LVwG-410170/2/MS/TK

Linz, 18.02.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Dr. Monika Süß über die Beschwerde von Herrn S, vertreten durch Dr. S, Dr. P, Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 08. August 2913, GZ: Sich96-67-2013,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Berufung stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.

 

 

II.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Mit angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 08. August 2013, Sich96-67-2013, wurde über Herrn S eine Geldstrafe in Höhe von 2000 € und im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 30 Stunden eine wegen der Verwaltungsübertretung nach § 52 Abs. 1 Z. 1 Glücksspielgesetz verhängt.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass es sich beim gegenständlichen Gerät – x – um ein Glücksspiel im Sinn des § 1 Abs. 1 GSpG handle, bei dem die Entscheidung über den Spielausgang ausschließlich vom Zufall abhing und die Glücksspieleigenschaft von den Kontrolleuren einwandfrei festgestellt beschrieben und mit Fotos dokumentiert wurde; dass die mit dem Gerät möglichen Glücksspiele nur gegen vermögenwerte Einsatzleistungen durchgeführt werden konnten, für welche eine vermögenswerte Leistung vom Veranstalter in Aussicht gestellt wurde; dass schon aus der Art der Durchführung mittels Glücksspielgeräten in Gewinnerzielungsabsicht ergibt, dass selbständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen ausgeübt wurde, die Ausspielung daher durch einen Unternehmer gemäß § 2 Abs. 1 GSpG durchgeführt wurde; dass die für die Veranstaltung von Glücksspielen erforderliche Konzession oder Bewilligung nach dem Glücksspielgesetz nicht vorlag und dass die Glücksspiele weder nach § 4 GSpG vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen noch von einer landesrechtlichen Bewilligung umfasst sind; dass aufgrund der festgestellten Betriebsdauer des festgestellten Glücksspielgerätes, welches die Durchführung der Ausspielungen ermöglichte, mit diesen verbotenen Ausspielungen fortgesetzt gegen § 52 Abs. 1 Z. 1 GSpG verstoßen wurde.

Weiters wurde begründend ausgeführt, dass Herr S selbstständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von fortlaufenden Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen ausgeübt hat und somit als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 GSpG gelte, der verbotene Ausspielungen unternehmerisch zugänglich gemacht hat.

 

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die durch den ausgewiesenen Vertreter eingebrachte rechtzeitige Berufung (nunmehr Beschwerde). Darin wird im Wesentlichen zusammengefasst vorgebracht, dass das angefochtene Straferkenntnis nicht dem Konkretisierungsverbot des § 44a Z 1 VStG entspricht, der Beschuldigte im Tatzeitraum sich auf Urlaub befand und es ihm deshalb nicht bekannt sein konnte, dass der USB-Anschluss wegen eines Defektes ausgebaut worden war. Darüber hinaus habe der Beschuldigte keine Möglichkeit gehabt, den Ausbau, von dessen Auftrag er nichts wusste zu verhindern; die herangezogene Norm des GSpG verstoße gegen Unionsrecht und sei daher aufgrund des Anwendungsvorranges des Gemeinschaftsrechtes die innerstaatlichen Normen nicht anwendbar, sodass u.a. auch eine Bestrafung unzulässig ist.

Beantragt wurde die ersatzlose Aufhebung und Einstellung des Strafverfahrens – in eventu von der Verhängung einer Strafe nach § 21 VStG abzusehen und den Beschuldigen zu ermahnen bzw. die verhängte Geldstrafe auf ein angemessenes Ausmaß herabzusetzen.

 

 

II.            Das OÖ. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 09. September 2013 übermittelten verfahrensgegenständlichen Akt.

 

Danach steht folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt fest:

Bei einer am 26. Jänner 2013 durchgeführten Kontrolle der Finanzpolizei im Lokal „B“ in M wurde ein Geräte mit der Bezeichnung „afric2go“ ohne Seriennummer vorgefunden. Eigentümer dieses Gerätes ist Herr M. Betreiber des „B“ ist Herr S.

 

Das durchgeführte Testspiel ergab folgenden Spielverlauf:

Nach der Eingabe von Banknoten wurde entsprechend dem gewählten Vervielfachungsfaktor, nämlich 1 oder 2, ein Betrag in Form von Euro-Münzen in der Höhe von vier, drei zwei oder einem Euro in die am Gehäuse unten angebrachte Geldlade ausgeworfen. Eine erneute Betätigung der grünen Gerätetaste („Rückgabe“) bewirkte die Ausfolgung des zurückbehaltenen Betrages.

Betätigt man die rote Gerätetaste „Musik abspielen“, die zugleich die Starttaste darstellt, wird weder Musik abgespielt noch angezeigt. Mir der grünen Taste „Rückgabe“ kann der Vervielfachungsfaktor (1 oder 2) gewählt werden bzw. die Geldrückgabe (Auszahlung in einem Münzschacht) ausgelöst werden.

Beim Einwurf von 1 € in das Gerät, besteht die Möglichkeit sich den einen Euro durch Drücken der grünen Rückgabetaste wieder auszahlen zu lassen oder durch Betätigen der roten „Musik-abspielen-Taste“ die weiter Funktion des Geräts zu aktivieren.

 

In einem Schreiben des Amtes der Oö. Landesregierung mit dem Datum vom 07. März 2013, das an die x GmbH gerichtet ist, wird mitgeteilt, dass der Automat x als Musikautomat (Musicbox) einzustufen ist.

 

Der festgestellte Sachverhalt, insbesondere die Dauer der Aufstellung, die Geräteeigenschaft, die Eigentumsverhältnisse und die Unternehmereigenschaft, ergibt sich aus der Anzeige der Finanzpolizei vom 30. Jänner 2013, ergänzt durch das Schreiben vom 28. Februar 2013, dem Aktenvermerk über die durchgeführte Kontrolle, dem GSp26-Formular, den Niederschriften und der Einvernahme des Geräteeigentümers durch die Bezirkshauptmannschaft Schärding.

 

 

III.           Nach § 52 Abs 1 Z 1 GSpG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 40.000 Euro zu bestrafen, wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen iSd § 2 Abs 4 GSpG veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer iSd § 2 Abs 2 GSpG daran beteiligt.

 

Gemäß § 2 Abs 1 GSpG sind Ausspielungen Glücksspiele (vgl § 1 Abs 1 GSpG: Spiele, bei denen die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt),

1. die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und

2. bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung in Zusam- menhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und

3. bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermö- genswerte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).

 

Gemäß § 2 Abs 2 Satz 1 GSpG ist Unternehmer, wer selbstständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen ausübt, mag sie auch nicht auf Gewinn gerichtet sein.

 

Gemäß § 2 Abs 4 GSpG sind solche Ausspielungen verboten, für die einerseits eine Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG nicht erteilt wurde und die andererseits auch nicht iSd § 4 GSpG vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen sind.

Gemäß § 31 Abs. 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen einer Frist von einem Jahr keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen worden ist. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt an zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

 

Gemäß § 32 Abs. 2 VStG ist eine Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtet Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, …“Strafverfügung udgl.), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

 

Gemäß §§ 44a VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:

1. die als erwiesen angenommene Tat

2. die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist

3. die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung

4. den etwaigen Ausspruch über privatrechtliche Ansprüche

5. im Fall eines Straferkenntnisses die Entscheidung über die Kosten

 

Gemäß § 45 Abs. 1 Ziffer 3 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen oder die Einstellung zu verfügen, wenn Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen.

 

IV. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zu den Sprucherfordernissen nach § 44a Z 1 VStG ist die Tat so weit zu konkretisieren, dass diese erstens nach Tatort und Tatzeit unverwechselbar feststeht sowie zweitens eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und damit auch die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (stRsp seit verst. Senaten VwSlg 11.466 A/1984 und VwSlg 11.894 A/1985); im Spruch sind daher alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind.

 

Der Vorschrift des § 44a Z 1 VStG ist dann entsprochen, wenn im Spruch die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhalten nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Eine Umschreibung der Tat bloß in der Begründung reicht im Verwaltungsstrafrecht nicht aus (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004] 1522, Anm 2 zu § 44a VStG).

 

Die Behörde hat eine differenzierte und konkretisierte Fassung des Tatvorwurfes vorzunehmen. Dabei können sich weitgehend mit dem Gesetzeswortlaut deckende Formulierungen der Strafbehörde für die Bestimmtheit iSd § 44a Z 1 VStG nicht genügen. Durch die substanzlose Verwendung der verba legalia wird nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs noch keine Konkretisierung im Sinne der Anforderungen des § 44a Z 1 VStG vorgenommen. Denn es reicht nicht aus, den bloßen Gesetzeswortlaut unter Anführung von Tatzeit und Tatort wiederzugeben, sondern die Tat ist entsprechend den Gegebenheiten des jeweiligen Falles zu individualisieren (vgl mwN Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004] 1522, Anm 2 zu § 44a VStG).

 

Diese einzelfallbezogene Konkretisierung des Spruches iSd § 44a Z 1 VStG ist einerseits deshalb erforderlich, damit der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und andererseits um den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl VwGH 18.10.2011, Zl. 2011/02/0281 unter Bezugnahme auf Vorjudikatur) und damit der Gefahr einer allfälligen Doppelbestrafung ausgesetzt zu sein (vgl speziell für Übertretungen nach dem GSpG VwGH 12.3.2010, Zl. 2010/17/0017).

 

Im Spruch des bekämpften Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Schärding wird als Tatzeitraum vorgeworfen: „seit 24. 01.2013 und jedenfalls am Tag der Kontrolle am 26.01.2013“. Damit wird der Tatzeitraum über den 26.01.2013 offen gelassen und impliziert, dass über den Kontrollzeitraum hinaus das strafbare Verhalten fortbestanden hat bzw. noch besteht. Dies ist aber insofern nicht möglich, dass am Tag der Kontrolle die vorläufige Beschlagnahme erfolgte und daher das Andauern des vorgeworfenen strafrechtlich relevanten Verhaltens nicht möglich ist. In diesem Punkt entspricht der Spruch des bekämpften Straferkenntnisses nicht den Konkretisierungsanforderungen des § 44a Abs. 1 VStG.

Weiters wird hinsichtlich der Tathandlung mit dem Zitieren der anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen „als Unternehmer im Sinn des § 2 Abs. 2 GSpG“ und …“im Sinn des § 2 Abs. 4 GSpG unternehmerisch zugänglich gemacht“ umschrieben. Dem Spruch fehlt in diesem Zusammenhang die konkrete Darstellung des subsumtionsrelevanten Sachverhalts, aus dem sich die vorgeworfene wesentliche Tathandlung eindeutig ergibt.

Da auch die Aufforderung zur Rechtfertigung unter denselben Mängel leidet, wie der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses kann auch dem vorgelegten Verwaltungsstrafakt keine taugliche Verfolgungshandlung entnommen werden. Aufgrund der bereits abgelaufenen Verfolgungsverjährungsfrist sind die aufgezeigten Spruchmängel nicht mehr korrigierbar.

 

 

IV.          Aus den angeführten Gründen ist das angefochtene Straferkenntnis wegen der nicht mehr korrigierbaren Mangelhaftigkeit des Spruches aufzuheben und das Strafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 3 VStG einzustellen.

 

 

V.            Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Dr. Monika Süß