LVwG-750338/2/BP/SA
Linz, 10.03.2016
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Dr. Bernhard Pree über die Beschwerde des W K, geb. x, vertreten durch RA Mag. Dr. W S als Sachwalter, L, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 2. Februar 2016, GZ: III-WA1109/WL/95, mit dem die Entziehung der Waffenbesitzkarte Nr. x, ausgesprochen wurde,
zu Recht e r k a n n t:
I. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm. §§ 25 Abs. 3 und 8 Abs. 1 des Waffengesetzes 1996, BGBl. I Nr. 12/1997, in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. 161/2013, wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art.133 Abs.4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.
1. Die Landespolizeidirektion Oberösterreich (im Folgenden: belangte Behörde), entzog mit Bescheid vom 2. Februar 2016, GZ: III-WA1109/WL/95, dem
Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) gem. § 25 Abs. 3 i.V.m. § 8 Abs. 1 und Abs. 2 WaffG 1996 i.d.g.F. die am 28.11.1995 von der BPD Linz ausgestellte Waffenbesitzkarte, Nr. x.
Begründend führt die belangte Behörde darin zunächst wie folgt zum Sachverhalt aus:
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde des rechtsfreundlich vertretenen Bf vom 2. März 2016, worin wie folgt ausgeführt wird:
Mit oben bezeichnetem Bescheid wurde dem Beschwerdeführer die Waffenbesitzkarte entzogen und im Wesentlichen dazu ausgeführt, dass die waffenrechtliche Verlässlichkeit nicht mehr gegeben sei, dies auf Grundlage eines von Mag. D V vorgelegten Gutachtens. Diese sei zur Ansicht gelangt, dass signifikante Auffälligkeiten gegeben seien, sodass begründete Zweifel an der waffenrechtlichen Verlässlichkeit bestünden.
Die von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen sind unrichtig. Der Einschreiter ist Sachwalter der betroffenen Person und kann beim Einschreiter Rücksprache gehalten werden, dass der Beschwerdeführer seine Termine verlässlich einhält und auch bei Besprechungsterminen keinerlei psychische Auffälligkeiten in den Gesprächen und Besprechungen zeigt. Im Einzelfall hat der Beschwerdeführer auch bisher die Schusswaffen nicht missbräuchlich verwendet und liegen keine Anzeigen bei Behörden über die missbräuchliche Verwendung auf, weshalb dies alleine schon den Grund darstellt, dass der Beschwerdeführer die Waffen weiter benützen darf bzw. kann bzw. eine Entziehung der Waffenbesitzkarte zu Unrecht erfolgen würde.
Hätte der Beschwerdeführer entsprechende Anhaltspunkte gesetzt, wäre es sicher zu einer Anzeige gekommen, dass er unvorsichtig mit Waffen hantieren würde bzw. leichtfertig verwenden würde. Auch in der Nachbarschaft und auch sonst kam es zu keinerlei Beschwerden. Ein von Amts wegen einzuholendes Gutachten würde die obigen Ausführungen bestätigen.
Beweis: von Amts wegen einzuholendes Gutachten, und PV Aus all den Gründen wird gestellt der
ANTRAG,
der Beschwerde folge zu geben und dahingehend zu entscheiden, dass dem Beschwerdeführer die Waffenbesitzkarte Nr. x nicht entzogen wird.
3. Die Landespolizeidirektion Oberösterreich legte den in Rede stehenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit Schreiben vom 4. März 2016 zur Entscheidung vor.
4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt und das Beschwerde-vorbringen. Da sich daraus schon der entscheidungsrelevante Sachverhalt ergab, vom Bf laut telefonischer Nachfrage vom 10. März 2016 auch nicht beabsichtigt war, ein privates Gegengutachten beizubringen und im Übrigen ein Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegensteht, konnte auf die Durchführung einer öffentlichen Verhandlung verzichtet werden.
5. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von dem unter den Punkten I.1. und I.2. dieses Erkenntnisses dargestellten relevanten Sachverhalt aus. Insbesondere ist auf das Gutachten von Frau Mag. V (X GmbH) vom 18. Jänner 2016, betreffend die „Waffenrechtliche Verlässlichkeitsprüfung“ zu verweisen, das auszugsweise hier wiedergegeben werden soll:
(…)
Deutlich auffällig ausgeprägt sind jedoch die Skalen Soziale Expressivität (ES Skala unter der Norm liegend) Und Emotionale Ansprechbarkeit (Skala AS über der Norm liegend). Während die unter der Norm liegende Skala ES auf verminderte Eigenständigkeit sowie eine Selbstwertproblematik hinweist, weist die über der Norm ausgeprägte Skala AS auf emotionale Labilität, deutliche Neigung zu geringer Frustrationstoleranz sowie auf eine reduzierte psychische Belastbarkeit hin. Beides lässt auf deutliche Gefährdungsmomente hinsichtlich eines verlässlichen Umgangs mit Waffen schließen.
Im Risikofragebogen (FRF) beschreibt sich der Untersuchte zwar mit normgerechter finanzieller Risikobereitschaft, jedoch deutlich überdurchschnittlich ausgeprägter physischer und sozialer Risikobereitschaft (Skalen 1 und 2 über der Norm liegend). Dies weist auf eine deutlich ausgeprägte Neigung zu Selbstschädigung sowie zu einer Neigung zu Unnachgiebigkeit im sozialem Handeln, erhöhter sozialer Konfliktbereitschaft und einer Neigung zu Machtdemonstrationen hin. Hinsichtlich einer Waffenverlässlichkeit sind diese Faktoren als erhöhte Risikobereitschaft zu werten.
(…)
Explorativ zeigt sich in der Vorgeschichte ein bereits fünfmaliger LB Entzug aufgrund alkoholisierter Verkehrsteilnahme, zwar liegen diese Vorfälle bereits mehr als zwanzig Jahre zurück, jedoch ist auch der derzeitige, beinahe tägliche Alkoholkonsum des Untersuchten als nicht unauffällig zu werten.
(…)
Die somit vorliegenden Hinweise auf herabgesetztes Verantwortungsbewusstsein verstärken sich durch einen objektivierbaren beinahe täglichen Alkoholkonsum des Untersuchten trotz bestehender Magen- und Darmprobleme, obwohl diese neben einem Arthroseleiden zu einer vorzeitigen Pensionierung führten.
(…)
Vor dem Hintergrund der Gesamtergebnisse aus Exploration und standardisierten Fragebögen, die '"zahlreiche Hinweise auf geringe Eigenständigkeit, erhöhte Risikobereitschaft, herabgesetzte Frustrationstoleranz und mangelndes Verantwortungsbewusstsein geben, kann ein sachgemäßer und verlässlicher Umgang mit Schusswaffen derzeit nicht mit der nötigen Sicherheit abgeleitet werden.
(…)
6. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ist gemäß § 2 VwGVG zur Entscheidung durch Einzelrichter berufen, zumal das Materiengesetz keine Senatszuständigkeit vorsieht.
II.
Aufgrund des vorliegenden in den wesentlichen Punkten unwidersprochenen Sachverhalts konnte eine detaillierte Beweiswürdigung unterbleiben. Angesichts des aktuellen und völlig schlüssigen im Akt befindlichen Gutachtens von Frau Mag. V (X GmbH) vom 18. Jänner 2016, betreffend die „Waffenrechtliche Verlässlichkeitsprüfung“ war, zumal vom Bf selbst ein Gegengutachten vorzulegen nicht beabsichtigt war, von der Einholung eines Gutachtens von Amts wegen abzusehen. Festzuhalten ist hier jedenfalls, dass dem im Akt befindlichen Gutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten wurde.
III.
1. Gemäß § 25 Abs. 3 Waffengesetz 1996, BGBl. I. Nr. 12/1997, in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. 161/2013 (WaffG), hat die Behörde waffenrechtliche Urkunden zu entziehen, wenn sich ergibt, dass der Berechtigte nicht mehr verlässlich ist. Von einer Entziehung auf Grund einer nicht sicheren Verwahrung ist abzusehen, wenn das Verschulden des Berechtigten geringfügig ist, die Folgen unbedeutend sind und der ordnungsgemäße Zustand innerhalb einer von der Behörde festgesetzten, zwei Wochen nicht unterschreitenden Frist hergestellt wird.
Gemäß § 8 Abs. 1 WaffG 1996 ist ein Mensch verlässlich, wenn er voraussichtlich mit Waffen sachgemäß umgehen wird und keine Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er
1. Waffen missbräuchlich oder leichtfertig verwenden wird;
2. mit Waffen unvorsichtig umgehen oder diese nicht sorgfältig verwahren wird;
3. Waffen Menschen überlassen wird, die zum Besitz solcher Waffen nicht berechtigt sind.
Gemäß § 8 Abs. 2 WaffG ist ein Mensch keinesfalls verlässlich, wenn er
1. alkohol- oder suchtkrank ist oder
2. psychisch krank oder geistesschwach ist oder
3. durch ein körperliches Gebrechen nicht in der Lage ist, mit Waffen sachgemäß umzugehen.
Gemäß § 25 Abs. 1 Waffengesetz 1996 in der geltenten Fassung hat die Behörde die Verlässlichkeit des Inhabers eines Waffenpasses oder einer Waffenbesitzkarte zu überprüfen, wenn seit der Ausstellung der Urkunde oder der letzten Überprüfung 5 Jahre vergangen sind. Außerdem hat die Behörde die Verlässlichkeit des Inhabers einer waffenrechtlichen Urkunde zu überprüfen, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Berechtigte nicht mehr verlässlich ist. Ergibt sich im Zuge solcher Überprüfungen, dass der Berechtigte nicht mehr verlässlich ist, so hat die Behörde die waffenrechtlichen Urkunden zu entziehen.
2.1. § 25 Abs. 3 WaffG normiert also in seinem ersten Satz, dass bei Wegfall der Verlässlichkeit einer Person waffenrechtliche Urkunden zu entziehen sind. Dabei ist der Behörde vom Gesetzgeber kein Ermessen eingeräumt, sondern die Rechtsfolge hat bei Wegfall der Verlässlichkeit obligatorisch einzutreten.
Die Verlässlichkeit im Sinne des WaffG wird durch § 8 Abs. 1 normiert, und dabei werden mehrere Alternativen angeführt, bei deren Vorliegen die Verlässlichkeit zu verneinen sein wird.
2.2. Im vorliegenden Fall ist insbesondere § 8 Abs. 1 Z. 1 WaffG relevant. Es muss also gewährleistet sein, dass eine Person Waffen nicht leichtfertig oder missbräuchlich verwendet.
Durch die Formulierung des § 8 Abs.1 ist die waffenrechtliche Verlässlichkeit im Sinne einer Prognose zu beurteilen. Diese Prognose betrifft den Umstand, dass die zu bewertende Person in Zukunft voraussichtlich mit Waffen sachgemäß umgehen und sie unter anderem nicht missbräuchlich oder leichtfertig verwenden wird. Diese Prognose zukünftiger Verhaltensweisen ist auf Grund der jeweils aktuellen Situation zu erstellen. Dabei wird auf das zu erwartende zukünftige Verhalten eines Menschen geschlossen.
Der Verwaltungsgerichtshof erkennt, dass angesichts des mit dem Waffenbesitz von Privatpersonen verbundenen Sicherheitsbedürfnisses nach Sinn und Zweck der Regelung des Waffengesetzes bei der Prüfung der Verlässlichkeit ein strenger Maßstab anzulegen ist. (vgl. VwGH 17.09.2003, 2001/20/0020)
2.3. Es ist nun festzuhalten, dass dem Bf in dem unter Punkt I.5. dieses Erkenntnisses auszugsweise wiedergegebenen Gutachtens unmissverständlich die waffenrechtliche Verlässlichkeit abgesprochen wurde. Neben einem hohen verbalen und physischen Aggressionspotential, dem Hang zu Machtdemonstration, wurden dem Bf emotionale Labilität, deutliche Neigung zu geringer Frustrationstoleranz sowie eine reduzierte psychische Belastbarkeit diagnostiziert. Vor dem Hintergrund der Gesamtergebnisse aus Exploration und standardisierten Fragebögen, die zahlreiche Hinweise auf geringe Eigenständigkeit, erhöhte Risikobereitschaft, herabgesetzte Frustrations-toleranz und mangelndes Verantwortungsbewusstsein gaben, konnte – so das Gutachten - ein sachgemäßer und verlässlicher Umgang mit Schusswaffen derzeit nicht mit der nötigen Sicherheit abgeleitet werden.
Im Sinne des § 8 Abs. 1 Z. 1 WaffG muss hier aber jedenfalls allein aus diesem Grund schon eine Prognose dahingehend gestellt werden, dass der Bf Waffen missbräuchlich oder leichtfertig verwenden könnte.
2.4. Darüber hinaus ist – der belangten Behörde folgend – auf die Affinität des Bf zu Alkoholmissbrauch und auf die ebenfalls unbestritten vorliegenden Hinweise auf Depressionserkrankung hinzuweisen, die gemäß § 8 Abs. 2 Z. 1 und 2 WaffG zwangsläufig zur Verneinung der waffenrechtlichen Verlässlichkeit führen würden.
2.5. Es ist also klar zu erkennen, dass im Fall des Bf Tatsachen vorliegen, die eindeutig Anhaltspunkte dafür bieten, dass er nicht (mehr) als verlässlich im Sinne des § 8 Abs. 1 WaffG anzusehen ist. Damit war aber grundsätzlich die waffenrechtliche Urkunde im Sinne des § 25 Abs. 3 erster Satz WaffG zu entziehen.
3. Es war also im Ergebnis die Beschwerde als unbegründet abzuweisen und spruchgemäß zu entscheiden.
IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art.133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Bernhard Pree