LVwG-601037/18/FP
Linz, 29.03.2016
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Pohl über die Beschwerde von Frau Mag. A M, geb. x, x, S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden, Esplanade 10, 4810 Gmunden vom 28. August 2015, GZ. VerkR96-3048-2015, wegen eines Verstoßes gegen das KFG, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insofern Folge gegeben, als von der Verhängung einer Strafe abgesehen und der Beschwerdeführerin gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs. 1 Z 4 VStG unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit ihres Verhaltens eine Ermahnung erteilt wird. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
II. Gemäß § 52 Abs. 8 und 9 VwGVG hat die Beschwerdeführerin keinen Beitrag zu den Verfahrenskosten zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.1. Über die Beschwerdeführerin (Bf) wurde mit Straferkenntnis vom 28. August 2015, VerkR96-3048-2015, eine Strafe iHv € 80 (51 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt und ausgesprochen, dass sie € 10 an Verfahrenskosten zu tragen habe. Ihr wurde vorgeworfen, dass sie mit Schreiben vom 17. Feber 2015 als Zulassungsbesitzerin aufgefordert worden sei, binnen 2 Wochen ab Zustellung der anfragenden Behörde bekanntzugeben, wer ein KFZ mit dem Kennzeichen x am 23. Oktober 2014 um 23.16 Uhr an einem näher bezeichneten Ort gelenkt habe. Die Bf habe die Auskunft innerhalb der Frist nicht ordnungsgemäß erteilt und auch keine andere Person benannt, die die Auskunft erteilen könne.
Die belangte Behörde begründete, dass das genannte Schriftstück bei der Post hinterlegt und von der Bf nicht abgeholt worden sei.
Zumal die Bf als Zulassungsbesitzerin der geforderten Auskunftspflicht nicht nachgekommen sei, habe sie die Verwaltungsübertretung in objektiver Weise zu verantworten. Die Lenkererhebung sei ordnungsgemäß hinterlegt, aber nicht innerhalb der Abholfrist behoben worden. Die vorgelegten Beweise (Anonymverfügung und Lenkererhebung der LPD S) hätten mit dem Verfahren nichts zu tun. Da keine Schuldausschließungsgründe vorlägen, sei auch das subjektive Tatbild gegeben. Die Rechtfertigungsangaben der Bf seien aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens als widerlegt anzusehen. Der strafbare Tatbestand sei erfüllt.
Zur Strafhöhe führte die belangte Behörde aus, es lägen weder mildernde noch erschwerende Umstände vor. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten seien berücksichtigt worden.
Die verhängte Strafe erscheine als tat- und schuldangemessen und geeignet, die Bf in Hinkunft von gleichartigen Verwaltungsübertretungen abzuhalten.
I.2. Mit e-mail vom 10. September 2015 erhob die Bf Beschwerde und brachte wie folgt vor:
„[...]
vielen dank für ihre mühe.
ich wußte nicht, dass die reine kenntnis darüber, dass ich eine strafverfügung über eine bereits erhaltene anonymverfügung nicht ausreicht, und ich sogar vom gesetz her verpflichtet bin, auch das mir bereits bekannte Schriftstück von der hinterlegung abzuholen ???
weiters habe ich ihnen bereits gemailt, habe ich die lenkererhebung sogleich nach erhalt der anonymverfügung eingebracht.
nach erfolgloser einbringung, habe ich dann dennoch die Strafverfügung erhalten, (genauer die Verständigung, dass die bh gmunden eine solche mir zustellen wollte ) und habe nochmals per mail diese eingebracht.
ein gespräch mit fr r, am 11. 5. um 11:53 und 12:07 konnte diesen umstand doch klären, beweis des gespräches liegt anbei.
wenn sie dennoch an eine manipulation meiner mails glauben, oder nur den verdacht haben, sind sie doch wohl von amtswegen verpflichtet diesen fäschlungsversuch anzuzeigen, dies möchte ich bitte anregen, ihre pc-fachleute dürfen dann gerne diese mails auf ihren verdacht hin untersuchen!
ihrer anzeige sehe ich nun gerne entgegen, da ich bemüht war mittels gespräch, schreiben etc den Sachverhalt zu klären, statt dessen einer Straftat bezichtigt werde. für eventuelle gespräche stehe ich gerne zur Verfügung [...]“
II.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsakt, dem diverse Schriftstücke, insbesondere das ausschlaggebende e-Mail der Bf vom 13. Jänner 2015, 16:58 Uhr, mit welchem sie in Zusammenhang mit einer Anonymverfügung eine bestimmte Person als Lenker bekannt gab, hinzugefügt wurden, nachdem das Gericht die belangten Behörde um interne Recherche und Vorlage ersucht hatte, und durch öffentliche mündliche Verhandlung in der der wesentliche, bis dahin unbekannte Sachverhalt, erhoben werden konnte.
II.2. Nachstehender entscheidungswesentlicher S A C H V E R H A L T steht fest.
Die Bf hat sich vor Längerem von einem Bekannten überreden lassen, ein Fahrzeug auf ihren Namen anzumelden. Sie musste ihm in der Folge „nachlaufen“, dass dieses Fahrzeug wieder abgemeldet wird. Dies geschah im November 2015. Das Fahrzeug mit dem Kennzeichen x befand sich immer bei diesem Bekannten, nie bei der Bf. Der Bekannte hat der Bf versichert, er würde allfällige Strafen immer bezahlen. Der Bf wurde im Verlauf der Zeit eine große Anzahl an Anonymverfügungen zugestellt. Aufgrund der großen Anzahl und aufgrund der Tatsache, dass diese Vorgehensweise von vielen Behörden akzeptiert wurde, entwickelte die Bf die Praxis, unmittelbar nach Zustellung der jeweiligen Anonymverfügung der jeweiligen Behörde bekannt zu geben, dass ihr Bekannter das Fahrzeug gefahren hat. Die Bf ging dabei so vor, dass sie ein einmal ausgefülltes „Lenkererhebungsformular“ als Muster nutzte. Die Bf bog das obere Drittel des Schreibens um und legte das Formular auf die jeweilige Anonymverfügung, sodass im oberen Drittel der Kopf der Anonymverfügung (Behördendaten), im unteren Teil das vorausgefüllte Formular zu sehen war. Die Bf fotografierte das zusammengefügte Dokument ab und sendete das Foto der jeweiligen Behörde. Damit verfolgte die Bf den Zweck, der Behörde ihren Bekannten als Lenker in Zusammenhang mit der aus der Anonymverfügung entnehmbaren Tat, bekannt zu geben. Die Bf rief in der Regel bei den Behörden an um sich zu erkundigen, ob die Behörde die Unterlage erhalten hat und ob dies „so passt“. In Zusammenhang mit der belangten Behörde ging die Bf in zumindest 6 Fällen so vor und wandte sich die belangte Behörde in diesen Fällen unmittelbar an den bekanntgegebenen Lenker gewandt, der die jeweiligen Strafen auch bezahlte.
Im vorliegenden Fall sandte die Bf aufgrund eines Versehens zunächst eine falsche Information, weil sie versehentlich die falsche Anonymverfügung abfotografierte. Im Rahmen eines Telefonats mit einer nicht mehr feststellbaren Mitarbeiterin der belangten Behörde, wies diese die Bf auf den Fehler hin und sandte die Bf sodann am 13. Jänner 2015, 16:58 Uhr das richtige Dokument. Die Bf rief nochmals bei der belangten Behörde an und erfragte, ob es angekommen sei und ob ihr Bekannter „dies“ zugestellt bekomme. Sie verstand die Antwort dahingehend, dass dies so geschehen werde und hat angenommen, dass „es passt“.
Im vorliegenden Fall, sandte die belangte Behörde dem Bekannten der Bf keine Strafverfügung zu. Der Fall ist bei der belangten Behörde „durchgerutscht“, er wurde übersehen. Auch die der Bf übermittelte Anonymverfügung blieb unbezahlt. (öffentliche mündliche Verhandlung)
Die belangte Behörde fertigte sodann am 17. Feber 2015 ein Schreiben „Aufforderung gem. § 103 Abs 2 KFG 1967“ an die Bf ab und forderte Sie darin auf binnen 2 Wochen ab Zustellung bekannt zu geben, wer das Fahrzeug mit dem Kennzeichen x am 23. November 2014, 23.16 Uhr in der B I G x (Richtung stadtauswärts) gelenkt habe.
Im Hinblick auf dieses Schreiben fand am 18. Feber 2015 ein Zustellversuch an der Adresse der Bf statt. Dieser scheiterte, sodass der Zusteller eine Verständigung über die Hinterlegung in die Abgabeeinrichtung einlegte und das Poststück sodann bei der Postdienststelle 5034 hinterlegte. Die Abholfrist begann am 19. Feber 2015 zu laufen. Die Bf holte das Poststück nicht ab. Nach Ablauf der Hinterlegungsfrist wurde es, versehen mit dem Hinweis „nicht behoben“ an die belangte Behörde retourniert. Zum Tatzeitpunkt war die Bf Halterin des genannten Fahrzeuges. (Verwaltungsakt, Rückschein, Schreiben vom 17. Feber 2015)
Am 23. April 2015 erging zulasten der Bf eine Strafverfügung wegen Verletzung des § 103 Abs 2 KFG. Die Bf erhob am 4. Mai 2015 Einspruch mit den Worten „Lenkererhebung vom 13.1.2015 per e-mail versendet“. Diesem Einspruch war das bereits am 13. Jänner 2015 übermittelte Mail samt Anhang (3 pdf-Dokumente: Anonymverfügung vom 9. Jänner 2015; Vergrößerung des oberen Teiles dieser Anonymverfügung, sowie gemäß der Vorgehensweise der Bf aus Anonymverfügung und Lenkerbekanntgabemuster zusammenkopierte Lenkerauskunft) angeschlossen. Die zuständigen Mitarbeiter der belangten Behörde gingen zu diesem Zeitpunkt davon aus, dass die Bf mittels zusammenkopierter, andere Verfahren betreffende, Dokumente unwahre Tatsachen zu beweisen versuchte. Die oben dargestellte Vorgeschichte vom Jänner war den betreffenden Mitarbeitern zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt (AS 5, AS 10).
Die Bf hat am 11. Mai 2015 mit einer Mitarbeiterin der belangten Behörde, Frau U R telefoniert. Diese hat ihr mitgeteilt, dass der Einspruch (in das System) eingegeben wurde (PV, Zeugin Reiter).
Die Bf hat nicht auf die Aufforderung zur Bekanntgabe des Lenkers vom 17. Feber 2015 reagiert. Sie hat angenommen alles sei durch die Bekanntgabe bereits im Jänner erledigt, weil sie die telefonische Bestätigung der belangten Behörde vom Jänner, als Enderledigung verstand. (Beschwerde, öffentliche mündliche Verhandlung)
II.3. Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus dem vorliegenden Verwaltungsstrafakt, den in Klammern angegebenen Beweismitteln, insbesondere aber aus der öffentlichen mündlichen Verhandlung.
Es ergab sich, dass die vorliegende Angelegenheit von diversen Missverständnissen geprägt ist, die einerseits auf den behördeninternen Verlust von Mails der Bf, andererseits auf eine zwischen der Bf und verschiedenen Behörden gelebte Praxis, nicht zuletzt aber auf die offensichtliche Rechtsunkenntnis der Bf und ihre Vorgehensweise in Zusammenhang mit Behördenangelegenheiten, zurückzuführen sind. So hat die Bf, dies ergibt sich aus dem Akt, in der Regel in besonderer Kürze, ohne einen klaren „Betreff“ anzugeben (zB „Lenkererhebung vom 13.1.2015 per e-mail versendet“; e-mail vom 1. September 2015, usw.), telefonisch und teilweise mit unklarer Sprache (zB mail vom 4. Mai), dafür aber häufig mit der Behörde kommuniziert, ohne ihr Verhalten (insbesondere in Zusammenhang mit den zusammenkopierten Schriftstücken), zu erklären. Zudem hat die Bf bereits zu Zeitpunkten agiert, als bei der Behörde noch kein Aktenlauf in Gang gesetzt (Anonymverfügung). Die Bf setzte offenbar voraus, dass sämtliche Mitarbeiter der Verkehrsabteilung über ihre Praxis Kenntnis hatten und um die Situation der Bf wussten. Angesichts der unzähligen Verkehrsstrafverfahren, die die belangte Behörde zu bearbeiten hat, war dies nicht der Fall und kann den handelnden Behördenmitarbeitern kaum ein Vorwurf gemacht werden, wenn sie ob der Übermittlung zusammenkopierter Dokumente annehmen, dass die Bf unredliches im Schilde führt. Letztlich gab die Bf ja auch selbst an, den Überblick verloren zu haben.
Selbst für das Gericht ergaben sich erst nach Anfrage an die belangte Behörde und Aushebung verschiedener Mails der Bf Hinweise auf die nunmehr in der öffentlichen mündlichen Verhandlung zutage getretene Vorgehensweise der Bf. Selbst aus der Beschwerde vom 10. September 2015 ließ sich im Hinblick auf die von der Bf geübte Praxis nichts ableiten.
Letztlich ließ sich der Sachverhalt in der öffentlichen mündlichen Verhandlung aufklären. Erst in dieser ergab sich, dass die Bf aufgrund des Verhaltens ihres Bekannten in die unangenehme Situation kam, vieler Verkehrsdelikte verdächtig zu sein.
Es entwickelte sich in Zusammenhang mit mehreren Behörden eine Art Routine, die Angelegenheiten „auf dem kurzen Weg“ zu erledigen und leitete die Bf aus dieser Vorgehensweise ab, dass sie mit dieser alle anhängigen Verfahren auf verhältnismäßig einfache Weise einer Klärung zuführen kann und es damit getan ist.
Was die Nachfragen der Bf bei der Behörde betrifft, führte die Bf selbst aus, und ergibt sich ähnliches aus der Aussage ihres glaubwürdigen Lebensgefährten, dass ihr gesagt wurde, dass ihrem Bekannten etwas zugestellt würde und dies so erledigt sei. Die Bf hat dann angenommen, dass „es passt“.
Die Bf machte vor Gericht einen glaubwürdigen Eindruck und ergab sich in der öffentlichen mündlichen Verhandlung auch, dass die Bf gewissenhaft ist und das Interesse hatte, die vielen offenen Angelegenheiten möglichst umgehend einer Klärung zuzuführen.
Was die Zustellung der Lenkererhebung betrifft ist auszuführen, dass der Postrückschein als Zustellnachweis eine öffentliche Urkunde ist, die nach § 47 AVG iVm § 292 ZPO die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit für sich hat (zu den rechtlichen Folgen weiter unten). Der Rückschein macht insofern vollen Beweis und führt zu einer Umkehr der Beweislast im Hinblick auf den Nachweis der Unrichtigkeit des durch die Urkunde bezeugten Vorganges (vgl. Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, § 47 AVG, S 553 ff; VwGH 21. Oktober 1994, 94/11/0132).
Die Bf gab in der Verhandlung an, „meistens die gelben Zettel nicht bei der Post abgeholt“ sondern sogleich schriftlich reagiert zu haben, indem sie die (von ihr so bezeichnete) Lenkererhebung, also das zusammenkopierte Dokument, nochmals geschickt hat. Die Bf gab in der Verhandlung zudem an, anzunehmen, dass sie den gelben Zettel zwischen den Papieren nicht gefunden zu haben oder ihn weggeschmissen zu haben.
Insofern konnte es der Bf nicht gelingen den Beweis zu erbringen, dass der im Rückschein bezeugte Vorgang anders abgelaufen ist, bzw. dieser unrichtig beurkundet wurde, weil sie diesbezüglich keinerlei geeignetes Vorbringen erstattet hat. Das Gericht zweifelt daher nicht daran, dass der Bf die Aufforderung zur Bekanntgabe des Lenkers ordnungsgemäß zugestellt wurde.
III. Rechtliche Beurteilung
III.1. Rechtliche Grundlagen:
§ 17 Zustellgesetz lautet:
(4) Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die im Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde.
§ 103 Abs 2 KFG lautet:
§ 103. Pflichten des Zulassungsbesitzers eines Kraftfahrzeuges oder Anhängers
[...]
(2) Die Behörde kann Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer – im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung – zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.
III.2. Das Landesverwaltungsgericht Oö. hat erwogen:
III.2.1. zur Zustellung der Lenkererhebung:
Das ggst. behördliche Schriftstück (Aufforderung zur Bekanntgabe des Lenkers) konnte der Bf am 18. Feber 2015 an ihrem Wohnsitz nicht übergeben werden, sodass das Poststück bei der zuständigen Geschäftsstelle der Post, hinterlegt wurde. Die Abholfrist begann am folgenden Tag zu laufen. Dass der Zusteller davon ausging, dass der Bf sich regelmäßig an der Abgabestelle aufhält ergibt sich schon aus dem vorliegenden Rückschein, der diesen Umstand bezeugt. Es gibt keine Hinweise im Akt, und hat dies die Bf auch nicht vorgebracht, dass sie sich im relevanten Zeitraum nicht regelmäßig an der Abgabestelle aufgehalten hätte. Die Bf holte das Poststück nicht ab und wurde es deshalb nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist an die belangte Behörde retourniert.
Der vollen Beweis liefernde Rückschein ergibt, dass der Zusteller einen Verständigungsnachweis in die Abgabeeinrichtung bei der Wohnung der Bf (Abgabestelle im Sinne des § 2 Z 4 ZustG) einlegte.
Die Bf stellte in der Verhandlung selbst dar, dass sie meistens „gelbe Zettel“ nicht von der Post abhole. Im Hinblick auf den vorliegenden Fall führte sie aus, zu glauben, die Verständigung zwischen den Papieren nicht gefunden oder sie entsorgt zu haben. Sie macht damit keinen Sachverhalt glaubhaft, der geeignet wäre eine fehlerhafte Zustellung zu bescheinigen, zumal der Verlust einer Hinterlegungsanzeige schon von Gesetzes wegen keine Unwirksamkeit der Zustellung bewirken würde und der Zustellvorgang nach den Feststellungen korrekt abgelaufen ist (vgl. VwGH 9. September 1981, 81/03/0065; 21. März 1982, 3635/80; 30. Juli 1992, 88/17/0107).
Es ergibt sich daher, dass die Zustellung gemäß § 17 Abs. 3 ZustellG am
am 19. Feber 2015 bewirkt war.
III.2.2. Zur Abgabe der Lenkerauskunft:
Gem. § 103 Abs 2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer – im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung – zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung)
Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.
Wie sich aus III.2.1. ergibt, wurde der Bf am 19. Feber 2015 die Aufforderung gem. § 103 Abs 2 KFG zugestellt. Die Bf hat das Schriftstück nicht behoben, sie konnte insofern die Auskunft nicht fristgerecht erteilen, zumal sie die Anfrage nicht hatte. Dies geht allerdings zulasten der Bf, zumal dies an der gesetzgemäßen Zustellung und der rechtswirksamen Aufforderung, nichts ändert. Sie hat also die Lenkerauskunft nicht innerhalb der von der Behörde gesetzten Frist abgegeben.
Es ist die Frage zu stellen, und dahingehend ist die Beschwerde der Bf zu verstehen, ob die bereits ein Monat zuvor an die belangte Behörde übermittelte Information, die Pflicht zur Abgabe der Lenkerauskunft im Feber gleichsam ersetzt und keine weitere Verpflichtung der Bf mehr bestand, sich zu äußern, also ob die Bf schon damit ihrer Pflicht zur Bekanntgabe des Lenkers nachgekommen ist, dass sie der Behörde bereits vor deren Anfrage mitgeteilt hat, wer der Lenker des ggst. Fahrzeuges war und es der belangten Behörde verwehrt war, die Bf dennoch zu fragen.
Dies ist nicht der Fall.
Es kann in diesem Zusammenhang auf diverse Entscheidungen des VwGH verwiesen werden, aus welchen geschlossen werden kann, dass die von einer Person initiativ an die Behörde herangetragenen Information ihre Pflicht gem. § 103 Abs 2 KFG 1967, die Lenkerauskunft zu erteilen, nicht ersetzt:
So spricht der VwGH etwa aus, dass die Tatsache, dass eine Person bereits als Beschuldigter in einem Verwaltungsstrafverfahren darüber befragt worden ist, ob sie der Lenker gewesen sei oder ob sie ihr Fahrzeug jemandem anderen überlassen habe, die Behörde jedenfalls bei begründeten Zweifeln an der Lenkereigenschaft nicht hindert, diese Person als Zulassungsbesitzer nach § 103 Abs 2 KFG aufzufordern, die dort genannten Auskünfte zu erstellen, und befreit umgekehrt die betreffende Person nicht von ihrer Verpflichtung zur Auskunftserteilung (E 24. Jänner 1990, 89/02/0207).
Im Hinblick darauf, wann die Behörde keine Anfrage mehr stellen darf, führt der VwGH aus, dass die Behörde nicht willkürlich vorgehen und nicht grundlos eine Auskunft nach § 103 Abs 2 KFG verlangen darf. Dies ist nach dem VwGH etwa dann nicht der Fall, wenn dem Auskunftsverlangen eine Anzeige zu Grunde liegt, derzufolge ein Lenker eine strafbare Handlung beging, zumal schon aus diesem Grunde für die Behörde ein konkretes Interesse an der Kenntnis des Lenkers bestand (E v. 12. Juli 1994; 92/03/0200).
Aus dieser Judikatur kann abgeleitet werden, dass die Behörde etwa dann keine Lenkerauskunft verlangen darf, wenn kein Anlassdelikt vorliegt oder die Bf bereits zweifelsfreies, positives Wissen über den Lenker hat, also gleichsam sinnlos nachfragte.
So hat der VwGH etwa auch ausgesprochen, dass, solange ein Verwaltungsstrafverfahren nicht abgeschlossen bzw. die Verjährungsfrist nicht abgelaufen ist, nicht von einem willkürlichen oder grundlosen Verlangen gesprochen werden kann, wenn der Rechtsanwalt einer Partei einige Tage nach der Tat für ein Parkvergehen einen Geldbetrag unter Angabe seines Namens und seiner Anschrift an den Gendarmerieposten übermittelt, und die Behörde dennoch eine Lenkererhebung durchführt (E v. 12. Juli 1994, 92/03/0200).
Zum Zweck des § 103 Abs 2 KFG führt der VwGH aus:
„Der Best des Abs 2 liegt die Absicht des Gesetzgebers zugrunde, sicherzustellen, dass der verantwortliche Lenker eines Fz jederzeit ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen von der Beh festgestellt werden kann. (VwGH v. 23. März 1972, 1615/71)“
Aus dem Wortlaut der Norm, ihrem Zweck und der dargestellten Judikatur ergibt sohin für das Gericht, dass die Behörde solange eine Anfrage gem § 103 Abs 2 KFG 1967 vornehmen kann, solange nicht zweifelsfrei feststeht, wer der jeweilige Lenker war.
Nur weil die Bf, quasi systematisiert annimmt, dass eine Person, für die sie ein Fahrzeug angemeldet hat, welche dieses vermeintlich ausschließlich nutzt, ein Delikt begangen hat, muss dies nicht gleichsam für die Behörde gelten.
Es ist aus dem Gesetz nicht ableitbar, dass die Behörde verpflichtet ist, aufgrund einer bloßen Mitteilung eines Zulassungsbesitzers anzunehmen, dass die Angaben dieser Partei richtig sind und die von der Bf bekanntgegebene Person jene ist, die das Fahrzeug tatsächlich gelenkt hat. Vielmehr liegt der Sinn der sich aus dem § 103 Abs 2 KFG ergebenden Verpflichtung auch darin, den Halter eines KFZ unter Strafdrohung anhalten zu können wahre Angaben zu machen und ihn im Falle falscher oder fehlender Angaben auch zur Rechenschaft ziehen zu können.
Insofern kann aus der dargestellten Judikatur (insb. E v. 12. Juli 1994; 92/03/0200) auch abgeleitet werden, dass gerade dann, wenn die Behörde, wie hier, Hinweise auf die Lenkereigenschaft im Hinblick auf eine bestimmte Person hat, berechtigt ist im Rahmen des dafür vorgesehenen Verfahrens (§ 103 Abs 2 KFG 1967) diesen Verdacht zu verifizieren.
Im vorliegenden Fall wurden der belangten Behörde die Angaben der Bf zwar bekannt, und ist der Bf zugutezuhalten (darauf wird im Rahmen der Ausführungen über das Verschulden einzugehen sein), dass die belangte Behörde in Zusammenhang mit vorausgehenden Fällen eine gewisse Praxis gezeigt hat, jedoch kann dies nicht bedeuten, dass sie in einzelnen Fällen kein Verfahren nach § 103 Abs 2 KFG 1967 mehr einleiten darf, weil sie sich in vorhergehenden Fällen aufgrund gewisser schlüssiger Indizien sogleich an eine andere Person gewandt hat und (wohl infolge der Bezahlung durch den Täter) keine Lenkererhebung mehr durchgeführt hat.
Dies ergibt sich zum Einen aus der oben dargestellten Judikatur, nach der die Behörde selbst nach Zahlung einer Strafe noch berechtigt ist, eine Lenkererhebung durchzuführen, vorliegend aber aus logischen Erwägungen schon deshalb, als die Behörde weder wissen kann, ob die von der Bf initiativ gemachten Angaben richtig sind, noch, ob die angegebene Person, ihre Schuld eingesteht und die Strafe bezahlt.
Würde man der impliziten Rechtsansicht der Bf folgen, wäre der Zweck des § 103 Abs 2 KFG vollends vereitelt, zumal sich jeder Verkehrssünder durch das Machen von Angaben (auch falscher) der Strafverfolgung entziehen könnte.
Im Übrigen ergibt sich aus dem Gesetz eine klare Verpflichtung des Zulassungsbesitzers: Die Lenkerauskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Auskunft binnen zwei Wochen nach Zustellung der Anfrage, zu erteilen. Es ergibt sich aus dem Gesetz daher, dass die Pflicht zur Erteilung der Lenkerauskunft, zunächst die Anfrage der Behörde voraussetzt und sodann innerhalb der im Gesetz vorgesehenen Fristen abzugeben ist.
Die von der Bf vor Anfrage durch die Behörde gemachten Angaben werden nicht dadurch zur „Lenkerauskunft“, dass die Bf ein aus einem anderen Verfahren vorhandenes Formular verwendet. Sie sind schlichte Informationen an die Behörde, die einen Verdacht erwecken mögen, haben aber, im Hinblick auf das Verfahren nach § 103 Abs 2 KFG, keine besondere rechtliche Wirkung.
Die Bf bestreitet mit einer solchen Information selbst gefahren zu sein und macht den nach ihrer Ansicht Verantwortlichen namhaft.
Dies befreit sie jedoch nicht davon, in einem amtswegig eingeleiteten Ermittlungsverfahren auf eine vom Gesetz vorgesehene formelle Anfrage zu antworten.
Es ergibt sich insofern, dass die belangte Behörde berechtigt war, der Bf eine Lenkeranfrage zu übermitteln und die Bf aufgrund der Anordnungen des § 103 Abs 2 leg. cit. auch verpflichtet war, die von ihr verlangten Informationen (zu der vom Gesetz vorgesehenen Zeit) zu erteilen. Dies hat sie nicht getan. Sie hat daher den objektiven Tatbestand erfüllt.
III.3. Zur subjektiven Tatseite
Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
§ 5 Abs. 1 S 2 VStG ordnet der Sache nach an, dass bei fahrlässigen Ungehorsamsdelikten der Verstoß gegen den entsprechenden verwaltungsstrafrechtlichen Rechtsbefehl grundsätzlich Fahrlässigkeit indiziert; der Täter muss diesfalls glaubhaft machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift „kein Verschulden trifft“ (Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG § 5 Rz 5).
Zur Entkräftung der gesetzlichen Vermutung seines fahrlässigen Handelns hätte die Bf im Sinne der stRsp des Verwaltungsgerichtshofes initiativ alles darzulegen gehabt, was für ihre Entlastung spricht.
Die Bf hat letztlich auf Tatsachenebene nicht bestritten sondern lediglich die unrichtige Rechtsansicht vertreten, dass sie bereits die Lenkerauskunft erteilt hat. Wie sich aus obigen Ausführungen ergibt, ist dies nicht der Fall. Die Bf hat der Behörde wohl eine Information zukommen lassen, diese war jedoch weder die Lenkerauskunft iSd Gesetzes noch erfolgte sie zu jener Zeit, zu der sie erfolgen hätte müssen.
Die Bf hat in keiner Weise dargelegt, inwieweit es nicht möglich gewesen wäre, die tatsächliche Lenkerauskunft zu erteilen, und liegt ihr insofern Fahrlässigkeit zur Last. Tatsächlich wäre es für die Bf bei Aufwendung der gehörigen Sorgfalt ein Leichtes gewesen, das behördliche Schriftstück von der Post abzuholen und zu beantworten. Schließlich war es ihr auch möglich umgehend und ähnlich einer Lenkerauskunft auf Anonymverfügungen zu reagieren. Auch die Darlegungen der Bf zum Verlust der Verständigung über die Hinterlegung vermochten die Bf nicht zu entlasten, zumal gerade sie, die damit rechnen musste oftmals behördliche Schriftstücke zu erhalten, zu besonderer Sorgfalt angehalten war.
Dafür dass die Bf einem Verbotsirrtum unterlegen ist, gibt es keine Anhaltspunkte. Hiezu hätte es der Auskunft der (im Verfahren iZm der Lenkererhebung) zuständigen Behörde bedurft, die letztlich dahingehend lauten hätte müssen, dass die Bf keine Lenkerauskunft mehr erteilen muss. Diese Auskunft hätte naturgemäß vor Einleitung des Strafverfahrens vorliegen müssen. Eine solche Auskunft konnte aber gar nicht erfolgen, zumal die Bf das das Verfahren einleitende behördliche Schriftstück nicht einmal von der Post abgeholt hat und erst nach Erlassung der Anonymverfügung mit der Behörde in Kontakt getreten ist.
Im Hinblick auf die Gespräche mit der belangten Behörde, die die Bf nach Übersendung ihrer zusammenkopierten Schriftstücke geführt hat, ergibt sich aus den Angaben der Bf zusammengefasst, das sich diese auf das Einlangen und deren Lesbarkeit und den Umstand bezogen haben, dass die Behörde sich nun an den Bekannten der Bf wenden würde. Daraus lässt sich aber schon dem Grunde nach kein Freibrief für die Bf ableiten, nicht mehr auf behördliche Schreiben reagieren zu müssen. Dass die Bf Auskünfte der belangten Behörde, die diese vor Einleitung eines ordentlichen Verfahrens gemacht hat so verstanden hat, dass nunmehr für sie alles erledigt sei, liegt ihr selbst zur Last.
Es liegt auf der Hand, dass sich in einem anderen Verfahren (hier Anonymverfügung) gemachte Auskünfte schon an sich nicht auf das Gegenständliche auswirken konnten, zumal noch nicht einmal bekannt war, ob die Behörde überhaupt eine Lenkererhebung durchführen würde. Zudem hätte die Bf spätestens aufgrund der Zustellung der Lenkeranfrage erkennen müssen, dass ihre Ansicht, alles sei erledigt, verfehlt war. Die von der Bf dargestellten Auskünfte durfte sie auch nicht dahingehend verstehen, dass im Hinblick auf das jeweilige Anlassdelikt quasi für alle Zeit, alles erledigt ist. Vielmehr durfte sie die von ihr geschilderten Aussagen immer nur bezogen auf die Anonymverfügung verstehen, die ja ex-lege außer Kraft tritt, wenn keine Bezahlung erfolgt.
Von einem Verbotsirrtum wäre also schlicht nur dann auszugehen, wenn die belangte Behörde der Bf mitgeteilt hätte, sie müsse keine Lenkerauskunft mehr abgeben. Dass die Bf eine solche Auskunft erhalten hat, ist aus ihren Angaben nicht ableitbar und hat sie selbst nicht behauptet, dass derlei konkrete Auskünfte stattgefunden haben.
Die Bf hat den Tatbestand sohin auch in subjektiver Hinsicht erfüllt.
III.4. Zur Ermahnung
Gem § 45. (1) Z 4 VStG hat die Behörde (und das Verwaltungsgericht) von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn [...]
4. die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind;
[...]
Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.
Zur Neuregelung der „Ermahnung“ führt der VwGH wie Folgt aus:
„In den Gesetzesmaterialien zum Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013 (ErlRV 2009 BlgNR 24. GP, 19) wird erläutert, dass mit dem neu formulierten § 45 Abs 1 VStG insbesondere die bisher in § 21 Abs 1 VStG enthaltenen Bestimmungen an systematisch richtiger Stelle zusammengeführt werden sollen. § 45 Abs 1 Z 4 VStG und der neue Schlusssatz dieses Absatzes entsprächen im Wesentlichen § 21 Abs 1 VStG (alte Fassung). Zu der zuletzt genannten Bestimmung, die ein Absehen von der Verhängung einer Strafe (bei allfälliger Ermahnung des Beschuldigten) vorsah, "wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind", besteht eine gesicherte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, anhand derer auch die Rechtsfragen, die der vorliegende Fall aufwirft, gelöst werden können, sodass es keiner neuen Leitlinien höchstgerichtlicher Rechtsprechung bedarf.“ (VwGH v. 17. April 2015, Ra 2015/02/0044)
Wie bereits weiter oben dargestellt, ist das hier relevante Rechtsgut in einem Informationsbedürfnis des Staates zu erblicken, das die Ergreifung des verantwortlichen Lenkers erleichtern soll. Die Norm dient daher der Verfahrensökonomie und soll kein aufwändiges Ermittlungsverfahren geführt werden müssen, wenn der Fahrzeughalter problemlos in der Lage ist (und sein muss) anzugeben, wer das auf ihn zugelassene Fahrzeug verwendet hat.
Die Wendung „die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes...gering [ist]“ ist bei verfassungskonformer Auslegung dahingehend zu verstehen, dass die Bedeutung des Rechtsgutes im Vergleich zu anderen Rechtsgütern weniger bedeutend ist. Das Gericht erachtet das Rechtsgut der Verfahrensökonomie im Vergleich zu anderen Rechtsgütern (Leib und Leben bei Verkehrsdelikten) als von geringer Bedeutung.
Das Rechtsgut ist auch nur geringfügig beeinträchtigt, zumal vorliegend feststeht, dass die Behörde die von ihr gewünschte Information zum Zeitpunkt der Lenkererhebung bereits hatte. Lediglich aufgrund (nachvollziehbarer) behördenorganisatorischer Gründe gelangte die Information nicht zu jener Person bzw. Abteilung, die ihrer bedurft hätte.
Es ist also davon auszugehen, dass die Behörde die Information zwar erhielt, jedoch nicht zu jenem Zeitpunkt, den das Gesetz vorsieht. Es kann daher von einem geringfügigen Eingriff in das Rechtsgut ausgegangen werden, weil dieser letztlich nur im Hinblick auf den Zeitfaktor vorliegt.
Was das Verschulden betrifft, muss der Bf zugutegehalten werden, dass auch in Zusammenhang mit der belangten Behörde eine Art gelebte Praxis entstanden ist, in die die Bf ihr Vertrauen gelegt hat. In zumindest 6 Fällen ist die Bf gleichermaßen mit Billigung der belangten Behörde vorgegangen. Das System hatte sich bewährt und hat es auch zugunsten der belangten Behörde funktioniert. Und so vertraute die Bf auch im vorliegenden Fall auf dieses System. Sie erstreckte ihr Vertrauen allerdings nicht nur auf den Umstand, dass die Behörde im Hinblick auf das Anlassdelikt an den Bekannten der Bf herantreten werde, sondern allumfassend auch auf das Verfahren gem. § 103 Abs 2 leg. cit.. Letztendlich ist ihr anzukreiden, dass sie sich zu sicher gefühlt hat und ein Poststück, sei es nun aus Unachtsamkeit oder weil sie annahm, ein Abholen sei nicht mehr erforderlich, nicht abgeholt hat.
Der Bf wurde damit ihr vorauseilender Gehorsam und ihr Wunsch, Dinge sogleich zu klären, zum Verhängnis.
Es verbleibt jedoch der Eindruck des Gerichtes, dass es sich bei der Bf um eine gewissenhafte Bürgerin handelt, die an einer Formalität scheiterte, aber von allem Anfang an bemüht war, alles richtig zu machen.
Das Verschulden der Bf war insofern gering, als sie erkennbar die von der Behörde gewünschten Informationen erbracht hat, jedoch eben nicht zu jenem Zeitpunkt zu dem sie sie nach dem Gesetz zu erbringen hatte, sie auf eine bislang funktionierende Praxis vertraut hat und glaubte, auf diese vertrauen zu dürfen.
Um der Bf aber diesen Fehler vor Augen zu führen, erachtet es das Gericht als erforderlich, die Bf darauf hinzuweisen, dass sie rechtswidrig gehandelt hat und spricht es deshalb eine Ermahnung aus. Aufgrund der Besonderheiten des vorliegenden Falles erachtet das Gericht diese Ermahnung als ausreichend, der Bf die Rechtswidrigkeit ihres Handelns vor Augen zu führen.
Die Verhängung einer Strafe war jedoch, aus den genannten Gründen (noch) nicht angezeigt. Die Ermahnung reicht aus, die Bf in Zukunft zu mehr Sorgfalt in Zusammenhang mit Poststücken der Behörde anzuhalten und sie daran zu erinnern, dass nicht sie, sondern die Behörde Herr des Verfahrens ist und sie in derlei Fällen besser auf behördliche Handlungen reagiert, als initiativ zu agieren.
IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
P o h l