LVwG-411194/10/Wg

Linz, 01.04.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Wolfgang Weigl über die Beschwerde des Dr. P.S., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. P.R., x, I., gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 25. November 2015, GZ VStV/915301152394/2015, wegen Übertretungen des Glücksspiel­gesetzes, nach Durch­führung einer öffentlichen Verhandlung,

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.         Gemäß § 50 VwGVG  wird der Beschwerde teilweise stattgegeben. Die im bekämpften Straferkenntnis als erwiesen angenommene Tat wird gemäß § 44a Z 1 VStG abgeändert und lautet nunmehr wie folgt: Dr. P.S. hat als Geschäftsführer und damit nach außen zur Vertretung berufenes Organ der A. s.r.o. gemäß § 9 Abs 1 VStG folgende Verwaltungsübertretungen zu verantworten: Die A. s.r.o. hat in der Zeit von 19. Mai 2015 bis 6. Juli 2015 als Unternehmer iSd § 2 Abs. 2 GSpG im Lokal mit der Bezeichnung „W.“ im Standort x, L., unter Verwendung der betriebsbereiten und funktionsfähigen Glücksspielgeräte FA Nr 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7 und 8 Glücksspiele in Form von verbotenen Ausspielungen iSd § 2 Abs. 4 GSpG, an denen vom Inland aus teilgenommen werden konnte und mit denen den Spielern für einen geldwerten Einsatz Gewinne in Aussicht gestellt wurden und deren Spielergebnis ausschließlich vom Zufall abhing, veranstaltet, um damit selbstständig und nachhaltig Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen zu erzielen. Für diese Ausspielungen lag weder eine Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG vor und es waren diese auch nicht gemäß § 4 GSpG vom Glücksspielmonopol des Bundes ausge­nommen.“ Dadurch wurden folgende Verwaltungsvorschriften verletzt: „§ 9 Abs 1 VStG, § 2 und § 52 Abs 1 Z 1 1. Tatbild GSpG“ Gemäß § 52 Abs 2 GSpG iVm § 20 VStG werden die verhängten Geld­strafen auf jeweils 2.900 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafen auf jeweils 30 Stunden pro Eingriffsgegenstand (FA Nr. 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7 und 8) herabgesetzt. Der Verfahrenskostenbeitrag für das Verfahren der Landespolizeidirektion Oberösterreich wird auf 2.320 Euro herabgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1.1.      Die Landespolizeidirektion Oberösterreich (im Folgenden: belangte Behörde) sah es im Spruch des Straferkenntnisses vom 25. November 2015, GZ: VStV/915301152394/2015, als erwiesen an, dass – wie am 6. Juli 2015 festgestellt worden sei -  der Beschwerdeführer (Bf) als Verantwortlicher der A. s.r.o. zu verantworten habe, dass diese Gesellschaft im Lokal mit der Bezeichnung „W.“ im Standort x, L., „seit“ 19. Mai 2015 verbotene Ausspielungen unternehmerisch zugänglich gemacht habe, indem sie die Aufstellung und den Betrieb der Glücksspielgeräte FA Nr 1 bis 8 im Lokal geduldet habe. Die Behörde ging von Verwaltungs­übertretungen nach § 52 Abs 1 Z 1 3. Tatbild GSpG aus und verhängte für jedes Gerät eine Geldstrafe von 3.000 Euro und jeweils Ersatzfreiheitsstrafen von 33 Stunden. Es wurde ein Verfahrens­kostenbeitrag in der Höhe von insgesamt 2.400 Euro festgesetzt.

 

1.2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich führte über die dagegen erhobene Beschwerde am 1. März 2016 eine öffentliche Verhandlung durch und verwertete folgende Beweismittel: Verfahrensakte der belangten Behörde und des LVwG einschließlich aller darin befindlicher Beweismittel, insb die Stellungnahme des Bf vom 24. Februar 2016, einschließlich aller ange­schlossenen Beilagen, Urkunden Beilagen 1 bis 10 der Niederschrift (Aktenvermerk vom 6. Juli 2015, Kalke Studie 2015, Stellungnahmen BMF vom 30. Oktober 2015 und vom 26. Juni 2015, Bericht Auswirkungen des Glücksspiel­gesetzes 2010-2014, Glücksspielbericht 2010-2013, Beschluss LG Wiener Neustadt, Erkenntnis LVwG Nö vom 9. November 2015, Antrag auf Vorabentscheidung), Aussage des Zeugen M. Der Verhandlungsleiter richtete an die Verfahrensparteien die Frage, welche Beweisanträge nun noch offen sind. Dr. R. hielt fest: „Wir beantragen die Einvernahme des Zeugen H.K., R.N. und J.M. zum Beweis dafür, dass das Glücksspiel Monopol des Bundes unionsrechtswidrig ist. Ansonsten werden keine Beweisanträge gestellt oder aufrechterhalten.“ Der Vertreter des Finanzamtes beantragte die Abweisung der Beweisanträge des Bf. Der Verhandlungsleiter verfügte daraufhin den Schluss der Beweisaufnahme und gab den Verfahrensparteien die Gelegenheit ein Schlussvorbringen zu erstatten.

 

2.           Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht folgender Sachverhalt fest:

 

2.1.      Die von der Behörde angenommene Schätzung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Beschwerdeführers „kein hiefür relevantes Vermögen, keine ins Gewicht fallenden Sorgepflichten und ein Einkommen von mindestens ca 2.000 Euro netto monatlich“ wurde vom Bf nicht bestritten. Die Verfahrensparteien Finanzamt und Bf gehen einvernehmlich vom Milderungs­grund der Unbescholtenheit aus (Erörterung Tonbandprotokoll).

 

2.2.      Bei der A. s.r.o. handelt es sich um eine nach s. Recht gegründete Gesellschaft, die im von ihr betriebenen Standort x, L., über eine Niederlassung verfügt. Der Bf war jedenfalls im Zeitraum 19. Mai 2015 bis 6. Juli 2015 Geschäftsführer und damit nach außen zur Vertretung berufenes Organ dieser s.r.o. Die A. s.r.o hat im Zeitraum 19. Mai 2015 bis 6. Juli 2015 auf den bei einer am 6. Juli 2015 durchgeführten Glücksspielkontrolle vorgefundenen und mit den FA Nr 1 bis 8 versehenen Geräten Walzenspiele auf eigene Rechnung und Gefahr ermöglicht. Sie war damit Veranstalterin der Walzenspiele. Die  Walzenspiele sind wie folgt zu beschreiben: Die ermöglichten Spiele (hauptsächlich virtuelle Walzenspiele) konnten an jedem Gerät durch Betätigung mechanischer Tasten oder virtueller Bildschirmtasten zur Durchführung aufgerufen bzw. ausgelöst werden. Nach Eingabe von Geld, Auswahl eines Einsatzbetrages mittels Tastenbetätigung und Auslösung des Spieles wurden bei den virtuellen Walzenspielen die am Bildschirm dargestellten Symbole auf den virtuellen Walzen ausgetauscht oder in ihrer Lage verändert, sodass der optische Eindruck von rotierenden, senkrecht ablaufenden Walzen entstand. Nach etwa einer Sekunde kam der Walzenlauf zum Stillstand. Ein Vergleich der nun neu zusammen­gesetzten Symbole mit den im Gewinnplan angeführten gewinnbringenden Symbolkombinationen ergab nun einen Gewinn oder den Verlust des Einsatzes. Bei den Walzenspielen hatte man keinerlei Möglichkeit, gezielt Einfluss auf das Zustandekommen gewinnbringender Symbolkombinationen zu nehmen. Es war bei einem Spiel nur möglich, nach Eingabe eines Geldbetrages als Spielguthaben, den Einsatz zu wählen, die Starttaste zu betätigen, bis das aufgerufene (zB) Walzenspiel ausgelöst wurde und die Entscheidung über das Spielergebnis abzuwarten. Nach etwa einer Sekunde, also nach Spielstand der Walzen, konnte der Verlust des Einsatzes oder ein Gewinn festgestellt werden. Am 6. Juli 2015 bespielte Finanzpolizist M. das Walzenspiel 777 Hot (FA-Nr. 1), Joker Lady
(FA-Nr. 2), Money Bee (Fa-Nr. 3), Money Bee (FA-Nr. 4), Money Bee (FA-Nr. 5), Money Bee (FA-Nr. 6), Money Bee (FA-Nr. 7) und Money Bee (FA-Nr. 8). Zu den Einsätzen und in Aussicht gestellten Gewinnen:

FA Nr 1: „geforderter Mindesteinsatz 0,20; dabei in Aussicht gestellter Höchstgewinn 40, festgestellter Höchsteinsatz 10, dabei in Aussicht gestellter Höchstgewinn 2000“

FA Nr 2: „geforderter Mindesteinsatz 0,30, dabei in Aussicht gestellter Höchstgewinn 300; festgestellter Höchsteinsatz 10, dabei in Aussicht gestellter Höchstgewinn 10000“

Fa Nr 3: „geforderter Mindesteinsatz 0,30“ dabei in Aussicht gestellter Höchstgewinn 500; festgestellter Höchsteinsatz 15 dabei in Aussicht gestellter Höchstgewinn 7500“

Fa Nr 4: „geforderter Mindesteinsatz 0,30 dabei in Aussicht gestellter Höchstgewinn 500; festgestellter Höchsteinsatz 10 dabei in Aussicht gestellter Höchstgewinn 5000“

Fa Nr 5: „geforderter Mindesteinsatz 0,30 dabei in Aussicht gestellter Höchstgewinn 500 festgestellter Höchsteinsatz 10 dabei in Aussicht gestellter Höchstgewinn 5000“

FA Nr 6: „geforderter Mindesteinsatz 0,30 dabei in Aussicht gestellter Höchstgewinn 500; festgestellter Höchsteinsatz 10, dabei in Aussicht gestellter Höchstgewinn 5000“

FA Nr 7: „geforderter Mindesteinsatz 0,30 dabei in Aussicht gestellter Höchstgewinn 500; festgestellter Höchsteinsatz 10 dabei in Aussicht gestellter Höchstgewinn 5000“

FA Nr 8: „geforderter Mindesteinsatz 0,30 dabei in Aussicht gestellter Höchstgewinn 150; festgestellter Höchsteinsatz 10 dabei in Aussicht gestellter Höchstgewinn 5000“ (Erörterung Akteninhalt Tonbandprotokoll, Aussage M.)

 

2.3.      In der Verhandlung des LVwG wurde eingehend erörtert, ob eine Berechtigung zur Durchführung von Ausspielungen vorhanden ist. Auf folgende Ausführungen der Niederschrift (Tonbandprotokoll) wird verwiesen: Vom Verhandlungsleiter ergänzend befragt führt Dr. R. aus: „Es wird behauptet, dass die A. sro sehr wohl in der S. über eine Konzession zur Durchführung von Glücksspielen verfügt. Die A. sro ist eine nach s. Recht gegründete sro, was in etwa einer GmbH entspricht. Die A. sro hat im Standort x, L., wo auch kontrolliert wurde, eine Niederlassung, um hier Spiele zur Verfügung zu stellen. Vom Verhandlungsleiter dazu befragt, ob die behauptete Konzession in der S. auch Onlinespiele erfasst, gebe ich an, dass mir dazu nichts bekannt ist.“  Dr. R. führt aus: „Es gibt in der S. einen Gewerbeschein der A. sro, wonach sie dort Glückspiele anbieten darf. Ob davon Onlinespiele erfasst sind, ist mir nicht bekannt. Richtig ist, dass in diesem Fall Onlinespiele angeboten wurden. Insoweit habe ich auch angegeben, dass die GSp26-Formulare unvollständig sind, weil auf diesen Formularen nicht vermerkt ist, dass es sich um Onlinespiele handelt. Vom Verhandlungsleiter ergänzend befragt, gebe ich an, dass ich den Gewerbeschein nicht mit dabei habe. ... Vom Verhandlungsleiter befragt, ob bislang gegenüber der Behörde oder der Finanz behauptet bzw. bescheinigt wurde, dass die A. sro über einen Gewerbeschein in der S. verfügt, gebe ich an, dass ich Derartiges bislang gegenüber der Behörde, der LPD oder dem Finanzamt nicht behauptet habe. Vom Verhandlungsleiter ergänzend befragt, ob nun Onlinespiele von dieser Konzession erfasst sind, gebe ich an, dass es durchaus sein kann, dass Onlinespiele von dieser Konzession nicht erfasst sind. Genaueres weiß ich darüber nicht, weil ich der s. Sprache nicht mächtig bin und mir insoweit keine Übersetzung der entsprechenden Rechtsgrundlagen vorliegt. Ich glaube grundsätzlich eher nicht, dass eine Onlinelizenz der S. Republik vorliegt. Angeblich ist diese Gewerbeautomatenbewilligung der S. dem deutschen Recht nachempfunden. In Deutschland werden solche Berechtigungen auch erteilt. Mit einer solchen Berechtigung darf man in Deutschland keine Onlinespiele anbieten.“ Der Verhandlungsleiter richtet an den Vertreter des Finanzamtes die Frage, ob er sich dazu äußern möchte. Der Vertreter des Finanzamtes führt dazu aus: „Dazu sind mir keine Informationen bekannt.“ Auf eine weitere Beweisaufnahme betreffend der behaupteten Berechtigung in der S. wird seitens des Finanzamtes verzichtet. Dr. R. ergänzt: „Vom Verhandlungsleiter ergänzend befragt gebe ich an, dass bezüglich dem Betrieb der Geräte nur die A. sro als Eigentümerin dieser Geräte eingebunden und involviert ist. Ansonsten sind keine Unternehmen beteiligt.“ Vom Verhandlungsleiter befragt, ob behauptet wird, dass Kapital­erfordernisse für die Konzessionserteilung nach dem GSpG erfüllt werden, gibt Dr. R. an: „Grundsätzlich stelle ich in diesem Zusammenhang keine Behauptungen auf. Grundsätzlich ist aber davon auszugehen, dass soweit das GSpG Kapitalerfordernisse aufstellt, diese nicht erfüllt sind. Es kommt aber im gegenständlichen Fall auch nicht darauf an, die Kapitalerfordernisse des GSpG müssen auch nicht erfüllt sein.“  Vom Verhandlungsleiter befragt, ob die A. sro in der S. Standorte betreibt und dort Spiele anbietet, führt Dr. R. aus: „Dazu liegen mir keine Informationen auf. Mir ist nicht bekannt, dass die A. sro abgesehen von Österreich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union Spiele anbieten würde. Mir ist dazu einfach nichts bekannt.“

 

2.4.      Es steht nicht fest, dass die A. s.r.o. in der S. Republik über eine Gewerbeberechtigung oder eine Berechtigung zum Betrieb von Glücksspielgeräten verfügt. Fest steht: Für die mittels der Geräte erfolgenden Ausspielungen lag in Österreich weder eine Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG vor und es waren diese auch nicht gemäß § 4 GSpG vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen (Akteninhalt).

 

2.5.      Zur behaupteten Unionsrechtswidrigkeit wird festgestellt:

 

2.5.1. Im Jahr 2015 weisen in Österreich zwischen 0,34% und 0,60% der Bevölkerung ein problematisches Spielverhalten auf, die Zahl der Problemspieler beträgt daher entsprechend zwischen ca. 19.900 und ca. 35.800 Personen. Zudem sind 2015 in Österreich zwischen ca. 27.600 bis etwa 46.000 Personen aktuell spielsüchtig. Diese Werte sind im Vergleich zum Jahr 2009 annähernd konstant. Männer weisen zu höheren Anteilen ein problematisches und pathologisches Spielverhalten auf als Frauen. Innerhalb der verschiedenen Altersgruppen stellt sich das Ausmaß vorhandener Spielprobleme sehr unterschiedlich dar, wobei die 14- bis 30-Jährigen sich diesbezüglich am stärksten betroffen zeigen.

 

2.5.2. Ausgehend vom Jahr 2015 haben 41% der Bevölkerung (14 bis 65 Jahre) in den letzten 12 Monaten irgendein Glücksspiel um Geld gespielt, dieser Wert ist seit kaum verändert (2009: 42%). Das klassische Lotto „6 aus 45“ ist das beliebteste Glücksspiel in Österreich. Jeder dritte Österreicher hat dieses Spiel im Jahr 2015 mindestens einmal in den letzten 12 Monaten gespielt (ca. 33%), der prozentuale Anteil für die 30-Tages-Prävalenz beträgt ca. 20%. Seit 2009 haben sich diese Werte so gut wie nicht geändert (jeweils nur um ca. ± 1 Prozentpunkt). Dagegen ist für diesen Zeitraum eine deutliche Zunahme bei der europäischen Lotterie, den Euromillionen, zu konstatieren: Der Prozentwert für die monatliche Teilnahme hat sich von etwa 4% auf etwa 8% verdoppelt. Auch beim Joker gibt es seit 2009 einen prozentualen Anstieg. Inzwischen spielt jede siebte Person mindestens einmal im Jahr dieses Glücksspiel (ca. 14%). Damit ist es das zweitverbreitete Glücksspiel in Österreich. Bei den Rubbellosen – die auf dem vierten Platz liegen – sind nur geringe Veränderungen zwischen 2009 und 2015 vorhanden. Alle anderen Glücksspiele besitzen bezogen auf die Spielteilnahme in der Gesamtbevölkerung eine nachgeordnete Bedeutung: Das gilt für die Sportwetten genauso wie für die klassischen Kasinospiele, bei denen 2015 jeweils etwa 4% in den letzten 12 Monaten gespielt wurden. Glücksspielautomaten in Kasinos und in Spielhallen werden von noch weniger Personen gespielt. In den letzten 12 Monaten haben am Automatenglücksspiel in Spielbanken ca. 0,5% teilgenommen, im Jahr 2009 waren dies ca. 0,6% bezogen auf die 12-Monats-Prävalenz. Bezüglich der Teilnahme am Automatenglücksspiel außerhalb von Spielbanken (Spielhallen, Einzelaufstellungen, illegale Glücksspielautomaten) ist der Wert bezogen auf die 12-Monats-Prävalenz von ca. 1,2% im Jahr 2009 auf ca. 1% im Jahr 2015 zurückgegangen.

 

2.5.3. Der monatliche Geldeinsatz für Glücksspiele hat im Zeitraum von 2009 auf 2015 leicht zugenommen und zwar wurden von den Glücksspielenden 2015 im Durchschnitt etwa 57 € pro Monat für Glücksspiele ausgegeben im Vergleich zu 53 € im Jahr 2009. Auf der Ebene der einzelnen Glücksspielarten bestehen hier jedoch sehr unterschiedliche Entwicklungen. Der Geldeinsatz ist 2015 am höchsten bei den Automatenspielen außerhalb der Kasinos. Im Durchschnitt werden hierfür von den Spielern pro Monat ca. 203 € eingesetzt, vor sechs Jahren lag der entsprechende Wert sogar bei etwa 317 €. Es folgen die klassischen Kasinospiele mit einem Mittelwert von ca. 194 €. Auch für diese Glücksspielform wird im Jahr 2015 durchschnittlich weniger Geld aufgewendet als in 2009. Stark angestiegen sind dagegen im betrachteten Zeitraum die Geldeinsätze für Sportwetten, diese haben sich von ca. 47 € auf ca. 110 € mehr als verdoppelt.

 

2.5.4. Die Anteile problematischen und pathologischen Spielens unterscheiden sich je nach Glücksspielart erheblich. Die zahlmäßig große Gruppe der Spieler von Lotterieprodukten beinhaltet anteilsbezogen nur wenige Personen, die ein problematisches oder pathologisches Spielverhalten zeigen (jeweils etwa ein Prozent). Während bei den Rubbellosen sich nur leicht höhere Werte zeigen, ist bei den klassischen Kasinospielen bereits mehr als jeder zwanzigste Spieler betroffen.

 

2.5.5. Auch Sportwetten beinhalten ein erhebliches Risiko, spielbedingte Probleme zu entwickeln. So erfüllen ca. 7,1% dieser Spielergruppe die Kriterien problematischen Spielens und weitere ca. 9,8% zeigen ein pathologisches Spielverhalten. Etwa jeder sechste Sportwetter ist daher von einer Spielproblematik betroffen. Noch höher sind diese Anteile bei Spielautomaten, welche in Spielhallen, Kneipen oder Tankstellen stehen. Etwa 21,2% dieser Spieler sind spielsüchtig. Die Prävalenzwerte für die Automatenspiele der „C A“ nehmen sich im Vergleich dazu eher gering aus. So liegen die Anteile für problematisches Spielen bei ca. 3,7% und für pathologisches Spielen bei ca. 4,4%. Dennoch weist etwa jede zwölfte Person, die in den klassischen Spielbanken am Automaten spielt, glücksspielbedingte Probleme auf. Bei der Prävalenz problematischen und pathologischen Spielens ging die Rate bei Automaten in Kasinos von ca. 13,5% im Jahr 2009 auf ca. 8,1% im Jahr 2015 und bei Automatenaufstellungen außerhalb von Casinos von 33,2% im Jahr 2009 auf 27,2% im Jahr 2015 zurück.

 

2.5.6. Durch Bedienstete des Bundesministeriums für Finanzen bzw. des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel werden stich­probenartig und unangekündigt Spielbankbetriebe nach abgabenrechtlichen und ordnungspolitischen Gesichtspunkten einer Überprüfung auf Einhaltung der gesetzlichen Regelungen unterzogen (sogenannte „Einschau“). Solche Einschauen erfolgen mehrmals jährlich stichprobenartig und unangekündigt durch Bedienstete der BMF-Fachabteilung bzw. des Finanzamts für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel (FAGVG). Neben der Beaufsichtigung des legalen Glücksspiels kommt es auch zur Bekämpfung des illegalen Glücksspiels. So gab es etwa im Jahr 2010 226, 2011 657, 2012 798, 2013 667 und 2014 (bis 3. Quartal) 310 Kontrollen nach dem Glücksspielgesetz, wobei im Jahr 2010 271, 2011 1854, 2012 2480, 2013 1299 und 2014 (bis 3. Quartal) 625 Glücks­spielgeräte von der Finanzpolizei vorläufig beschlagnahmt wurden.

 

2.5.7. Im Bereich der Spielbanken wurden gemäß dem jährlichen Bericht des Konzessionärs an die Glücksspielaufsicht im Jahr 2013 in Summe 6.920 Wirtschaftsauskünfte beim KSV 1870, darunter 4.908 über österreichische Spielbankbesucher und 2.012 über Spielbankbesucher aus dem übrigen EU/EWR-Raum eingeholt. Zusätzlich erfolgten bei den Auskunfteien CRIF (vormals Deltavista) und BISNODE (vormals Wisur) 3.600 online-„Sofort-Checks“. 621.195 Spielbankbesucher aus dem EU/EWR (inklusive Österreich) wurden im Jahr 2013 den monatlichen Screening-Prozessen des Konzessionärs unterzogen. Bei 48.284 davon bestand die begründete Annahme im Sinne des § 25 Abs. 3 GSpG, dass aufgrund der Häufigkeit und Intensität der Spielteilnahme das Existenzminimum gefährdet ist, was zu 1.359 Informationsgesprächen sowie 741 Beratungen bzw. Befragungen führte. Zum 31.12.2013 bestanden in österreichischen Spielbanken bei 22.435 Spielbankbesuchern aufrechte, gültige Einschränkungen der Besuchs­möglichkeiten und 4.381 aktive Selbstsperren. In den VLT-Outlets wurden im Jahr 2013 aus begründetem Anlass 11.330 zur Alterskontrolle anhand eines Lichtbildausweises aufgefordert, wovon in 1.350 Fällen der Zutritt verwehrt wurde. Insgesamt wurden 343 protokollierte Spielerschutz-Informations­gespräche geführt.

 

2.5.8. Beim BMF wurde mit 1.12.2010 eine Spielerschutzstelle eingerichtet. Zu den Aufgaben der BMF-Stabsstelle für Spielerschutz gehören insbesondere folgende Punkte: Fachliche Beurteilung von Spielerschutzkonzepten der Bundeskonzessionäre, Aufklärungs- und Informationsarbeit über die Risiken des Glücksspiels, Schaffung einer besseren Datenlage über die Behandlung und Beratung von Patientinnen durch Spielsuchteinrichtungen in Österreich, Evaluierung der GSpG-Novelle 2010 bis zum Jahr 2014 für den Bereich des Spielerschutzes, Unterstützung der Suchtforschung im Bereich des Glücksspiels, Erarbeitung von Qualitätsstandards hinsichtlich Spielerschutzeinrichtungen im Sinne des Glücksspielgesetzes und Erarbeitung eines Anerkennungsverfahrens für diese, bessere Koordinierung der Arbeit der Spielerschutzeinrichtungen und Erarbeitung/Vorstellung von Best-Practice-Modellen einer Zusammenarbeit zwischen Konzessionären und Bewilligungsinhabern sowie unabhängigen Spielerschutzeinrichtungen, regelmäßiger Erfahrungsaustausch und Dialog zwischen Suchtberatung und Glücksspielaufsicht.

 

2.5.9. Ferner ist durch die GSpG-Novellen 2008/2010 die Anbindung von Glücksspielautomaten und Videolotterieterminals der konzessionierten Unter­nehmen an die Bundesrechenzentrum GmbH (BRZ) elektronisch festgelegt worden. Aus der elektronischen Anbindung an das Datenrechenzentrum der BRZ können unter anderem folgende Aspekte abgeleitet werden: Erfassung bzw. Kontrolle der minimalen und maximalen Ausschüttungsquoten, Erfassung bzw. Kontrolle der maximalen Ein- und Auszahlungen pro Spiel, Erfassung bzw. Kontrolle der Mindestspieldauer von Einzelspielen, Erfassung bzw. Kontrolle der Abkühlphase und Beschränkung auf die Anzeige spielerschutzbezogener Informationen während dieser Zeit, elektronische Überprüfung der Software-Komponenten zur Verhinderung potenzieller Manipulation von Glücksspiel­geräten, Prüfung von Glücksspielgeräten auf die Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen von Bund und Ländern durch unabhängige Unternehmen, äußerliche Kennzeichnung genehmigter Glücksspielgeräte über eine Vignette und Anzeige der Verbindung zum Datenrechenzentrum der BRZ am Bildschirm.

 

3.           Beweiswürdigung:

 

3.1.      Eingangs (1) werden Beschwerdegegenstand, Beschwerde und Ablauf des verwaltungsgerichtlichen Ermittlungsverfahrens zusammengefasst wiederge­geben. In der Sache (2) ergeben sich die Feststellungen aus den in Klammer angegebenen Beweismitteln.

 

3.2.      Die Schätzung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse wurde in der Verhandlung ausdrücklich nicht bestritten (2.1.). Unstrittig ist, dass die A. s.r.o. Veranstalterin der Walzenspiele ist und der Bf im maßgeblichen Zeitraum nach außen zur Vertretung berufener Geschäftsführer war. Bestritten wurde die Zufallsabhängigkeit der Walzenspiele.  Der Zeuge M. machte vor dem LVwG dazu folgende Aussage:  „Über Vorhalt des Verhandlungsleiters folgender Angaben im Aktenvermerk vom 6. Juli 2015 „Während der am 6. Juli 2015 im Lokal W. der A. sro in x, L., durchgeführten Kontrolle wurde dienstlich wahrgenommen, dass an den in Folge mit den Nrn. 1 bis 8 versehenen Geräten Testspiele durchgeführt werden konnten, bei denen für einen bestimmten Einsatzbetrag in Verbindung mit bestimmten Symbolkombinationen Gewinne in Aussicht gestellt wurden. Die ermöglichten Spiele (hauptsächlich virtuelle Walzenspiele) konnten an jedem Gerät durch Betätigung mechanischer Tasten oder virtueller Bildschirmtasten zur Durchführung aufgerufen bzw. ausgelöst werden. Nach Eingabe von Geld, Auswahl eines Einsatzbetrages mittels Tastenbetätigung und Auslösung des Spieles wurden bei den virtuellen Walzenspielen die am Bildschirm dargestellten Symbole auf den virtuellen Walzen ausgetauscht oder in ihrer Lage verändert, sodass der optische Eindruck von rotierenden, senkrecht ablaufenden Walzen entstand. Nach etwa einer Sekunde kam der Walzenlauf zum Stillstand. Ein Vergleich der nun neu zusammen­gesetzten Symbole mit den im Gewinnplan angeführten gewinnbringenden Symbolkombinationen ergab nun einen Gewinn oder den Verlust des Einsatzes. Bei den Walzenspielen hatte man keinerlei Möglichkeit, gezielt Einfluss auf das Zustandekommen gewinnbringender Symbolkombinationen zu nehmen. Es war bei einem Spiel nur möglich, nach Eingabe eines Geldbetrages als Spielguthaben, den Einsatz zu wählen, die Starttaste zu betätigen, bis das aufgerufene (zB) Walzenspiel ausgelöst wurde und die Entscheidung über das Spielergebnis abzuwarten. Nach etwa einer Sekunde, also nach Spielstand der Walzen, konnte der Verlust des Einsatzes oder ein Gewinn festgestellt werden.“ gebe ich an, dass die Angaben in diesem Aktenvermerk grundsätzlich zutreffend sind und die dienstlichen Wahrnehmungen bei der Kontrolle wiedergeben. Dies mit der Maßgabe, dass das Spiel nicht eine Sekunde dauert, sondern 2 bis 3 Sekunden. Vom Verhandlungsleiter befragt, ob die Möglichkeit besteht, auf den Spielverlauf dieser Walzenspiele Einfluss zu nehmen, gebe ich an, dass nicht festgestellt werden konnte, dass eine Einflussmöglichkeit besteht. Wenn eine Einfluss­möglichkeit bestanden hätte, dann hätten wir das auch in den GSp26-Formularen dokumentiert. Vom Verhandlungsleiter befragt, ob ich nun davon ausgehe, dass es sich um zufallsabhängige Walzenspiele handelt oder um Geschicklich­keitsspiele, gebe ich an, dass es sich um zufallsabhängige Walzenspiele handelt. Von Dr. R. ergänzend befragt, gebe ich an, dass ich seit dem Jahr 2010 Glücksspielkontrollen durchführe. Dazu befragt, von welchem Hersteller die einzelnen Walzenspiele, die in den GSp26-Formularen dokumentiert sind, stammen, kann ich keine Angaben machen. Ich kann keine Angaben dazu machen, von wem genau das Walzenspiel 777 Hot (FA-Nr. 1), Joker Lady (FA-Nr. 2), Money Bee (Fa-Nr. 3), Money Bee (FA-Nr. 4), Money Bee (FA-Nr. 5), Money Bee (FA-Nr. 6), Money Bee (FA-Nr. 7), Money Bee (FA-Nr. 8) stammt. Wenn beispielsweise Ring of fire nicht zur Auswahl steht wählen wir Money Bee aus, weil es sich dabei um ein amtsbekanntes Walzenspiel handelt. Hier haben wir schon von Amtswegen Erfahrungswerte, dass es sich um ein zufallsabhängiges Walzenspiel handelt. Von Dr. R. befragt, ob wir Money Bee im Rahmen einer Schulung bespielt haben, gebe ich an, dass wir Money Bee noch nicht in einer Schulung bespielt haben. Von Dr. R. befragt, ob mir „Money Bee Skill Games“ etwas sagt, gebe ich an, dass mir das nichts sagt. Von Dr. R. befragt, ob es sich bei diesen Spielen um Onlinespiele handelt, gebe ich an, dass ich dazu nichts sagen kann. Von Dr. R. befragt, ob wir überprüft haben, ob es sich um Onlinespiele handelt, gebe ich an, dass wir das nicht überprüft haben. Eine solche Überprüfung ist uns auch nicht möglich.“ Auf Grund der glaubwürdigen Aussage des Finanzpolizisten M. steht für das LVwG fest, dass man bei den Walzenspielen keinen Einfluss den Spielverlauf hatte. Die Feststellungen zu den Einsätzen und Gewinnmöglichkeiten stützen sich auf die unbestrittenen Angaben der GSP 26 Formulare.

 

3.3.      Die Feststellungen zum Glücksspielverhalten, inklusive des problema­tischen und pathologischen Spielverhaltens ergeben sich aus der Studie „Glücksspielverhalten und Glücksspielprobleme in Österreich – Ergebnisse der Repräsentativerhebung 2015“ von Dr. Kalke und Prof. Dr. Wurst vom Institut für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung in Hamburg. In dieser Studie ist die Erhebungs- und Auswertungsmethodik nachvollziehbar dargelegt, es sind aus Sicht des erkennenden Gerichts im Verfahren keine Bedenken hinsichtlich der Richtigkeit dieser Studie hervorgekommen. Die Feststellungen zu den Tätigkeiten des BMF, der Finanzpolizei und der Konzessionäre sowie die Feststellungen zur Anbindung an das Bundesrechenzentrum gründen vor allem auf den Angaben des BMF im Glücksspielbericht 2010-2013 und im Evaluierungsbericht des BMF zu den Auswirkungen des Glücksspielgesetzes 2010-2014. Aus Sicht des erkennenden Gerichts bestehen hinsichtlich der diesbezüglichen Ausführungen in der den Berichten keine Bedenken gegen die Richtigkeit, zumal auch davon auszugehen ist, dass das BMF über den Inhalt und Umfang der Tätigkeiten der Behörden Kenntnis hat und aufgrund der Funktion als Aufsichtsbehörde auch über bestimmte Tätigkeiten der Konzessionäre informiert ist. Gründe dafür, dass vom BMF diesbezüglich auf Tatsachenebene falsche Auskünfte gegeben worden wären, sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

 

3.4.      Mangels vorliegender Beweise steht nicht fest, dass die A. s.r.o in der s. Republik über eine Berechtigung zur Durchführung von Glücksspielen verfügt. Dr. R. legte dem LVwG in der Verhandlung den Aussetzungsbeschluss des LG Wiener Neustadt (Beilage 8 der Niederschrift), das Erkenntnis des LVwG vom 9. November 2015 (Beilage 9 der Niederschrift) sowie den Antrag auf Vorabentscheidung des LVwG Oö. vom 14. Dezember 2015 (Beilage 10 der Niederschrift) vor. Dem LVwG wurden seitens des Beschwerdeführers mit Eingabe vom 24. Februar 2016, 17 Urkunden, bezeichnet als:

-    Presseaussendung ots vom 23. März 2015, Beilage 1

-    Presseaussendung ots vom 8. April 2015, Beilage 2

-    Auflistung unzulässiger Glücksspielwerbung unter Zugrundelegung der vom EuGH aufgestellten Kriterien, Beilage 3

-    Konvolut an Werbeeinschaltungen der Monopolistin, Beilage 4

-    Urteil LG Linz zu 1Cg 190/11y, GZ: 1Cg 190/11y-40, Beilage 5

-    Gewista Urban Media, Top 10 Firmen 2013, Beilage 6

-    Sachverständigengutachten MMag. M.Z., Beilage 7

-    E-Mail Dr. H. vom 24. März 2015 samt Aufstellung Dr. H. betreffend Behandlungen zwischen 2008 und 2014, Beilage 8

-    Artikel auf www.spieler-info.at vom 3. April 2015 „Spielsucht: Verbot bewirkt Umstieg – Anzahl der Spielsüchtigen wird nicht geringer“, Beilage 9

-    Spielsuchthilfe Wien Zuwachsraten Spielsucht 2008-2013, Beilage 10

-    Zeitungsartikel Die Kronenzeitung vom 17. März 2015, Beilage 11

-    Zeitungsartikel Kleine Zeitung vom 28. März 2015, Kürzung bei Suchttherapie, Beilage 12

-    Anfrage des Abgeordneten Erwin Spindelberger vom 24. September 2014 samt Antwort Doris Bures vom 21. November 2014, Beilage 13

-    Tabelle stetig steigender Abgabenerfolge nach dem GSpG, Beilage 14

-    EU-Pilot 7625/15/GROW, Beilage 15

-    Vorblatt Branchenradar Glücksspiel und Sportwetten in Österreich 2015, Beilage 16

-    Branchenradar Glücksspiel und Sportwetten in Österreich 2015, 2 Grafiken, Beilage 17

vorgelegt.

 

3.5.      Die vom Bf vorgelegten Urkunden sind nicht geeignet, die Aussagen der – umfassend erhobenen - Studie Kalke zu entkräften. Dies gilt insb für die Ausführungen der MMag. Z., die ihre Stellungnahme ohnedies lediglich als „Überblick“ bezeichnet. Soweit in den erwähnten Beilagen auf einzelne Werbemaßnahmen Bezug genommen wird, ist festzuhalten: Die aufgezeigte Werbetätigkeit erscheint maßvoll und eng darauf begrenzt, was erforderlich ist, um Verbraucher zu den kontrollierten Spielernetzwerken zu lenken. Anderes lässt sich daraus nicht erschließen.

 

4.           Rechtliche Erwägungen zur maßgeblichen Rechtslage und zum Einwand, das österreichische Glücksspielgesetz müsse unangewendet bleiben:

 

4.1.      Die Bf bringen vor, das GSpG sei unionsrechtswidrig und dürfe nicht angewendet werden. Wie der Verwaltungsgerichtshof in stRsp festhält, ist, um zu einer derartigen Beurteilung zu gelangen, zunächst die Frage zu beantworten, ob das Unionsrecht im konkreten Fall überhaupt anzuwenden ist, was auf Sachverhalte ohne Auslandsbezug nicht zutrifft (vgl VwGH vom 29.05.2015, GZ 2012/17/0178). Es ist zu prüfen, ob sich der Bf im vorliegenden Fall auf die Dienstleistungsfreiheit (Art 56 AEUV) oder die Niederlassungsfreiheit (Art 49 AEUV) berufen kann. Der Anwendungsbereich der Dienstleistungsfreiheit ist insofern eingeschränkt, als sie gemäß Art. 57 AEUV der Niederlassungsfreiheit nachrangig ist (EuGH RS C-55/94). Bei der Abgrenzung zur Nieder­lassungsfreiheit kommt es auf die Dauer und Verfestigung der Tätigkeit im Ausland an: Die Dienstleistungsfreiheit nimmt derjenige in Anspruch, der sich nur vorübergehend in einen anderen Mitgliedstaat begibt. Er lässt sich dort gerade nicht nieder und ist dementsprechend nicht fest in die dortige nationale Volkswirtschaft integriert. Für diese Abgrenzung zwischen vorübergehender und verfestigter Tätigkeit haben sich in der Rechtsprechung des EuGH einige Indikatoren herausgebildet. Neben Dauer, Häufigkeit, Regelmäßigkeit und Kontinuität der Auslandstätigkeit kann auch eine infrastrukturelle Verfestigung (etwa in Form eines Büros) gegen den vorübergehenden Charakter einer Dienstleistungstätigkeit sprechen, wenn die Einrichtung nicht nur vorübergehend zur besseren Bewältigung einer konkreten Einzeldienstleistung erforderlich ist und unterhalten wird.

 

4.2.      Zur Niederlassungsfreiheit:

 

4.2.1. Damit ein Eingriff (oder streng genommen eine Beschränkung) der Niederlassungsfreiheit angenommen werden kann, musste nach der alten Rechtsprechung des EuGH eine Diskriminierung, also eine Ungleichbehandlung (sei es eine offene oder verdeckte) vorliegen, vgl. etwa EuGH, Rs. C-61/89. Die neuere Rechtsprechung des EuGH ist offener für einen weiten Beschränkungsbegriff. Gleichwohl tendiert der EuGH bei der Niederlassungs­freiheit insbesondere bei steuerrechtlichen Regelungen eher zum Maßstab des Diskriminierungsverbots, vgl. EuGH, Rs. C­446/0. Auch neuere Fälle zeigen, dass der EuGH bei der Annahme eines allgemeinen Beschränkungsverbots bei Art. 49 AEUV zurückhaltender als etwa bei der Waren- und Dienstleistungsfreiheit vorgeht, vgl. etwa EuGH, Rs. C-656/08.

 

4.2.2. Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Urteil vom 6. Dezember 2012, B 1337/11, festgehalten hat, ist es Ziel der gesetzlichen Beschränkungen hinsichtlich der Glücksspielkonzessionen, Straftaten zu verhindern, eine übermäßige Anregung zur Teilnahme am Glücksspiel durch unreglementierte Konkurrenz zu vermeiden und zu verhindern, dass das Glücksspiel ausschließlich zu gewerblichen Gewinnzwecken veranstaltet wird, wobei die strenge Mindestkapitalvorschrift Konzessionswerber vom Markt abhalten soll, die gegebenenfalls mit Hilfe illegaler Geschäfte die finanziellen Voraussetzungen für die Veranstaltung von Glücksspiel schaffen wollen. Im Hinblick auf diese von der österreichischen Rechtsordnung verfolgten Ziele und die sich aus der Rechtsprechung des EuGH ergebende Aufgabe der einzelnen Mitgliedstaaten, im Bereich des Glücksspielwesens im Einklang mit ihrer eigenen Wertordnung zu beurteilen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der betroffenen Interessen ergeben, erscheint die Bestimmung des § 14 Abs. 2 Z. 3 GSpG über das eingezahlte Stamm- oder Grundkapital jedenfalls nicht unvereinbar mit dem Unionsrecht (VwGH vom 7. März 2013, GZ 2011/17/0304).

 

4.2.3. Im gegenständlichen Verfahren ist nicht hervorgekommen, dass die erwähnte Gesellschaft über jenes Stamm- oder Grundkapital verfügen würde, welches gemäß § 21 Abs. 2 Z 3 GSpG als zwingendes Erfordernis für die Erteilung einer Konzession nach dem GSpG Voraussetzung ist. Eine Konzession könnte mangels ausreichendem Kapital (Stamm- oder Grundkapital von mindestens 109 Millionen Euro iSd § 14 Abs 2 Z 3 GSpG bzw 22 Millionen Euro iSd § 16 Abs 2 Z 3 GSpG)  nicht erteilt werden. Die nicht diskriminierenden Bestimmungen des GSpG stehen im Einklang mit der Niederlassungsfreiheit.

 

4.3.      Zur Dienstleistungsfreiheit:

 

4.3.1. Geht man davon aus, dass die x s.r.o – entgegen ihrem eigenen Vorbringen -  über keine Niederlassung verfügt, wäre die Dienstleistungsfreiheit zu prüfen. Die Dienstleistungsfreiheit umfasst Leistungs­erbringungen bei vorübergehendem Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat. Unternehmer der 28 Mitgliedstaaten der EU, die in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen sind und dort eine Tätigkeit befugt ausüben, dürfen diese Tätigkeit vorübergehend und gelegentlich unter den gleichen Voraussetzungen wie Inländer in Österreich ausüben. (Dienstleistungsfreiheit).

 

4.3.2. Der Oberste Gerichtshof hat wiederholt ausgesprochen, dass sich nach ständiger Rechtsprechung des EuGH nur Unternehmen auf die Dienstleistungs­freiheit berufen können, die im Staat ihrer Niederlassung rechtmäßig ähnliche Dienstleistungen erbringen (4 Ob 55/15i; 4 Ob 251/14m, je mwN). Ihn trifft keine Betriebspflicht, wohl aber ist Voraussetzung für die erfolgreiche Berufung auf die unionsrechtliche Dienstleistungsfreiheit, dass die von ihm im Inland angestrebte Erwerbstätigkeit schon in seinem Heimatstaat zulässig wäre (OGH 15. Dezember 2015, 4 OB 153/15a)

 

4.3.3. Wie schon erwähnt, steht nicht fest, dass die x s.r.o in der S. Republik über Berechtigungen zur Durchführung von Glücksspielen verfügt. Unterstellt man das 2.3. wiedergegebene Vorbringen als wahr, verfügt die A. s.r.o über eine Gewerbeberechtigung in der S. Republik. Dr. R. „glaubt grundsätzlich eher nicht“, dass eine Onlinelizenz der S. Republik vorliegt. Der Bf differenziert in den vorgelegten Urkunden zwischen Online Spielen und Spielen innerhalb von Spielbanken. Auch wenn „ähnliche“ Glücksspiele (Walzenspiele uä) zum Einsatz kommen sollten, handelt es sich auf Grund der besonderen Flexibilität des Anbieters – die Geräte können relativ einfach außerhalb klassischer „Casinos“ aufgestellt und per Internet in Betrieb genommen werden – um ein anderes Geschäftsmodell. Diese besondere Flexibilität könnte auch ein zusätzliches Gefahrenpotential begründen, besteht doch faktisch die Möglichkeit, staatliche Glücksspielkontrollen durch Unterbrechen der Internetverbindung zu erschweren. Das Anbieten von Online Spielen an einem bestimmten Standort ist insoweit von „Glücksspielautomaten“, die nicht über das Internet betrieben werden, zu unterscheiden. Es handelt sich im Sinne der erwähnten OGH Judikatur auf Grund des unterschiedlichen Geschäftsmodelles um keine als „ähnlich“ anzusehende Dienstleistung, die einen Anwendungsfall der Dienstleistungsfreiheit begründen würde. Aus Sicht des Unionsrechts begründet das als wahr unterstellte Vorbringen des Bf daher keinen Anwendungsfall der Dienstleistungsfreiheit. Tatort nach dem GSpG ist dessen ungeachtet eindeutig – auch bei Online Spielen – der Aufstellungsort der Geräte.

 

4.4.      Zur Zielsetzung und den tatsächlichen Wirkungen des GSpG:

 

4.4.1. Im Ergebnis stehen weder Dienstleistungs- noch Niederlassungsfreiheit einer Bestrafung entgegen. Würde man entgegen der Ansicht des LVwG von einem Anwendungsfall der Dienstleistungsfreiheit oder der Niederlassungsfreiheit ausgehen, wäre nach der Rsp des VwGH Folgendes zu beachten: Der Europäische Gerichtshof hat mit seinen Urteilen vom 15. September 2011, Rs
C-347/09 (Dickinger und Ömer), und vom 30. April 2014, Rs C-390/12 (Pfleger), die unionsrechtliche Zulässigkeit des Glücksspielmonopols nicht nur von der Zielsetzung des Gesetzgebers - Spielerschutz und Kriminalitätsbekämpfung - sondern auch von der tatsächlichen Wirkung der Regelungen abhängig gemacht. Im Zuge eines amtswegigen Ermittlungsverfahrens wäre zu prüfen, ob die Regelungen des Glücksspielgesetzes in ihrer Gesamtheit dazu führen, dass die Gelegenheit zum Spiel verringert und die damit verbundene Kriminalität bekämpft wird. Dies wäre beispielsweise dann nicht erfüllt, wenn es trotz der restriktiven Ausgestaltung des Glücksspielrechts in den letzten Jahren zu einer Ausweitung der Spielsucht samt der damit verbundenen Probleme gekommen wäre (vgl VwGH vom 24. April 2015, Ro 2014/17/0126). Grundsätzlich ist die Vereinbarkeit von nationalem Recht mit Unionsrecht als Rechtsfrage von Amts wegen zu prüfen, sodass sich Fragen zu einer Darlegungspflicht (Behaup­tungslast) nicht stellen. Können aber bei Regelungen, bei denen   wie hier   sowohl der Wortlaut und als auch die erklärte Zielsetzung des Gesetz­gebers gegen die Annahme eines Unionsrechtsverstoßes sprechen, ausnahmsweise tatsächliche Umstände zu einem anderen Ergebnis führen, so hat sich diese Prüfung grundsätzlich an diesbezüglichen Parteienbehauptungen zu orientieren (Vgl OGH 20.01.2015 4Ob200/14m; 4Ob231/14w; 4Ob32/15g; 4Ob10/15x; 4Ob230/14y; 4Ob243/14k; 4Ob244/14g; 4Ob229/14a; 4Ob33/15d; 4Ob6/15h; 4Ob68/15a; 4Ob55/15i; 4Ob97/15s).

 

4.4.2. Gemäß Art 52 iVm 62 AEUV können mitgliedstaatliche Eingriffe in die Freiheiten aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sein. Auch Beschränkungen von Glücksspieltätigkeiten können nach dem EuGH (vgl. etwa Rechtssache Pfleger ua, C-390/12 mwN) durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein. Von den Mitgliedstaaten auferlegte Beschränkungen haben der vom EuGH aufgestellten Voraussetzungen Rechnung zu tragen. Sowohl Beschränkungen der Nieder­lassungsfreiheit als auch Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit können durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein, wenn sie geeignet sind, die Verwirklichung dieser Ziele in dem Sinn zu gewährleisten, dass sie kohärent, systematisch und verhältnismäßig sind (vgl. EuGH Rechtssache Gambelli, C-243/01; siehe weiters EuGH Rechtssache Dickinger und Ömer,
C-347/09; EuGH Rechtssache Pfleger, C-390/12; VwGH 29.05.2015, Ro 2014/17/0049; VwGH 15.12.2014, Ro 2014/17/0121).

 

4.4.3. Wie sich aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt, weisen in Österreich zwischen 0,34% und 0,60% der Bevölkerung ein problematisches Spielverhalten auf, und es sind (Stand 2015) zwischen ca. 27.600 bis ca. 46.000 Personen spielsüchtig. Die Spielsucht stellt daher in Österreich ein relevantes Problem dar. Durch das im GSpG geregelte Glücksspielmonopol sollen unter anderem die Gelegenheiten zum Spiel vermindert, die Ausnutzung der Spielleidenschaft begrenzt und der Spielerschutz gewährleistet werden (vgl. in diesem Zusammenhang etwa die §§ 5, 14, 16, 19, 21, 22, 25, 26, 31 und 56; so ausdrücklich auch die erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zur Novelle BGBl I Nr 73/2010; in diesem Sinne auch bereits die Rsp der österreichischen Höchstgerichte siehe etwa VfGH 06.12.2012, B1337/11 ua; VfGH 12.3.2015, G 205/2014-15 ua; VwGH 7.03.2013, 2011/17/0304, VwGH 4.11.2009, 2009/17/0147; OGH 20.3.2013, 6 Ob 118/12i; 17.02.2015, 4 Ob 229/14a: Aus den gesetzlichen Bestimmungen als solchen sei nicht abzuleiten, dass die Ausgestaltung des Glücksspielrechts nicht dem Ziel des Spielerschutzes und der Kriminalitätsbekämpfung diente). Diese Zielsetzungen vermögen daher eine Beschränkung der Glücksspieltätigkeiten im Sinne der Rsp des EuGH zu rechtfertigen. Dem evidenten Spielsuchtproblem in Österreich soll gerade auch durch das im GSpG geregelte Monopol entgegengetreten werden, wobei es sich bei der Normierung eines Monopolsystems um eine geeignete Maßnahme handeln kann, um den negativen Erscheinungen unkontrollierten Glücksspieles entgegen zu wirken (vgl. EuGH Rechtssache Pfleger, C-390/12 RZ 41).

 

4.4.4. Es ist daher zu prüfen, ob die im GSpG normierten Beschränkungen der Glücksspieltätigkeit in ihren Wirkungen tatsächlich geeignet sind, dieses Ziel in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen. Hinsichtlich der Eignung der im GSpG normierten Beschränkungen der Glücksspieltätigkeit zur Erreichung der genannten Ziele in kohärenter und systematischer Weise ist nicht nur zu prüfen, welche gesetzlichen Vorgaben geregelt sind, sondern auch wie diese ungesetzt werden.

 

4.4.5. Das GSpG regelt einerseits die Anforderungen an die Erteilung einer Konzession oder Bewilligung zur Durchführung von Ausspielungen sowie deren Einhaltungsvoraussetzungen, andererseits stellt es Ausspielungen, die ohne Konzession oder Bewilligung durchgeführt werden, unter Strafe und ordnet dazu konkrete Verfolgungsmaßnahmen an. Somit geht aus dem GSpG klar hervor, dass nur jene Glücksspielbetreiber legal Glücksspiele in Form von Ausspielungen anbieten können, die einerseits Inhaber einer Konzession oder Bewilligung sind und andererseits die damit verbundenen Anforderungen fortlaufend erfüllen. Es liegt auf der Hand, dass eine beschränkte Zahl von Konzessionären effektiver zu überwachen ist als eine unbeschränkte Anzahl an Anbietern (vgl auch VfGH 6.12.2012, B 1337/11) und somit das im GSpG normierte Konzessions- und Bewilligungssystem dem Spielerschutz dienlich ist. Auch der OGH führte bereits aus, dass aus den gesetzlichen Bestimmungen als solchen nicht abzuleiten sei, dass die Ausgestaltung des Glücksspielrechts nicht dem Ziel des Spielerschutzes und der Kriminalitätsbekämpfung diente (OGH 17.02.2015, 4 Ob 229/14a). Auch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts sahen in jüngeren Entscheidungen keine Veranlassung für eine unionsrechtsbedingte Nichtanwendung, amtswegige Gesetzesprüfung oder Anfechtung der Verbotsbestimmungen des Glücksspiel­gesetzes (siehe etwa VfGH G 82/12, VfSlg 19.749; B 615/2013; VwGH Ro 2014/17/0120, 0121 und 0123; Ro 2014/02/0026; Z 2012/17/0440). Die österreichischen Höchstgerichte gehen demnach (bislang) davon aus, dass die gesetzlichen Vorgaben des GSpG geeignet sind, die festgelegten Ziele zu verfolgen.

 

4.4.6. Durch die zur Vollziehung berufenen Behörden erfolgt auch einerseits die Kontrolle der Einhaltung der Anforderungen an die Konzessionäre und andererseits die tatsächliche Verfolgung und Ahndung von illegalem Glücksspiel.

 

4.4.7. Durch Bedienstete des Bundesministeriums für Finanzen bzw. des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel werden stichprobenartig und unangekündigt Spielbankbetriebe nach abgabenrechtlichen und ordnungspolitischen Gesichtspunkten einer Überprüfung auf Einhaltung der gesetzlichen Regelungen unterzogen (sogenannte „Einschau“). Solche Einschauen erfolgen mehrmals jährlich stichprobenartig und unangekündigt durch Bedienstete der BMF-Fachabteilung bzw. des Finanzamt für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel (FAGVG). Neben der Beaufsichtigung des legalen Glücksspiels kommt es auch zur Bekämpfung des illegalen Glücksspiels. So gab es etwa im Jahr 2010 226, 2011 657, 2012 798, 2013 667 und 2014 (bis 3. Quartal) 310 Kontrollen nach dem Glücksspielgesetz, wobei im Jahr 2010 271, 2011 1854, 2012 2480, 2013 1299 und 2014 (bis 3. Quartal) 625 Glücksspielgeräte von der Finanzpolizei vorläufig beschlagnahmt wurden. Bereits aufgrund dieser vorläufigen Beschlagnahmen wurden aber grundsätzlich weitere Glücksspiele mit betroffenen Glücksspielgeräten (zumindest für die Dauer der Aufrechterhaltung der Beschlagnahme) verhindert und insoweit die Zugänglichkeit zu Ausspielungen beschränkt.

 

4.4.8. Beim BMF wurde mit 1.12.2010 eine Spielerschutzstelle eingerichtet. Zu den Aufgaben der BMF-Stabsstelle für Spielerschutz gehören insbesondere folgende Punkte: Fachliche Beurteilung von Spielerschutzkonzepten der Bundeskonzessionäre, Aufklärungs- und Informationsarbeit über die Risiken des Glücksspiels, Schaffung einer besseren Datenlage über die Behandlung und Beratung von Patientinnen durch Spielsuchteinrichtungen in Österreich, Evaluierung der GSpG-Novelle 2010 bis zum Jahr 2014 für den Bereich des Spielerschutzes, Unterstützung der Suchtforschung im Bereich des Glücksspiels, Erarbeitung von Qualitätsstandards hinsichtlich Spielerschutzeinrichtungen im Sinne des Glücksspielgesetzes und Erarbeitung eines Anerkennungsverfahrens für diese, bessere Koordinierung der Arbeit der Spielerschutzeinrichtungen und Erarbeitung/Vorstellung von Best-Practice-Modellen einer Zusammenarbeit zwischen Konzessionären und Bewilligungsinhabern sowie unabhängigen Spieler­schutzeinrichtungen, regelmäßiger Erfahrungsaustausch und Dialog zwischen Suchtberatung und Glücksspielaufsicht.

 

4.4.9. Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich ferner, dass durch die GSpG-Novellen 2008/2010 die Anbindung von Glücksspielautomaten und Videolotterieterminals der konzessionierten Unternehmen an die Bundes­rechenzentrum GmbH (BRZ) elektronisch festgelegt worden ist. Aus der elektronischen Anbindung an das Datenrechenzentrum der BRZ können unter anderem folgende Aspekte abgeleitet werden: Erfassung bzw. Kontrolle der minimalen und maximalen Ausschüttungsquoten, Erfassung bzw. Kontrolle der maximalen Ein- und Auszahlungen pro Spiel, Erfassung bzw. Kontrolle der Mindestspieldauer von Einzelspielen, Erfassung bzw. Kontrolle der Abkühlphase und Beschränkung auf die Anzeige spielerschutzbezogener Informationen während dieser Zeit, elektronische Überprüfung der Software-Komponenten zur Verhinderung potenzieller Manipulation von Glücksspielgeräten, Prüfung von Glücksspielgeräten auf die Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen von Bund und Ländern durch unabhängige Unternehmen, äußerliche Kennzeichnung genehmigter Glücksspielgeräte über eine Vignette und Anzeige der Verbindung zum Datenrechenzentrum der BRZ am Bildschirm.

 

4.4.10.             Schon die oben angeführten Umstände, insbesondere der Kontrollen der Konzessionäre, der Maßnahmen zur Bekämpfung des illegalen Glücksspiels, der Festlegung der Anbindung der Glücksspielautomaten und VLT der konzessionierten Unternehmen an die Bundesrechenzentrum GmbH, aber auch der Einrichtung der Spielerschutzstelle, zeigen nach Ansicht des Oö. Landes­verwaltungsgerichtes, dass die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben in kohärenter und systematischer Weise erfolgt.

 

4.4.11.             Nach der Rechtsprechung der Höchstgerichte ist die unionsrechtliche Zulässigkeit der Beschränkungen der Glücksspieltätigkeit auch von der tatsächlichen Wirkung der Regelungen abhängig (so etwa jüngst VwGH Ro 24.04.2015, 2014/17/0126; OGH 20.01.2015, 4 Ob 231/14w).

 

4.4.12.             Als Folge der gesetzlichen und behördlichen Vorgaben werden durch die konzessionierten Betreiber Maßnahmen zum Spielerschutz tatsächlich umgesetzt. So ergibt sich aus dem festgestellten Sachverhalt etwa, dass im Bereich der Spielbanken gemäß dem jährlichen Bericht des Konzessionärs an die Glücksspielaufsicht im Jahr 2013 in Summe nahezu 7.000 Wirtschaftsauskünfte beim KSV 1870 eingeholt wurden und ferner bei Auskunfteien online-„Sofort-Checks“ erfolgten. Auch wurden im Jahr 2013 über 621.000 Spielbankbesucher den monatlichen Screening-Prozessen des Konzessionärs unterzogen. Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich zudem, dass zum 31.12.2013 in österreichischen Spielbanken bei 22.435 Spielbankbesuchern aufrechte, gültige Einschränkungen der Besuchsmöglichkeiten und 4.381 aktive Selbstsperren bestanden. In den VLT-Outlets wurde bei begründetem Anlass in über 11.000 Fällen zur Alterskontrolle anhand eines Lichtbildausweises aufgefordert, wovon in mehr als 1.300 Fällen der Zutritt verwehrt wurde.

 

4.4.13.             Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich weiters, dass es zu keiner Ausbreitung der Glücksspielsucht seit 2009 in Österreich gekommen ist. Gerade beim in Hinblick auf spielbedingte Probleme besonders risikoreichen Automatenglücksspiel ist die Prävalenz des problematischen und pathologischen Spielens (von ca. 13,5% [2009] auf ca. 8,1% [2015] bei Automaten in Kasinos und von ca. 33,2% [2009] auf ca. 27,2% [2015] bei Automatenaufstellungen außerhalb von Casinos) seit 2009 zurückgegangen. Auch ist der durchschnittliche Geldeinsatz im Automatenglücksspielbereich außerhalb von Spielbanken merklich gesunken. Es zeigt sich auch, dass die Prävalenzwerte für die Automatenspiele der konzessionierten „C A“ im Vergleich zu den (häufig auch nicht bewilligten) Ausspielungen in Spielhallen, Kneipen oder Tankstellen eher gering ausfallen.

 

4.4.14.             Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt, insbesondere der oben dargestellten tatsächlich durchgeführten Spielerschutzmaßnahmen durch die konzessionierten Betreiber und dem dargestellten Spielverhalten in Österreich (bezogen auf den Vergleichszeitraum 2009 bis 2015), erachtet das erkennende Landesverwaltungsgericht auch hinsichtlich der tatsächlichen Wirkungen der Regelungen des GspG eine unionsrechtlichen Zulässigkeit der Beschränkungen der Glücksspieltätigkeit als gegeben.

 

4.4.15.             Zum Vorbingen betreffend die Werbetätigkeit ist folgendes auszuführen: Aus der Rsp des EuGH ergibt sich, dass Werbung für Glücksspiel nicht generell dem Unionsrecht widerspricht, aber die Werbetätigkeit maßvoll und eng darauf begrenzt werden muss, was erforderlich ist, um Verbraucher zu den kontrollierten Spielernetzwerken zu lenken (vgl dazu etwa Rechtssachen Dickinger/Ömer, C-347/09; Placanica, C-338/04; HIT hoteli u.a., C-176/11). Gemäß § 56 Abs. 1 GSpG haben die Konzessionäre und Bewilligungsinhaber bei ihren Werbeauftritten einen verantwortungsvollen Maßstab zu wahren, wobei die Einhaltung im Aufsichtswege überwacht wird. Bei Beurteilung der Werbetätigkeit kommt es nicht auf eine einzelne Werbung an, sondern es ist vielmehr die Gesamtheit der Werbemaßnahmen der Konzessionäre bzw. Bewilligungsinhaber heranzuziehen (vgl. auch OGH 27.11.2013, 2 Ob 243/12t).

 

4.4.16.             Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich, dass sich der Anteil der Personen, die in den letzten 12 Monaten irgendein Glücksspiel um Geld gespielt haben, im Zeitraum 2009 bis 2015 kaum verändert hat. Insgesamt hat sich der Geldeinsatz (in absoluten Zahlen) zwar von 53 € auf 57 € (also nur in etwa um die Inflationsrate) erhöht, bei den besonders problematischen Automatenspielen außerhalb der Kasinos ist er sogar deutlich zurückgegangen. Auch die Anzahl der Spielsüchtigen ist in diesem Zeitraum nicht gestiegen. Daraus ist abzuleiten, dass die Werbetätigkeit der Konzessionäre bzw. Bewilligungsinhaber in ihrer Gesamtheit im Ergebnis jedenfalls kein Wachstum des gesamten Markts für Glücksspiele bewirkt hat. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob jede einzelne Werbemaßnahme jedes Konzessionärs und Bewilligungsinhabers den Vorgaben des EuGH entspricht, da die Werbetätigkeit in ihrer Gesamtheit jedenfalls nicht dem Wachstum des gesamten Markts für Glücksspiele dient. Auch wenn einzelne Werbemaßnahmen für sich genommen geeignet sein sollten, die Spiellust zu wecken bzw. zu verstärken, so hat jedenfalls die Gesamtheit der Werbe­tätigkeiten nicht zu einer Ausweitung des Glücksspieles geführt. Es haben daher die Gesamtwirkungen der Werbetätigkeit die kohärente und systematische Verfolgung der Ziele des GSpG nicht beeinträchtigt. Soweit in den erwähnten von den Bf vorgelegten Beilagen auf einzelne Werbemaßnahmen Bezug genommen wird, ist festzuhalten: Die aufgezeigte Werbetätigkeit erscheint maßvoll und eng darauf begrenzt, was erforderlich ist, um Verbraucher zu den kontrollierten Spielernetzwerken zu lenken. Anderes lässt sich daraus nicht erschließen.

 

4.4.17.             Nachdem es in Österreich (bezogen auf den Zeitraum 2009 bis 2015) zu keinem Wachstum des gesamten Glücksspielmarkts gekommen ist und (nach der Rsp des EuGH) eine Werbung der Konzessionäre für ihre Produkte zum Zweck, den vorhandenen Markt für sich zu gewinnen, jedenfalls zulässig ist (vgl. EuGH Rechtssache Dickinger/Ömer C‑347/09, RN 69), geht das Oö. Landesver­waltungsgericht im Ergebnis davon aus, dass die bisherige Werbetätigkeit der Konzessionäre bzw. Bewilligungsinhaber nicht zur Unionsrechtswidrigkeit der österreichischen Regelungen betreffend die Beschränkungen der Glücksspiel­tätigkeiten führt.

 

4.4.18.             Zusammenfassend ergibt sich daher für das erkennende Landesver­waltungsgericht, dass bei Gesamtwürdigung aller in diesem Verfahren hervorgekommenen Umstände eine Unionsrechtswidrigkeit durch die öster­reichischen Beschränkungen der Glücksspieltätigkeiten nicht vorliegt. Die von der österreichischen Regelung vorgesehenen Beschränkungen verfolgen vom EuGH anerkannten Gründe des Allgemeininteresses und sind geeignet, diese in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen. Die Beschränkungen erscheinen auch nicht unverhältnismäßig.

 

4.5.      Zu den offenen Beweisanträgen betreffend die Frage der Unionsrechts­konformität ist Folgendes auszuführen:

 

4.5.1. Der Bf hat die Einvernahme mehrerer Zeugen zum Beweis „dafür geführt, dass das Glücksspielmonopol des Bundes unionsrechtswidrig ist“ (1.2.). Soweit sich der Bf auf Aussagen von Fachleuten berufen sollte, wonach die Zahl der spielsüchtigen Personen in den letzten Jahren gestiegen sei, sind diese nicht geeignet, die Untauglichkeit des GSpG und der behördlichen Maßnahmen zu beweisen. In der aktuellen Studie „Glücksspielverhalten und Glücksspielprobleme in Österreich – Ergebnisse der Repräsentativerhebung 2015“ von Dr. Kalke und Prof. Dr. Wurst vom Institut für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung in Hamburg sind gerade diese Parameter in wissenschaftlicher Weise erhoben und ausgewertet worden. Diese Studie ist schlüssig und nachvollziehbar. Wahrnehmungen und Einschätzungen (auch einer größeren Zahl) von mit der Materie befassten Einzelpersonen können die Studie nicht widerlegen. Dies wäre nur durch eine auf gleicher fachlicher Ebene erstellten Studie möglich. Die Beweisanträge waren daher abzuweisen.

 

4.5.2. Soweit Zeugeneinvernahmen zum Beweis dafür beantragt wurden, dass die gesetzlichen und tatsächlichen Vorkehrungen zum Spielerschutz ineffektiv seien, ist auszuführen, dass die Zeugen lediglich ihre persönliche Meinung (ob eine „Ineffektivität“ vorliegt) darstellen könnten, die allenfalls auf Umständen gründet, die sich in ihrem unmittelbaren Umfeld abspielen. Hingegen sind der genannten Studie auch Auswirkungen der gesetzlichen Vorgaben und behördlichen Maßnahmen zu entnehmen. Persönliche Meinungen von Einzel­personen sind daher für die vom Oö. Landesverwaltungsgericht vorzunehmende rechtliche Beurteilung, ob angesichts bestimmter tatsächlicher Gegebenheiten die gesetzlichen und tatsächlichen Vorkehrungen als (im rechtlichen Sinne ausreichend) effektiv angesehen werden können oder nicht, nicht von Relevanz.

 

4.5.3. Herr Dr. R. brachte  in diesem Zusammenhang vor: „Augenfällig werden vom Landesverwaltungsgericht solche Unterlagen eingeholt, die offensichtlich für den Beschuldigten belastend sind bzw. seitens der Republik und den LVwG zur Verfügung gestellt werden. Nicht amtswegig eingeholt werden Erkenntnisse, Antrag auf Vorabentscheidungsverfahren von Gerichten und Verwaltungsbehörden. Naheliegend wäre zum Beispiel, dass das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die im selben Haus getroffene Entscheidung „Z.“ amtswegig einholt. Dies im Sinne einer steten Judikatur oder den Antrag auf Vorabentscheidung auch des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich.“ Dem ist zu entgegnen, dass das LVwG alle vom Bf vorgelegten Urkunden berücksichtigt hat. Die Einholung einer Stellungnahme des Staates zur behaupteten Unionsrechtswidrigkeit steht im Einklang mit der Rechtsprechung der Höchstgerichte, insb des EUGH.

 

4.6.      Zusammenfassung:

 

4.6.1. Die A. s.r.o. ist mit keiner Dienstleistung beteiligt, die einen Anwendungsfall der Dienstleistungs- oder Niederlassungsfreiheit begrün­den würde.

 

4.6.2. Es liegt daher kein Sachverhalt mit Auslandsbezug vor, der in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fallen würde  (vgl VwGH vom 29.05.2015, GZ 2012/17/0178). Eine Unanwendbarkeit des GSpG wegen eines allfälligen Widerspruchs zum Unionsrecht scheidet aus. Eine Aufnahme der vom Beschuldigten beantragten Beweise (Zeugeneinvernahmen) betreffend die behauptete Unionsrechtswidrigkeit war daher schon aus diesem Grund nicht erforderlich.

 

4.6.3. Das LVwG hat die vorhandenen Beweismittel eingehend geprüft. Das BMF hat sich wie schon erwähnt umfassend und schlüssig zur Zielsetzung des GSpG geäußert. Es werden – wie das BMF ebenfalls betont, massive Anstrengungen zur Eindämmung der Spielsucht unternommen und entsprechende Maßnahmen gesetzt.  Die von den Bf beantragten Beweise und vorgelegten Urkunden sind ungeeignet, ein vollständiges Bild über die Auswirkungen des Glücksspielgesetzes zu vermitteln. Einer möglichen Ausbreitung der Glücksspielsucht konnte entgegengewirkt werden. Die Regelungen des Glücksspielgesetzes führen in ihrer Gesamtheit dazu, dass die Gelegenheit zum Spiel verringert und die damit verbundene Kriminalität bekämpft wird. (vgl VwGH vom 24. April 2015, Ro 2014/17/0126). Die Bestimmungen sind daher kohärent.

 

4.6.4. Da die Rechtslage durch die Rechtsprechung des VfGH, VwGH und EUGH geklärt ist, konnte von einer Anfechtung beim VfGH oder einem weiteren Vorabentscheidungsverfahren Abstand genommen werden. Das Recht der Europäischen Union steht der Anwendbarkeit des Glücksspielgesetzes nicht entgegen.

 

5.     Rechtliche Beurteilung:

 

5.1.      Zu den maßgeblichen Bestimmungen des Glücksspielgesetzes (GSpG):

 

Ein Glücksspiel im Sinne des GSpG ist ein Spiel, bei dem die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt (§ 1 Abs. 1 GSpG).

 

Gemäß § 2 GSpG sind Ausspielungen Glücksspiele,

1. die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und

2. bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung in Zusammen­hang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und

3. bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermögens­werte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).

 

Gemäß § 2 Abs. 4 GSpG sind Ausspielungen, für die eine Konzession oder Bewilligung nach diesem Bundesgesetz nicht erteilt wurde und die nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes gemäß § 4 ausgenommen sind, verboten.

 

Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 Glücksspielgesetz (BGBl 620/1989) – GSpG in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung (BGBl. I Nr. 13/2014) begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe von bis zu
60.000 Euro zu bestrafen, wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Aus­spielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG veranstaltet, organisiert oder unter­nehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmen im Sinne des § 2 Abs. 2 GSpG daran beteiligt.

 

Bei Übertretung des Abs. 1 Z 1 mit bis zu drei Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenständen ist gemäß § 52 Abs. 2 GSpG für jeden Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenstand eine Geldstrafe in der Höhe von 1.000 Euro bis zu 10.000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 3.000 Euro bis zu 30.000 Euro, bei Übertretung mit mehr als drei Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenständen für jeden Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenstand eine Geldstrafe von 3.000 Euro bis zu 30.000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 6.000 Euro bis zu 60.000 Euro zu verhängen.

 

Gemäß § 52 Abs. 3 leg.cit. ist, sofern durch eine Tat sowohl der Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 52 als auch der Tatbestand des § 168 StGB verwirklich ist, nur nach den Verwaltungsstrafbestimmungen des § 52 zu bestrafen.

 

5.2.      Zum ersten Tatbild des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG (Veranstalten) und zum dritten Tatbild (Zugänglichmachen):

 

5.2.1. Hinsichtlich des Glücksspielcharakters der verfahrensgegenständlichen Geräte ist Folgendes auszuführen:  Aufgrund der festgestellten Funktionsweise der an den Geräten mit den FA-Nrn. 1 bis 8 verfügbaren virtuellen Walzenspielen ist auch im Hinblick auf die höchstgerichtliche Rechtsprechung (vgl. etwa VwGH 08.09.2005, 2000/17/0201) davon auszugehen, dass das Spielergebnis vorwiegend vom Zufall abhängt und die virtuellen Walzenspiele somit als Glücksspiele iSd § 1 Abs. 1 GSpG zu qualifizieren sind.

 

5.2.2. Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich, dass mit diesen Geräten Glücks­spiele veranstaltet wurden, um dadurch selbstständig und nachhaltig Einnahmen zu erzielen. Es handelt sich bei diesen Glücksspielen auch um Ausspielungen iSd § 2 GSpG. Aufgrund der Funktionsweise der verfahrens­gegenständlichen Glücksspielgeräte mit den darauf verfügbaren Spielen, bei denen Spieleinsätze zu leisten und Gewinne in Aussicht gestellt sind, ist – in Ermangelung einer Konzession oder Bewilligung nach dem Glücksspielgesetz – von einer verbotenen Ausspielung iSd § 2 Abs. 4 GSpG auszugehen. Weiters ergibt sich aus dem Sachverhalt, dass eine Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG nicht erteilt wurde und diese Ausspielungen auch nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen waren.

 

5.2.3. § 52 Abs 1 Z 1 GSpG stellt sowohl das Veranstalten (1. Tatbild) als auch das unternehmerische Zugänglichmachen (3. Tatbild) unter Strafe. Als Täter, der im Sinne des ersten Tatbildes des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 GSpG veranstaltet, kommt in Betracht, wer das Spiel auf eigene Rechnung und Gefahr ermöglicht, also das Risiko des Gewinns und Verlusts in seiner Vermögenssphäre trägt. Dagegen ist mit dem dritten Tatbild des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG eine Person gemeint, die den Automaten in ihrer Gewahrsame hat und diesen den Spielern zugänglich macht  (VwGH vom 12. März 2010, 2010/17/0017). Die Bestrafung wegen des Veranstaltens verbotener Ausspielungen nach § 52 Abs 1 Z 1 erste Variante GSpG konsumiert das gleichzeitig von ihr verwirklichte Tatbild des unternehmerisch Zugänglichmachens gemäß § 52 Abs 1 Z 1 dritte Variante GSpG (vgl VwGH vom 26. März 2015, GZ Ra 2014/17/0033). Die A. s.r.o. ist unbestritten Betreiberin des Lokales W., weshalb sie die Ausspielungen insoweit „zugänglich machte“. Gleichzeitig ist sie aber unbestritten Veranstalterin der Spiele, weshalb das 1. Tatbild (Veranstalten) die von der belangten Behörde angelastete Verwaltungsübertretung konsumiert. In der Verhandlung des LVwG wurde erörtert, ob hier eine Abänderung des Tatvorwurfes durch das LVwG in Betracht kommt, was innerhalb der einjährigen Verfolgungsverjährungsfrist zu bejahen ist (vgl VwGH 31.07.2014, Ro 2014/02/0099). Der im Beschwerdeverfahren erhobene Einwand, die A. s.r.o sei nicht nur „Zugänglichmacher“, sondern (auch) „Veranstalter“ (vgl auch Aktenvermerk Beilage 1 der Niederschrift), ist keine taugliche Grundlage für die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens. Infolge des Zusammenhanges kraft Konsumtion der Tatbilder und ausreichender  Verfolgungshandlung innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist wird die Sache des Verwaltungsstrafverfahrens nicht überschritten (VwGH vom 6. Juni 2012, GZ 2011/08/0368, vom 5. November 2014, GZ 2014/09/0018, vom 13. März 2014, GZ 2012/17/0379). Spätestens mit der Verhandlung des LVwG, insbesondere der Erörterung des vom Finanzamt als staatliche Anklagebehörde im materiellen Sinn vorgelegten Aktenvermerkes Beilage 1, in dem der Vorwurf des Veranstaltens erhoben wird, liegt eine vollständige Verfolgungshandlung vor (VwGH vom 25. Februar 2010, GZ 2009/09/0253), wenn auch kein Vertreter der belangten Behörde anwesend war.  Entgegen dem Vorbringen des Bf steht die Abänderung des Tatvorwurfes daher im Einklang mit Art 6 EMRK. Die Strafdrohungen sind identisch, weshalb eine Abänderung des Tatvorwurfes innerhalb der einjährigen Verfolgungsverjährungsfrist nicht gegen das Verschlechterungsverbot iSd § 42 VwGVG verstößt. Der Bf ist für die Verwaltungsübertretungen gemäß § 9 Abs 1 VStG verwaltungsstraf­rechtlich verantwortlich.

 

5.2.4. Die belangte Behörde erstreckte den Tatzeitraum durch die Formulierung „seit 19. Mai 2015“ bis zum 25. November 2015 (Datum des Straferkenntnisses, vgl VwGH 3.10.2008, GZ 2005/10/0129). Für einen – über 6. Juli 2015 hinaus reichenden -  Tatzeitraum liegen aber keine Beweisergebnisse vor, weshalb eine entsprechende Einschränkung im Spruch zu erfolgen hatte.

 

5.2.5. Die Voraussetzungen einer „Landesausspielung mit Glücksspielauto­maten“ iSd § 5 GSpG sind offenkundig nicht erfüllt. Eine landesrechtliche Bewilligung wurde nach dem Akteninhalt weder beantragt noch behauptet.

 

5.2.6. Zur Frage der Verfassungswidrigkeit der Subsidiarität des § 168 StGB: Die Taten sind gemäß § 52 Abs 3 GSpG als Verwaltungsübertretungen zu ahnden (VfGH vom 10. März 2015, G 203/2014-16 ua).

 

5.3.      Zum Verschulden:

 

5.3.1. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, soweit die Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Da § 52 GSpG über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt nach § 5 Abs. 1 VStG zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (sog „Ungehorsamsdelikt“). Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Beschuldigte initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht (vgl. VwGH 23.12.1991, 88/17/0010 mwN).

 

5.3.2. Soweit sich die Beschwerde auf die Judikatur des LVwG, wonach die strafrechtlichen Normen des GSpG infolge Unionsrechtswidrigkeit nicht anwendbar wären,  bezieht ist festzuhalten, dass es sich um vereinzelt gebliebene Entscheidungen handelt. Einen Entschuldigungsgrund würde im ggst. Zusammenhang nur eine höchstgerichtliche Entscheidung oder eine Rechtsauskunft der zuständigen Behörde darstellen. Der Bf hat im Ergebnis kein fehlendes Verschulden glaubhaft gemacht. Damit ist zumindest von einem fahrlässigen Verhalten auszugehen. Der Bf ist für die ihm zur Last gelegte Tat zu bestrafen.

 

5.4.      Zur Strafbemessung:

 

5.4.1. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Nach § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungs­strafrechts sind die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Bei der Strafzumessung handelt es sich laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. VwGH 28.11.1966, 1846/65) innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessens­entscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Demgemäß obliegt es der Behörde in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensausübung maßgeblichen Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist.

 

5.4.2. Bei Übertretung mit mehr als drei Eingriffsgegenständen ist gemäß § 52 Abs. 2 GSpG für jeden Eingriffsgegenstand eine Geldstrafe von 3.000 Euro bis zu 30.000 Euro zu verhängen.

 

5.4.3. Die angeführte Schätzung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse war der Strafbemessung zu Grunde zu legen. Mildernd war die Unbescholtenheit. Erschwerend war kein Umstand zu werten. Gemäß § 42 VwGVG darf auf Grund einer Beschwerde keine höhere Strafe verhängt werden als im angefochtenen Bescheid. Das sich aus der letzt­genannten Gesetzesstelle ergebende Verbot der reformatio in peius führt dazu, dass dann, wenn im Erkenntnis des LVwG der Tatzeitraum reduziert wird - sofern nicht andere Strafzumessungsgründe heranzuziehen sind als im Erstbescheid -, nicht die gleiche Strafe verhängt werden darf wie im bekämpften Bescheid (vgl. VwGH 21. Februar 2012, GZ 2010/11/0245). Der Tatzeitraum wurde eingeschränkt. Die verhängten Strafen sind bei einer Gesamtwertung zu hoch bemessen. Es war daher in Anwendung des § 20 VStG die Mindeststrafe zu unterschreiten. Eine weitere Herabsetzung oder gar eine Ermahnung kamen auf Grund des keinesfalls als geringfügig anzusehenden Unrechtsgehaltes der Verwaltungsüber­tretungen nicht in Betracht.

 

5.4.4. Für das Beschwerdeverfahren sind bei diesem Ergebnis keine Kosten zu entrichten. Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

6.     Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

6.1.      Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Hinsichtlich der Beweisanträge ist darauf hinzuweisen, dass es grundsätzlich der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichts unterliegt, ob eine Beweisaufnahme notwendig ist, sodass dadurch regelmäßig keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs. 4 B-VG aufgeworfen wird (vgl. etwa VwGH 08.01.2015, Ra 2014/08/0064).

 

6.2.      Die Rechtslage ist durch die angeführte Rechtsprechung des VwGH geklärt.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

 

H i n w e i s e

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungs­gerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Wolfgang Weigl

Beachte:

Die Behandlung der Beschwerden wurde abgelehnt.

VfGH vom 15. Oktober 2016, Zln.: E 908/2016-12 ua.

Beachte:

Die Revision wurde zurückgewiesen.

VwGH vom 21. November 2018, Zl.: Ra 2017/17/0042-4