LVwG-300790/8/BMa/SH

Linz, 23.02.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Maga. Gerda Bergmayr-Mann über die Beschwerde des R. K., x, L., vom 3. August 2015, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 25. Juni 2015, GZ. 0024929/2013, wegen Übertretungen des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungs­gesetzes (AVRAG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 4. Dezember 2015

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das ange­ fochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

 

II. Gemäß § 52 Abs.1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 200 Euro zu leisten.

 

 

III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.

1.1. Mit dem in der Präambel angeführten Bescheid wurde der Beschwerde­führer (im Folgenden: Bf) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

I. Tatbeschreibung:

Der Beschuldigte, Herr R. K., geboren am x, wohnhaft in L., x, hat als Überlasser (Einzelunternehmen U. mit dem Sitz in I., x, x) am 26.4.2013 für folgende auf der Baustelle „W P." in L., x, beschäftigte Arbeitnehmer (an die H. Bau, Ing. H. T., L., x, überlassene Arbeitnehmer, grenzüberschreitende Arbeitskräfte­überlassung) die Lohnunterlaqen (zur Überprüfung der den Ar­beitnehmern nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts erforderlichen Unterlagen) dem Beschäftigterbetrieb (H. Bau, Ing. H. T.) nicht bereitgestellt:

1.  S. F., geb. x, x StA,

2.  T. B., geb. x, x StA,

3.  L. P., geb. x, x StA.

 

Der Beschäftigerbetrieb konnte die Unterlagen bei der Kontrolle am 26.4.2013 den Kontrollorga­nen des Finanzamtes Linz nicht vorweisen.

 

II. Verletzte Verwaltungsvorschrift(en) in der gültigen Fassung:

§ 7i Abs. 2 Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG)

 

III. Strafausspruch:

 

Es wird über den Beschuldigten eine Geldstrafe von 1.000,-, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 34 Stunden verhängt.

Rechtsgrundlage: §§ 9, 16, 19 und 22 VStG

 

IV.         Kostenentscheidung:

 

Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens hat der Beschuldigte 10 % der verhängten Strafe, das sind € 100,- zu leisten.

Rechtsgrundlage: § 64 Abs. 1 und 2 VStG“

 

1.2. Mit der rechtzeitigen Beschwerde vom 3. August 2015 wurde die Durch­führung einer mündlichen Berufungsverhandlung, Stattgabe der Beschwerde und Aufhebung des bekämpften Straferkenntnisses beantragt.

 

1.3. Der Magistrat der Landeshauptstadt Linz hat die Beschwerde samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt mit Schreiben vom 16. September 2015 am 21. September 2015 dem Oö. Landesverwaltungsgericht vorgelegt.

 

Das LVwG entscheidet gemäß § 2 VwGVG durch seine nach der Geschäfts­verteilung zuständige Einzelrichterin.

 

1.4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt und am 4. Dezember 2015 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der der Bf und ein Ver­treter der belangten Behörde gekommen sind.

 

2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

2.1. Folgender rechtlich relevante Sachverhalt wird festgestellt:

 

R. K. betreibt das Einzelunternehmen U. mit dem Sitz in I. Er hatte für die Baustelle „W P.“ in L., x, mit der Firma H. Bau, Ing. H. T., einen Werkvertrag zum Aufstellen von Wänden geschlossen. Sie verwendeten für ihre Arbeit eigenes Kleinwerkzeug, ihnen wurde von ihrer Firma auch ein Schneidgerät für Ziegel­steine sowie Vierkantrohre zum Ausrichten von Werkstücken zur Verfügung gestellt. Größere Werkzeuge wie Gerüstböcke, Steinsäge, Flex und andere Maschinen wurden von der H. Bau, Ing. H. T., zur Verfügung gestellt; das Material wurde von der Firma S. bereitgestellt.

 

Der Polier der Firma H. Bau, Ing. H. T. Bau, hat die drei im Spruch des bekämpften Bescheides angeführten Arbeiter beaufsichtigt und bei ihren Arbeiten unterwiesen. Beide Baufirmen verfolgen dasselbe Geschäfts­ziel, nämlich die Verrichtung von Bauarbeiten.

 

Der Bf hat die Lohnunterlagen Vertretern der Firma S. (und nicht etwa Vertretern der H. Bau Ing. H. T.) übergeben und diese haben die Unterlagen in einem Baucontainer aufbewahrt. Die Kontrolle durch die Finanzpolizei hat am Freitag, den 26. April 2013, stattgefunden. An diesem Freitag wurde auf der Baustelle von der Firma S. nicht gearbeitet, sodass der Baucontainer verschlossen war. Aus diesem Grund konnten die Lohnunterlagen für die eingesetzten Arbeiter auch nicht Vertretern der Finanzpolizei vorgelegt werden.

 

2.2. Beweiswürdigend wird ausgeführt, dass sich der festgestellte Sachverhalt aus dem vorgelegten Verwaltungsstrafakt und den Aussagen des Bf in der münd­lichen Verhandlung ergibt.

 

Vom Bf wurde in der mündlichen Verhandlung immer wieder betont, die Unterlagen seien vorhanden gewesen und hätten nur deshalb nicht vorgewiesen werden können, weil der Baucontainer der Firma S. verschlossen gewesen sei.

Dass es sich hierbei nicht nur um eine Schutzbehauptung handelt, ergibt sich aus der niederschriftlichen Befragung des S. F. vom 26. April 2013, der angegeben hatte, dass sein Arbeitsvertrag und die Lohnunterlagen beim Polier im Container liegen würden, der allerdings erst am Montag wieder kommen würde. Vom Polier der Firma H. Bau Ing. H. T., wurde anlässlich seiner niederschriftlichen Befragung am 26. April 2013 angegeben, dass Arbeits­verträge und Lohnunterlagen der im Spruch des bekämpften Erkenntnisses ange­führten Arbeiter auf der Baustelle nicht aufliegen würden.

 

2.3. In rechtlicher Hinsicht hat das Oö. Landesverwaltungsgericht erwogen:

 

2.3.1.

Gemäß § 7d Abs. 1 AVRAG den im Zeitpunkt der inkriminierten Tat geltenden Fassung haben Arbeitgeber/innen iSd §§ 7, 7a Abs. 1 oder 7b Abs. 1 jene Unter­lagen, die zur Überprüfung des/dem/der Arbeitnehmer/in nach den österreichi­schen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts erforderlich sind (Lohn­unterlagen) in deutscher Sprache für die Dauer der Beschäftigung der Arbeit­nehmer/innen am Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten. Bei innerhalb eines Arbeitstages wechselnden Arbeits(Einsatz)orten sind die Lohnunterlagen am ersten Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten. Ist die Bereithaltung der Unterlagen am Arbeits(Einsatz)ort nicht zumutbar, sind die Unterlagen jedenfalls im Inland bereitzuhalten und der Abgabenbehörde auf Verlangen binnen 24 Stunden nach­weislich zu übermitteln.

 

Gemäß Abs. 2 leg.cit trifft bei einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung die Ver­pflichtung zur Bereithaltung der Lohnunterlagen den/die Beschäftiger/in, wobei der/die Überlasser/in dem/der Beschäftiger/in die Unterlagen bereitzustellen hat.

 

Nach § 7i Abs.1 AVRAG in der zur Tatzeit geltenden Fassung begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 500 Euro bis 5 000 Euro, im Wiederholungsfall von 1 000 Euro bis 10 000 Euro zu bestrafen, wer als Arbeitgeber/in entgegen § 7f Abs. 1 den Zutritt zu den Betriebsstätten, Betriebsräumen und auswärtigen Arbeitsstätten sowie den Aufenthaltsräumen der Arbeitnehmer/innen und das damit verbundene Befahren von Wegen oder die Erteilung von Auskünften verweigert oder die Einsichtnahme in die Unterlagen oder die Kontrolle sonst erschwert oder behindert.

 

2.3.2.

Die Beschwerde führt aus, die Arbeiter hätten auf der Grundlage eines Werkver­trages gearbeitet, sodass der Bf nicht Überlasser der im Spruch angeführten Arbeiter gewesen sei.

Demnach hätte ihn selbst die Verpflichtung zur Bereit­haltung von Lohnunterlagen gemäß § 7d AVRAG in der zur Tatzeit geltenden Fassung getroffen.

Die Verhandlung hat jedoch ergeben, dass der Bf Überlasser der im Spruch angeführten Arbeiter war, haben diese doch auch mit Werkzeugen der Firma H. Bau Ing. H. T. gearbeitet, wurden vom Polier dieser Firma unterwiesen und beaufsichtigt und waren somit in den Betrieb dieser Firma eingegliedert, sodass von einer Arbeitskräfteüberlassung iSd § 4 Abs. 2 AÜG auszugehen ist.

 

Demnach trifft den Bf als grenzüber­schreitenden Arbeitskräfteüberlasser (die Firma U. hat ihren Sitz in I.) nur die Pflicht der Bereitstellung der Unter­lagen, nicht jedoch jene zur Bereithaltung. Die mündliche Verhandlung hat ergeben, dass der Bf die Unterlagen dem Beschäftiger (der H. Bau Ing. H. T. ) nicht bereitgestellt hat, hat er diese doch der Fa. S. übergeben, sodass der Polier der H. Bau Ing. H. T., unter dessen Aufsicht die überlassenen Arbeitskräfte gearbeitet haben, vom Vorhandensein der Unterlagen gar nicht informiert war.

 

Der Rechtsmittelwerber hat damit das Tatbild der ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretung begangen.

 

2.3.3.

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei NicH.efolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs hat der Bf initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachen-vorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.

 

Indem der Bf die Unterlagen zur Aufbewahrung nicht an die Firma H. Bau Ing. H. T. übergeben oder zumindest dafür gesorgt hatte, dass diese Zugang zu den erforderlichen Unterlagen hatte, hat er fahrlässig gehandelt. Das Vorhandensein eines Kontrollsystems zur Vermeidung der NicH.ereitstellung von Unterlagen wurde vom Bf nicht ins Treffen geführt.

Die Verwaltungsübertretung ist ihm damit auch in subjektiver Hinsicht vorzuwerfen.

 

2.3.4.

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG idgF sind Grundlagen für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Nach Abs. 2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40-46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32-35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Der Bf ist den Festgestellungen der belangten Behörde zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen sowie seinen Sorgepflichten nicht entgegengetreten. Diese werden daher auch dem Beschwerdeverfahren zu Grunde gelegt.

Die belangte Behörde hat zu Recht die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Bf und die lange Verfahrensdauer strafmildernd gewertet. Straferschwerende Gründe sind auch im Verfahren vor dem LVwG nicht hervorgetreten.

Weil die Unterlagen dem Beschäftiger für drei Arbeiter nicht zur Verfügung gestellt wurden, ist die Verhängung einer Geldstrafe von 1000 Euro, also eine Ausschöpfung des möglichen Strafrahmens von 5000 Euro zu nur 20% als nicht überhöht anzusehen.

Die Ersatzfreiheitsstrafe von lediglich 34 Stunden wurde nicht in Relation der Obergrenze der Geldstrafe zur Obergenze der Ersatzfreiheitsstrafe festgesetzt sondern sehr milde bemessen. Aufgrund des im Strafrecht geltenden Grundsatzes der reformatio in peius hat jedoch eine entsprechende Anpassung zu unterbleiben.

 

 

Zu II.

Weil der Beschwerde keine Folge gegeben wurde, waren gemäß § 52 Abs. 1
und 2 VwGVG Kosten für das Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe vorzuschreiben.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Zu III. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Insbesondere weicht die gegenständliche Entscheidung von der als einheitlich zu beurteilenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Nichterstattung von Meldungen an Sozialversicherungsträger und dem Nichtvorliegen von Kontrollsystemen nicht ab.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs-gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs-gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes-verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts-anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag.a Gerda Bergmayr-Mann