LVwG-411158/7/Wg/BZ
Linz, 03.03.2016
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Wolfgang Weigl über die Beschwerde der Frau R.W., geb. x, T., x, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. F.M., W., x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 10. November 2015, GZ Pol96-393-2015, wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 52 Abs. 1 Z 1 Glücksspielgesetz, den
B E S C H L U S S
gefasst:
I. Gemäß § 31 Abs. 1 iVm § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren hinsichtlich des Vorwurfes, R.W. habe zu verantworten, dass zumindest am 22.07.2015, um 09.01 Uhr im P. S. F. unter Verwendung des Geräts FA Nr 1 verbotene Ausspielungen veranstaltet wurden, gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) eingestellt.
II. Gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG und § 66 Abs. 1 VStG hat die Beschwerdeführerin weder ein Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich, noch einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde zu leisten.
III. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, (im Folgenden: belangte Behörde) vom 10. November 2015, GZ Pol96-393-2015, wurde über die Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf) eine Geldstrafe von 3.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 100 Stunden) wegen einer Übertretung nach § 52 Abs. 1 Z 1 erstes Tatbild GSpG, in der geltenden Fassung verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in der Höhe von insgesamt 300 Euro vorgeschrieben.
Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:
„Die Finanzpolizei, Team x (Finanzamt Freistadt Rohrbach Urfahr) hat am 23.07.2015 zu GZ 052/70044/11/4415 einen Strafantrag gegen Frau R.W., geb. x, als vertretungsbefugtes Organ der Fa. ‚G. s.r.o.‘ mit Sitz in B., x, wegen des Verdachts einer Verwaltungsübertretung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG gestellt.
Während einer Kontrolle nach dem Glücksspielgesetz am 22.07.2015 durch die Organe der Abgabebehörde, Finanzamt Freistadt Rohrbach Urfahr, als Organ der öffentlichen Aufsicht im Sinne des § 50 Abs. 2 GSpG, im Lokal mit der Bezeichnung ‚P. S. F.‘ in T., x, Betreiberin H.S.-F., wurde ein Glücksspielgerät betriebsbereit dienstlich wahrgenommen und ein fortgesetzter Eingriff in das Glücksspielmonopol des Bundes durch Glücksspiele in Form von verbotenen Ausspielungen festgestellt. Es konnten Glücksspiele, wie etwa das virtuelle Walzenspiel mit der Bezeichnung ‚Ring of Fire‘ festgestellt werden, mit welchen selbstständig nachhaltig Einnahmen erzielt wurden, welche also von einem Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 GSpG veranstaltet wurden, für welche zur Teilnahme am Spiel eine vermögenswerte Leistung in Form des Einsatzes zu entrichten war, für welche vom Unternehmer vermögenswerte Leistungen in Verbindung mit dem Erreichen bestimmter Symbolkombinationen in Aussicht gestellt wurden und welche weder von einer Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG umfasst, noch nach § 4 GSpG vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen waren.
Das Gerät wurde von den Kontrollorganen durch aufgeklebte Nummerierung gekennzeichnet und nach Durchführung von Testspielen zwecks Verhinderung eines weiteren Eingriffs in das Glücksspielmonopol vorläufig beschlagnahmt, versiegelt und vor Ort belassen.
Sie haben als handelsrechtliche Geschäftsführerin, somit als das zur Vertretung nach Außen berufene Organ der Firma G. s.r.o., mit Sitz in B., x, gemäß § 9 VStG zu verantworten, dass im Lokal mit der Bezeichnung ‚P. S. F.‘ in T., x, Betreiberin H. S.-F., Glücksspiele in Form von verbotenen Ausspielungen iSd. § 2 Abs. 4 GSpG, an den vom Inland aus teilgenommen werden konnte, zumindest am 22.07.2015, um 09.01 Uhr, von der genannten Firma unter Verwendung von folgendem Glücksspielgerät
Nr. Gehäusebezeichnung Serien-Nr. Typen- Versiegelungs-
bezeichnung plaketten-Nr.
welches von den Kontrollorganen mit der Nummerierung 1 versehen wurde, veranstaltet wurden.“
I.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitige, umfassend begründete, Beschwerde vom 3. Dezember 2015, mit der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und die Einstellung des Strafverfahrens, in eventu die Erteilung einer Ermahnung bzw. die Herabsetzung der Strafe beantragt werden.
I.3. Die belangte Behörde legte mit Schreiben vom 14. Dezember 2015 die Beschwerde dem Oö. Landesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
II.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den unter gleichzeitiger Vorlage der Beschwerde übermittelten Verfahrensakt. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG abgesehen werden, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist. Im Übrigen wurde von allen Parteien schriftlich auf die Durchführung einer Verhandlung verzichtet.
II.2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von folgendem relevanten Sachverhalt aus:
Bei einer von der Abgabenbehörde als Organ der öffentlichen Aufsicht am 22. Juli 2015 im Lokal mit der Bezeichnung „P. S. F.“ in T., x, durchgeführten Kontrolle wurde folgendes Gerät vorgefunden, mit Versiegelungsplaketten versehen und vorläufig beschlagnahmt:
FA-Nr. Gehäusebezeichnung Serien-Nr. Versiegelungs-
plaketten-Nr.
1 K. x A058601 - A058605
Die G. s.r.o. ist Eigentümerin des verfahrensgegenständlichen Gerätes. Diese Gesellschaft ist eine s. s.r.o. mit Sitz in B. und einer Zweigniederlassung in G. Diese Gesellschaft verfügt über ein Stammkapital in der Höhe von 200.000 S. K. (Mindestkapital), dies entspricht zum Entscheidungszeitpunkt rund 6.600 Euro und über keinen Aufsichtsrat. Die Bf war zum vorgeworfenen Tatzeitpunkt handelsrechtliche Geschäftsführerin.
Betreiberin des oa. Lokals war zum vorgeworfenen Tatzeitpunkt Frau H.S.-F.
Das verfahrensgegenständliche Gerät stand am Tag der finanzbehördlichen Kontrolle am 22. Juli 2015 in einem öffentlich zugänglichen Bereich im oa. Lokal.
Von den Organen der Finanzpolizei wurden keine Probespiele durchgeführt, da bereits beim Betreten des Lokals durch die Organe der Finanzpolizei das Gerät ausgeschaltet war. Die anwesende Dienstnehmerin (Buffetkraft) hat auf Ersuchen der Organe der Finanzpolizei das Gerät eingeschaltet. Daraufhin ist auf dem Bildschirm die Spieleauswahlmöglichkeit mit den üblichen Spielen (wie Ring of Fire etc.) aufgeschienen. Eine Probebespielung war jedoch nicht möglich, weil auf dem Bildschirm „Net error“ aufschien und kein Spiel ausgewählt werden konnte bzw. das Gerät auch kein Testspielgeld angenommen hat. Ein Probespiel durch die Finanzpolizei des Spiels „Ring of Fire“ war somit nicht möglich. Das Gerät FA Nr 1 war schon seit längerem nicht mehr in Betrieb und im Kontrollzeitpunkt auch nicht betriebsbereit.
Die belangte Behörde hat der Bf in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 10. August 2015 das Veranstalten von verbotenen Ausspielungen mit dem verfahrensgegenständlichen Glücksspielgerät zumindest von 1. März 2014 bis 22. Juli 2015 im oa. Lokal vorgeworfen. In weiterer Folge erließ die belangte Behörde das bekämpfte Straferkenntnis.
II.3. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem durchgeführten Beweisverfahren. Die Feststellungen betreffend die durchgeführte Kontrolle sowie das dabei vorgefundene Gerät, gründen vor allem auf der Anzeige der Finanzpolizei und der Fotodokumentation. Der Anzeige der Finanzpolizei ist auch zu entnehmen, dass das Gerät am Tag der Kontrolle nicht funktionsfähig und nicht betriebsbereit war. Die Feststellung, dass beim Gerät keine Probespiele möglich waren, ergibt sich aus dem GSp-26 Dokument sowie der Anzeige.
Die Betreiberin des Lokals hat während der Kontrolle gegenüber den Organen der Finanzpolizei angegeben, dass das verfahrensgegenständliche Gerät seit mehreren Monaten nicht mehr in Betrieb sei und hätte dieses Gerät schon längst abgeholt werden sollen. Die Endabrechnung mit der Eigentümerin des Gerätes hätte bereits im April 2015 stattgefunden.
III. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:
III.1. Die maßgeblichen Rechtsvorschriften lauten:
Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 Glücksspielgesetz (GSpG) in der zum Tatzeitpunkt maßgeblichen Fassung begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe von bis zu 60.000 Euro zu bestrafen, wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmen im Sinne des § 2 Abs. 2 GSpG daran beteiligt.
Nach § 44a Verwaltungsstrafgesetz (VStG) hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:
1. die als erwiesen angenommene Tat;
2. die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist;
3. die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung;
4. den etwaigen Ausspruch über privatrechtliche Ansprüche;
5. im Fall eines Straferkenntnisses die Entscheidung über die Kosten.
Gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen.
III.2. Der Bf wurde im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass sie am 22. Juli 2015, um 09.01 Uhr, (Tag der Kontrolle) [...] verbotene Ausspielungen mit dem verfahrensgegenständlichen Gerät veranstaltet habe.
Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich, dass am 22. Juli 2015 das gegenständliche Gerät ausgeschaltet und somit nicht betriebsbereit und funktionsfähig im oa. Lokal stand. Das Gerät konnte selbst nach Einschalten nicht in Funktionsbereitschaft versetzt werden. Das Gerät hat auch keine Geldscheine angenommen. Es konnten somit auch keine Probespiele (zB Ring of Fire) durch die Organe der Finanzpolizei durchgeführt werden.
Der Bf konnte daher nicht nachgewiesen werden, dass sie bzw. die G. s.r.o. mit dem verfahrensgegenständlichen Gerät am 22. Juli 2015 verbotene Ausspielungen veranstaltet hat.
III.3. Sache des Berufungsverfahrens war nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs des Bescheides der Unterbehörde bildete. Wechselte die Berufungsbehörde die von der Erstbehörde angenommene Tat aus, so nahm sie eine ihr nicht zustehende Befugnis in Anspruch und es lag eine inhaltliche Rechtswidrigkeit vor. Die Bestimmung des § 66 Abs. 4 AVG berechtigte die Berufungsbehörde nämlich nicht zur Auswechslung der dem Beschuldigten zur Last gelegten Tat, sondern nur dazu, beispielsweise die Strafzeit auf der Grundlage der unbedenklichen Sachverhaltsannahme der Behörde erster Instanz näher zu umschreiben. Eine Befugnis des Verwaltungsgerichtes zur Ausdehnung des Gegenstandes des Verfahrens über die Sache des Verwaltungsstrafverfahrens im Sinn des § 50 VwGVG hinaus, etwa durch Ausdehnung des Tatzeitraumes, wurde nicht geschaffen (vgl. VwGH 31.07.2014, Ro 2014/02/0099 und VwGH 05.11.2014, 2014/09/0018).
III.4. Eine Abänderung der Tatzeit bzw. Ausdehnung des Tatzeitraumes im Tatvorwurf würde eine gemäß § 44a VStG unzulässige Auswechslung der im Straferkenntnis vorgeworfenen Tat bedeuten. Die der Bf angelastete Tat kann nicht erwiesen werden, weshalb das Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren hinsichtlich der vorgeworfenen Tatzeit gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG einzustellen ist.
Bei diesem Ergebnis war der Bf gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG und § 66 Abs. 1 VStG weder ein Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht, noch ein Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde vorzuschreiben.
IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Wolfgang Weigl