LVwG-411102/8/Wei/BZ – 411103/2

Linz, 22.03.2016

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Wolfgang Weiß über die Beschwerden 1) der P. GmbH, W., x und 2) der A. GmbH, E., x, beide vertreten durch Dr. F.M., Rechtsanwalt in W., x, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 20. Oktober 2015, GZ: Pol01-67-2015, wegen der Beschlagnahme eines afric2go-Geräts nach dem Glücksspielgesetz nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 16. Februar 2016

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird den Beschwerden Folge gegeben und der angefochtene Beschlagnahmebescheid aufgehoben.

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG zulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis (im Folgenden: belangte Behörde) vom 20. Oktober 2015, GZ: Pol01-67-2015, der sowohl beiden Beschwerdeführern (im Folgenden: Bf), als auch dem Finanzamt zugestellt wurde, wurde wie folgt abgesprochen:

 

Spruch

 

Das anlässlich der Kontrolle am 11.08.2015 um 12:08 Uhr in dem von der P. GmbH betriebenen Lokal ‚L‘ (‚x‘), x, R., von Organen der Finanzpolizei des Finanzamtes Braunau Ried Schärding, vorläufig beschlagnahmte Glücksspielgerät mit der Bezeichnung Afric2go, Versiegelungsplaketten Nr. A049085 bis A049092, FA-Gerätenr. 10, mit dem Glücksspiel in Form von verbotenen Ausspielungen durchgeführt wurde, wird zur Sicherung der Einziehung sowie zur Verhinderung der weiteren Begehung bzw. Fortsetzung einer Verwaltungsübertretung nach § 52 Abs. 1 GSpG beschlagnahmt.“

 

Dieser Bescheid wurde – zusammengefasst – damit begründet, dass es sich um ein Glücksspielgerät handle und der Verdacht bestehe, dass mit diesem fortgesetzt gegen die Bestimmungen des Glücksspielgesetzes verstoßen werde. Die Erstbeschwerdeführerin (im Folgenden: Erst-Bfin) sei als Betreiberin des Lokals ‚L‘ (bzw ‚x‘) Inhaberin des gegenständlichen Glücksspielgerätes. Die Zweitbeschwerdeführerin (im Folgenden: Zweit-Bfin) sei Eigentümerin des gegenständlichen Geräts.

 

I.2. Gegen diesen Bescheid richten sich die vorliegenden rechtzeitigen und gleichlautenden Beschwerden vom 17. November 2015 mit denen die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und die Einstellung des Beschlagnahmeverfahrens beantragt werden.

 

I.3. Mit Schreiben vom 23. November 2015 legte die belangte Behörde dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die Beschwerden samt Bezug habenden Verwaltungsakt vor.

 

II. Sachverhalt:

 

II.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt, insbesondere in den im Akt einliegenden finanzpolizeilichen Aktenvermerk, in die Niederschrift vom 11. August 2015, in die Fotodokumentation, in die GSp26-Dokumentation, Einsichtnahme in das Firmenbuch, Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 16. Februar 2016 und durch Einsichtnahme in das dem Gericht vorliegende und in der mündlichen Verhandlung verlesene Gutachten des gerichtlich beeideten Sachverständigen F.M. vom 11. Februar 2013 sowie in das Rundschreiben des Amtes der Oö. Landesregierung, Direktion Inneres und Kommunales, vom 11. April 2013 betreffend eine Information zur Einstufungsbeurteilung des Unterhaltungsgeräts „afric2go“-Musikautomat.

 

Am 11. Februar 2016 legte der Rechtsvertreter der Bf eine Eingabe vor (schriftlicher Aufsatz nebst Beilagen 1-20), welche in der mündlichen Verhandlung behandelt wurde. Zum Akt genommen wurden auch die Stellungnahme des Finanzministeriums betreffend Ziel und Zweck des Glücksspielmonopols vom 18. September 2014, der Glücksspielbericht 2010–2013, der Bericht des Finanzministeriums über Auswirkungen des Glücksspielgesetzes 2010–2014, ein Informationsschreiben der Stabsstelle für Spielerschutz vom 30. Oktober 2015 sowie eine Studie „Glücksspielverhalten und Glücksspielprobleme in Österreich, Ergebnisse der Repräsentativerhebung 2015“, welche allesamt mit Zustimmung der Parteien als verlesen gelten.

 

In der mündlichen Verhandlung legte der Rechtsvertreter der Bf einen Pilot-Letter der Europäischen Kommission vom 29.06.2015 den deutschen Glücksspielmarkt betreffend vor und führte dazu aus, dass dieser Brief auch für Österreich analog anzuwenden sei. Die Kritik der Kommission treffe auch auf Österreich zu. Aus der angeschlossenen grafischen Darstellung ergebe sich ein grauer Markt von 33 % für Österreich und zwar von der K. C GmbH, ermittelt durch Marktanalyse. Diese Marktanalyse sei dem Schreiben der Europäischen Kommission angeschlossen. Der Kern der Sache sei, dass ab 30 % eines ungeregelten Glücksspielmarktes die gesetzliche Kohärenz bzw das Ziel des Gesetzes gegen Glücksspiel in Frage zu stellen sei.

 

 

II.2. Folgender entscheidungswesentlicher S A C H V E R H A L T steht fest:

 

Zum Zeitpunkt der finanzpolizeilichen Kontrolle am 11. August 2015 im Lokal mit der Bezeichnung „L“ (bzw „x“) in R., x, wurde u.a. das im Spruch des angefochtenen Bescheides angeführte Gerät betriebsbereit vorgefunden. Die Erst-Bfin ist Inhaberin des gegenständlichen Glücksspielgeräts und die Zweit-Bfin ist Eigentümerin des gegenständlichen Geräts (siehe schriftliche Mitteilung vom 13. August 2015). Das Gerät war zumindest am Tag der Beschlagnahme betriebsbereit aufgestellt.

 

Beim gegenständlichen Gerät mit der Gehäusebezeichnung „afric2go“ handelt es sich um einen mehrstufigen Dienstleistungsautomaten, welcher für Geldwechselzwecke und für Musikunterhaltung bzw entgeltlichen Musikdownload verwendet werden kann.

Das Gerät verfügte über eine rote, eine grüne und eine gelbe (orange) Taste. Durch Drücken der grünen Taste konnten die Stufen 1, 2 oder 4 gewählt werden. Nach Einwerfen von Münzen oder Einführen von Banknoten in den Banknoteneinzug wurde ein dem eingegebenen Betrag entsprechendes Guthaben auf dem Kreditdisplay angezeigt (Anzeigefeld rechts oben). Abhängig vom gewählten Multiplikator (der gewählten Stufe) konnten durch Drücken der roten Taste 1, 2 oder 4 (je nach Stufe) zuvor ausgewählte oder dem zufällig beleuchteten Feld entsprechende Lieder auf einen USB-Stick kopiert oder angehört werden. Der Käufer erwirbt dabei das Recht zur nicht gewerblichen Verwendung im privaten Rahmen. Wird die rote Taste in der Stufe 1 gedrückt, so verringert sich der Kreditstand um einen Euro, bei gewählter Stufe 2 verringert sich der Kreditstand um zwei Euro, bei gewählter Stufe 4 verringert sich der Kreditstand um vier Euro. 

Es begannen dabei die Zahlen (2, 4, 6, 8 und 20) und Notensymbole zu blinken. Bei Aufleuchten eines Zahlensymboles wurde der angezeigte Wert nach Betätigen der grünen Taste dem im Anzeigenfeld angezeigten Betrag zugebucht.

 

Durch Drücken der roten Taste kam es zur Aktivierung eines zufallsabhängigen Beleuchtungsumlaufes, welcher in den Zahlenfeldern in der Gerätemitte ausgelöst wurde. Die Aktivierung dieses Systems erfordert keine zusätzliche vermögenswerte Leistung.

Sofern am Ende des vom Kunden nicht beeinflussbaren Beleuchtungsumlaufs ein Zahlenfeld beleuchtet blieb, blieb ein Guthaben auf dem Anzeigedisplay stehen, welches dem Kredit zugezählt wurde. Das aktivierte zufallsabhängige Bonussystem ermöglicht in der Stufe 1 einen Bonus (ein weiteres Guthaben) von 2, 4, 6, 8 oder 20, in Stufe 2 bzw 4 einen Bonus (ein weiteres Guthaben) in doppelter bzw vierfacher Höhe. Durch Drücken der gelben Taste konnte der Kredit inklusive eines allfällig erzielten Bonus ausgeworfen werden.

 

Bei dem Gerät steckte während der Kontrolle ein USB-Stick in der dafür vorgesehenen Öffnung. Der jeweils abgespielte Musiktitel war bei angestecktem USB-Stick nicht hörbar, was auch der Beschreibung im Gutachten des F.M. zum Prototyp entspricht. Nur wenn kein USB-Stick steckt, können sind die Titel gehört werden.

Das Lokal wurde über eine Musikanlage beschallt. Bezüglich einer Auswahl- und Downloadmöglichkeit hat die Finanzpolizei keine Feststellungen getroffen, weshalb entsprechend dem Gutachten davon auszugehen ist, dass die Musiktitel vom Kunden ausgewählt und auf dem USB-Stick gespeichert werden konnten.

 

Musiktitel afrikanischer Provenienz sind bei x zu Preisen zwischen 0,75 und 1,35 Euro zu erwerben. Bei x waren zum Zeitpunkt der Ein­sichtnahme unter der Rubrik „Weltmusik“ annähernd 160.000 afrikanische Titel verfügbar. Mehr als die Hälfte der Titel kostete 1,29 Euro (ca. 83.000).

 

Der Betrag von 1 Euro stellt eine adäquate Gegenleistung für ein afrikanisches Musikstück im mp3-Format dar.

 

In dem Rundschreiben des Amtes der Oö. Landesregierung, Direktion Inneres und Kommunales, vom 11. April 2013 wird mitgeteilt, dass „[s]eitens des Bundesministeriums für Finanzen […] Leiter der Stabstelle Finanzpolizei mit Schreiben vom 28. Februar 2013 mitgeteilt [wurde], dass der Automat afric2go, unter der Voraussetzung, dass dieser Automat so wie in dem vorgelegten Sachverständigengutachten des gerichtlich beeideten zertifizierten Sachverständigen F.M., betrieben wird, als Musikautomat (Musicbox) einzustufen ist.“

 

Das vorliegende Gerät entspricht (mit Ausnahme des Umstandes, dass das begutachtete Gerät die Stufen 1 und 2, das hier gegenständliche Gerät die Stufen 1, 2 und 4 aufweist) hinsichtlich seiner Funktionsweise dem im Basisgutachten M. dargestellten Gerät.

 

II.3. Beweiswürdigung:

 

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Verfahrensakt, insbesondere dem schlüssigen und nachvollziehbaren Aktenvermerk der Finanzpolizei, der Dokumentation des Probespiels mit Fotodokumentation, den Aussagen in der mündlichen Verhandlung am 16. Februar 2016 sowie aus den bisher gewonnen Erkenntnissen mit gleichartigen Geräten.

 

Die Feststellungen zum technischen Aufbau des Gerätes „afric2go“ ergeben sich aus dem Gutachten M. Wie sich aus den im Akt befindlichen Fotos ergibt, verfügt das gegenständliche Gerät über eine Anzeige für die Musiktitel. Dass ein Downloadvorgang möglich war, ergibt sich aus der GSp26-Dokumentation der Finanzpolizei. Das Gerät gleicht seinem Erscheinungsbild und seiner Funktion nach, jenem, welches im Basisgutachten beurteilt wurde. Dies ergibt sich aus dem Akt der Finanzpolizei. Lediglich verfügt das gegenständliche Gerät über einen zusätzlichen, 4-fachen Vervielfältigungsfaktor. Dieser ist mittlerweile an allen Geräten vorhanden und bekannt. An der Funktionsweise des Gerätes ändert dies nichts. Aus der GSp26b-Dokumentation der Finanzpolizei ergibt sich zudem, dass auf den angesteckten USB-Stick Musiktitel geladen werden konnten. Ob Musiktitel hörbar waren, wenn der USB-Stick entfernt wird, wurde von der Finanzpolizei nicht überprüft, wird aber anzunehmen sein.

 

 

III. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

III.1. Rechtliche Grundlagen

 

Gemäß § 53 Abs 1 Z 1 lit a Glücksspielgesetz (GSpG) kann die Behörde die Beschlagnahme von Glücksspielautomaten, sonstigen Eingriffsgegenständen und technischen Hilfsmitteln anordnen, und zwar sowohl wenn der Verfall als auch wenn die Einziehung vorgesehen ist, wenn der Verdacht besteht, dass mit Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG verstoßen wird.

 

Gemäß § 54 Abs 1 GSpG sind Gegenstände, mit denen gegen Bestimmungen des § 52 Abs 1 leg cit verstoßen wird, zur Verhinderung weiterer Verwaltungsübertretungen nach den Bestimmungen des § 52 Abs 1 leg cit einzuziehen, es sei denn, der Verstoß war geringfügig.

 

Gemäß § 52 Abs 4 letzter Satz GSpG unterliegen Gegenstände, mit deren Hilfe eine verbotene Ausspielung iSd § 2 Abs 4 GSpG durchgeführt oder auf andere Weise in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, sofern sie nicht gemäß § 54 leg cit einzuziehen sind, dem Verfall.

 

Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 GSpG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe zu bestrafen, „wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs 2 daran beteiligt“.

 

§ 52 Abs 3 GSpG lautet: „Ist durch eine Tat sowohl der Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 52 als auch der Tatbestand des § 168 StGB verwirklicht, so ist nur nach den Verwaltungsstrafbestimmungen des § 52 zu bestrafen.“

 

Gemäß § 2 GSpG sind Ausspielungen Glücksspiele,

1. die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und

2. bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung in Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und

3. bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).

 

Gemäß § 2 Abs 4 GSpG sind Ausspielungen, für die eine Konzession oder Bewilligung nach diesem Bundesgesetz nicht erteilt wurde und die nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes gemäß § 4 leg cit ausgenommen sind, verboten.

 

III.2. Nach dem Basisgutachten M. liegt bei „afric2go“ ein mehrstufiger Dienstleistungsautomat vor. Er kann als Geldwechsler oder als Musikautomat verwendet werden. Im Gerät sind 121 nummerierte Musiktitel afrikanischer Herkunft gespeichert, an denen die a GmbH die Rechte zur Veröffent­lichung hat und die periodisch erneuert werden, um laufend ein attraktives Musikprogramm zu bieten. Die Musiktitel werden in akzeptabler Qualität abgespielt, dauern drei bis fünf Minuten und können nicht unterbrochen oder abgebrochen werden. Folgender Ablauf der wesentlichen Funktionen wird im Gutachten beschrieben:

 

Durch die Betätigung der grünen „Rückgabe/Wählen“-Taste kann die Stufe 1 (ein Lied) oder Stufe 2 (zwei Lieder) gewählt werden. Mittels Geldeingabe muss ein Guthaben auf dem Kreditdisplay hergestellt werden. Durch Drücken der roten „Musik kopieren“-Taste können die Musiktitel auf einen USB-Stick geladen werden. Der Preis für ein Musikstück beträgt 1 Euro. Zur Auswahl können die im Gerät gespeicherten Musiktitel, die im linken Display am Gerät angezeigt werden, durch kurzes Drücken der roten „Musik kopieren“-Taste hintereinander aufgerufen werden und danach ist die Wahl durch langes Drücken dieser Taste zu bestätigen. Bei Stufe 2 erfolgt die Auswahl der Musiktitel analog in zwei Stufen. Dies stellt auch die Auswahl des Einsatzes von 1 Euro oder 2 Euro dar.

 

Abhängig von der gewählten Stufe (Multiplikator) können in weiterer Folge 1 oder 2 Lieder als MP3-Datei auf einen USB-Stick heruntergeladen werden. Der USB-Stick muss zu Beginn am USB 2.0-Steckplatz unter dem Display zur Liederanzeige angesteckt werden. Ein Download erfolgt anschließend durch Drücken der roten „Musik kopieren“-Taste.

 

Mit dem jeweiligen Drücken der roten Taste zum Kopieren eines Musiktitels wird ein Zufallsgenerator aktiviert, der zu einem vom Spieler nicht beeinflussbaren Beleuchtungsumlauf führt, wobei ein allfällig erlangter Bonus durch Aufleuchten eines entsprechenden Zahlensymbolfeldes (2/4/6/8/20) sowie der Displayanzeige „Rabatt“ mit Angabe der Zahl im Anzeigedisplay für Musiktitel ersichtlich ist. Durch Drücken einer beliebigen Taste wird der angezeigte „Rabatt“ dem Kredit zugezählt.

 

Ein Kreditguthaben inklusive eines allfällig erzielten „Rabatts“ kann jederzeit durch Drücken der grünen „Rückgabe/Wählen“-Taste in Münzen und durch Drücken der orangen Wechseltaste in 10 Euro Banknoten ausgeworfen werden.

 

Nach der schlüssigen Ansicht des Sachverständigen handelt es sich um einen Dienstleistungsautomat für Geldwechselzwecke und zur Musikunterhaltung bzw für den Musikdownload gegen Entgelt. Das im Modus Musikunterhaltung integrierte zufallsabhängige Gewinnspiel erfordert keine zusätzliche vermögens­werte Leistung, weshalb keine Verlustsituation beim Kunden eintreten kann, der für einen Euro jeweils ein Musikstück erhält.

 

Das verfahrensgegenständliche afric2go-Gerät deckt sich hinsichtlich seines Aussehens und seiner Funktionen mit dem im Basisgutachten beschriebenen Gerät. Die Gleichartigkeit ergibt sich aus dem Aktenvermerk der Finanzpolizei, der Aussage der Vertreterin des Finanzamtes in der mündlichen Verhandlung und insbesondere der Fotodokumentation. Es sind keine Ermittlungsergebnisse hervorgekommen, aus denen sich ergeben würde, dass sich das gegenständliche Gerät wesentlich von jenem, welches im Basisgutachten beschrieben wird, unterscheidet. Insbesondere ergibt sich aus dem Akt, dass ein Herunterladen von Musik auf den bereitgestellten USB-Stick möglich war. Es hat sich lediglich erwiesen, dass das vorliegende Gerät über einen zusätzlichen Vervielfachungsfaktor (4) verfügt. Dies ändert jedoch nichts an der grundsätzlichen Funktion des Gerätes. Der rechtsrelevante Umstand, dass kein Einsatz geleistet wird, ist von der Frage der Gegenleistung (Musikdownload, Musik hören) abhängig. Diese Funktion stand nachgewiesenermaßen zur Verfügung.

Wie sich aus dem Akt, insbesondere der Lichtbildbeilage, ergibt, war bei angestecktem USB-Stick keine Musik hörbar. Auch dieser Umstand deckt sich mit dem Basisgutachten (Punkt 2.5; 3.3) und ist diese Funktionsweise seit langem bekannt. Es bestand sohin die Möglichkeit des Anhörens oder des Herunterladens der Musikstücke auf einen USB-Stick.

 

Für die Leistung von 1 Euro war also ein Wertäquivalent vorhanden und wurde daher ein Einsatz iSd GSpG für das Gewinnspiel nicht getätigt. Hinweise auf eine vom Basisgutachten abweichende Funktionsweise haben sich nicht ergeben und wurden von der Finanzpolizei nicht festgestellt. Der Kunde konnte vielmehr, vergleichbar mit gängigen „Downloadportalen“ (iTunes, Amazon etc.), Musik erwerben und diese auch für nichtgewerbliche Zwecke weiter verwenden. Für den Lichterkranzlauf war vom Kunden kein weiterer Einsatz mehr zu leisten. Insofern ist davon auszugehen, dass keine Ausspielungen iSd § 2 GSpG stattgefunden haben. Ermittlungsergebnisse, die eine andere Ansicht rechtfertigen könnten, sind dem Akt nicht zu entnehmen.

 

Aus den Ermittlungsergebnissen der Finanzpolizei ergibt sich, dass ein Download der Musiktitel auf einen angesteckten USB-Stick grundsätzlich möglich war.

Dem Kunden wurde damit zweifelsfrei die Möglichkeit geboten, diesen zu nutzen, um die erworbenen digitalen Musikstücke zu speichern. Wegen dieser Download-Möglichkeit kommt es auf die Möglichkeit, das Lied anzuhören, und damit auf die anderweitige Beschallung des Raumes nicht an.

 

Angesichts der Beschreibung durch die Finanzpolizei, insbesondere aufgrund des Aktenvermerks und der Fotodokumentation des Geräts, besteht an der Gleichartigkeit der Funktion und Ausstattung des verfahrens­gegenständlichen Geräts mit jenen im zitierten Basisgutachten dargestellten Geräten mit der Gehäusebezeichnung „afric2go“ kein Zweifel.

 

Wesentlich ist, dass bei vorliegendem Gerät aber, wie im Basisgutachten dargestellt, keine Verlustsituation eintreten kann, weil der Verwender für jeden Euro ein Musikstück als Gegenleistung erhält. Es fehlt sohin bereits die Wurzel des Glücksspieles, nämlich die Einsatzleistung an sich.

 

III.3. Von einem Glücksspiel iSd § 1 Abs 1 GSpG ist dann nicht auszugehen, wenn angenommen werden kann, dass mit der Zahlung nicht gleichzeitig auch ein Einsatz für eine Gewinnchance geleistet wird.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat zu Geräten vom Typ Fun Wechsler in seiner Judikatur (vgl nur VwGH 28.06.2011, 2011/17/0068) ausgeführt, dass nach den Feststellungen zum Spielverlauf das Gerät für einen Einsatz von 1 Euro eine Gewinnchance bot. Durch den Einwurf (bzw das Belassen im Gerät nach Gebrauch der Geldwechselfunktion) von einer bzw mehrere Münzen und Abspielen eines Musikstückes, was zum Verlust eines Euro führte, und durch den damit verbundenen automatischen Start des Beleuchtungsumlaufes bzw Lichtkranzlaufes erwarb der Spieler die Chance, bei Aufleuchten eines Zahlen- oder Betragssymbols nach neuerlicher Einsatzleistung durch Betätigen der roten Taste den angezeigten Betrag und damit einen Gewinn zu realisieren.

 

Während bei den in der Judikatur angeführten Fun Wechslern die Musiktitel­auswahl – soweit sie überhaupt möglich war – nur im Rahmen von 12 meist schlecht hörbaren Musikstücken erfolgen konnte und diese daher von unter­geordneter Bedeutung war, stehen beim Gerät „afric2go“ bekanntermaßen 121 gespeicherte Musikstücke afrikanischer Herkunft zur Verfügung. Diese können ausgewählt (Wahlmöglichkeit mit Displayanzeige), heruntergeladen und mitgenommen werden. Das Gewinnspiel wird erst während des Downloads gestartet. Die Musikauswahl und der Erwerb eines Titels in digitaler Form stehen demnach im Vordergrund.

 

Im Unterschied zu Geräten vom Typ „Fun Wechsler“ wird das Entgelt von 1 Euro bei „afric2go“ tatsächlich für den Musiktitel entrichtet, der als adäquate Gegenleistung anzusehen ist. Der mit dem Erwerb eines Musiktitels verbundene zufallsabhängige Beleuchtungsumlauf ist als Gewinnspiel anzusehen, für das der Kunde keinen zusätzlichen Einsatz leisten muss, weshalb auch keine Verlust­situation eintreten kann.

Der wesentliche Unterschied zu den Geräten des Typs „Fun-Wechsler“ liegt daher tatsächlich darin, dass der Anwender vor dem Auslösen der Gewinnspiel-Funktion ein Wertäquivalent erhält.

 

Wenn aber ein Erwerb des Musiktitels, insbesondere durch Herunterladen auf einen Datenträger, möglich ist, und daher dem eingeworfenen Betrag ein nach dem abgeführten Beweisverfahren angemessenes Wertäquivalent gegenüber­steht, muss davon ausgegangen werden, dass kein Glückspiel iSd Gesetzes vorliegt, weil kein Einsatz geleistet wird. 

Insofern ist in Anlehnung an die Rechtsansicht der Stabstelle der Finanzpolizei im Finanzministerium davon auszugehen, dass keine Ausspielungen iSd § 2 GSpG stattgefunden haben (vgl auch Gutachten F.M.).

 

Unerheblich ist dabei nach Ansicht des Gerichts, aus welchem inneren Antrieb der Anwender den Automaten verwendet, also mit dem Wunsch ein Musikstück zu erwerben, oder einen Gewinn zu erzielen, da es für die Frage, ob eine Ausspielung vorliegt, einzig darauf ankommt, ob der Anwender einen Einsatz leistet. Dies ist bei vorliegenden Geräten nicht der Fall, da bereits vor Einsetzen der Gewinn­spielfunktion ein adäquater, vermögenswerter Austausch stattgefunden hat und der Geldbetrag bereits „ausgegeben“ ist. Ansonsten müsste man davon ausgehen, dass jedes Gewinnspiel, welches in Zusammenhang mit dem Erwerb einer anderen Leistung, bspw in Zusammenhang mit Zeitschriften veranstaltet wird, gegebenenfalls als Glücksspiel im Sinne des GSpG zu qualifizieren wäre, wenn der Käufer die Zeitschrift nicht wegen ihres Inhaltes sondern wegen des Gewinnspieles kauft. Auch hier setzt der Käufer letztendlich einen Geldbetrag (Kaufpreis der Zeitschrift) ein. Wirft er die Zeitschrift ungelesen weg, wird aus dem Gewinnspiel kein Glücksspiel iSd GSpG.

 

Insgesamt ist in Bezug auf das hier verfahrensgegenständliche Gerät also davon auszugehen, dass durch das Herunterladen von Musikstücken ein angemessenes Wertäquivalent für die Leistung von 1 Euro vorhanden ist und daher keine Einsatzleistung für ein Glücksspiel vorliegt. Der Kunde kann Musik erwerben und diese auch für private Zwecke weiter verwenden.

 

Der für das Musikstück geleistete Betrag entspricht den Marktpreisen für mp3-files mit afrikanischer Musik, bzw liegt sogar etwas unter den durchschnittlichen  Preisen. Es hat sich gezeigt, dass der Preis von 1 Euro pro Titel durchaus im günstigen auf dem Markt verfügbaren Bereich liegt, zumal etwa bei amazon.de der größte Anteil der verfügbaren Titel um den deutlich höheren Preis von 1,29  Euro angeboten wird. Die erhebliche Anzahl an verfügbaren afrikanischen Titeln zeigt zudem, dass offenbar ein Markt für derartige Musik vorhanden ist.

 

Im Ergebnis sieht das Gericht daher keine Veranlassung, von der mittlerweile gefestigten Judikatur des Oö. LVwG abzugehen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass beim verfahrensgegenständlichen Gerät keine Ausspielung iSd GSpG vorliegt. Es besteht somit nicht einmal der Verdacht eines (fortgesetzten) Verstoßes gegen das GSpG und ist auf das weitere Vorbringen nicht weiter einzugehen. Den Beschwerden war daher Folge zu geben und war der angefochtene Beschlagnahmebescheid aufzuheben.

 

 

IV. Zulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist zulässig, da im gegenständlichen Verfahren eine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Es fehlt nämlich bisher eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur Einstufung von Geräten mit der Bezeichnung „afric2go“ – Musikautomat in glücksspielrechtlicher Hinsicht.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer ordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Dr.  W e i ß