LVwG-350211/2/Py/TO
Linz, 31.03.2016
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Andrea Panny über die Beschwerde des Herrn A I, x, L, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 29. Dezember 2015, GZ: SJF, wegen Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs (bedarfsorientierte Mindestsicherung)
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der behördliche Bescheid vom 29. Dezember 2015, GZ: SJF, bestätigt.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. 1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 29. Dezember 2015, GZ: SJF, wurde der Antrag des Beschwerdeführers (in der Folge: Bf) vom 29. Dezember 2015 auf Zuerkennung von Hilfe und Sicherung des Lebensunterhaltes und Wohnbedarfs gemäß §§ 31 iVm 4ff, 17 Oö. BMSG 2011, LGBl. Nr. 74/211, idgF, abgewiesen.
In der Begründung führt die belangte Behörde dazu zusammengefasst aus, dass gemäß § 4 Oö. BMSG die persönlichen Voraussetzungen für die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung nicht vorliegen würden. Der Bf, afghanischer Staatsbürger, habe nur eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis 11.10.2016.
2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig erhobene Beschwerde, in der der Bf zusammengefasst ausführt, dass er derzeit zwar im Haushalt eines Mitbewohners lebe, aber dennoch die Pflicht habe sich an der Miete und an anderen finanziellen Ausgaben zu beteiligen. Aufgrund seines neuen Aufenthaltstitels – Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 AsylG – habe er innerhalb von 3 Wochen den Anspruch auf Grundversorgung verloren. Er habe auch freien Zugang zum Arbeitsmarkt. Allerdings weise nicht das Arbeitsmarktservice freie Arbeitsstellen zu, sondern es müsse ihm eine Firma die Arbeitsbewilligung erteilen. Seiner Meinung nach erfülle er die Voraussetzung für die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung gemäß § 5 Oö. BMSG im Sinne des § 4 Oö. BMSG.
3. Mit Schreiben vom 15. Jänner 2016 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt bezughabenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht vor. Dieses ist gemäß § 2 VwGVG zur Entscheidung durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin berufen.
4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG unterbleiben, zumal sich der entscheidungsrelevante Sachverhalt aus dem Verfahrensakt ergibt und die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Zudem wurde kein Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt.
4.1. Das Landesverwaltungsgericht geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:
Der Bf, geb. x, ist a Staatsbürger, ohne Unterhaltsverpflichtung und lebt seit 9.12.2015 in der Wohnung eines Bekannten in L, x. Der verfahrensgegenständliche Antrag vom 29.12.2015 wurde unter dem Aufenthaltstitel besonderer Schutz gemäß § 57 AsylG gestellt. Diese Aufenthaltsberechtigung ist von 12.10.2015 bis 11.10.2016 gültig und ermöglicht einen Arbeitsmarktzugang nur mit Arbeitsmarktdokument.
4.2. Der festgestellt Sachverhalt ergibt sich aus dem Verwaltungsakt der belangten Behörde und ist in dieser Form unbestritten.
5. In rechtlicher Hinsicht hat das Landesverwaltungsgericht erwogen:
5.1. Gemäß § 2 Abs. 6 Oö. BMSG besteht ein Rechtsanspruch auf bedarfsorientierte Mindestsicherung oder eine bestimmte Form bedarfsorientierter Mindestsicherung nur dann, wenn es dieses Landesgesetz ausdrücklich vorsieht (Prinzip der eingeschränkten Rechtsansprüche).
Gemäß § 4 Abs. 1 Mindestsicherungsgesetz (Oö. BMSG) kann bedarfsorientierte Mindestsicherung, sofern dieses Landesgesetz nicht anderes bestimmt, nur Personen geleistet werden, die
1. ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Land Oberösterreich haben und die Voraussetzungen des § 19 oder des § 19a Meldegesetz, BGBl. Nr. 9/1992, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 135/2009, erfüllen und
2. a) österreichische Staatsbürgerinnen und -bürger oder deren Familienangehörige,
b) Asylberechtigte oder subsidiär Schutzberechtigte,
c) EU-/EWR-Bürgerinnen oder -Bürger, Schweizer Staatsangehörige oder deren Familienangehörige, jeweils soweit sie durch den Bezug dieser Leistungen nicht ihr Aufenthaltsrecht verlieren würden,
d) Personen mit einem Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EG“ oder „Daueraufenthalt – Familienangehörige“ oder mit einem Niederlassungsnachweis oder einer unbefristeten Niederlassungsbewilligung,
e) Personen mit einem sonstigen dauernden Aufenthaltsrecht im Inland, soweit sie durch den Bezug dieser Leistungen nicht ihr Aufenthaltsrecht verlieren würden,
sind.
5.2. Unbestritten steht fest, dass der Bf weder österreichischer Staatsbürger oder dessen Familienangehöriger, Asylberechtigter oder subsidiär Schutzberechtigter, EU-/EWR-Bürger, Schweizer Staatsangehöriger oder dessen Familienangehöriger, noch eine Person mit dem Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt –EG“ oder „Daueraufenthalt-Familienangehörige“ oder eine Person mit einem Niederlassungsnachweis oder einer unbefristeten Niederlassungsbewilligung oder eine Person mit einem sonstigen dauernden Aufenthaltsrecht im Inland, soweit die durch den Bezug dieser Leistung nicht ihr Aufenthaltsrecht verlieren würde, ist.
Gemäß § 57 Abs. 1 Z 1 AsylG ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zu erteilen, wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht.
Der Bf bringt in seiner Beschwerde vor, dass er die Voraussetzungen für die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung gemäß § 5 Oö. BMSG im Sinne des § 4 Oö. BMSG erfülle.
Ein Rechtsanspruch auf Zuerkennung bedarfsorientierter Mindestsicherung liegt vor, wenn der Antragsteller/die Antragstellerin sowohl die persönlichen Voraussetzung gemäß § 4 Oö. BMSG, als auch die sachlichen Voraussetzungen gemäß § 5 Oö. BMSG (soziale Notlage und die Bereitschaft, sich um deren Abwendung, Milderung oder Überwindung zu bemühen), erfüllt.
Dazu darf auf die Erläuternden Bemerkungen zu § 4 Oö. BMSG, Beilage 434/2011 zur XXVII. Gesetzgebungsperiode, Seite 33 f , verwiesen werden:
„Abs. 1 Z 2 spricht die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes in Österreich an und zählt die berechtigten Personenkreise auf.
[....]
Der Auffangtatbestand der lit. e erfasst weitere Personen mit einem dauernden Aufenthaltsrecht im Inland (zB. § 55 FPG). Wie bei lit. c ist vor einer Leistung zu prüfen, ob ein Bezug bedarfsorientierter Mindestsicherung fremdenrechtliche Konsequenzen nach sich zöge. Klargestellt wird, dass jedenfalls
- nichterwerbstätige EU- bzw. EWR-Bürgerinnen und -Bürger, Schweizer Staatsangehörige und deren Familienangehörige zumindest in den ersten drei Monaten ihres
- Aufenthalts, Asylwerberinnen und Asylwerber sowie
- Personen, die auf Grund eines Reisevisums oder ohne Sichtvermerk einreisen (Touristinnen oder Touristen)
die persönlichen Voraussetzungen nach Abs. 1 nicht erfüllen.
Für diese und sonstige Personen, die sich nicht gewöhnlich in Oberösterreich aufhalten oder in der Aufzählung des Abs. 1 Z. 2 nicht erfasst sind, verbleibt lediglich die Möglichkeit der Zuerkennung von Leistungen bedarfsorientierter Mindestsicherung im Wege der Privatwirtschaftsverwaltung.“
Nach den Bestimmungen des § 4 Oö. BMSG muss somit – um bedarfsorientierte Mindestsicherung gewähren zu können – ein dauernder Aufenthalt in Österreich gewährt sein. Gemäß § 54 Abs. 1 Z3 AsylG werden Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen Drittstaatsangehörigen erteilt als „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“, die zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Ausübung einer selbstständigen und einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit, für die eine entsprechende Berechtigung nach dem AuslBG Voraussetzung ist, berechtigt. Gemäß § 54 Abs. 2 erster Satz AsylG sind Aufenthaltstitel gemäß Abs.1 für die Dauer von zwölf Monaten beginnend mit dem Ausstellungsdatum auszustellen. Den Materialien zu der dem Bf zuerkannten Aufenthaltsberechtigung (sh. die Erläuternden Bemerkungen zu § 57 AsylG, 1803 d.B., XXIV. GP) ist zu entnehmen, dass dieser Aufenthaltstitel inhaltlich im Wesentlichen dem § 69a Abs.1 NAG in der Fassung BGBl. I Nr. 38/2011 entspricht und durch den für diese Bestimmung geltenden § 58 Abs.9 klargestellt ist, dass ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ kein Aufenthalts- und Bleiberecht begründet.
Da somit mit dem dem Bf zuerkannten Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG kein dauernder Aufenthalt in Österreich verbunden ist, liegt – wie von der belangten Behörde zutreffend festgehalten – ein Rechtsanspruch auf Zuerkennung der bedarfsorientierten Mindestsicherung mangels Vorliegen der in § 4 Abs. 1 Z 2 Oö. BMSG geforderten persönlichen Voraussetzungen nicht vor.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
II. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. Andrea Panny