LVwG-780044/18/MB/SA

Linz, 07.04.2016

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Markus Brandstetter über die Beschwerde des F A, vertreten durch RA Mag. M K, I, wegen Ausübung von unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt am 28. August 2015 durch der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck zurechenbare Organe in Form von:

·         Personenkontrollen, die das Anfertigen von Lichtbildern und Videoaufnahmen des Bf und seine körperliche Kontrolle umfassten,

·         Erfassung sämtlicher Identitätsdaten durch die Polizei (Erfassung der Ausweisdaten samt fortlaufender Nummerierung),

·         ca. 2-stündige Anhaltung bei Checkpoint B1, km x,

·         Kontrolle jenes Reisebusses, in dem der Bf mitfuhr,

nach Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 17. März 2016, den

B E S C H L U S S

gefasst:

I.         Gemäß § 28 Abs 1 und 6 VwGVG werden die Beschwerden mangels tauglichen Prüfgegenstandes jeweils als unzulässig zurück-gewiesen.

 

II. Der Kostenersatzantrag des Beschwerdeführers wird abgewiesen. Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck) gemäß § 35 Abs 1 und 6 VwGVG iVm § 1 der VwG-Aufwandersatzverordnung, BGBl II Nr 51/2013, die Kosten in Höhe von 1809,20 Euro (Vorlageaufwand, Schriftsatzaufwand und Verhandlungsaufwand) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

III. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I.

 

1. Mit Schriftsatz vom 9. Oktober 2015, eingelangt beim Oö. Landesverwaltungsgericht am 12. Oktober 2015, erhob der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) Maßnahmenbeschwerde wegen der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt am 28. August 2015 in Form von:

·         Personenkontrollen, die das Anfertigen von Lichtbildern und Videoaufnahmen des Bf und seine körperliche Kontrolle umfassten,

·         Erfassung sämtlicher Identitätsdaten durch die Polizei (Erfassung der Ausweisdaten samt fortlaufender Nummerierung),

·         ca. 2-stündige Anhaltung bei Checkpoint B1, km x,

·         Kontrolle jenes Reisebusses, in dem der Bf mitfuhr,

durch dem Bezirkshauptmann des Bezirks Vöcklabruck (in der Folge: belangte Behörde) zurechenbare Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes.

 

Die Beschwerde begründet sich wie folgt:

„Durch den ausgewiesenen Vertreter wird gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt innerhalb offener Frist nachstehende

 

BESCHWERDE

gem. Art. 132 Abs. 2 B-VG iVm §§ 7 VwGVG

 

an das Landesverwaltungsgericht des Landes Oberösterreich wegen Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter und einfach gesetzlich eingeräumter Rechte erhoben.

 

 

1.    Sachverhaltsdarstellung

Am 28. August 2015 fand in S im Stadion „X" ein Fußballspiel der „1. Liga" (zweite österreichische Liga) des FC I gegen SV S statt. Auch wenn es sich um ein sogenanntes „Geisterspiel" handelte, nahm der Beschwerdeführer an einer Fan-Reise zu diesem Spiel teil. Diese führte von I über das große deutsche Eck nach S, vorbei an den Rastplätzen S und H sowie weiter über A nach S.

 

Am Rastplatz H wurde der Reisebus des Beschwerdeführers, in dem sich noch zahlreiche andere Personen befanden, sowie drei weitere Reisebusse, in dem andere Fußballfans waren, durch ein Großaufgebot der Polizei - es dürfte sich dabei um 10 bis 15 Kastenwägen gehandelt haben - gezwungen, die AI bei der Ausfahrt R zu verlassen und in Begleitung des Polizeiaufgebotes weiter nach A zu fahren. Dies, um sich einer Polizeikontrolle zu unterziehen, womit um ca. 19:30 Uhr an gleichem Tag begonnen wurde.

 

In weiterer Folge wurden die Busse der Reihe nach kontrolliert. Dazu wurden die Insassen aufgefordert, einzeln auszusteigen, um von jeweils zwei Polizeibeamtinnen zu einer Durchsuchungsstelle geleitet zu werden. Es wurden sodann die Insassen „gründlich" durchsucht, ehe die Ausweise kontrolliert, jedem/jeder eine fortlaufende Nummer gegeben, diese in eine Liste eingetragen und sodann mit dieser Nummer fotografiert wurde. Bis dies bei jedem Einzelnen durchgeführt wurde, hatten die bereits durchsuchten Personen in einem - von sieben bis acht Polizeibeamtinnen bewachten - „Pferch" zu warten. In diesem Zeitraum war es niemandem erlaubt, diesen Bereich zu verlassen, etwa um eine Toilette aufzusuchen oder gar etwas zu trinken. Nach Abschluss der Personenkontrollen wurde auch der Bus kontrolliert. Dies von ca. 10 bis 15 Beamtinnen, was ca. eine halbe Stunde in Anspruch nahm. Erst danach durften sämtliche Personen wieder in den Reisebus einsteigen, sowie abwarten, bis dieses Prozedere ebenso bei den anderen drei Bussen vorgenommen wurde. Die Maßnahmen wurden gegen 21.30 Uhr beendet und wurde der gesamte Einsatz von etwa drei bis vier Polizeibeamtinnen nicht nur auf Lichtbildern sondern auch auf Filmmaterial festgehalten.

 

Aufgrund der dadurch bedingten, erheblichen zeitlichen Verzögerung erreichte der Beschwerdeführer das Stadion in S erst in der 65. Spielminute, wobei er sich bis zur Polizeiabsperrung und sohin bis zum sogenannten Sicherheitsbereich dem Stadion nähern durfte. Zu Ausschreitungen kam es bis zum Ende des Spiels nicht, nichts desto trotz wurde die Reisegruppe des Beschwerdeführers auch auf der Heimreise durch ein massives Polizeiaufgebot bis zur Raststation M begleitet.

 

Die vollzogenen Maßnahmen, insbesondere die Anhaltung des Beschwerdeführers kurz nach A, das Anfertigen von Fotos und Videoaufnahmen sowie die persönliche Durchsuchung des Beschwerdeführers, erfolgte ohne qualifizierte Rechtsgrundlage, insbesondere war die Anhaltung über einen völlig unverhältnismäßig langen Zeitraum aufrechterhalten worden.

 

Der Beschwerdeführer wurde für die Kontrolle seines Busses für ca. eine halbe Stunde gezwungen, auf dem Parkplatz auszuharren. Erst nachdem gleiches Prozedere für die anderen drei Reisebusse durchgeführt wurde und sohin nach insgesamt ca. 2 Stunden, waren die „Verkehrsmaßnahmen" beendet und wurde es dem Beschwerdeführer erlaubt, die Reise fortzusetzen.

Diese Vorgangsweise führte dazu, dass völlig unbescholtene und in keiner Art und Weise ein Delikt gesetzt habende Personen gezwungen waren, sich ohne ihre Zustimmung auf der Kontrollstelle bei A aufzuhalten. Sie konnten auch nur mit wesentlicher Verspätung ihre Reise zum Fußballspiel fortsetzen und sind dort erst zur 65. Minute angekommen.

 

Eine erste Nachfrage bei den zuständigen Behörden hat ergeben, dass die Kontrolle im Auftrag der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck durch EE-Kräfte am Checkpoint B1 durchgeführt worden sei, wobei der zuständige Chefinspektor des Bezirkspolizeikommando Vöcklabruck bzw. der Landespolizeidirektion Oberösterreich, H H, als diensthabende B-Beamten Herrn U M und M W nannte.

 

Der Beschwerdeführer ist daher gezwungen, nicht nur die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, sondern auch die Landepolizeidirektion Oberösterreich als belangte Behörde anzuführen, da unklar ist, in wie weit tatsächlich eine „Unterstellung" gemäß § 9 SPG gegeben ist.

 

Dies vor allem deshalb, da das noch darzustellende Fehlverhalten der diensthabenden Polizeibeamtinnen im Hinblick auf die Vorkommnisse jedenfalls der Landespolizeidirektion Oberösterreich direkt zuzuordnen ist.

 

In der weiteren Korrespondenz wurde von Herrn Dr. J B als Vertreter der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck angeführt, dass die Kontrollen gemäß § 35 Abs. 1 Z 2 u. 9 SPG sowie § 9 PyrotG iVm § 50 SPG erfolgt seien.

 

Diese Rechtsgrundlagen rechtfertigen allerdings keineswegs die tatsächlich getroffenen Maßnahmen, insbesondere die umfassende Personenkontrolle, die Anfertigung von Lichtbildern sowie Filmmaterial sowie die lang andauernde Anhaltung.

 

Aufgrund der gegenständlichen Handlungen wurden daher unbescholtene Personen, die an einer Fan-Reise teilnahmen, polizeilich erfasst, wobei dies weder angemessen noch notwendig war.

Beweis:

Einvernahme Beschwerdeführer, E-Mail Dr. B vom 22.09.2015, E-Mail Cheflnsp H vom 24.09.2015, weitere Beweise vorbehalten.

 

 

2. Zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde

Der unzulässige Polizeieinsatz gegen den Beschwerdeführer hat sich am 28. August 2015 zugetragen. Die sechswöchige Beschwerdefrist ist daher am 09. Oktober 2015.

 

Die an diesem Tag übermittelte Beschwerde ist daher rechtzeitig.

 

3. Beschwerdelegitimation

Die Beschwerdelegitimation ergibt sich daraus, dass der Beschwerdeführer durch die Ausführung unmittelbarer polizeilicher Befehls- und Zwangsgewalt in seinen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. So war es den einschreitenden Polizeibeamtinnen weder erlaubt, Fotos bzw. Filme von den Teilnehmerinnen der Fan-Reise anzufertigen, noch die jeweiligen Personalien mit fortlaufenden Nummern zu erfassen.

 

Aber auch die gesamte Kontrolle hätte - wenn überhaupt - wesentlich rascher und einfacher durchgeführt werden müssen, sodass der beabsichtigte Besuch des Fußballspieles dem Beschwerdeführer auch möglich gewesen wäre.

 

Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang auch, dass eine allfällige Kontrolle nach dem Pyrotechnikgesetz in Stadionnähe erfolgen hätte müssen. Eine ca. 6 km entfernte Polizeiaktion, die mit massiven Eingriffen in die Reisefreiheit und damit auch in die persönliche Freiheit des Beschwerdeführers verbunden war, ist nicht gerechtfertigt. Es fehlt auch an der gemäß dem Pyrotechnikgesetz geforderten „örtlichen und zeitlichen Nähe zu einer Sportveranstaltung".

 

Es hätte sohin davon Abstand genommen werden müssen, Fotos und Filme der Teilnehmerinnen der Fan-Reise anzufertigen, sowie ihre persönlichen Daten zu notieren.

 

Beweis:

-          Gedankenprotokoll vom 14.09.2015,

-          weitere Beweise vorbehalten.

 

4. Beschwerdegründe

Die einschreitenden Polizeiorgane waren zu den getroffenen Maßnahmen nicht berechtigt.

 

Der von der belangten Behörde zitierte § 35 Abs 1 Z 2 und 9 SPG ist keine Rechtsgrundlage dafür, sämtliche Reiseteilnehmerinnen, die eine Autobusreise von I nach S unternehmen, umfangreichen persönlichen Kontrollen zu unterziehen. Weder lag ein dringender Verdacht im Sinne eines höheren Grades einer Wahrscheinlichkeit vor, am aktuellen Aufenthaltsort der Reisegruppe - nämlich der Raststätte H - werde sich eine mit beträchtlicher Strafe bedrohte Handlung ereignen oder werden sich dort flüchtige Personen aufhalten. Aufgrund der hohen Grundrechtsrelevanz darf eine Identitätsfeststellung aber auch im Zusammenhang mit Sportgroßveranstaltungen nur bei Vorliegen entsprechender Tatsachen vorgenommen werden, welche beispielsweise sachbezogene Äußerungen oder frühere Vorfälle sein oder in der Annahme bestehen können, es werde gefährliche Angriffe unter Anwendung von Gewalt im Zusammenhang mit der Veranstaltung geben.

 

Vorliegend brachte die belangte Behörde jedoch schon im Vorfeld des Spieles in Erfahrung, dass die Feindschaft der S bzw. I „Risk- Fans" für die Veranstaltung ruhend gestellt wurde. Dies wurde am 27.08.2015 zwischen den betroffenen Fangruppierungen vereinbart und wurde auch der belangten Behörde am selben Tag bekannt.

 

Weiters hat sich die Reisegruppe - selbst den Polizeiberichten zufolge - stets ruhig und besonnen verhalten, sodass in einer Gesamtbetrachtung der gegebenen

Faktoren gerade kein Anlass zur Durchführung solch umfangreicher Maßnahmen gegeben war.

 

Selbst gegenteilige Ansicht würde jedoch nur dazu legitimieren, Name, Geburtsdatum oder Wohnanschrift zu erfassen. Jedenfalls ist ein Polizeihandeln im Sinne von Anfertigen von Fotos und Videoaufnahmen sowie nummerierter Erfassung sämtlicher Personalien durch das SPG nicht gedeckt.

 

Insbesondere gab es keinen Anlass, die Reisegruppe über einen Zeitraum von rund 2 Stunden - nämlich von 19:37 Uhr bis 21:22 Uhr - anzuhalten, zu durchsuchen und an ihrer Weiterfahrt zu hindern. Damit wurde jedenfalls gegen das - gerade im Zusammenhang mit Identitätsfeststellungen nach dem SPG geltende -Verhältnismäßigkeitskriterium verstoßen.

 

Des Weiteren liefert auch § 9 Pyrotechnikgesetz iVm § 50 SPG keine Rechtsgrundlage, sämtliche Personen einer entsprechenden Durchsuchung zu unterziehen bzw. die Reisebusse in der monierten Art und Weise zu kontrollieren.

 

Die im Pyrotechnikgesetz geforderte Berechtigung für Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes, Personen, von diesen mitgeführte Behältnisse sowie Fahrzeuge zu durchsuchen, besteht nur dann, wenn aufgrund eines konkreten Hinweises oder sonstiger bestimmter Tatsachen der dringende Verdacht besteht, dass dem Pyrotechnikgesetz zuwider gehandelt werde. Ein solcher Tatverdacht war beim Beschwerdeführer keineswegs in irgendeiner Form gegeben.

 

§ 39 Abs 2 Pyrotechnikgesetz stellt auch eine völlig unbestimmte und sachlich nicht gerechtfertigte Verbotsgrundlage dar. Nach dem Gesetzestext dürfen ganz generell pyrotechnische Gegenstände in „sachlichen, örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einer Sportveranstaltung" nicht besessen und nicht verwendet werden.

 

Die Gesetzesbegriffe „in sachlichen, örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einer Sportveranstaltung" sind derart unbestimmt, dass sie dem strafrechtlichen Determinierungsgebot krass widersprechen.

Indem im Behördenauftrag vom 28.08.2015 angeordnet wird, bei Vorliegen konkreter Hinweise auf das Mitführen von pyrotechnischen Gegenständen in zeitlichem und örtlichem Zusammenhang mit der Sportgroßveranstaltung im Rahmen verkehrspolizeilicher Kontrollen Durchsuchungen vorzunehmen, was durch Angabe eines Zeitraumes von 2 Stunden vor Spielbeginn sowie entsprechenden Kilometerangaben eine Konkretisierung erfährt, kann der notwendige Zusammenhang mit dem Fußballspiel nicht hergestellt werden. Tatsächlich wurden nämlich in einer Entfernung von ca. 6 km vom eigentlichen Veranstaltungsort Polizeikontrollen durchgeführt. Dies obwohl sich der - dem Auftrag zu Grunde liegende - Bescheid vom 27.08.2015 lediglich auf das Stadion „X" in S bezieht.

 

Wenn überhaupt, dann hätte eine Kontrolle der Busse oder auch der Teilnehmerinnen im Hinblick auf die Bestimmungen des Pyrotechnikgesetzes sowie des erlassenen Bescheides lediglich am Stadionparkplatz erfolgen dürfen. Dies gilt aber nicht für den Checkpoint, wobei zusätzlich die Teilnehmerinnen der Reise gezwungen wurden, von der Autobahn abzufahren und ihre Reise für ca. 2 Stunden zu unterbrechen.

 

Beweis:

-          E-Mail Kontrollinspektor K vom 27.08.2015,

-          E-Mail von Kontrollinspektor B vom 28.08.2015,

-          Bericht des szenekundigen Dienstes vom 30.08.2015,

-          Behördenauftrag BH Vöcklabruck vom 28.08.2015,

-          Bescheid BH Vöcklabruck vom 27.08.2015,

-          PV,

-          Zeugen im Übrigen ausdrücklich vorbehalten.

 

Der Beschwerdeführer stellt daher an das Landesverwaltungsgericht des Landes Oberösterreich nachstehende

 

ANTRÄGE

 

1)        Auf Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung;

2)        Auf Fällung folgenden Erkenntnisses:

 

Der Beschwerdeführer wurde durch Organe der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck sowie der Landespolizeidirektion Oberösterreich am 28.08.2015 beim Checkpoint Bl, km 236, 4, durch unzulässige polizeiliche Maßnahmen, insbesondere durch

- Personenkontrollen, die das Anfertigen von Lichtbildern und Videoaufnahmen des Beschwerdeführers und seiner körperliche Kontrolle umfassten;

- Die Erfassung sämtlicher Identitätsdaten durch die Polizei (Erfassung der Ausweisdaten samt fortlaufender Nummerierung!);

- Die ca. 2- stündige Anhaltung beim Checkpoint B1, km x;

- Die Kontrolle jenes Reisebusses, in dem der Beschwerdeführer mitfuhr

 

in gesetzlichen Rechten, insbesondere in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit sowie dem Recht, keiner gesetzwidrigen Behandlung unterzogen zu werden, verletzt.

 

3)       Die Maßnahmen der einschreitenden Polizeibeamtinnen waren rechtswidrig.

Der Bund (Bundesministerium für Inneres) als Rechtsträger der belangten Behörden ist schuldig, dem Beschwerdeführer die Kosten des gegenständlichen Verfahrens bei sonstiger Exekution zu ersetzen.“

 

2. Mit Schreiben vom 6. Oktober 2015 forderte das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die belangte Behörde zur Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift auf.

 

3. Mit Schreiben vom 20. November 2015 übermittelte die belangte Behörde den vorhandenen Akt und erstattete nachfolgende Gegenschrift, in welcher die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

 

„In umseits bezeichneter Maßnahmenbeschwerdesache nimmt der Bezirkshauptmann des Bezirkes Vöcklabruck auf das Schreiben des Landesverwaltungsgerichtes (LVwG ) vom 20.10.2015 Bezug und erstattet zur übermittelten Kopie der Maßnahmenbeschwerde des Beschwerdeführers vom 9.10.2015 nachstehende

 

GEGENSCHRIFT

 

an das . Landesverwaltungsgericht (LVwG ) und bringt beiliegendes Aktenkonvolut mit Aktenverzeichnis in Vorlage.

 

1. Beschwerdelegitimation und Anfechtungsgegenstand:

 

Der Beschwerdeführer ist nach dem den Anfechtungsgegenstand bildenden Tatsachenbehauptungen nicht Adressat der in Beschwerde gezogenen Verhaltensweisen der Polizeiorgane.

 

Vielmehr bezieht sich der Beschwerdeführer auf eine behauptete Rechtswidrigkeit von Amtshandlungen bezogen auf „einen Reisebus", eine unbestimmten Gruppe von Personen als Ganzes. Entsprechend habe sich eine durch rechtswidrige Maßnahmen verursachte Verzögerung bei der Anreise zum Stadion S ergeben.

Es gibt keine konkreten Tatsachenbehauptungen, wann und wodurch gegenüber dem Beschwerdeführer konkret Befehle erteilt oder Zwang ausgeübt wurde, sondern beziehen sich alle Ausführungen immer auf ein Geschehen gegenüber einer unbestimmten Personen als Ganzes und zeitlich wie inhaltlich nicht konkretisiert.

Der vereinzelt enthaltene Hinweis, dass sinngemäß auch mit dem Beschwerdeführer so verfahren worden wäre, reicht nicht zur Darlegung einer Beschwerdelegitimation bzw. eines Anfechtungsgegenstandes.

Daher kommt kein Recht des Beschwerdeführers in Betracht, welches durch die Polizeikontrolle vom 28.8.2015 dem Grunde nach verletzt werden hätte können.

Die Maßnahmenbeschwerde ist mangels Beschwerdelegitimation und konkretem Anfechtungsgegenstand zurückzuweisen.

 

2. Verwaltungsakte und Rechtmäßigkeit:

 

Die tatsächlich durchgeführten Kontrollen waren rechtmäßig und verhältnismäßig.

Aufgrund von Vorinformationen der szenekundigen Dienste T, S und führend für den Einsatz verantwortlich und Fernsehinterviews eines Risikofans von SV S wenige Tage vor dem 28.8.2015 gab es konkrete Hinweise, dass trotz veranstaltungssicherheitsrechtlicher Untersagung der Durchführung dieses Risikospiels SV S gegen FC I auf beiden Seiten mehrere hundert B- und C-wertige Risikofans anreisen und - nötigenfalls gewaltsam - versuchen, dennoch das Spiel im Stadion zu sehen.

Es war daher für die Sicherheitsbehörde (gemäß § 9 SPG) der dringende Verdacht vorgelegen, dass sich im Bereich des Fußballstadions mit beträchtlicher Strafe bedrohte Handlungen ereignen werden (§ 35 Abs 1 Z 2 lit a SPG).

Da weiters zu befürchten war, dass anreisende Personen (Fans) auch verbotener Weise Pyrotechnik mitnehmen und wie schon oft zuvor diese auch vor und im Stadion verwenden würden, war eine Anordnung der Durchsuchung von Personen gemäß § 9 Pyrotechnikgesetz notwendig.

 

Beweis: Verwaltungsakt:

Zeuge J P, LPD

 

 

3. Anträge:

 

Abschließend wird aus ai! diesen Gründen daher beantragt,

 

1. die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen;

in eventu

1. die Maßnahmenbeschwerde als unbegründet abzuweisen;

2. den Beschwerdeführer zum Ersatz der Kosten der belangten Behörde für den Vorlage-, Schriftsatz- und - im Fall einer durchgeführten Verhandlung - Verhandlungsaufwand im Sinn des § 79a Abs 1, 5 und 7 AVG binnen 14 Tagen an den Bund zu verpflichten.

 

Auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wird verzichtet.“

 

4. Mit Schreiben vom 2.12.2015 wurde dem Bf die Möglichkeit der Stellungnahme zur Gegenschrift der belangten Behörde gegeben. Der Bf erstattet mit Schreiben vom 22.12.2015 nachfolgende Stellungnahme:

 

„In umseits bezeichneter Rechtssache wird zur Gegenschrift der belangten Behörde vom 20.11.2015, beim ausgewiesenen Vertreter eingelangt am 04.12.2015, binnen offener Frist nachstehende

STELLUNGNHAME

 

an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erstattet und diese ausgeführt wie folgt:

 

5.

Die Behauptungen der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift, es sei keine Beschwerdelegitimation I gegeben bzw wäre kein Anfechtungsgegenstandes konkretisiert worden, J nicht richtig.

 

Unabhängig davon ist aufgrund der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes davon auszugehen, dass zwar der notwendige Inhalt einer Maßnahmenbeschwerde durch § 9 Abs 1 und 4 VwGVG festgelegt wird. Dieser ist jedoch - unter Hinweis auf die zu Art 129 a Abs 1 Z 2 AVG iVm § 67 a bis c AVG ergangene laufende Judikatur - nicht streng formalistisch auszulegen.

 

So ist die gegen den Beschwerdeführer ausgeübte Befehls- und Zwangsgewalt zwar räumlich und zeitlich gehörig zu beschreiben. Der Mangel der exakten Bezeichnung des angefochtenen Verwaltungsaktes ist aber nur dann entscheidungswesentlich, wenn nicht erkennbar ist, gegen welches behördliche Handeln sich das Rechtsmittel wendet.

Ergibt sich dagegen aus der gesamten Darstellung der Beschwerde unzweifelhaft, welcher Verwaltungsakt bekämpft wird, so ist das Fehlen der ausdrücklichen Bezeichnung desselben irrelevant (VwGH 94/02/0103). Insbesondere ist aber ein Vorbringen, wonach sich ein konkreter Befehl nicht gegen den Beschwerdeführer gerichtet habe, dann kein Grund für eine Zurückzuweisung der Beschwerde, wenn die Möglichkeit der Verletzung eines subjektiven Rechts durch Eingriff in die Rechtsphäre des Beschwerdeführers als Adressat des betreffenden Aktes besteht (VwGH 2010/07/0032).

 

Aber selbst eine beim Landesverwaltungsgericht eingelangte Beschwerde, die inhaltliche Mängel im Hinblick auf die Erfordernisse des § 67 c Abs 2 AVG aufweisen

 

sollte, ist nicht sofort zurückzuweisen! Vielmehr ist dem Beschwerdeführer Gelegenheit zur Behebung des Mangels einzuräumen (vgl. Eisenberger/Ennöckl/Helm, die Maßnahmenbeschwerde, S 75) und geht das Vorbringen der belangten Behörde auf Zurückweisung der vorliegenden Maßnahmenbeschwerde schon aus diesem Grund ins Leere.

 

Lediglich der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass im Rahmen der Maßnahmenbeschwerde unter „1. Sachverhaltsdarstellung" ohnehin genau dargestellt wurde, was sich am verfahrensgegenständlichen Tag um welche Uhrzeit an welchen Örtlichkeiten zugetragen hat. In weiterer Folge wurden die Beschwerdelegitimation sowie die konkreten polizeilichen Maßnahmen, wie sie gegenüber dem Beschwerdeführer gesetzt wurden, ausgeführt.

 

So wurde sowohl durch die Anhaltung des Beschwerdeführers über einen Zeitraum von zwei Stunden am Rastplatz in der Nähe von A, als auch aufgrund der persönlichen Durchsuchung und des Anfertigens von Fotos und Videoaufnahmen des

Beschwerdeführers unmittelbar Befehls- und Zwangsgewalt ihm gegenüber ausgeübt.

 

 

Diesem war es jedenfalls nicht möglich, sich vor Beendigung dieser Maßnahmen frei zu bewegen. Der Beschwerdeführer war Adressat des Einschreitens der diensthabenden Polizeiorgane, woraus die Legitimation zur Erhebung vorliegender Maßnahmenbeschwerde abzuleiten ist.

 

Beweis:       Einvernahme des Beschwerdeführers,

wie bisher.

 

6.

Die Ausführungen zur Rechtmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit der belangten Behörde geben den Akteninhalt weder vollständig noch richtig wieder. So wird zwar ausgeführt, es habe vor dem 28.08.2015 konkrete Hinweise darauf gegeben, dass trotz veranstaltungssicherheitsrechtlicher Untersagung der Durchführung dieses Risikospiels SV S gegen FC I auf beiden Seiten mehrere hundert B- und C- wertige Risikofans anreisen und - nötigenfalls gewaltsam - versuchen werden, dennoch das Spiel im Stadion zu sehen. Dem beiliegenden E-Mail Verkehr zufolge war der belangten Behörde aber spätestens seit dem 27.08.2015 ebenso bekannt, dass die Feindschaft zwischen den S und I „Risk Fans" für die gegenständliche Veranstaltung „ruhend gestellt wurde". Genau genommen wurde in einem Schreiben der Fanszene von S ausdrücklich darauf hingewiesen, dass man sich vor Ort gebührlich verhalten soll, man sich geschlossen und friedlich an den Rand der Sicherheitszone begeben und die Fußballvereine von dort aus anfeuern soll. Dieses Schreiben lag der belangten Behörde seit 27.08.2015 vor und wurde der Behörde gegenüber von verlässlichen Quellen aus der T Fanszene auch bestätigt.

Insofern lag der dringende Verdacht, als sich an einem bestimmten Ort - nämlich dem Bereich des Fußballstadions - bestimmte Straftaten ereignen werden, die im Zuge der Identitätsfeststellung verhindert werden sollen, im Zeitpunkt des Einschreitens der Polizeiorgane nicht mehr vor. Ein solcher lässt sich auch nicht mit statistischen Häufigkeiten gleichsetzen oder aus einer bloßen Annahme ableiten (vgl. UVS-SIg 2010/87).

 

Zugleich schafft § 35 Abs 1 Z 2 lit a SPG Grundlage dafür, Personen, die sich an einem näher bezeichneten „verdächtigen Ort" aufhalten, einer Identitätsfeststellung zu unterziehen. Die Ermächtigung zu einem Vorgehen nach Z 2 kann demnach nicht allein auf Hinweise zu einer Straftat, die durch eine bestimmte Person erfolgen soll, sondern lediglich im Hinblick auf einen Ort, gestützt werden.

 

Vorliegend habe der Verdacht bestanden, dass sich im Bereich des Fußballstadions mit beträchtlicher Strafe bedrohte Handlungen ereignen würden. Die verfahrensgegenständlichen Maßnahmen wurden in weiterer Folge jedoch in 6 km Entfernung vom eigentlichen Veranstaltungsort und sohin gerade nicht an jenem Ort, auf den sich der vorgebrachte Verdacht bezogen hat, durchgeführt.

 

Dieses Vorgehen kann weder auf § 35 Abs 1 Z 2 lit a SPG noch auf § 9 Pyrotechnikgesetz gestützt werden, als beide Normen auf einen Aufenthalt an dem näher bestimmten verdächtigen Ort und sohin eine Ortsbezogenheit des Verdachtes bzw einen sachlichen, örtlichen und zeitlichen Zusammenhang zur Sportgroßveranstaltung abstellen. Dieser war nicht gegeben, wenn überhaupt, dann hätte eine Kontrolle lediglich im Bereich des Stadions durchgeführt werden dürfen.

 

Beweis:       E-Mail von Kontrlnsp B vom 28.08.2015,

E-Mail von Kontrlnsp K vom 27.08.2015,

PV,

weitere Beweise vorbehalten.

 

Daneben ist die erfolgte Identitätsfeststellung aber auch insofern unverhältnismäßig und mit Rechtswidrigkeit belastet, als nicht nur die Personalien des Beschwerdeführers aufgenommen wurde, sondern dieser auch mit einer Nummer erfasst, fotografiert sowie gefilmt wurde. Selbst wenn sohin - was jedenfalls in Abrede gestellt wird - die Eingriffsvoraussetzungen grundsätzlich vorgelegen wären, hätte dies die diensthabenden Polizeiorgane keinesfalls zur Erfassung anderer Daten als den Namen, das Geburtsdatum sowie die Wohnanschrift ermächtigt. Vielmehr hätten sich diese mit einer Einschau in den amtlichen Lichtbildausweis des Beschwerdeführers als weniger belastendes Mittel zur verlässlichen Identitätsfeststellung begnügen müssen (Hauer/Keplinger, § 35 SPG, B.l 5 ff).

 

Beweis:       wie bisher.

 

Aus all diesen Gründen ist das polizeiliche Einschreiten am 28.08.2015 zwischen 19.30 und 21.20 Uhr im Bereich der Kontrollstelle bei A gegenüber dem Beschwerdeführer weder recht- noch verhältnismäßig. Es mögen daher die beantragten Beweise aufgenommen sowie antragsgemäß entschieden werden.“

 

5. Mit Schreiben vom 11.3.2016 legte der Bf mehrere – bereits im vorgelegten Akt der belangten Behörde vorhandene – Urkunden vor.

 

 

II.

 

1. Das Landesverwaltungsgericht erhob Beweis durch die Einsichtnahme in den vorgelegten Akt, die eingebrachten Schriftsätze und Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung unter Ladung der handelnden Organe als Zeugen.

 

2. Aufgrund der sich so darstellenden Beweislage, der Aussagen der Zeugen und der Angaben des Bf in der öffentlichen mündlichen Verhandlung ist nachfolgender Sachverhalt festzustellen:

Am 28.8.2015 wurde der Reisebus, in dem sich der Bf befunden hat, zusammen mit mehreren Bussen (insgesamt: 4) der Fangemeinde der Mannschaft FC I einer Kontrolle unterzogen. Entsprechend der belangten Behörde stützte sich diese Kontrolle auf § 35 Abs. 1 Z 2 lit a, Abs. 1 Z 1 SPG und § 9 PyrotG. Konkrete Verdachtsmomente im Hinblick auf die Person des Bf, dass dieser mit gerichtlicher Strafe bedrohte Handlungen durchgeführt hat bzw. durchführen werde, lagen nicht vor. Ebenso verhielt es sich mit pyrotechnischen Gegenständen. Aufgrund bisheriger Erfahrungen – v.a. gestützt auf die Berichte von szenekundigen Beamten – rechnete die belangte Behörde aber damit, dass es am Rande des Geisterspiels: FC I vs. SV S zu körperlichen Auseinandersetzungen der Fangruppen bzw. Sachbeschädigungen kommen könnte. Die vom Bf ins Treffen geführte Ruhendstellung der bestehenden Feindschaft der Fangruppierungen der beiden Mannschaften erkannte die belangte Behörde als nicht tragfähig. Dies aus den Umständen heraus, dass gegenteilige Indizien vorhanden waren. Einerseits fand ein Telefonanruf aus der Fangemeinschaft vor dem Spiel statt, worin gebeten wurde, dass die Sicherheitsorgane auf eine Trennung der Fans unbedingt hinwirken sollten, andererseits ist der Umstand, dass auch ob des bekannten Platzverbotes im Umfeld des Stadions in Ergänzung zu dem Faktum, dass das Fußballspiel unter Ausschluss des Publikums stattfindet, die angekündigte Anreise von mehreren hundert Fans (von beiden Seiten) als weiteres Indiz für anstehende massive Konfliktsituation zu werten (etwa: Vornahme von KV oder Sachbeschädigungen, Raufhandel etc.). Hinzutrat die Information des szenekundigen Dienstes, dass das verfahrensgegenständliche Spiel das erste Aufeinandertreffen der beiden Mannschaften seit ca. 10 Jahren ist und von den Fans als Kräftemessen stilisiert wurde, wobei aus vergangenen Spielen die jeweiligen Fangruppen für entsprechend eskalierende Vorgangsweisen bekannt waren. Vor diesem Gefährdungsszenario wurde von der belangten Behörde ein Platzverbot rund um das Stadion ausgesprochen und das Spiel an sich als Geisterspiel (ohne Publikum) angelegt. Von dieser Vorgehensweise wurden die Fans auch informiert. D.h. die Fangruppen wussten einerseits vom Geisterspielcharakter und andererseits vom Platzverbot.

 

Nach dem Eintreffen des Busses am Kontrollort ca. 6 km vom Stadion entfernt, in dem sich der Bf befunden hat, stieg ein Einsatzbeamter zu und erklärte die weitere Vorgehensweise (Identitätskontrolle + Foto + Aufenthalt nach der Kontrolle). Von der Kontrolle selbst wurden die Fangruppen wiederum durch den szenekundigen Dienst vorab informiert. Der Bf persönlich hat wiederum nur durch andere Informationsquellen im Bus von der Kontrolle erfahren (Handy etc.). Die Nichtmitwirkung an der Kontrolle hätte für den Bf aber keine Konsequenzen gehabt. Er hätte die Aufnahme seiner Daten, das Fotografieren, die Kameraaufnahmen bzw. den Aufenthalt im „Gesperre“ abbrechen und weggehen können. Lediglich die Rückkehr zum Bus wäre nicht unbegleitet möglich gewesen, da eine Vermengung der kontrollierten mit der unkontrollierten Fangemeinde unterbunden werden sollte. Es hat bei der gesamten Kontrolle keine Zwischenfälle gegeben. Sowohl der Bf als auch die einschreitenden Organe kommen zu der Auffassung, dass der Ablauf und die Durchführung der Kontrolle als sehr entspannt bezeichnet werden kann. Jede kontrollierte Person wirkte mit und es kam diesbezüglich auch zu keinerlei Fragestellungen. Dies bestätigt auch der Bf. Er hat sich selbst auch nie näher über den Ablauf und seine Möglichkeiten erkundigt. Die Dauer des Kontrollvorganges pro Bus ist mit ca. 30-35 Minuten zu verorten. Es waren ca. 50 Personen pro Bus zu kontrollieren. Dies ergibt eine Kontrollzeit von unter 1 Minute pro Person. Der Ablauf der Kontrolle stellte sich konkret dergestalt dar, dass 1. der Bf aus dem Bus ausstieg; 2. es wurden die Identitäten aufgenommen + individualisierbares Ganzkörperfoto; 3. Weggang zum „Gesperre“ und gemeinsames Warten der bereits kontrollierten Fans. In Summe waren beim gesamten Einsatz (Checkpoint B1 und B 135 [S]) über 300 Einsatzkräfte vor Ort (lt. Protokoll ON 33; 371 Einsatzkräfte).

 

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den Aussagen des Beschwerdeführers und der eingeschrittenen Organe, welche sich über den Ablauf der Kontrolle und die konkreten Ausführungen decken und insofern dieser vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich als unstrittig angesehen werden kann. Das Auftreten der als Zeugen einvernommenen Einsatzorgane (Zuständigkeit Bus 1: Identitätskontrolle und Fotodokumentation) stellt sich als emotionslos, sachlich und nüchtern dar. Sowohl das Auftreten als auch das Verhalten während der Verhandlung hinterlässt einen professionellen und deeskalierenden Eindruck. Der Bf wiederum stellt sich für das erkennende Gericht als introvertiert und in seinen Ansichten verhaftet dar. Am Rande kommt v.a. zum Ausdruck, dass die Dauer der Kontrolle und die so erfolgte „Versäumnis“ von weiten Strecken des Geisterspieles als störend empfunden wurden und die bloße Präsenz von einer großen Anzahl an Einsatzkräften das Gefühl der Alternativenlosigkeit – ohne diese zu verifizieren – beim Bf hinterlassen hat.

 

 

III.

 

1. Gemäß Art 130 Abs 1 Z 2 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit.

 

Nach Art 132 Abs. 2 B-VG kann gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch sie in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

 

Gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG hat die Beschwerde zu enthalten:

  1. die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, der angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder der angefochtenen Weisung,
  2. die Bezeichnung der belangten Behörde,
  3. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,
  4. das Begehren und
  5. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.

 

Gem. § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

 

Gem. § 28 Abs. 6 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, wenn im Verfahren wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art 130 Abs. 1 Z 2 B-VG eine Beschwerde nicht zurückzuweisen oder abzuweisen ist, die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären und gegebenenfalls aufzuheben.

 

2. Eine Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt liegt nach der höchstgerichtlichen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dann vor, wenn einseitig in subjektive Rechte des Betroffenen eingegriffen und hierbei physischer Zwang ausgeübt wird oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwanges bei Nichtbefolgung eines Befehls droht (vgl VwGH 29.6.2000, 96/01/0596 mwN und unter Hinweis auf die Lehre). Die Verletzung subjektiver Rechte Dritter kann sohin nicht zulässig im Wege der Maßnahmenbeschwerde geltend gemacht werden.

 

2.1. Daher geht aus diesem Blickwinkel die Beschwerde des Bf betreffend die Anhaltung des (gesamten) Busses fehl, da er subjektive Rechte Dritter geltend macht (des Busunternehmens, des Busfahrers, der jeweils anderen Teilnehmer der Reise etc.). Die Beschwerde des Bf war sohin – ohne in die nähere Prüfung einzusteigen mangels Beschwerdelegitimation – in diesem Beschwerdepunkt zurückzuweisen.

 

2.2. Entscheidend ist weiters, dass es sich um einen Hoheitsakt einer Verwaltungsbehörde handelt, mit dem in die Rechte von individuellen natürlichen oder juristischen Personen eingegriffen wird, ohne dass ein Bescheid erlassen wird (vgl Köhler in Korinek/Holoubek, Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Rz 45 f zu § 129a B-VG). Nach der Judikatur des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofs muss es sich bei einer bekämpfbaren Maßnahme um die Anwendung physischen Zwangs oder die Erteilung eines Befehls mit unverzüglichem Befolgungsanspruch handeln (vgl Eisenberger/Ennöckl/Helm, Die Maßnahmenbeschwerde, 40, uHa VfSlg 11.935/1988, VwGH 28.5.1997, Zl. 96/13/0032, VwGH 16.4.1999, Zl. 96/02/0590). Voraussetzung für die Maßnahmenqualität eines behördlichen Befehls ist nach der Rechtsprechung ein unmittelbarer Befolgungsanspruch. Das bedeutet, dass dem Betroffenen bei Nichtbefolgung des Befehls unmittelbar, dh unverzüglich und ohne weiteres Verfahren, eine physische Sanktion droht (vgl. VfSlg 10.662/1985). Liegt ein Befolgungsanspruch aus einer solchen, dem Befehlsadressaten bei Nichtbefolgung des Befehls unverzüglich drohenden physischen Sanktion (objektiv) nicht vor, so kommt es darauf an, ob bei objektiver Betrachtungsweise aus dem Blickwinkel des Betroffenen bei Beurteilung des behördlichen Vorgehens in seiner Gesamtheit der Eindruck entstehen musste, dass bei Nichtbefolgung der behördlichen Anordnung mit ihrer unmittelbaren zwangsweisen Durchsetzung zu rechnen ist (vgl VwGH 29.9.2009, Zl. 2008/18/0687, VwGH 28.10.2003, Zl. 2001/11/0162).

 

3. Im Hinblick auf die Beschwerdekomplexe der Personenkontrolle, der Erfassung der Identitätsdaten, des Anfertigens von Lichtbildern und der Videoaufzeichnung ist zu erkennen, dass diese Maßnahmen nicht als Akte unmittelbarer Befehls- oder Zwangsgewalt ausgestaltet waren (s dazu auch VfSlg 11.935). Es kann vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich nicht festgestellt werden, dass diese Vorgehensweisen mit Befehl oder mit der Anwendung eines physischen Zwanges versehen wurden. Vielmehr wurde sowohl vom Bf als auch von den durchführenden Organen konstatiert, dass das Vorgehen der Organe im entspannten Zusammenwirken beider Seiten erfolgte. Es wäre jederzeit möglich gewesen nicht zu kooperieren und sowohl die Identitätsdaten und das Anfertigen der Lichtbilder zu unterbrechen bzw. sich der Videoaufnahmen zu entziehen. Konsequenz wäre lediglich gewesen, dass der Bf durch anwesende Beamte begleitend beobachtet worden wäre, um eine Vermischung von „kontrollierten“ mit „nicht-kontrollierten“ Fans zu überwachen. Dies v.a. deshalb, damit keine pyrotechnischen oder sonst – möglicherweise strafrechtlich relevanten – gefährlichen Gegenstände weitergegeben werden.

 

3.1. Auch das Aufbewahren der Daten stellt unabhängig davon, ob die Erfassung rechtmäßig oder unrechtmäßig erfolgte, keine Befehls- oder Zwangsgewalt dar (VfSlg 11.935, VwGH 14.5.1964, 771/63; VwGH 17.6.1966, 755/65).

 

4. Im Hinblick auf die kurzzeitige örtliche Trennung der kontrollierten von den nicht-kontrollierten Fans („Gesperre“) ist ebenfalls darauf zu verweisen, dass es dem Bf jederzeit frei gestanden wäre, diesen Bereich zu verlassen. Lediglich eine Vermischung mit nicht-kontrollierten Fans sollte vermieden werden. Es wäre eine Rückkehr in den Bus einige Minuten nicht möglich gewesen. Insofern liegt auch in diesem Punkt keine mit Befehl oder Zwang versehene Vorgehensweise vor.

 

Selbst wenn man vom Gegenteil ausgeht, muss erkannt werden, dass die hinter dieser Vorgehensweise stehende Intention nicht auf die Beschränkung der Bewegungsfreiheit des Bf gerichtet war (VfSlg 15.465/1999) und auch kein Zwang ausgeübt wurde. Zudem sollte eben bloß die Vermischung von Personengruppen aus einsatztaktischen sicherheitstechnischen Gründen verhindert werden. MaW: Dem Bf wäre der Aufenthalt an einem bestimmten Ort – nämlich dem Bus mit den nicht-kontrollierten Fans – kurzfristig verwehrt worden. Darüber hinaus war aber die Bewegungsfreiheit des Bf erhalten (VfSlg 10.378/1985, VfSlg 10.546/1985, VfSlg 11.930/1988). Dies stellt sohin in der konkreten Ausgestaltung keinen Eingriff in die Bewegungsfreiheit dar (VwGH 23.3.2004, 2002/01/0542).

 

Der zeitliche Rahmen der Kontrolle war in Ansehung der Menge der Personen als verhältnismäßig zu erkennen. Pro Bus wurden ca. 30-35 Minuten aufgewendet. Ca. 50 Personen befanden sich im jeweiligen Bus. Insofern wurde pro Person unter 1 Minute benötigt. Dass sich für den Bf eine zweistündige Aufenthaltszeit ergab, ist dem Umstand geschuldet, dass die Fangruppierung geschlossen zum Stadion fahren wollte (alle Busse). Die Angebote der einschreitenden Organe, die Busse mögen einzeln nach der erfolgten Kontrolle abfahren, wurden nicht angenommen. Da sich der Bf im ersten kontrollierten Bus befand, summierte sich seine freiwillige Warteizeit entsprechend.

 

5. Gem. § 35 Abs. 1 VwGVG hat die obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterliegende Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, ist die Bf die obsiegende und die belangte Behörde die unterlegene Partei. Gem. § 35 Abs. 6 VwGVG sind des Weiteren die §§ 52-54 VwGG auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG anzuwenden. Wenn demnach in einer Beschwerde mehrere faktische Amtshandlungen angefochten werden, ist dies gem. § 52 VwGG so zu behandeln, als wären mehrere Beschwerden eingebracht worden. Es ist somit die Beschwerde gegen jede faktische Amtshandlung gesondert zu vergüten. Insofern sind nach der hM der Vorlage-, Schriftsatz- und der Verhandlungsaufwand gesondert zu vergüten. (VwGH vom 26.6.2013, Zl. 2012/01/0126). Lediglich der Ersatz der Reisekosten erhält durch § 52 Abs. 2 VwGG eine Einschränkung (s dazu weiter Reisner in Götzl/Gruber/Reisner/Winkler, Das neue Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte § 35 Rz 33ff). Entsprechend der Rsp des VwGH gebührt der belangten Behörde aber nur der einfache Vorlageaufwand, wenn nur ein Verwaltungsakt vorgelegt wurde, auch wenn darin mehrere Verwaltungsakte enthalten sind (VwGH 22.3.2000, Zl. 97/01/0745; VwGH 9.9.2003, Zl 2002/01/0360; Hengstschläger/Leeb § 79a Rz 22f mwN). Der oben angesprochene mehrfache Schriftsatzaufwand gebührt, wenn die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift auf alle bekämpften Verwaltungsakte entsprechend Bezug nimmt (Hengstschläger/Leeb § 79a Rz 22f mwN). Auch der Verhandlungsaufwand gebührt der obsiegenden Partei in mehrfacher Anzahl, wenn mehrere Beschwerden in einer mündlichen Verhandlung verhandelt werden (s dazu Brandstetter/Larcher/Zeinhofer, Die belangte Behörde Rz 245; VwGH 9.9.2003, Zl. 2002/01/0360).

 

Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bund als Rechtsträger, für den die belangte Behörde eingeschritten ist, nach den §§ 35 VwGVG iVm der VwG-Aufwandersatzverordnung, BGBl II 2013/517 ein Aufwandsersatz in Höhe von insgesamt 1809,20 Euro (je 1 x Vorlageaufwand: 57,40 Euro + 1 x Schriftsatzaufwand: 368,80 Euro + 3 x Verhandlungsaufwand [=  1. Beschwerde gegen die Kontrolle jenes Reisebusses in dem der Bf mitfuhr + 2. Kontrollvorgang (Personenkontrolle und Identitätskontrolle + 3. ca. 2 stündige Anhaltung beim Checkpoint B 1, km x: 461 Euro) zuzusprechen.

 

 

 

IV.

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

 

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Dr. Markus Brandstetter