LVwG-300713/12/Py/TO

Linz, 14.04.2016

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Drin. Andrea Panny über die Beschwerde des Herrn J P, x, K, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 13. April 2015, GZ: SV96-14-2014, nach der am 1. April 2016 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung einschließlich Verkündung der Entscheidung folgenden

 

B E S C H L U S S

 

gefasst:

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstraf-verfahren eingestellt.

 

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keine Kostenbeiträge zum Verwaltungsverfahren zu leisten.

 

 

III.   Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 13. April 2015, GZ: SV96-14-2014, wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 71 Abs. 2 Arbeitslosen­versicherungsgesetz – AlVG eine Geldstrafe iHv 220 Euro, im Fall der Unein­bringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 96 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag von 22 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

„Sie haben vom 05.02.2014 bis 09.02.2014 vorsätzlich Leistungen der Arbeitslosenversicherung in Anspruch genommen, ohne dazu berechtigt gewesen zu sein, da Sie bereits am 05.02.2014 ein Arbeitsverhältnis begonnen haben.

 

Tatort: Gemeinde A, x.

Tatzeit: 10.06.2014, 09:45 Uhr.“

 

2. Dagegen wurde vom Beschuldigten rechtzeitig Beschwerde erhoben und zusammengefasst vorgebracht, dass er bereits Stellungnahmen bezüglich der Arbeitszeitaufzeichnung abgegeben habe. Festgehalten wird nochmals, dass die durchgestrichenen Stunden irrtümlich vom Polier auf das falsche Datum geschrieben worden seien. Diese seien jedoch durchgestrichen worden. Die verbleibenden aufgeschriebenen Stunden seien Überstunden aus dem Jahr 2013 gewesen.

 

3. Mit Schreiben vom 19. Mai 2015 legte die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach das eingebrachte Rechtsmittel samt bezughabenden Verwaltungs­strafakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vor, das gemäß § 2 VwGVG zur Entscheidung durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin berufen ist.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 1. April 2016, an der der Bf teilgenommen hat. Die Bezirks­hauptmannschaft Rohrbach sowie der geladene Zeuge Herr C T waren für die Verhandlung entschuldigt.

 

4.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Im Zuge einer Kontrolle durch Organe der Finanzpolizei Team 40 für das Finanzamt Linz am 10.06.2014 wurden drei Arbeiter der Firma B-GmbH auf einer näher bezeichneten Baustelle in A angetroffen.

Ein Abgleich der Anmeldungen zur Sozialversicherung und den Stunden­aufzeichnungen wurde durchgeführt. Laut Versicherungsdatenauszug bezog der Bf bis 09.02.2014 Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung.

Der Beschuldigte ist ab 10.02.2014 bei der Oö. Gebietskrankenkasse zur Sozialversicherung gemeldet.

Die bei der Kontrolle vorgelegten Arbeitsaufzeichnungen wiesen im Februar 2014 durchgestrichene Stundenaufzeichnungen für die erste Februarwoche aus. Daneben sind am 05.02.2014  9 Stunden eingetragen. Auch in den Folgewochen sind jeweils Montag bis Freitag Arbeitsstunden eingetragen und am Samstag/Sonntag die jeweiligen sich aus der einer 39 Stunden-Woche ergebenden Überstunden aufgezeichnet. Daraus ergeben sich im Februar 2014 insgesamt 23,5 Überstunden.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt, der vorgelegten Anmeldung des Bf zur GKK sowie aus den vorliegenden Arbeitszeit­aufzeichnungen vom Februar 2014. Einbezogen in das Verfahren wurde zudem die im Akt des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zu LVwG-300912 einliegende Niederschrift von der Kontrolle am 10.06.2014, die mit Herrn T aufgenommen wurde. Dieser bestätigte zudem in einem mit der zuständigen Richterin am 30. März 2016 geführten Telefonat, in dem er sich für die Verhandlung entschuldigte, die Rechtfertigungsangaben des Bf.

 

5. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 71 Abs. 2 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 – AlVG begeht, sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, noch nach anderen Verwaltungs-bestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe von 200 Euro bis 2.000 Euro, im Wiederholungsfall von 400 Euro bis 4.000 Euro zu bestrafen, wer vorsätzlich Leistungen der Arbeitslosenversicherung in Anspruch nimmt oder genießt, ohne dazu berechtigt zu sein, oder zu solchen Missbräuchen anstiftet oder Hilfe leistet.

 

Gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG, welcher gemäß § 38 VwGVG Anwendung findet, hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzu-sehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen.

 

5.2. Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes ist davon auszugehen, dass die Kontrollorgane den Beschuldigten im Zeitraum vom 06.02. bis 09.02.2014 nicht bei der Arbeit angetroffen und betreten haben. Ihre Anzeige beruht auf der vor-gelegten Arbeitszeitaufzeichnung vom Februar 2014. Daraus ist – wie der Beschuldigte zu Recht darauf hinweist – eindeutig ersichtlich, dass die täglichen Arbeitsstunden in der ersten Februarwoche 2014 durchgestrichen sind. Die Aus-führungen des Beschuldigten, dass es sich bei den daneben angeführten Stunden um Überstunden aus dem Jahr 2013 handelt, sind hingegen glaubwürdig. Wie auch ein Vergleich der Folgewochen im Februar 2014 in den Zeitaufzeichnungen ergibt, befinden sich von Montag bis Freitag Stundenangaben und sind am Samstag/Sonntag die Stundeneintragungen jeweils die sich aus dieser Woche und der wöchentlichen Arbeitszeit von 39 Stunden ergebenden Überstunden. Geschlossen aus den Folgewochen ist daher auch die Angabe in der ersten Februarwoche, nämlich Eintragung am Samstag/Sonntag von 9 Stunden, die Angabe über die übertragenen Überstunden aus dem Jahr 2013. Dies ergibt sich auch insofern, als bei den Gesamtstunden im Februar 2014  23,5 Überstunden angegeben sind. Diese ergeben sich einwandfrei aus 4,5 Stunden plus 6,5 Stunden plus 3,5 Stunden plus den bereits angeführten 9 Stunden aus der ersten Februarwoche. Die Arbeitszeitaufzeichnungen des Beschuldigten vom Februar 2014 sind daher eindeutig. Es geht eindeutig hervor, dass es sich hier nicht um Arbeitszeit, sondern um nicht konsumierte Überstunden aus dem Jahr 2013 bei den in der ersten Februarwoche eingetragenen Stunden handelt.

 

Der Beschuldigte hat daher die ihm angelastete Verwaltungsübertretung nicht begangen. Es war somit spruchgemäß das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG einzustellen.

 

 

II.            Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

H i n w e i s

 

Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Ent­scheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Drin. Andrea Panny