LVwG-750339/8/BP/BD

Linz, 05.04.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter
Mag. Dr. Bernhard Pree über die Beschwerde des E I,
geb. x, vertreten durch seinen gesetzlichen Vertreter U I, beide vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Dr. H B, L, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 19. Februar 2016, GZ: Pol18-5084, mit dem ein Antrag auf Erteilung des Aufenthaltstitels „Familienangehöriger“ abgewiesen wurde,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG iVm. § 47 Abs. 2 iVm. § 11 Abs. 1 Z. 4 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. 122/2015, wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

II.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.

 

1. Mit Bescheid vom 19. Februar 2016, GZ: Pol18-5084, wies die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land (im Folgenden: belangte Behörde) den Erstantrag des Beschwerdeführers (im Folgenden: Bf) auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Familienangehöriger“ gem. § 11 Abs. 1 Z. 4 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (im Folgenden: NAG) als unbegründet ab.

 

Begründend führt die belangte Behörde zunächst Folgendes aus:

 

Am 22.12.2015 haben Sie im Wege der Österreichischen Botschaft in S einen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Familienangehöriger" für Ihren Adoptivsohn E I eingebracht.

 

Als familienangehörige Bezugspersonen wurden Sie als österreichischer Staatsbürger und Ihre Ehefrau M I und als beabsichtigter Wohnsitz, die Adresse P, X, angegeben.

 

Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 04.02.2016, wurden Sie über das Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt und Ihnen mitgeteilt, dass die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land beabsichtigt, den Antrag Ihres mj. Adoptivsohnes auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Familienangehöriger" abzuweisen.

 

Mit Eingabe Ihrer rechtsfreundlichen Vertretung vom 10.02.2016 wurde dazu wie folgt Stellung genommen:

 

„Die Bezirkshauptmannschaft geht aufgrund des Umstandes, dass die leiblichen Eltern von E I noch am Leben sind davon aus das es sich um eine Aufenthaltsadoption handelt, die Erlangung eines Aufenthaltstitels der ausschließliche Grund der Adoption war. Der Adoptivsohn E I ist der Neffe des Adoptivvaters genauer der Sohn der Schwester. Bereits vor der Adoption hat Herr U I seinen nunmehrigen Adoptivsohn immer unterstützt und betrachtet ihn als seinen Sohn. Das hängt auch damit zusammen, dass man seit jeher Urlaube immer gemeinsam verbracht hat auch deshalb da der eigene leibliche Sohn fast gleich alt ist. Im Hinblick darauf, dass die wirtschaftlichen Bedingungen im Kosovo sehr schlecht sind und seine Schwester auch noch 2 weitere Kinder zu versorgen hat soll mit der Adoption auch die Familie der Schwester entlastet werden zumal keiner in der Familie einer Arbeitstätigkeit nachgehen kann. Vor allem geht es aber darum Herrn E I eine Ausbildungsmöglichkeit zu geben um damit seine Zukunftschancen zu verbessern. Die Adoption wurde keinesfalls nur deshalb vorgenommen um einen Aufenthaltstitel in Österreich zu erlangen sondern um einerseits die Zukunftschancen zu verbessern andererseits das bereits bestehende innige Verhältnis zwischen Adoptivvater und Adoptivsohn auch formal zum Ausdruck zu bringen und damit die Familie der Schwester auch wirtschaftlich zu entlasten. Ich ersuche um Berücksichtigung bei der Entscheidungsfindung und verbleibe mit der Bitte um positive Beurteilung des Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Familienangehöriger".

 

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus dem durchgeführten Ermittlungsverfahren, insbesondere aus den, Ihrem Antrag beigefügten Unterlagen.

 

In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:

 

(...)

 

Gemäß § 37 Abs. 4 NAG hat die Behörde bei Vornahme einer Amtshandlung nach diesem Bundesgesetz den begründeten Verdacht, dass in Bezug auf einen bestimmten Fremden eine Aufenthaltsehe, Aufenthalts Partnerschaft oder Aufenthaltsadoption besteht, die Landespolizeidirektion von diesem Verdacht zu verständigen. Diese Verständigung hemmt den Ablauf der Fristgemäß § 8 VwGVG bis zum Einlangen einer Mitteilung der Landespolizeidirektion gemäß § 110 FPG bei der Behörde. Teilt die Landespolizeidirektion mit, dass keine Aufenthaltsehe, Aufenthalts Partnerschaft oder Aufenthaltsadoption besteht, oder erfolgt die Mitteilung der Landespolizeidirektion nicht binnen drei Monaten, hat die Behörde vom Vorliegen einer Ehe, eingetragenen Partnerschaft oder Adoption auszugehen, es sei denn die Landespolizeidirektion gibt binnen dieser Frist bekannt, dass die Erhebungen noch nicht abgeschlossen werden konnten. Diesfalls verlängert sich die Frist für die Mitteilung gemäß §110 FPG einmalig um weitere zwei Monate.

 

Diese Verständigung erfolgte von Seiten der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land.

 

Mit Schreiben vom 11.02.2016 erhielt die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land von der Landespolizeidirektion die diesbezügliche Sachverhaltsdarstellung. Darin wurde ausgeführt, dass keine belastenden Beweise für das Vorliegen einer Aufenthaltsadoption erbracht werden konnten, da E U schon immer wie ein Sohn für Sie gewesen sei und auch gemeinsame Urlaube im Kosovo verbracht wurden.

 

Für die von einer inländischen Behörde vorzunehmende Beurteilung, ob eine Aufenthaltsadoption im Sinne des § 30 Abs. 2 NAG gegeben ist, kommt es auf die von ihr - allein unter dem Blickwinkel des österreichischen Fremdenrechts - zu prüfenden, der Adoption zugrundeliegenden Motive an (VwGH 19.05.2011, 2008/21/0537). Ob ein gerichtlich strafbares Handeln der Adoptiveltern nach § 118 FPG vorliegt ist dabei unerheblich. Aus diesem Grund kann die Mitteilung der Landespolizeidirektion für die NAG-Behörde auch nicht bindend sein. Erstens würde dies entgegen den Grundsätzen des AVG - wie etwa der freien Beweiswürdigung - stehen und darüber hinaus sind die Regelungsinhalte nach denen NAG-Behörden auf der einen Seite und Landespolizeidirektion auf der anderen Seite, das Vorhandensein einer Aufenthaltsadoption begründen, verschieden.

 

Der am 18.04.2000 geborene E I, kosovarischer Staatsangehöriger, wurde mit rechtskräftigem Beschluss des Grundgerichts in P, Zweigstelle D, von ihnen und Ihrer Ehefrau (vormals Onkel und Tante) adoptiert. Darauf gestützt wurde am 22.12.2015 bei der Österreichischen Botschaft in S ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Familienangehöriger" eingebracht.

 

Aus der Begründung der Adoptionsbewilligung geht sinngemäß hervor, dass sowohl die biologischen Eltern als auch die Adoptiveltern den Wunsch zur gegenständlichen Adoption geäußert haben und darüber hinaus auch das Einverständnis von E U eingeholt wurde. Vom Gericht ist die Meinung des Sozialarbeitszentrums in D eingeholt worden, welches angegeben hat, dass die Adoption für den Minderjährigen gut und in seinem Interesse sei.

 

In der Stellungnahme vom 10.02.2016 wird zum Ausdruck gebracht, dass mit der Adoption auch die Familie Ihrer Schwester entlastet werden sollte, zumal die wirtschaftlichen Bedingungen im Kosovo sehr schlecht sind und Ihre Schwester noch 2 weitere Kinder zu versorgen hat und niemand in der Familie einer Arbeit nachgehen kann. Vor allem ginge es aber darum, Herrn E I eine Ausbildungsmöglichkeit zu geben um damit seine Zukunftschancen zu verbessern.

 

Es wird nicht verkannt, dass Herr E I mit seinen leiblichen Eltern und den zwei Geschwistern im Kosovo in schwierigen wirtschaftlichen Verhältnissen lebt und somit verständlicherweise der Wunsch besteht, eine Schul- bzw. Berufsausbildung in Österreich abzuschließen, um hier später auch Arbeit zu finden.

 

Nichtsdestotrotz stehen aber die mit der Adoption verbundenen fremdenrechtlichen Vorteile deutlich im Vordergrund. Die Begünstigung besteht in einer quotenfreien Niederlassung mit Zugang zum Arbeitsmarkt. Somit kann im Wesentlichen nur die Erlangung des Aufenthaltstitels als Hauptmotiv für die Adoption erkannt werden.

 

Das Vorliegen einer elterlichen Beziehung, wie in der Stellungnahme und auch in der Sachverhaltsdarstellung der Landespolizeidirektion vorgebracht, kann von der Behörde nicht erkannt werden. Abgesehen von gemeinsamen Urlauben und einer in der Stellungnahme nicht näher erläuterten Unterstützung, konnten über das bei nahen Verwandten üblicherweise bestehende Verhältnis hinausgehende Beziehungen nicht festgestellt werden, zumal Herr E I noch über leibliche Eltern verfügt und mit diesen und seinen Geschwistern ein Familienleben im Kosovo führt.

 

Es kann daher davon ausgegangen werden, dass die Erlangung des Aufenthaltstitels der zumindest vorwiegende Grund für die Adoption war. Der von Herrn E I offenbar in erster Linie aus wirtschaftlichen Gründen angestrebte Aufenthalt in Österreich zur beabsichtigten Schulausbildung bzw. in weiterer Folge Berufstätigkeit, setzt nämlich die Erteilung eines Aufenthaltstitels voraus, dessen Erlangung in der Situation von Herrn E I aber nur nach der Adoption als (minderjähriger) Angehöriger von Österreichern möglich ist.

 

Zusammenfassend kommt die Behörde daher zu dem Ergebnis, dass der vorwiegende Grund für die Adoption die Erlangung eines Aufenthaltstitels war, sohin eine Aufenthaltsadoption im Sinne der genannten Bestimmung vorliegt Aus den oben genannten Gründen wird der zwingende Versagungsgrund des § 11 Abs. 1 Z 4 NAG als gegeben erachtet. Liegt ein zwingender Versagungsgrund vor, ist eine Abwägung iSd Art. 8 EMRK nicht vorzunehmen.

Auf Grund dessen war der Antrag auch abzuweisen.

 

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde des rechtsfreundlich vertretenen Bf vom 2. März 2016, worin ua. ausgeführt wird:

Gegen den Bescheid der BH Linz-Land vom 19.2.2016, GZ. Pol18-5084, zugestellt am 19.2.2016, erhebe ich durch meinen ausgewiesenen Rechtsvertreter innerhalb offener Frist

 

Beschwerde

und stelle die

 

Anträge,

 

das Landesverwaltungsgericht möge:

 

a.    eine mündliche Beschwerdeverhandlung anberaumen und durchführen; sowie

b.    den hier angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, GZ. Pol18-5084, vom 19.2.2016 dahingehend abändern, dass meinem Antrag auf Erteilung des Aufenthaltstitels „Familienangehöriger" stattgegeben wird; in eventu

c.    den hier angefochtenen Bescheid der Erstbehörde aufheben und dieser die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auftragen.

 

 

Meine Beschwerde begründe ich wie folgt:

 

Ich verweise zunächst auf sämtliche erstinstanzliche Vorbringen, insbesondere die Stellungnahme meines rechtsfreundlichen Vertreters vom 10.2.2016 und hätte bei richtiger rechtlicher Würdigung eine Abweisung meines Antrags auf Erteilung des Aufenthaltstitels „Familienangehöriger" nicht erfolgen dürfen. Trotz des Umstandes, dass Erhebungen der Landespolizeidirektion hinsichtlich des Vorliegens einer Aufenthaltsadoption keinerlei belastende Beweisergebnisse erbracht haben, geht die belangte Behörde vom Vorliegen einer Aufenthaltsadoption aus. Es könne nur die Erlangung des Aufenthaltstitels als Hauptmotiv für die Adoption erkannt werden. Das Vorliegen einer elterlichen Beziehung, wie in der Stellungnahme und auch in der Sachverhaltsdarstellung der Landespolizeidirektion vorgebracht, könne von der Behörde nicht erkannt werden. Dem ist entgegenzuhalten, dass weder der Beschwerdeführer noch der Adoptivvater der Behörde persönlich bekannt sind, geschweige denn zur Beziehung befragt worden wären. Wie die Behörde daher erkennen kann, dass eine elterliche Beziehung nicht vorliegt, ist nicht nachvollziehbar. Wie bereits in der Stellungnahme ausgeführt, bin ich der Neffe meines Adoptivvaters und hat mich dieser Zeit meines Lebens immer unterstützt und betrachtet er mich als seinen Sohn, genauso wie ich ihn als meinen Vater betrachte. Wir verbringen seither Urlaube gemeinsamen, insbesondere sind auch sein leiblicher Sohn und ich wie Brüder. Hinzu kommt, dass die wirtschaftlichen Bedingungen im Kosovo sehr schlecht sind und meine leiblichen Eltern, durch die Adoption auch entlastet werden sollen. Ich hätte in Österreich auch bedeutend bessere Zukunftschancen und will mir mein Adoptivvater mit der Adoption auch eine Ausbildung ermöglichen. Keinesfalls geht es nur um die Erlangung eines Aufenthaltstitels. Es besteht zwischen uns bereits eine Beziehung wie zwischen Vater und Sohn und wurde dieses Verhältnis nunmehr auch formal im Zuge der Adoption zum Ausdruck gebracht. Sämtliche Voraussetzungen für die Erteilung des Aufenthaltstitels sind daher gegeben, sodass beantragt wird, gegenständlicher Beschwerde stattzugeben.

 

Im Zuge der beantragten mündlichen Beschwerdeverhandlung, wird das Verwaltungsgericht auch die Möglichkeit haben, sich, insbesondere durch die Befragung meines Adoptivvaters, dessen Einvernahme hiermit ausdrücklich beantragt wird, ein Bild von der bestehenden Beziehung zu machen.

 

Weiteres Vorbringen behalten wir uns ausdrücklich vor.

 

3.1. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den mit Schreiben vom 7. März 2016 von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vorgelegten Verwaltungsakt.

 

3.3. Zusätzlich wurde am 4. April 2016 eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich durchgeführt.

 

4. Das Oö. Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:

 

Zwischen dem Adoptivvater und dem 15-jährigen Bf besteht seit Jahren ein enges persönliches Verhältnis, das sich auch auf den leiblichen Sohn des Adoptivvaters erstreckt. Der Bf wird von seinem Adoptivvater schon seit Jahren finanziell unterstützt. Er lebt aktuell im Familienverband seiner leiblichen Eltern und seiner zwei Geschwister im Kosovo. Der Adoptivvater möchte dem Bf eine entsprechende schulische und berufliche Ausbildung in Österreich ermöglichen und geht davon aus, dass der Bf in Österreich leben und arbeiten soll. 

 

 

II.

 

In der öffentlichen mündlichen Verhandlung schilderte der Adoptivvater – durchaus glaubhaft – seine eigene und die Nahebeziehung seiner Familie zum Bf. Weiters bestätigte er, dass er dem Bf die Ausbildung in Österreich ermöglichen wolle, weil er in seiner Heimat eine schwierigere wirtschaftliche Situation vorfinden würde. Befragt nach dem Grund für die Adoption gerade zu diesem Zeitpunkt, antwortete er jedoch eher ausweichend, was den (im Übrigen unbestrittenen Schluss) zulässt, dass aktuell die Ausbildung in Österreich angestrebt wird.  

 

 

III.

 

1.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B VG erkennen ab 1. Jänner 2014 die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

 

Gemäß § 2 VwGVG entscheidet das Verwaltungsgericht durch Einzelrichter, soweit die Bundes- oder Landesgesetze nicht die Entscheidung durch einen Senat vorsehen.

1.2. Gemäß § 47 Abs. 2 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes 2005 – NAG, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. 122/2015, ist Drittstaatsangehörigen, die Familienangehörige von Zusammenführenden sind, ein Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ zu erteilen, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen.

Gemäß § 11 Abs. 1 NAG dürfen Aufenthaltstitel einem Fremden nicht erteilt werden, wenn

1. gegen ihn eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG erlassen wurde oder ein aufrechtes Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht;

2. gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht;

3. (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)

4. eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption

(§ 30 Abs. 1 oder 2) vorliegt;

5. eine Überschreitung der Dauer des erlaubten visumfreien oder visumpflichtigen Aufenthalts im Zusammenhang mit § 21 Abs. 6 vorliegt oder

6. er in den letzten zwölf Monaten wegen Umgehung der Grenzkontrolle oder nicht rechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet rechtskräftig bestraft wurde.

 

Gemäß § 30 Abs. 2 dürfen sich an Kindes statt angenommene Fremde bei der Erteilung und Beibehaltung von Aufenthaltstiteln nur dann auf diese Adoption berufen, wenn die Erlangung und Beibehaltung des Aufenthaltstitels nicht der ausschließliche oder vorwiegende Grund für die Annahme an Kindes statt war.

 

2.1. Am 22. Dezember 2015 stellte der Bf durch seinen gesetzlichen Vertreter in der österreichischen Botschaft im Kosovo einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Niederlassungsbewilligung Angehöriger", wobei er sich auf eine Adoption durch seinen Onkel, der seit 7 Jahren österreichischer Staatsangehöriger ist, berief, der als Zusammenführender im Sinn des § 47 Abs. 2 NAG gelten kann. Zur Erlangung des Aufenthaltstitels ist es aber weiters erforderlich, dass die Voraussetzungen des 1. Teiles des NAG erfüllt werden. Die belangte Behörde sah aber gerade in diesem Punkt einen absoluten Versagungsgrund für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 11 Abs. 1 Z. 4 NAG. 

 

2.2. Nach dem unbestrittenen Sachverhalt wurde der Bf von seinem Onkel im Jahr 2015 adoptiert. Der im Familienverband seiner leiblichen Eltern lebende Bf hat fraglos eine persönliche Nahebeziehung zu der Familie seines nunmehrigen Adoptivvaters und zu diesem selbst. Auch wurde er – wie auch seine Eltern und Geschwister – vom nunmehrigen Adoptivvater seit jeher finanziell unterstützt. Auch wurde der Kontakt in regelmäßigen Aufenthalten des Adoptivvaters und seiner Familie im Kosovo gepflegt. Der Adoptivvater wird vom Bf als Vater angesprochen, wobei dies dahingehend zu relativieren ist, dass der Bf auch seinen leiblichen Vater, mit dem er im Familienverband lebt, Vater nennt.

 

§ 30 Abs. 2 NAG normiert nun, dass sich an Kindes statt angenommene Fremde bei der Erteilung und Beibehaltung von Aufenthaltstiteln nur dann auf diese Adoption berufen dürfen, wenn die Erlangung und Beibehaltung des Aufenthaltstitels nicht der ausschließliche oder vorwiegende Grund für die Annahme an Kindes statt war.

 

Im vorliegenden Fall ist zunächst festzustellen, dass der Adoption nicht das ausschließliche Motiv einen Aufenthaltstitel in Österreich zu erlangen zu Grunde lag. Fraglich ist aber, ob dieses Motiv einen vorwiegenden Grund darstellte. In Anbetracht dessen, dass die Nahebeziehung schon seit Geburt des Bf bestand, aber erst im Alter von 15 Jahren der Schritt der Adoption gesetzt wurde, ist Bedacht auf den gewählten Zeitpunkt zu nehmen. Der Adoptivvater bestätigt selbst, dass die wirtschaftliche Situation im Kosovo, aufgrund derer ua. der leibliche Vater des Bf arbeitslos sei, es erforderlich mache, dass der Bf eine entsprechende schulische und berufliche Ausbildung in Österreich absolvieren könne, um hier dauerhaft zu leben und zu arbeiten. Und hier dürfte – der Ansicht der belangten Behörde folgend – wohl auch der Hauptgrund für die vorgenommene Adoption liegen. Die angestrebte schulische und berufliche Ausbildung in Österreich bedarf aber eines Aufenthaltstitels, der für den Bf als Familienangehöriger im Sinn des § 47 Abs. 2 NAG erreichbar wäre. Es wird zwar nicht verkannt, dass darüber hinaus die schon beschriebene persönliche Nahebeziehung zwischen dem Bf und dem Adoptivvater besteht bzw. dass die Vorgangsweise mittels der Adoption dem Bf eine Zukunft in Österreich zu sichern aus einer engen familiären Bindung und Fürsorge resultiert, dennoch muss auch klar festgestellt werden, dass vorwiegender Grund für die erfolgte Adoption gerade die Sicherung der Zukunft des Bf in Österreich war und ist.  

 

Dieser Einschätzung steht im Grunde auch die Stellungnahme der Landespolizeidirektion nicht entgegen, die von keinen Beweisen für das Vorliegen einer Aufenthaltsadoption spricht.

 

 

2.3. § 30 Abs. 2 NAG ist daher als einschlägig zu qualifizieren, weshalb ein absoluter Versagungsgrund nach § 11 Abs. 1 Z. 4 NAG anzunehmen ist, der eine weitere Prüfung der Voraussetzungen des ersten Teiles (im Sinn des § 47 Abs. 2 NAG) nicht zulässt.

 

3. Es war somit im Ergebnis die Beschwerde als unbegründet abzuweisen, der angefochtene Bescheid zu bestätigen und spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

 

Bernhard Pree