LVwG-601262/6/KLE
Linz, 05.04.2016
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Karin Lederer über die Beschwerde von M B, F, S, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. K M, F, S, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 2.2.2016, VerkR96-8516-2015, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung den
B E S C H L U S S
gefasst:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG mangels Parteistellung als unzulässig zurückgewiesen.
II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land (im Folgenden: belangte Behörde) hat mit Bescheid vom 2.2.2016, VerkR96-8516-2015, den Antrag Punkt 2 der Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 20.8.2015, VerkR96-8516-2015, zu beheben und die Folgen der Bestrafung wiedergutzumachen, wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde mit der beantragt wird, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, den bekämpften Bescheid sowie die Strafverfügung der belangten Behörde vom 20.08.2015, VerkR96-8516-2015 ersatzlos zu beheben sowie die Folgen der Bestrafung dahingehend wiedergutzumachen, als die verhängte Geldstrafe in der Höhe von 60 Euro dem Antragsteller rücküberwiesen werde sowie die verwaltungsbehördlichen Eintragungen aus diesem Bescheid ersatzlos zu streichen.
Begründend wird Folgendes ausgeführt:
„Mit dem bekämpften Bescheid hat die Behörde den Antrag des Beschwerdeführers, nämlich Punkt 2 der Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 20.08.2015 zu beheben und die Folgen der Bestrafung wieder gut zu machen, gemäß § 52a Abs. 1 VStG zurückgewiesen.
Die diesbezügliche Bescheidbegründung ist unrichtig und wird hierzu wie folgt ausgeführt:
In obiger Verwaltungsstrafsache hat die Behörde aufgrund der Beschwerde des Antragsstellers gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 12.11.2015, obige GZ, ihren eigenen Bescheid mittels Beschwerdevorentscheidung vom 30.11.2015 behoben.
Richtigerweise hatte dabei die Behörde die Verantwortung des Beschwerdewerbers hinsichtlich der offensichtlichen Unrichtigkeiten der Stellungnahme der LPD Oberösterreich übernommen, nämlich:
„Diese geht von einer Lasermessung bei km 197,980 aus und wird die konkrete Straftat des Benutzens des äußerst rechten Fahrstreifen ebenfalls auf diese Position im bekämpfen Bescheid bezogen. Das mit dieser Stellungnahme von der LPD Oberösterreich übersandte Messprotokoll verzeichnet aber unter Messort nicht wie in der Stellungnahme und dem Bescheid ausgewiesen den km 197,980 sondern km 188,190.
Sohin ist alleine schon der mögliche Tatort in keinster Weise ausgewiesen bzw. wird dieser vom bekämpften Bescheid unrichtig bezeichnet und ist schon aus diesem Grunde der Bescheid ersatzlos zu beheben.
So befindet sich der angebliche Tatort im Gemeindegebiet von Sattledt westlich des Voralpenkreuzes, wohingegen das Messprotokoll als Messort eine Örtlichkeit in Sipbachzell östlich des Voralpenkreuzes angibt.
Als „dritter Tatort" kommt dann nach der Stellungnahme des Meldungslegers eine „langgezogene" Rechtskurve im Bereich km 204,500 im Gemeindebereich Eberstalzell/Vorchdorf in Frage, wie die Behörde richtigerweise feststellt.
Richtigerweise stellt die Behörde daher auf Basis dieser insgesamt „drei Tatorte" fest, dass hier offensichtliche Mängel in der Tatortbeschreibung in der Stellungnahme des Meldungslegers und der Divergenz mit der Anzeige vorliegen, sodass berechtigte Zweifel an der Korrektheit der im Bescheid angegebenen Tatortbeschreibung zur ersatzlosen Behebung des Bescheids führen musste.
Gleichzeitig übersah die Behörde jedoch, dass gegen den Antragssteller in derselben Verwaltungsstrafsache ergangenen ursprünglichen Strafverfügung vom 20.08.2015, obige GZ, unter genau eben demselben angeblichen Sachverhalt, wegen angeblichen Schnellfahrens gemäß § 99 Abs. 3 StVO eine Geldstrafe in der Höhe von € 60.- verhängt wurde.
Da eben auch in dieser Causa der Meldungsleger auf insgesamt drei sich unterscheidende Tatorte in vier Gemeinden kommt, hätte die Behörde daher -unter Zugrundelegung ihrer eigenen Begründung des Aufhebungsbescheids vom 30.11.2015 richtigerweise gemäß § 52a VStG auch diese Strafverfügung ersatzlos beheben bzw. diesbezügliche amtliche Anmerkungen streichen müssen, da das Gesetz zum Nachteil des Bestraften offenkundig verletzt wurde.
Andernfalls ergibt sich die Konsequenz, dass die Behörde einen einzigen Sachverhalt, nämlich auf Basis der Angabe von drei angeblichen Tatorten in vier Gemeinden durch den Meldungsleger, für die angeblichen Tathandlungen des Antragstellers, nämlich „Linksfahren" und Geschwindigkeitsüberschreitung, völlig diametral behandelt.
Dass der Antragsteller in Bezug auf die Geschwindigkeitsüberschreitung keinen Einspruch gegen die Strafverfügung erhoben hat, steht einerseits der Intention des § 52a VStG, nämlich der Behebung offensichtlicher Unrichtigkeiten der Anwendung der Verwaltungsstrafgesetze nicht entgegen, andererseits konnte der Beschwerdenehmer erst nach Vorlage des Berichts des Meldungslegers samt Messprotokoll, eben nach Ablauf der Einspruchsfrist gegen die Strafverfügung, von der offensichtlichen Unrichtigkeit der behaupteten angeblichen Verwaltungsübertretung, deren örtliche Lokalisation unmöglich ist, Kenntnis erlangen.
Wenn die Behörde nunmehr in ihrem bekämpften Bescheid dagegen einwendet:
„Dass Sie mit überhöhter Geschwindigkeit fuhren, wird nicht bestritten,"
und weiters ausführt, dass hinsichtlich des Tatortes lediglich „formale Mängel" passiert sind, so ist auszuführen, dass sich der Beschwerdeführer ursprünglich lediglich hinsichtlich der Sinnhaftigkeit einer Bestreitung dieses angeblichen Vorfalls unsicher war und deswegen eine dezidierte Bestreitung vorerst unterlassen hat. Auf Basis des festgestellten Sachverhalts wird und wurde selbstverständlich seitens des Beschwerdeführers die angebliche Geschwindigkeitsüberschreitung bestritten.
Voraussetzung der Anwendung der Bestimmung des § 52a VStG ist aber eben -im Widerspruch zu den Ausführungen der Behörde in ihrem bekämpften Bescheid - dass das Gesetz zum Nachteil des Betroffenen offenkundig verletzt wurde und nicht ob und wann der Betroffene einen Sachverhalt dezidiert - hier nach Vorliegen des Messprotokolls im laufenden Verfahren - bestreitet.
Ebenso geht aber auch die Begründung der Behörde für die Nichtanwendbarkeit des § 52a VStG dahingehend ins Leere, nämlich dass sie nunmehr zusätzlich Prognosen für ein eventuell neu zu beginnendes Verwaltungsstrafverfahren - dies auch unter Berücksichtigung des sie treffenden Verwaltungsaufwandes - anstellt.
Abgesehen davon, dass die subjektiven Einschätzungen der Behörde wiederum völlig irrelevant für die Anwendung der Bestimmung des § 52a VStG sind, bleibt es derzeit noch ein exklusives Geheimnis der Behörde, wie auf Basis derartig chaotischer Aufzeichnungen etc. des Meldelegers eine Bestrafung des Beschwerdewerbers wegen einer Geschwindigkeitsübertretung vor sich gehen sollte.
Da eben - wie oben umfassend ausgeführt - der Meldungsleger auf insgesamt drei sich unterscheidende Tatorte in vier Gemeinden kommt, der festgestellte Sachverhalt sohin völlig absurd ist, hätte die Behörde daher - unter Zugrundelegung ihrer eigenen Begründung des Aufhebungsbescheids vom 30.11.2015 richtigerweise gemäß € 52a VStG auch diese Strafverfügung ersatzlos beheben bzw. diesbezügliche amtliche Anmerkungen streichen müssen, da das Gesetz zum Nachteil des Bestraften offenkundig verletzt wurde.“
Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung. An dieser nahmen der Beschwerdeführer und dessen Rechtsvertreter teil.
Folgender Sachverhalt steht fest:
Mit Strafverfügung der belangten Behörde vom 20.8.2015, VerkR96-8516-2015 wurde dem Beschwerdeführer im Spruchpunkt 2. vorgeworfen, folgende Verwaltungsübertretungen begangen zu haben:
„2. Sie haben die auf Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 28 km/h überschritten. Die in Betracht kommende Messtoleranz wurde bereits zu Ihren Gunsten abgezogen.
Tatzeit: 15.08.2015, 17:35 Uhr
Tatort: Gemeinde Sattledt, A1 bei km 197.980, Fahrtrichtung: Salzburg, die Anhaltung erfolgte in der Pannenbucht auf der Abfahrt Sattledt.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
§ 20 Abs. 2 StVO
Daher wird über Sie folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO 60 Euro
Ersatzfreiheitsstrafe: 72 Stunden.“
Gegen Spruchpunkt 2. der Strafverfügung der belangten Behörde vom 20.8.2015, VerkR96-8516-2015 wurde kein Rechtmittel erhoben und ist somit rechtskräftig.
Der Beschwerdeführer beantragte bzw. regte in eventu mit Eingabe vom 21.12.2015 an, die Strafverfügung der belangten Behörde vom 20.8.2015, VerkR96-8516-2015 ersatzlos zu beheben und die Folgen der Bestrafung dahingehend wiedergutzumachen, als die verhängte Geldstrafe von 60 Euro dem Antragsteller rücküberwiesen wird und verwaltungsbehördliche Eintragungen aus diesem Sachverhalt ersatzlos zu streichen sind, da die Strafverfügung an einer offensichtlichen Unrichtigkeit leide, da die örtliche Lokalisation der behaupteten angeblichen Verwaltungsübertretung unmöglich sei.
Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Verfahrensakt bzw. den Angaben in der mündlichen Verhandlung.
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:
§ 52a VStG lautet:
(1) Von Amts wegen können der Beschwerde beim Verwaltungsgericht nicht mehr unterliegende Bescheide, durch die das Gesetz zum Nachteil des Bestraften offenkundig verletzt worden ist, sowohl von der Behörde als auch in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde aufgehoben oder abgeändert werden. § 68 Abs. 7 AVG gilt sinngemäß.
(2) Die Folgen der Bestrafung sind wiedergutzumachen. Soweit dies nicht möglich ist, ist gemäß dem Strafrechtlichen Entschädigungsgesetz 2005 (StEG 2005), BGBl. I Nr. 125/2004, zu entschädigen.
Gemäß § 68 Abs. 7 AVG steht auf die Ausübung des der Behörde gemäß den Abs. 2 bis 4 zustehenden Abänderungs- und Behebungsrechts niemandem ein Anspruch zu. Mutwillige Aufsichtsbeschwerden und Abänderungsanträge sind nach § 35 zu ahnden.
Das Gesetz räumt niemandem ein subjektives öffentliches Recht auf Aufhebung eines Bescheides (im gegenständlichen Fall: einer Strafverfügung) ein (VwGH 29.6.2011, 2011/02/0145). Diese Gesetzesbestimmung dient nicht dem Schutz eines subjektiven Rechts, sondern der Wahrung öffentlicher Interessen (VwGH 30. 9. 1986, 86/07/0138).
Die Ablehnung eines auf Aufhebung gerichteten Antrags, in welcher Form diese auch ergeht, kann niemand zulässigerweise mit einem Rechtsmittel bekämpfen (VwGH 8. 9. 1982, 82/01/0176; 8. 11. 2000, 2000/04/0119).
Der Einschreiter nimmt an diesem Verfahren „nicht als Partei im Sinne des § 8 AVG“ teil (VwGH 9. 5. 2001, 2001/04/0068).
Mangels eines dem Beschwerdeführer zustehenden Rechtes auf Aufhebung der Strafverfügung, ist er durch die mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochene Zurückweisung des Antrages auf Aufhebung des Bescheides der belangten Behörde in subjektivöffentlichen Rechten nicht verletzt worden (VwGH 21. 10. 2005, 2004/02/0086) und war daher die Beschwerde mangels Parteistellung zurückzuweisen (vgl. VwGH 28. 1. 1977, 2910/76).
II. Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Karin Lederer