LVwG-840097/3/HW/Rd
Linz, 04.04.2016
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Dr. Wiesinger über den Antrag der Bietergemeinschaft x AG/B B GmbH, x, W, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. C F, x W, vom 29. März 2016 auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Vergabeverfahren der Gemeinde W betreffend das Vorhaben "Generalübernehmer Neubau Neue Mittelschule W",
zu Recht e r k a n n t :
I. Dem Antrag wird gemäß §§ 1, 2, 8 und 11 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 – Oö. VergRSG 2006, LGBl. Nr. 130/2006 idF LGBl. Nr. 90/2013, statt
gegeben und der Auftraggeberin Gemeinde W die Erteilung des Zuschlages für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens, längstens aber bis 29. Mai 2016, untersagt.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. 1. Mit Eingabe vom 29. März 2016 hat die Bietergemeinschaft x AG/B B GmbH (im Folgenden: Antragstellerin) einen Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, der Auftraggeberin die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren, zu untersagen, gestellt. Im Übrigen wurde die Zuerkennung der entrichteten Pauschalgebühren in Höhe von insgesamt
9.000 Euro beantragt.
Begründend führte die Antragstellerin eingangs aus, dass die Auftraggeberin ein Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung im Oberschwellenbereich (Bauauftrag) durchführe und das Verfahren offenbar unter Heranziehung eines externen Bearbeiters abgewickelt werde, welcher jedoch in den Ausschreibungsunterlagen nicht namhaft gemacht worden sei. Von der Antragstellerin werde die mit 18. März 2016 per E-Mail bekannt gegebene Zuschlagsentscheidung bekämpft.
Zum Interesse und drohenden Schaden wurde vorgebracht, dass der Antragstellerin durch die Rechtswidrigkeit im Zuge der Auftragsvergabe ein Schaden entstanden sei bzw zu entstehen drohe. An der Erbringung der nachgefragten Leistungen bestehe ein massives Interesse. Zudem seien aufgrund der bisherigen Anstrengungen zur Wahrung ihrer Rechtsposition Kosten in Höhe von zumindest 12.500 Euro angefallen. Darüber hinaus drohe der Verlust der Zuschlagserteilung und der Erzielung einer entsprechenden Deckung der Geschäftsgemeinkosten und eines angemessenen Gewinns sowie eines wichtigen Referenzauftrages.
Die Antragstellerin erachte sich in ihrem Recht auf Durchführung eines rechtskonformen Vergabeverfahrens, insbesondere auf
- Einhaltung der Festlegungen in den Ausschreibungsunterlagen,
- Durchführung einer rechtskonformen Angebotsprüfung,
- rechtskonforme Anwendung der Zuschlagskriterien,
- rechtskonforme Dokumentation der Angebotsprüfung,
- nachvollziehbare Ausgestaltung der Zuschlagsentscheidung,
- Wahrung der Vergabegrundsätze (insbesondere der Grundsätze der Gleichbehandlung – samt Wahrung der gebotenen Transparenz – und Sicherstellung eines fairen Wettbewerbs),
- Bekanntgabe einer Zuschlagsentscheidung lautend auf ihr Angebot,
- Zuschlagserteilung,
- Widerruf eines Vergabeverfahrens, das beispielsweise auf rechtswidrigen Ausschreibungsfestlegungen beruht, sowie
- Durchführung eines Vergabeverfahrens im Einklang mit den vergaberechtlichen Bestimmungen,
verletzt.
Zum Sachverhalt wurde vorgebracht, dass die Auftraggeberin zum Zweck des Neubaus der Neuen Mittelschule W die gegenständlichen Leistungen mittels eines Verhandlungsverfahrens mit vorheriger Bekanntmachung im Oberschwellenbereich ausgeschrieben habe. In den Angebotsunterlagen (Unterlagen der zweiten Verfahrensstufe) seien unter Pkt. 7.3. die Zuschlagskriterien bekannt gegeben worden. Demnach erfolge die Punktevergabe anhand der Zuschlagskriterien "Preis" (gewichtet mit 80%) und "Qualität der Leistung" (gewichtet mit 20%). Das Qualitätskriterium untergliedere sich wiederum in die Subkriterien "Umsetzungskonzept" und "Erfahrung und Qualifikation des Schlüsselpersonals". Zum Umsetzungskonzept werde bestandsfest festgehalten, dass dieses auf Plausibilität geprüft und inhaltlich und formal bewertet werde. Eine Beurteilung des Umsetzungskonzepts losgelöst von der Aufzählung des Pkt. 6.2.3. der Angebotsunterlage sei somit der Auftraggeberin verwehrt. In der Angebotsunterlage werde zudem keine Aussage getroffen, welche Personen und in welcher Form die Bestbieterermittlung erfolge.
Nach Abgabe des Teilnahmeantrages am 17. November 2015 sei an die Antragstellerin die Einladung zur Angebotslegung am 21. Dezember 2015 ergangen. Von der Antragstellerin sei fristgerecht am 18. Jänner 2016 ein betreffendes Angebot abgegeben und es sei am 16. Februar 2016 eine Verhandlungsrunde durchgeführt worden. Mit 18. März 2016 wurde die Zuschlagsentscheidung übermittelt, welcher entnommen werden könne, dass die N H Stadterneuerungsgesellschaft mbH als Bestbieterin ermittelt worden sei. Dabei solle die Qualität des Umsetzungskonzepts ausschlaggebend gewesen sein. Schließlich sei der Generalübernehmeraufschlag der präsumtiven Zuschlagsempfängerin mit 3,20% bekannt gegeben worden. Weitergehende Informationen, um die Zuschlagsentscheidung anhand der vorgegebenen Zuschlagskriterien nachvollziehen zu können, enthalte die Zuschlags-
entscheidung nicht.
Auf Nachfrage der Antragstellerin habe die Auftraggeberin am 24. März 2016 eine weitgehend "inhaltsleere" Stellungnahme übermittelt.
Zu den Vergabeverstößen wurde ausgeführt, dass die Zuschlagsentscheidung jegliche Inhalte vermissen lasse, die es der Antragstellerin entsprechend § 131 BVergG 2006 ermöglichen würden, die Rechtmäßigkeit des Vorgehens der Auftraggeberin bei der Bestbieterermittlung nachzuvollziehen. Dazu zählten unter anderem die Gründe für die Ablehnung des Angebots und die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebots. Im Sinne des gebotenen effektiven Rechtsschutzes solle der unterlegene Bieter bereits anhand der Begründung der Zuschlagsentscheidung in die Lage versetzt werden, rechtzeitig eine wirksame Nachprüfung dieser Entscheidung in die Wege zu leiten. Nur die Gegen-überstellung der Angebote lasse erkennen, aus welchen Gründen die Zuschlagsentscheidung zugunsten des einen und zulasten des anderen Bieters erfolgt ist. Die Zuschlagsentscheidung müsse demnach jene Gründe umfassen, die unerlässlich sind, um eine wirksame Nachprüfung beantragen zu können.
In der gegenständlichen Zuschlagsentscheidung werde die Bestbieterermittlung nicht einmal ansatzweise im Einklang mit den Vorgaben des BVergG 2006 und der einschlägigen Rechtsprechung begründet. Es werde weder die Punktevergabe bei den einzelnen Zuschlagskriterien noch eine entsprechende verbale Begründung offengelegt. Dies gelte sowohl für das Angebot der Antragstellerin als auch für das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin. Der Antragstellerin werde somit ein Nachprüfen verunmöglicht, ob die Auftraggeberin bei der Bestbieterermittlung generell entsprechend den Ausschreibungsvorgaben vorgegangen sei, ob die Beurteilung des Angebots der präsumtiven Zuschlagsempfängerin nachvollziehbar sei, ob beim Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin ausschließlich sachliche Aspekte berücksichtigt worden seien, ob die präsumtive Zuschlagsempfängerin möglicherweise über unzulässige "Startvorteile" im Hinblick auf das Umsetzungskonzept verfügt habe und ob der Antragstellerin bei der Bestbieterermittlung Punkte vorenthalten worden sind. Schließlich sei fraglich, ob die bloße Bekanntgabe eines Generalübernehmeraufschlages als Gesamtpreis iSd § 131 Abs.1 BVergG 2006 angesehen werden könne.
Über Aufforderung habe die Auftraggeberin ein Schreiben nachgereicht. Dieses sei zunächst aus formeller Sicht nicht geeignet, die unvollständige Zuschlagsentscheidung zu sanieren. Überdies habe die Auftraggeberin es aus inhaltlicher Sicht wiederum unterlassen, die Punktevergabe und die verbale Begründung zu jedem Zuschlagskriterium im Hinblick auf das Angebot der Antragstellerin und der präsumtiven Zuschlagsempfängerin offenzulegen. Das betreffende Schreiben enthalte vielmehr Ausführungen, die Anlass zu Mutmaßungen geben, wonach die präsumtive Zuschlagsempfängerin in unzulässiger Weise über ein "Mehr" an Informationen verfügt haben könnte.
Zusammenfassend sei die Zuschlagsentscheidung bereits aus formaler Sicht wegen Nicht-Entsprechens der von der Rechtsprechung zu § 131 BVergG 2006 entwickelten Vorgaben für nichtig zu erklären. Nach erfolgter Akteneinsicht behalte sich die Antragstellerin zudem noch Ausführungen zur Vorgehensweise bei der Angebotsprüfung im Allgemeinen, der Anwendung der Zuschlagskriterien im Besonderen sowie dem allfälligen Vorliegen von Ausscheidensgründen auf Seiten der präsumtiven Zuschlagsempfängerin vor. Das Vorenthalten der Informationen gemäß § 131 BVergG 2006 verunmögliche derzeit weitergehende Informationen der Antragstellerin.
Zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung wurde von der Antragstellerin zunächst auf die Ausführungen im Hauptantrag verwiesen. In Bezug auf die Abwägung der Interessen wurde vorgebracht, dass der Antragstellerin im Fall der Zuschlagserteilung an eine Mitbieterin der Entgang des Auftrages drohe. Dies gehe mit einem Gewinnentgang sowie der Frustration der eigenen Aufwendungen und der Kosten für die rechtsfreundliche Vertretung einher. Im Fall der Abweisung des Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung wäre die Antragstellerin zur Durchsetzung ihrer Ansprüche auf den ordentlichen Rechtsweg verwiesen. Es seien keine besonderen Interessen der Auftraggeberin ersichtlich, die gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sprechen würden. Die Auftraggeberin habe im Zuge des Beschaffungsprozesses keine besondere Dringlichkeit erkennen lassen und es sei zudem zu berücksichtigen, dass die Sicherstellung der Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter im öffentlichen Interesse gelegen sei. Besondere öffentliche Interessen, die für eine Fortführung des Vergabeverfahrens sprechen könnten, seien ebenfalls nicht ersichtlich. Derartige zwingende öffentliche Gründe könnten grundsätzlich nur geltend gemacht werden, wenn diese vom Auftraggeber nicht vorhergesehen werden konnten und diese nicht zulassen, Fristen gemäß dem BVergG 2006 einzuhalten. Verzögerungen, die durch die Rechtsschutzmöglichkeiten des Oö. VergRSG 2006 entstehen können, wären für die Auftraggeberin jedenfalls vorhersehbar gewesen.
2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat die Gemeinde W als Auftraggeberin am Nachprüfungsverfahren beteiligt. Eine Stellungnahme bezüglich der Erlassung einer einstweiligen Verfügung ist bis zum Entscheidungszeitpunkt nicht ergangen.
3. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:
3.1. Gemäß § 1 Abs.1 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 (Oö. VergRSG 2006) regelt dieses Landesgesetz den Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Auftraggeber in Verfahren nach den bundesrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesen (Vergabeverfahren), die gemäß Art.14b Abs.2 Z 2 B-VG in den Vollzugsbereich des Landes fallen.
Gemäß Art.14b Abs. 2 Z 2 lit.a B-VG ist die Vollziehung Landessache hinsichtlich der Vergabe von Aufträgen durch die Gemeinde. Das gegenständliche Nachprüfungsverfahren unterliegt daher den Bestimmungen des Oö. VergRSG 2006.
Gemäß § 2 Abs. 1 Oö. VergRSG 2006 obliegt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die Gewährung von Rechtsschutz gemäß § 1 Abs. 1 leg.cit.
3.2. Gemäß § 2 Abs. 3 Oö. VergRSG 2006 ist das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich bis zur Zuschlagsentscheidung bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen die bundesgesetzlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens und die dazu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht zuständig zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen (§ 2 Z 16 lit. a BVergG 2006) des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.
Der gegenständliche Antrag ist rechtzeitig und zulässig.
3.3. Gemäß § 8 Abs. 1 Oö. VergRSG 2006 hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich auf Antrag durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet scheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers bzw. der Antragstellerin zu beseitigen oder zu verhindern.
Gemäß § 11 Abs. 1 leg.cit. hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vor Erlassung einer einstweiligen Verfügung die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers bzw. der Antragstellerin, der sonstigen Bewerber oder Bieter bzw. Bewerberinnen oder Bieterinnen und des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf ihre Erlassung abzuweisen.
Gemäß § 11 Abs. 3 leg.cit. ist in einer einstweiligen Verfügung die Zeit, für welche diese Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Die einstweilige Verfügung tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch mit der Entscheidung über den Antrag auf Nichtigerklärung, in dem die betreffende Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird, außer Kraft.
3.4. Bereits zu der vorausgegangenen sinngemäßen Regelung des Bundesvergabegesetzes 1997 führte Elsner, Vergaberecht (1999), auf Seite 86 aus: Die Entscheidung hängt von einer Abwägung der möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers und einem allfälligen besonderen öffentlichen Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens ab. Dabei muss es sich um ein "besonderes" öffentliches Interesse handeln. Es wird nämlich (hoffentlich) bei jeder öffentlichen Auftragsvergabe ein öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens und Vergabe eines Auftrages bestehen. Aber auch daran, dass Vergabeverfahren fehlerfrei ablaufen, besteht öffentliches Interesse. Eine Nichterlassung einstweiliger Verfügungen wird daher nur bei sonstiger Gefahr für Leib und Leben und besonderer Dringlichkeit zulässig sein. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn besondere Interessen der Daseinsvorsorge gefährdet würden.
Art. 2 Abs. 4 Satz 1 (entspricht nunmehr Art. 2 Abs. 5) der Rechtsmittelrichtlinie darf nicht fälschlicherweise so ausgelegt werden, dass der vorläufige Rechtsschutz regelmäßig leerläuft. Mit diesem Interesse ist nicht das bei jeder Auftragsvergabe bestehende öffentliche Interesse an der zügigen Abwicklung gemeint. Nach der Beschlusspraxis des EuGH kommt es in der Interessensabwägung maßgeblich darauf an, wer durch sein Verhalten die besondere Dringlichkeit der Auftragsvergabe verursacht hat. Für die öffentlichen Auftraggeber ergibt sich daraus eine echte Obliegenheit zu rechtzeitig geplanten und durchgeführten Beschaffungsvorgängen. Das Rechtsschutzinteresse des diskriminierten Bieters kann insoweit nur vom vorrangigen Schutz überragend wichtiger Rechtsgüter der Allgemeinheit zurückgedrängt werden (vgl. Schenk, Das neue Vergaberecht, 1. Auflage 2001, S. 172f).
Auch der Verfassungsgerichtshof hat insbesondere in seiner Entscheidung zu Zl. B 1369/01 vom 15.10.2001 ein öffentliches Interesse im Hinblick auf das Postulat effizienten Einsatzes öffentlicher Mittel in der Sicherstellung einer Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter gesehen, dem die Nachprüfung des Vergabeverfahrens letztlich dienen soll.
3.5. In Anbetracht der Tatsache, dass es sich beim gegenständlichen Vorhaben nicht um eine vordringliche Leistungserbringung handelt, kann daraus geschlossen werden, dass eine Gefährdung von Leib und Leben nicht aktuell ist. Auch trifft die Auftraggeberin im Hinblick auf die Rechtsnatur des Provisorialverfahrens und auf die allgemeine Mitwirkungspflicht der Parteien im Verwaltungsverfahren die Behauptungslast betreffend die gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sprechenden Interessen. Die Auftraggeberin hat im Verfahren konkrete, mit der Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung drohende Nachteile nicht dargelegt, sodass davon auszugehen ist, dass die nachteiligen Folgen des vorläufigen Zuschlagsverbotes nicht überwiegen und daher dem Antrag stattzugeben ist (vgl. BVA 1.12.2000, N-56/00-9).
Die Antragstellerin hat denkmöglich ausgeführt, dass ihr durch die behauptete Rechtswidrigkeit der Entgang des Auftrages droht, sohin ein Schaden, der nur durch die vorläufige Untersagung der Zuschlagserteilung abgewendet werden kann. Abgesehen von dem vorausgesetzten öffentlichen Interesse an der Vergabe des gegenständlichen Auftrages ist aber ein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens weder durch die Auftraggeberin vorgebracht worden noch dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Kenntnis gelangt. Vielmehr ist bei der Interessensabwägung iSd Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu berücksichtigen, dass die Auftraggeberin ein Interesse an einem rechtmäßigen Vergabeverfahren haben muss. Darüber hinaus ist auf die Rechtsprechung der Vergabekontrollinstanzen, dass ein öffentlicher Auftraggeber bei der Erstellung des Zeitplanes für eine Auftragsvergabe die Möglichkeit von Nachprüfungsverfahren und die damit einhergehende Verzögerung ins Kalkül zu ziehen hat, zu verweisen. Dass sich durch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung eine Verzögerung der Bedarfsdeckung und ein organisatorischer und finanzieller Mehraufwand ergeben können, liegt in der Natur der Sache. Da - wie bereits erwähnt - kein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an einem möglichst raschen Vertragsabschluss geltend gemacht wurde und auch nicht auf der Hand liegt, war dem Antrag stattzugeben.
Die im Vorbringen der Antragstellerin behaupteten Rechtswidrigkeiten sind zumindest denkmöglich. Eine Überprüfung, ob die behaupteten Rechtswidrigkeiten auch tatsächlich vorliegen, war im Rahmen des Provisorialverfahrens nicht durchzuführen.
Die Dauer der Aussetzung der Zuschlagserteilung ergibt sich aus § 11 Abs. 3 Oö. VergRSG 2006 iVm § 20 Abs. 1 Oö. VergRSG 2006.
Gemäß § 20 Abs. 1 Oö. VergRSG 2006 ist über Anträge auf Nichtigerklärung von Entscheidungen eines Auftraggebers bzw. eine Auftraggeberin unverzüglich, spätestens aber zwei Monate nach Einlangen des Antrages zu entscheiden.
Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies, dass für das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich somit die Möglichkeit besteht, die Aussetzung der Zuschlagserteilung für zwei Monate, auszusprechen.
Die einstweilige Verfügung ist gemäß § 11 Abs. 4 Oö. VergRSG 2006 sofort vollstreckbar.
II. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art.133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt oder eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Dr. Wiesinger