LVwG-350023/2/Kü/TO/Ba
Linz, 07.03.2014
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Thomas Kühberger über die Beschwerde des Herrn x, x, vom 4. Jänner 2014 gegen den verfahrensrechtlichen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 19. Dezember 2013, GZ: SV96-73-2012/La, betreffend Zurückweisung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird die Beschwerde - mit der Feststellung, dass ein Straferkenntnis nicht erlassen wurde - abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.1. Mit verfahrensrechtlichem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 19. Dezember 2013, GZ: SV96-73-2012/La, wurde der Antrag des Beschwerdeführers (im Folgenden: Bf) vom 25. Oktober 2013 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 71 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) zurückgewiesen.
In der Begründung hielt die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land Folgendes fest:
„Das Straferkenntnis vom 2.8.2013 wurde dem Beschuldigten durch Hinterlegung ab 7.8.2013 rechtskräftig zugestellt.
Der Beschuldigte war laut beglaubigter Übersetzung aus der bosnischen in die deutsche Sprache im Zeitraum von 25.7.2013 bis 15.9.2013 nicht in Österreich aufhältig. Herr x, als weiterer unbeschränkt haftender Gesellschafter der Firma x OG mit Sitz in x hat bei der Vorlage der Unterlagen angeführt, dass Herr x in Bosnien bei der Errichtung eines Haus tätig war.
Weder hat der Beschuldigte für die 8 wöchige Abwesenheit eine Abwesenheitsmitteilung bei der Post veranlasst, noch war die 2 Monate Abwesenheit aus Österreich unvorhersehbar und unabwendbar.
Der Beschuldigte hat mit Eingabe vom 25.10.2013 den Antrag auf Wiedereinsetzung eingebracht. Diese Wiedereinsetzungsantrag hat er mit der Begründung abgegeben, dass er erstmals mit der Mahnung der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 16.10.2013 erfahren hat, dass ein Verwaltungsstrafverfahren gegen ihn im Gange sei.
Richtig ist, dass der Beschuldigte durch die gelbe Benachrichtigung der Post, die er spätestens am 16.9.2013 in seinem Briefkasten vorgefunden hat davon Kenntnis erlangt, dass ein RSa Brief während seiner Abwesenheit zugestellt bzw. hinterlegt wurde.
Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte der Beschuldigte der Behörde seine Abwesenheit glaubhaft machen müssen.
Auch war der Beschuldigte darüber informiert, dass ein Verwaltungsstrafverfahren im Gange ist, weil er mit Datum 21.11.2012 eine Aufforderung zur Rechtfertigung erhalten hat und weil er am 7.12.2013 zu einer persönlichen Vorsprache bei der Behörde anwesend war.
Selbst wenn der Antrag auf Fristversäumnis nicht zurückzuweisen war, wäre er gemäß § 71 Abs. 1 abzuweisen gewesen, weil die 8-wöchige Abwesenheit von der Wohnadresse kein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis war, die den Beschuldigten daran gehindert hätte, dass er die Frist zur Berufung einhält.
Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist gemäß § 71 Abs. 2 binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt, zu stellen. Der Beschuldigte hat den Antrag auf Wiedereinsetzung erst mit 25.10.2013 und somit fast 6 Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses eingebracht.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.“
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, in welcher der Bf die neuerliche Zustellung beantragt.
Begründend wurde festgehalten, dass er bereits im Wiedereinsetzungsantrag darauf hingewiesen habe, dass er sich von 25.7.2013 bis 15.09.2013 nicht in Österreich aufgehalten habe. Der Bf führte dazu Folgendes aus:
„Ich möchte hiermit gegen den verfahrensrechtlichen Bescheid (SV96-73-2012/La) der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land Einspruch einlegen, weil ich immer noch der Ansicht bin, dass es hinsichtlich der Zustellung des Bescheides Probleme gegeben hat, die erhebliche Bedeutung für den Beginn meiner Berufungsfrist haben.
Wie bereits geschildert, hielt ich mich vom 25.07.2013 bis 15.09.2013 nicht in Österreich auf, weshalb ich keine Möglichkeit hatte den zugestellten Bescheid zur Kenntnis zu nehmen. Als ich wieder in Österreich war, sah ich den Zustellnachweis von der Post. Bei der nächsten Möglichkeit, d.h. am 16.09.2013, ging ich sofort zur Postfiliale in x um meine Post abzuholen, woraufhin mir eine der dort angestellten Mitarbeiterinnen mitteilte, dass die Post an die zuständige Behörde zurückgesandt wurde. Auf meine Frage, wie ich weiter vorgehen sollte, antwortete die Mitarbeiterin, dass der Brief an mich neuversendet wird. Für mich war die Sache damit vorerst erledigt.
Am 18. Oktober bekam ich eine Mahnung von der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land, ich solle den Betrag von 4405 Euro (inkl. Mahngebühr) unverzüglich einzahlen. Ein Bescheid war jedoch nicht dabei! Somit war auch nichts, außer der Mahnung, vorhanden wogegen ich Berufung ergreifen konnte. Darauf folgend gab es auch keine Rechtsmittelbelehrung gem. §71 Abs. 1 Z2 AVG. Trotz des Fehlens eines Bescheides versuchte ich mich mit dem Schreiben vom 25.10.2013 wegen der erhaltenen Mahnung zu beschweren. Damit hätte ich die 2-wöchige Frist zum Einspruch auch bei Erhalt eines Bescheides eingehalten.
Bezüglich der Bekanntgabe meiner Abwesenheit vom 25.07.2013 bis 15.09.2013, möchte ich erwähnen, dass es meines Erachtens ein unvorhergesehenes Ereignis gem. §71 Abs.1 Z1 AVG war, da ich in meinem Haus in Bosnien einen Rohrbruch mit enormen Wasserschaden hatte und ich deshalb sofort nach Bosnien fahren musste um den Schaden in Grenzen zu halten und daraufhin der bereits entstandenen Schaden zu beheben. Dies samt Zubau einer neuen Garage dauerte insgesamt drei Wochen. Die darauf folgenden Wochen nutzte ich um mich in Bosnien zu erholen. An die Abwesenheitsmitteilung habe ich auch gedacht, jedoch las ich dann im Internet unter folgendem Link x, dass es auch ausreichend ist wenn ich einen Beleg nachsende, der meine Abwesenheit bestätigt. Dies war in meinem Fall die Meldebestätigung über meinen Aufenthalt in Bosnien.
Aufgrund dieser Tatsachen beantrage ich, dass ich den Bescheid neu bekomme und die Rechtsmittelfrist erst ab Erhalt dieses neuen Bescheides zu laufen beginnt.“
3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat die Beschwerde samt bezughabenden Verfahrensakt mit Schreiben vom 27. Jänner 2014 dem Landesverwaltungsgericht Oö vorgelegt.
Mit 1.1.2014 trat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (LVwG) an die Stelle des Oö. Verwaltungssenates. Gemäß § 3 Abs. 6 Verwaltungsgerichts-barkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) erkennen die Verwaltungsgerichte ab 1. Jänner 2014 über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Verfahren, die in diesem Zeitpunkt gemäß Art 151 Abs. 51 Z 8 B-VG auf die Verwaltungsgerichte übergegangen sind oder, wären sie in diesem Zeitpunkt noch anhängig, übergehen würden. Gemäß Art 151 Abs. 51 Z 8 B-VG geht die Zuständigkeit zur Weiterführung der bei den mit 31. Dezember 2013 aufgelösten Behörden anhängigen Verfahren auf die Verwaltungsgerichte über.
Das LVwG entscheidet gemäß § 2 VwGVG durch Einzelrichter. Die Zuständigkeit des erkennenden Richters ergibt sich aus § 3 Abs. 7 VwGbk-ÜG.
4. Von der Durchführung einer öffentlich mündlichen Verhandlung konnte Abstand genommen werden, zumal sich die Beschwerde gegen eine verfahrensrechtlichen Bescheid (Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand) richtet und vom Bf die Durchführung einer Verhandlung nicht beantragt wurde (§ 44 Abs.4 VwGVG).
5. Das Landesverwaltungsgericht Oö hat erwogen:
Gemäß § 33 Abs.1 VwGVG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand dann zu bewilligen, wenn sie glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt hat und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
§ 17 Abs. 1 Zustellgesetz (ZuStG) normiert eine Verpflichtung des Zustellers das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn es sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen, wenn das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden kann und der Zusteller Grund zur Annahme hat, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs.3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält.
Der Empfänger ist von der Hinterlegung schriftlich zu verständigen (§ 17 Abs.2 ZuStG). Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.
Gemäß § 17 Abs. 3 leg. cit ist das hinterlegte Dokument mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs.3 ZuStG wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag Innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.
Wenn im Verfahren der Zustellung Mängel unterlaufen, gilt gemäß § 7 Abs.1 ZuStG die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist.
Im gegenständlichen Fall erließ die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land gegen den Bf das Straferkenntnis vom 2. August 2013, GZ: SV96-73-2012/La, wegen Verstoßes gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz. Die Zustellung dieses Straferkenntnisses, das mit 7. August 2013 hinterlegt wurde, erfolgte jedoch iSd § 17 Abs.3 ZuStG nicht, da der Bf seine Ortsabwesenheit vom 25. Juli 2013 bis 15. September 2013 nachweisen konnte. Das Straferkenntnis wurde daher gegenüber dem Bf bislang nicht erlassen.
Laut Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der die Frist auslösende Akt (zB die Zustellung oder mündliche Verkündung des Bescheides) einer bestimmen Partei gegenüber nicht (oder zB wegen eines Zustellmangels nicht wirksam) erfolgt, so beginnt die Frist ihr gegenüber nicht zu laufen (vgl. VwGH 12.6.1978, 125/78; 29.5.1990, 89/04/0111; 27.8.1996, 96/05/0055). Da die Berufungsfrist erst mit der wirksamen Zustellung oder mündlichen Verkündung jenes Bescheides in Gang gesetzt wird, gegen den sich die Berufung richten soll, kommt eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist nicht in Betracht, wenn der Bescheid weder zugestellt noch mündlich verkündet worden ist (VwGH 26.5.1981, 05/3516/80; vgl. auch VwSlg 2739 A/1952).
Im Ergebnis folgt daraus, dass eine wirksame Zustellung des Straferkenntnisses an den Bf nicht zustande gekommen ist und damit rechtlich nicht existent geworden ist, d.h. keinerlei Rechtswirkung entfalten konnte.
Ist wie im gegenständlichen Fall mangels Erlassung des Straferkenntnisses infolge nicht wirksamer Zustellung, keine Frist versäumt worden, kann dagegen auch nicht Einspruch erhoben werden und fehlt es gemäß § 33 Abs.1 VwGVG an einer wesentlichen Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Die Behörde hat daher zu Recht den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand – wenn auch mit unzutreffender Begründung – zurückgewiesen.
Im weiteren Verfahren wird dem Antrag des Bf vom 25.10.2013 auf Zustellung des Straferkenntnisses zu entsprechen sein.
Es war daher die Beschwerde abzuweisen und spruchgemäß zu entscheiden.
II. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Thomas Kühberger