde zurückverwiesen wird.

 

 

II.         Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Bescheid des Kuratoriums der Wohlfahrtseinrichtungen der Bundes­kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten (in der Folge: belangte Behörde) zu GZ.: L 1275/2015-R1, ohne Datum, aber amtssigniert am 26. Juni 2015, wurde ausgesprochen, dass gemäß den Bestimmungen des Statutes der Wohlfahrtseinrichtungen der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten in der Fassung der 211. VO vom 25.10.2012 (StWE), kundgemacht in den A N d B A u I Nr. 11/2012, der Beitragsrückstand des Dipl.-Ing. H W L (zum Pensionsfonds) zum Stichtag 31.12.2013 776,31 Euro beträgt.

 

Die gesamte Begründung des Bescheides lautet:

 

„Die nachfolgende Begründung ist in folgende Teile gegliedert:

 

I.             Rechtsgrundlagen

II.           Berechnung des Rückstands

 

I.            Rechtsgrundlagen

Der Pensionsfonds der Wohlfahrtseinrichtungen der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten wurde gem. Pensionsfonds-Überleitungsgesetz BGBl I 4/2013 in das FSVG übergeleitet.

Gem. § 34 Abs. 7 ist die Höhe der aushaftenden Beitragsforderung zum 31.12.2013 mit Feststellungsbescheid gem. § 36 Überleitungsstatut anzuführen.

 

II.          Berechnung der rückständigen Beitragsforderung

 

Summe der Beiträge und Zahlungen

 

Bis zum 31.12.2012 waren in Summe Beiträge zu leisten in Höhe von 60.701,63 €

davon wurden bis 31.12.2013 Beitragszahlungen (ohne Zinsen und Spesen)

erbracht in Höhe von 59.925,32 €

die rückständige Beitragsforderung (ohne Zinsen und Spesen) beträgt somit

zum 31.12.2013 776,31 €“

 

Dem angefochtenen Bescheid ist die Beilage „Entwicklung des Beitragsrückstands bis 31.12.2013“ eine Tabelle von 2000 bis 2013 mit den Jahressummen der Vorschreibungen, Beitragszahlungen und Rückstände angeschlossen.

 

I.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die als Berufung fehlbezeichnete Beschwerde von Dipl.-Ing. H W L (in der Folge kurz: Bf) vom 31.07.2015, mit der die Abänderung des Bescheides und Festsetzung des Beitragsrückstands zum Stichtag 31.12.2013 mit 0,00 Euro beantragt werden.

Die Beschwerde wird wie folgt begründet:

 

„1. Der Bescheid mit unbekanntem Datum ist darüberhinaus nicht überprüfbar, weil er keine Begründung enthält und die Rückstände nicht nachvollziehbar sind.

Der Berufungswerber befand sich seit 08.01.2008 bis 28.05.2009 in einem Schulden­regulierungsverfahren. Am 17.03.2009 wurde ein Zahlungsplan in Höhe von 6%, zahlbar in 5 jährlichen Raten zu je 1,2%, fällig jeweils bis 30.01. eines jeden Jahres, beginnend mit 30.01.2011, wobei die letzte Rate bis 30.01.2015 zur Zahlung fällig war, angenommen.

 

2. Der Berufungswerber hat alle Teilzahlungsraten von jährlich EUR 68,52 an die Bundes­kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten überwiesen und damit seine gesamten Verbindlichkeiten bezahlt. Ein weiterer Rückstand insbesondere für 2013 ist nicht erklärbar.

 

3. So hat auch die Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten über ihren Rechtsanwalt Dr. B E mit Schreiben vom 16.03.2015 mitteilen lassen, dass bereits Rest­schuldbefreiung eingetreten ist. Damit besteht aber auch kein wie immer gearteter Rückstand des Berufungswerbers, sodass ein Rückstand mit EUR 0,00 festzusetzen ist.

 

4. Aus der dem Bescheid beigefügten Beilage ergeben sich auch nicht die Quotenraten, die der Berufungswerber im Zeitraum 2009 bis einschließlich 2015 zur Einzahlung gebracht hat. Der Bescheid ist daher nicht nachvollziehbar. Auch hat der Berufungs­werber während des laufenden Schuldenregulierungsverfahrens immer alle Vorschrei­bungen bezahlt. Soweit die Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten noch aus dem Jahr 2000 eine Abrechnung durchführt und zu einem Rückstand gelangen sollten, ist darauf hinzuweisen, dass allfällige Rückstände bis zur Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens eine Konkursforderung darstellen und quotenmäßig zu bedienen wäre. Da der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten die Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens bekannt war und eine Anmeldung einer Konkursforderung nicht rechtzeitig erfolgte und zwischenzeitig jedenfalls Restschuld­befreiung eingetreten ist, kann kein wie immer gearteter Rückstand geltend gemacht werden.

 

5. Eigenartig wirkt auch der Umstand, dass zwar ab 2008 keine Vorschreibungen mehr erfolgt sind, aber eben das Konto belastet wurde.

 

6. Da somit kein Rückstand vorliegt, kann es auch begrifflich keinen Rückstand geben. Nochmals wird darauf hingewiesen, dass in der Entwicklung des Beitragsrückstandes zum 31.12.2013 die Quotenzahlungsbeträge von EUR 68,52 nicht aufscheinen.

Beweis: Einvernahme des Berufungswerbers“

 

 

II.1. Die belangte Behörde hat die gegenständliche Beschwerde mit ihrem „Verfahrensakt“ dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Das undatierte und von niemandem gefertigte „Vorlageschreiben“ ist am 1. Februar 2016 beim Landesverwaltungsgericht eingelangt. Der vorgelegte Akt besteht aus dem angefochtenen Bescheid, einem nicht aussagekräftigen (mangels Hinweises auf die zuzustellende Urkunde) Rückschein (RSa) in Kopie mit nicht zur Beschwerde passender Übernahmebestätigung am 01.12.2014 (im Rechtsmittel wird die Zustellung mit 03.07.2015 angegeben), der Beschwerde, einem Ausdruck des Statuts der Wohlfahrtseinrichtungen (allerdings idF 209. VO der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten), dem Erhebungs­blatt für den Versorgungsfonds vom 19.08.1975, einer tabellarischen Aufstellung der Rückstande und Kontoauszügen.

 

II.2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde kommentarlos zur Entschei­dung übermittelten Verfahrensakt. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG schon deshalb abgesehen werden, weil sich bereits aus der Aktenlage ergibt, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

 

 

III. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

III.1. Gemäß § 28 Abs 2 Z 1 und 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

 

Gemäß § 28 Abs 3 Satz 2 VwGVG kann das Verwaltungsgericht den ange­fochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, wenn die Behörde die notwendigen Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungs­gericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

 

III.2. Verfahrensgegenständlich hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid lediglich ein „Ergebnis“ dargestellt. Der Weg zum Ergebnis ist weder der äußerst kurz gehaltenen Begründung des Bescheides noch der Beilage zum Bescheid zu entnehmen. Auch nach dem vorgelegten Verfahrensakt der belangten Behörde ist nicht nachvollziehbar, wie die belangte Behörde zu dem im Bescheid festgesetzten Beitragsrückstand gelangt. Dies nicht einmal ansatzweise.

 

Aufgrund der vorgelegten Unterlagen ist es dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich daher nicht möglich, den maßgeblichen Sachverhalt festzustellen, insbesondere auch über das Beschwerdevorbringen, dass die Quotenzahlungs­beträge von 68,52 Euro nicht aufscheinen würden, abzusprechen.

Da sowohl im angefochtenen Bescheid, als auch im vorgelegten Akt jedwede Erläuterung in der Sache, insbesondere auch dazu, ob und inwiefern das Schuldenregulierungsverfahren des Bf berücksichtigt wurde, fehlt, muss davon ausgegangen werden, dass die belangte Behörde die notwendigen Ermittlungen schlechthin unterlassen hat, die sie in die Lage versetzt hätten, geeignete Feststellungen im Detail zu den maßgeblichen Buchungen und Kontobewegungen zu treffen und den Rückstand nachvollziehbar und überprüfbar darzustellen.

 

Nach der mittlerweile ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (beginnend mit VwGH 26.06.2014, Zl. Ro 2014/03/0063) kommt eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen insbesondere dann in Betracht, wenn die Verwaltungs­behörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat.

 

Im vorliegenden Fall weist der angefochtene Bescheid keine substantielle Begründung auf und ist damit grob mangelhaft. Es ist in keiner Weise nach­vollziehbar, wie die belangte Behörde zu ihrem Ergebnis gelangt. Die akten­kundigen Unterlagen sind alles andere als selbsterklärend und ohne jegliche Erläuterung durch die belangte Behörde wenig hilfreich. Eine Entscheidung über das Beschwerdevorbringen ist dem Gericht auf Grundlage der übermittelten Unterlagen nicht möglich.

 

Der für eine inhaltliche Entscheidung maßgebliche Sachverhalt im Sinne des § 28 Abs 2 Z 1 VwGVG steht somit nicht fest. Dies wird auch in der eingebrachten Beschwerde mit Nachdruck kritisiert.

 

Fraglich ist für eine Anwendung des § 28 Abs 3 Satz 2 VwGVG leg cit daher lediglich, ob die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

 

Für das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ist nicht ersichtlich, dass die eigene Sachverhaltsermittlung eine Kostenersparnis bewirken könnte. Die belangte Behörde müsste auf Grund ihrer Buchhaltung und der vorhandenen Aufzeichnungen den maßgeblichen Sachverhalt ohne weiteres ermitteln und feststellen können. Es ist auch davon auszugehen, dass die belangte Behörde auf Grund ihrer Sachnähe ein Ermittlungsverfahren viel rascher durchführen und abschließen könnte als es das Landesverwaltungsgericht könnte. Dieses müsste gegebenenfalls mit Hilfe eines Buchsachverständigen versuchen Klarheit zu gewinnen, jedenfalls aber eine ausführliche Stellungnahme der belangten Behörde einholen, die anschließend dem Parteiengehör unterliegt, wobei unter Umständen noch weitere Fragen aufgeworfen werden. Das gerichtsförmige Verfahren zur erstmaligen Ermittlung des wesentlichen Sachverhalts wäre zweifellos viel aufwändiger als eine Verbesserung durch die belangte Behörde im zweiten Rechtsgang.

 

Zum Beschwerdevorbringen unter Punkt 3., wonach die Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten über ihren Rechtsanwalt Dr. B E mit Schreiben vom 16.03.2015 mitteilen habe lassen, dass bereits Restschuld­befreiung eingetreten sei, darf angemerkt werden, dass diesbezüglich auch die Entscheidung über die Restschuldbefreiung vorzulegen wäre, um den genauen (zeitlichen) Eintritt der Restschuldbefreiung feststellen zu können.

 

Da die Voraussetzungen für die Behebung des angefochtenen Bescheides und die Zurückverweisung des Verfahrens an die belangte Behörde liegen, war spruch­gemäß zu entscheiden.

 

 

IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsan­walt bzw eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. W e i ß