LVwG-350104/13/GS/JB

Linz, 16.03.2016

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag.a  Gabriele Saxinger über die Beschwerde der Frau C K, vertreten durch Sachwalterin Mag. J S, c/o V S, x, L, gegen den Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 19.09.2014, GZ. 0051936/2007_ASJF, betreffend Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs (Bedarfsorientierte Mindestsicherung), nach der mit Verordnung der Oö. Landes­regierung, mit der die Oö. Mindestsicherungsverordnung (Oö. BMSV) geändert wird, LGBl. für Oberösterreich 115/2015, rückwirkend geänderten Rechtslage den

BESCHLUSS

gefasst:

I.         Der Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 19. September 2014, GZ. 0051936/2007_ASJF, wird gemäß § 28 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen.

 

 

II.       Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Frau C K, geb. x, hätte subsidiäres Mindesteinkommen (SMEK) gemäß § 16 Oö. ChG erhalten. Das subsidiäre Mindesteinkommen wurde durch die Novelle des Oö. ChG und des Oö. BMSG LGBl. Nr. 18/2013, durch eine Leistung der bedarfsorientierten Mindestsicherung (Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs) für Personen,

-      die volljährig sind,

-      für die ein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht,

-      für das Kind Unterhalt beziehen oder beziehen könnten und

-      für Schüler im Sinne des § 11 Abs. 3 Ziffer 5 Oö. BMSG sind,

ersetzt (§ 13 Abs. 3a Oö. BMSG).

 

Aufgrund der neuen Gesetzeslage, die rückwirkend mit 17.08.2012 in Kraft getreten ist, entschied der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz mit Bescheid vom 19.09.2014, GZ. 0051936/2007_ASJF, hinsichtlich Frau C K Folgendes:

 

„Der Spruch des Bescheids von 24.01.2012 wird wie folgt geändert:

 

1. Es wird Ihnen für sich von 17.08.2012 bis 31.07.2014 Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs in Form von laufenden monatlichen Geldleistungen wie folgt zuerkannt:

a) K C, geb. x

Mindeststandard für Personen gemäß § 13 Abs. 3a Oö. BMSG, die in einer Haushaltsgemeinschaft ohne Elternteil leben. (§ 1 Abs. 1 Z 4a Oö. BMSV)

 

2. Es wird Ihnen für sich ab 01.08.2014 Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs in Form von laufenden monatlichen Geldleistungen wie folgt zuerkannt:

a) Mindeststandard für Personen gemäß § 13 Abs. 3a Oö. BMSG, die alleinstehend sind (§ 1 Abs. 1 Z 2 Oö. BMSV).

 

3. Als eigene Mittel sind einzusetzen

a) K C, geb. x

-  Taschengeld aus Fähigkeitsorientierter Aktivität, wobei ein Freibetrag in Höhe von 106,68 Euro zu berücksichtigen ist.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 4 ff iVm 13, 27 und 31 Oö. BMSG iVm Artikel IV Abs. 3 Z 1 und Abs. 4 Z 2 der Novelle des Oö. CHG und des Oö. BMSG, LGBl Nr. 18/2013, iVm § 1 (bzw. wenn Freibeträge §§ 1 und 4) Oö. BMSV.“

 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass Frau K entsprechend dem Bescheid vom 24.01.2012 subsidiäres Mindesteinkommen in der Höhe von 300,46 Euro monatlich gemäß § 16 Oö. ChG erhalten habe. Sie sei volljährig und für sie bestehe Anspruch auf Familienbeihilfe und sie lebe in folgender Haushaltssituation:

Vom 17.08.2014 (Anm: richtig 2012) bis 31.07.2014 in Haushaltsgemeinschaft ohne Elternteil und ab 01.08.2014 alleinstehend. Weiters beziehe sie bzw. könne sie dem Grundsatz nach als Kind Unterhalt beziehen. Sie sei nicht Schüler im Sinn des § 11 Abs. 3 Z 5 Oö. BMSG. Ihre Einkommenssituation stelle sich wie folgt dar:

Taschengeld aus Fähigkeitsorientierter Aktivität in der T L, x der L O in der Höhe von ca. 90 Euro (im Jahr 2012) bzw. 99,20 Euro monatlich (seit 01.01.2013) und zwar 14 Mal jährlich.

Gemäß Artikel IV Abs. 3 Z 1 der Novelle des Oö. ChG und des Oö. BMSG, LGBl.Nr. 18/2013, werde der auf Grundlage des Oö. ChG erlassene bisherige Bescheid als Bescheid nach dem Oö. BMSG übergeleitet. Für volljährige Personen, für welche ein Anspruch auf Familienbeihilfe bestehe, die als Kind Unterhalt beziehen oder beziehen könnten und nicht Schüler im Sinne des § 11 Abs. 3 Z 5 Oö. BMSG wären, sehe § 13 Abs. 3a Oö. BMSG gesonderte Mindeststandards vor. Der übergeleitete Bescheid sei daher insofern anzupassen. Frau K befinde sich aufgrund der im Berechnungsblatt dargestellten Einkommenssituation in einer sozialen Notlage und falle unter die Zielgruppe des § 13 Abs. 3a Oö. BMSG.“

 

 

II. Gegen diesen Bescheid hat Frau K durch ihre Vertreterin eine auf Artikel 130 Abs. 1 Z 1 BVG gestützte Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich erhoben.

 

 

III. Mit Schriftsatz vom 27. April 2015, GZ. LVwG-350104/2/GS/BRe, stellte das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich gemäß Art. 139 Abs. 1 BVG iVm §§ 57 ff VfGG einen Antrag auf

 

1. Aufhebung des § 1 Abs. 1 Z 2 der Verordnung der Oö. Landesregierung über die Leistungen der bedarfsorientierten Mindestsicherung und den Einsatz der eigenen Mittel (Oö. Mindestsicherungsverordnung – Oö. BMSV), LGBl. für Oö. Nr. 75/2011 i.d.F. LGBl. Nr. 107/2013 und LGBl. Nr. 123/2014 zur Gänze sowie

 

2. Aufhebung des § 1 Abs. 1 Z 4 lit.a der Verordnung der Oö. Landesregierung über die Leistungen der bedarfsorientierten Mindest­sicherung und den Einsatz der eigenen Mittel (Oö. Mindestsicherungs­verordnung – Oö. BMSV), LGBl. für Oö. Nr. 75/2011 i.d.F. des Artikels I und Artikel II des LGBl. für Oö. Nr. 24/2013 und LGBl. für Oö. Nr. 107/2013.

 

 

IV. Mit Verordnung der Oö. Landesregierung, mit der die Oö. Mindest­sicherungsverordnung (Oö. BMSV) geändert wird, LGBI. für Oberösterreich 115/2015, wurde § 1 leg.cit. mit Art. I Z4 folgender Abs. 6 angefügt:

 

"(6) Sofern bei einer leistungsberechtigten Person nach § 13 Abs. 3a Oö. BMSG die Differenz zwischen dem Mindeststandard gemäß Abs. 1 Z 2 oder Z 4 lit. a und dem jeweiligen für nicht familienbeihilfebeziehende Personen anzuwenden­den Mindeststandard größer ist als die Summe aus dem Grundbetrag der Familienbeihilfe und dem Kinderabsetzbetrag, besteht in diesem Ausmaß ein Rechtsanspruch auf eine Ausgleichszahlung."

 

Ferner wurde "[für alle am 1. Jänner 2015 noch nicht rechtskräftig abgeschlossene[n] Ver­fahren", daher auch für das Ausgangsverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Ober­österreich, vorgesehen, dass

 

"folgende Beträge gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 und Z 4 lit. a [gelten]:

1. für den Zeitraum 17. August 2012 bis 31. Dezember 2012

a) gemäß § 1 Abs. 1 Z 2: 625,20 Euro

b) gemäß § 1 Abs. 1 Z 4 lit. a: 375,90 Euro

2. für den Zeitraum 1. Jänner 2013 bis 31. Dezember 2013

a) gemäß § 1 Abs. 1 Z 2: 642,70 Euro

b) gemäß § 1 Abs. 1 Z 4 lit. a: 386,40 Euro

3 für den Zeitraum 1. Jänner 2014 bis 31. Dezember 2014

a) gemäß § 1 Abs. 1 Z 2: 658,10 Euro

b) gemäß § 1 Abs. 1 Z 4 lit. a: 395,70 Euro

jeweils mit der Maßgabe, dass Artikel I Z 4 dieser Verordnung anzuwenden ist."

 

Diese Bestimmung trat rückwirkend in Kraft.

 

 

V. Mit Schreiben vom 5. Februar 2016, Zl. V75/2015-12 teilte der Verfassungsgerichtshof dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich Folgendes mit:

 

„1. Beseitigt ein Normsetzungsakt rückwirkend auf den Zeitpunkt der Erlassung der ange­fochtenen Entscheidung (bzw. der vor dem antragstellenden Gericht angefochtenen Ent­scheidung) jene Rechtslage, die zu Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit einer Norm geführt hat, so ist die angefochtene Bestimmung wegen Entfalls der (insoweit durch die Gesetzesänderung beseitigten) Bedenken nicht aufzuheben und es ist nunmehr die rückwirkend ge­änderte Rechtslage auf den Bescheid im Anlassfall (bzw. im Verfahren vor dem antragstellenden Gericht anzuwenden; vgl. exemplarisch VfSIg. 17.070/2003 Arbeitslosenversicherung; ebenso zur Anwendung einer rückwirkend auf einen vor Erlassung des Bescheides liegenden Zeitpunkt geänderten Rechtslage -wenngleich noch zur Bescheidbeschwerde - VfSIg. 17.066/2003 mwH, zul. VfSIg. 17.930/2006). Das scheint auf Beschwerdeverfahren vor den Verwaltungs­gerichten ohne Weiteres übertragbar zu sein.

 

2. Soweit mit Verordnung LGBI. für Oberösterreich 115/2015 auch die Mindestsätze für die Jahre 2012-2014 - wenngleich unverändert - rückwirkend neu erlassen wurden, scheint über­dies die Präjudizialität der angefochtenen Verordnungsbestimmungen rückwirkend beseitigt worden zu sein.“

 

 

VI. Mit Schreiben vom 10. Februar 2015, GZ. LVwG-350104/11/GS/TO teilte das Oö. Landesverwaltungsgericht dem Verfassungsgerichtshof mit, dass unter diesen Umständen der Gesetzesprüfungsantrag nicht aufrechterhalten wird.

 

 

VII. Mit Beschluss des VfGH vom 19. Februar 2016, V 75/2015-17, zugestellt dem Oö. LVwG am 10. März 2016, wurde das genannte beim VfGH anhängige Verfahren eingestellt.

 

 

VIII. Gemäß § 28 Abs. 3 Satz 2 VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, wenn die Behörde die notwendigen Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen hat.

 

Die nunmehr mit Verordnung der Oö. Landesregierung, mit der die Oö. Mindest­sicherungsverordnung (OÖ. BMSV) geändert wird, LGBl. 115/2015, geänderte Rechtslage bewirkt nunmehr das Erfordernis einer Neufestsetzung der der Bf von der belangten Behörde zuerkannten Mindestsicherung. Nach den gesetzlichen Bestimmungen des Oö. BMSG steht der Bf nicht nur zu, eine Beschwerde gegen einen Bescheid dem Grunde nach zu erheben; vielmehr besteht für die Bf auch das Recht, eine Beschwerde der Höhe nach zu erheben, sollte nach ihrer Auffassung die ihr gewährte bedarfsorientierte Mindestsicherung zu niedrig bemessen worden sein. Über die Frage der Höhe der Mindestsicherung hat sodann wiederum das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zu entscheiden. Durch eine sofortige Sachentscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich würde der Bf im ggst. Verfahren daher eine Instanz im Hinblick auf die durch die rückwirkend geänderte Rechtslage erforderliche Neuberechnung der Höhe der zuerkannten Leistung genommen werden.

 

Insofern war daher der Beschwerde derart Folge zu geben, dass der Bescheid der belangten Behörde behoben und das Verfahren zur neuerlichen Entscheidung an dieselbe zurückverwiesen wird.

 

 

IX. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen (siehe oben angeführte Judikatur des VwGH). Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag.a Gabriele Saxinger