LVwG-700132/2/MB/SA
Linz, 15.02.2016
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Markus Brandstetter über die Beschwerde des M B, geb. x, StA von Tunesien, x, gegen das Straferkenntnis des Landespolizeidirektors von Oberösterreich vom 12. November 2015, GZ: VStV/915301283357/2015, wegen einer Übertretung des Fremdenpolizeigesetzes,
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 200 Euro zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.
1. Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom
12. November 2015, GZ: VStV/915301283357/2015, wurde über den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) gemäß § 120 Abs.1 des Fremdenpolizeigesetzes (FPG) eine Geldstrafe in der Höhe von 1.000 Euro sowie im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen verhängt.
Die belangte Behörde sprach darüber wie folgt ab:
„Sie sind als Fremder (§ 2 Abs. 4 Z 1 FPG), wie am 30.08.2015, um 01:50 Uhr, in L, B310 Str.km 55,25, ehem. Grenzkontrollstelle W, festgestellt werden konnte, am 30.08.2015 in W in das Bundesgebiet eingereist, ohne im Besitze eines gültigen Reisedokuments zu sein, obwohl Fremde, soweit durch das Bundesgesetz oder durch eine zwischenstaatliche Vereinbarung nichts anderes bestimmt ist oder nicht anderen internationalen Gepflogenheiten entspricht, zur rechtmäßigen Einreise in das Bundesgebiet ein gültiges Reisedokument brauchen (Passpflicht).
Der Beschuldigte hat dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:
§ 120 Abs. 1 FPG i.V.m. § 15 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz BGBl. I Nr. 144/2013 idgF.
Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie folgende Strafe(n) verhängt:
Geldstrafe von falls diese uneinbringlich ist, Gemäß
Ersatzfreiheitsstrafe von
€ 1.000,00 10 Tage(n) 0 § 120 Abs. 1
Stunde(n) 0 Minute(n) Fremdenpolizeigesetz BGBl. I
Nr. 144/2013 idgF.
Ferner hat der Beschuldigte gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG zu zahlen:
€ 100,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, jedoch mindestens 10 Euro für jedes Delikt (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich € 100,00 angerechnet).
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher € 1.100,00.“
Begründend wurde Nachstehendes ausgeführt:
„Sie wurden am 05.05.2104 dabei betreten, wie Sie aus Tschechien, ohne ein gültiges Reisedokument mit sich zu führen, nach Österreich einreisten.
Mit Strafverfügung vom 13.05.2014 wurde über Sie gem. § 120 Abs. 1 i.V.m. § 15 Abs. 1 FPG eine Geldstrafe von € 100,- verhängt.
Am 30.08.2015 wurden Sie abermals dabei betreten, wie Sie am ehemaligen Grenzübergang W, ohne ein gültiges Reisedokument mit sich zu führen, aus Tschechien nach Österreich einreisten.
Bei der Kontrolle gaben Sie an, den falschen Reisepass mitgenommen zu haben.
Mit Schreiben vom 09.09.2015 - hinterlegt am 14.09.2015 beim Postamt x - wurde Ihnen die Möglichkeit eingeräumt, sich binnen 14 Tagen zum Tatvorwurf zu rechtfertigen. Eine Rechtfertigung ist ha. bislang nicht eingelangt.
Gem. § 15 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz benötigen Fremde, soweit durch Bundesgesetz oder durch zwischenstaatliche Vereinbarung nicht anderes bestimmt ist oder nicht anderes internationalen Gepflogenheiten entspricht, zur rechtmäßigen Einreise in das Bundesgebiet und Ausreise aus diesem ein gültiges Reisedokument (Passpflicht).
Dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein hoher Stellenwert zu. Sie wurden nun bereits zweimal dabei betreten, wie Sie ohne gültiges Reisedokument nach Österreich einreisten. Dies läuft zweifellos einem geordneten Fremdenwesen zuwider.
Wer wegen einer solchen Tat bereits einmal rechtskräftig bestraft wurde (die Strafverfügung vom 13.05.2014 wurde mit 02.06.2014 rechtskräftig), ist mit Geldstrafe von € 1.000,- bis € 5.000,- zu bestrafen. Es war nun im gegenständlichen (Wiederholungs-) Fall die Mindeststrafe von € 1.000,- zu verhängen.“
2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vorliegende rechtzeitig eingebrachte Beschwerde des Bf vom 6. Dezember 2015.
Darin wird vom Bf wie folgt ausgeführt:
„Wie telefonisch besprochen, möchte ich gegen diese Straferkenntnis, Einspruch erheben. Wir waren bei einer Bekannten in L auf einer Geburtstagsfeier und ich habe aus Versehen den Reisepaß meiner Tochter mitgenommen. Hätte mir der Zollbeamte dies gleich gesagt, was ich für Strafe erhalten werde, wäre meine Frau nach A gefahren und hätte meinen Reisepaß geholt und ich hätte in CZ gewartet. Weiters haben wir von der Post 9.9. auch kein Schreiben erhalten. Zu dieser Zeit war ich nämlich in Tunesien um meine Papiere für die österr. Staatsbürgerschaft zu holen. Mein Ansuchen ist bereits abgegeben und ich bitte Sie kulanter Weise mir die 1000,- Euro nicht zu verrechnen, da ich momentan in einer finanziellen Notlage bin. Die 100,- als Strafe würde ich sofort bezahlen.“
II.
1. Gemäß Art 135 Abs. 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.
2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sich unstrittig aus selbigem.
3. Gem. § 44 Abs. 3 VwGVG kann von der Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden. Der Bf hat diesbezüglich auch keinen Antrag gestellt.
III.
1. Gem. § 15 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl I 100/2005 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung (in der Folge: FPG), benötigen Fremde, soweit durch Bundesgesetz oder durch zwischenstaatliche Vereinbarung nicht anderes bestimmt ist oder nicht anderes internationalen Gepflogenheiten entspricht, zur rechtmäßigen Einreise in das Bundesgebiet und Ausreise aus diesem ein gültiges Reisedokument (Passpflicht).
Gem. § 2 Abs. 4 Z 4 FPG ist ein Reisedokument: ein Reisepass, ein Passersatz oder ein sonstiges durch Bundesgesetz, Verordnung oder auf Grund zwischenstaatlicher Vereinbarungen für Reisen anerkanntes Dokument; ausländische Reisedokumente genießen den strafrechtlichen Schutz inländischer öffentlicher Urkunden gemäß §§ 224, 224a, 227 Abs. 1 und 231 des Strafgesetzbuches (StGB), BGBl. Nr. 60/1974.
Gem. § 2 Abs. 4 Z 1 FPG ist Fremder, wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt.
Gem. § 120 Abs. 1 FPG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer als Fremder nicht rechtmäßig in das Bundesgebiet einreist, und ist mit Geldstrafe von 100 Euro bis zu 1 000 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, zu bestrafen.
Wer wegen einer solchen Tat bereits einmal rechtskräftig bestraft wurde, ist gem. § 120 Abs. 1 FPG mit einer Geldstrafe von 1 000 Euro bis zu 5 000 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu drei Wochen, zu bestrafen.
Als Tatort gilt der Ort der Betretung; bei Betretung in einem öffentlichen Beförderungsmittel die nächstgelegene Ausstiegsstelle, an der das Verlassen des öffentlichen Beförderungsmittels gemäß dem Fahrplan des Beförderungsunternehmers möglich ist. Die Verwaltungsübertretung gemäß erster Satz kann durch Organstrafverfügung gemäß § 50 VStG in der Höhe von bis zu 200 Euro geahndet werden.
2. Im Hinblick auf das Tatbild gilt es zunächst festzuhalten, dass der Bf im Zeitpunkt seines Grenzübertrittes in das Bundesgebiet der Republik Österreich an der Grenzkontrollstelle W/L von Tschechien kommend am 30.8.2015 irrtümlicherweise nicht seinen Reisepass mit sich führte, sondern jenen seiner Tochter. Der Bf war im Tatzeitpunkt nicht österreichischer Staatsbürger. Daher ist das Tatbild erfüllt.
3. Das FPG enthält keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens, weshalb § 5 Abs. 1 VStG zur Anwendung kommt, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt). Wie der Bf selbst angibt, hat er irrtümlich den Reisepass seiner Tochter eingepackt. Geht man davon aus, dass dem Bf bis zur Konfrontation mit diesem Umstand dieses Verhalten nicht bewusst war, ist von einer unbewussten Fahrlässigkeit auszugehen. Doch auch diese ist ausreichend für die Erfüllung der subjektiven Tatseite. Ein einsichtiger und besonnener Mensch aus dem Verkehrskreis des Bf hätte sich anders verhalten.
4. Im Ergebnis bedeutet dies, dass sich der Bf hinsichtlich des Vorliegens der subjektiven Tatseite nicht exkulpieren kann, weshalb ihm die Tat auch subjektiv vorgeworfen werden kann.
5. Im Hinblick auf die strafrahmenerhöhende Bestimmung § 120 Abs. 1 2. Satz FPG ist auszuführen, dass der Bf mit Strafverfügung vom 13.5.2014 bereits einmal rechtskräftig gem. § 120 Abs. 1 iVm § 15 Abs. 1 FPG bestraft wurde. Der dieser rechtskräftigen Bestrafung zu Grunde liegende Tatvorwurf gleicht dem verfahrensgegenständlichen. Es handelte sich um einen Grenzübertritt von Tschechien nach Österreich. Insofern bildete sich der Strafrahmen für die Tat des Bf aus der Mindeststrafe von 1000 Euro bis 5000 Euro Höchststrafe.
6. Der Bf führt zudem aus, dass er sich anders verhalten hätte, wenn ihn ein Zollbeamter über die entsprechenden Strafbestimmungen „besser“ informiert hätte. Hierin vermag das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich keinen nicht vorwerfbaren Verbotsirrtum erkennen; der Bf hätte sich zudem – zumal er scheinbar öfters Grenzübertritte vornimmt – selbst informieren müssen. Weiters ist zu bemerken, dass der Bf bereits im Rahmen der ersten Tatbegehung eingehend über die Voraussetzungen und Umstände des Grenzübertrittes aufgeklärt wurde! (s VStV/914100179367/001/2014 vom 7.5.2014, Seite 1).
7. Betreffend die Strafbemessung gilt es festzuhalten, dass der Bf diese im Wesentlichen unbestritten und unbekämpft ließ (§§ 9, 27 VwGVG). Die vom Bf vorgebrachte finanzielle Notlage vermag daran nichts zu ändern, da bereits die Mindeststrafe verhängt wurde. Weitere zu der von der belangten Behörde vorgenommenen Strafbemessung hinzutretende Umstände sind nicht vorgebracht bzw. in Erfahrung gebracht worden. Zu erkennen ist aber, dass der Bf selbst nach Erhalt einer Strafverfügung am 13.5.2014 in einer vergleichbaren Sachverhaltskonstellation sein Verhalten nicht ändert, sondern vielmehr Erklärungen und Ausreden für sein Verhalten vorbringt. Er zeigt sich insofern uneinsichtig und ist die Verhängung der Strafe aus negativ spezialpräventiven Gründen notwendig. Es ist daher eine dem § 19 VStG entsprechende Strafbemessung vorgenommen worden.
Eine Anwendung des § 20 VStG scheidet aus, da keine weiteren Milderungsgründe ersichtlich sind.
8. In diesem Sinn war dem Bf auch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem LVwG in der Höhe von 20 % der verhängten Strafe aufzuerlegen (vgl. § 52 VwGVG).
IV.
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. Markus Brandstetter
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