LVwG-300771/4/Bm/Rd
Linz, 18.11.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Maga. Michaela Bismaier über die auf das Strafausmaß beschränkte Beschwerde des Herrn H M, W, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 15. Juli 2015, GZ: Ge96-15-1-2015, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem ASchG iVm der BauV,
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 700 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 30 Stunden herabgesetzt werden.
II. Gemäß § 52 Abs.8 VwGVG entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Beschwerdeverfahren. Der Kostenbeitrag zum behördlichen Verwaltungsstrafverfahren wird gemäß § 64 Abs.2 VStG mit 70 Euro (10 % der nunmehr festgesetzten Geldstrafe) bestimmt.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.
1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 15. Juli 2015, GZ: Ge96-15-1-2015, wurde über den Beschwerdeführer wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 15 Abs.5 zweiter Satz sowie § 161 BauV iVm
§ 118 Abs.3 sowie § 130 Abs.5 Z 1 ASchG eine Geldstrafe von 830 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 34 Stunden, verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit gemäß § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der K-M GmbH mit Sitz in x, x und als Arbeitgeber zu verantworten hat, dass der Arbeitnehmer M I am 30. April 2015 auf der Baustelle x, Grundstück Nr. x der KG x, Gemeinde x, mit Arbeiten auf einem Lkw-Anhänger zur Vorbereitung von Betonwänden für den Krantransport beschäftigt worden ist, ohne dass die stehend gelagerten Betonplatten gegen Umfallen gesichert waren. Dabei kippte eine Betonwand zur Seite und klemmte den linken Fuß von Herrn M I zwischen dem Eisenrahmen des Sattelanhängers und der Betonwand ein.
2. Dagegen wurde fristgerecht gegen die Strafhöhe Beschwerde eingebracht und eine Strafminderung beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass Herr M I sowohl bei der Einstellung mündlich als auch schriftlich (Arbeitsvertrag 3.2.) hingewiesen worden sei, dass während der Arbeitszeit immer Sicherheits-Arbeitsschuhe zu tragen seien. Dass von Herrn M I am Tattag keine Sicherheits-Arbeitsschuhe getragen wurden, sei dem Beschwerdeführer unverständlich. Er könne nicht jedem Mitarbeiter nachgehen, ob dieser die Sicherheits-Arbeitsschuhe auch tatsächlich trage. Weiters wurde die Sorgepflicht für zwei Kinder geltend gemacht.
3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding als belangte Behörde hat die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Landesverwaltungsgericht vorgelegt. Das Arbeitsinspektorat V wurde am Verfahren beteiligt und äußerte sich, dieses mit Stellungnahme vom
14. September 2015 dahingehend, dass im Straferkenntnis eine Übertretung nach § 15 Abs.5 zweiter Satz BauV bestraft worden sei. Diese Bestimmung der BauV würde sich an die Sicherung von Bleche, Glastafeln, Platten, Rohre, Stangen und ähnliches Lagergut, welche bei stehender Lagerung, gegen Umfall gesichert sein müssen, richten. Daher sei es für das Strafverfahren unerheblich, ob Sicherheitsschuhe getragen wurden. Es werde die Bestätigung der verhängten Geldstrafe beantragt.
4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme.
Gemäß § 44 Abs.3 Z 2 VwGVG kann das Verwaltungsgericht von einer Verhandlung absehen, wenn sich die Beschwerde nur gegen die Höhe der Strafe richtet und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt. Von keiner Partei des Verfahrens wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung beantragt, sodass von der Durchführung einer solchen abgesehen werden konnte.
5. Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erwogen:
5.1. Zumal das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich gemäß § 9 VwGVG an die vom Beschwerdeführer angegebenen Beschwerdepunkte gebunden ist und gegenständlich ausschließlich die Strafbemessung in Beschwerde gezogen wurde, war auf den Tatvorwurf dem Grunde nach nicht einzugehen.
5.2.1. Gemäß § 130 Abs.5 Z 1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 166 bis 8.324 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 333 Euro bis 16.659 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt weitergeltenden Bestimmungen zuwiderhandelt. Gemäß § 118 Abs.3 ASchG gilt die Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) als Verordnung nach diesem Bundesgesetz.
Gemäß § 19 Abs.1 VStG idF BGBl. I Nr. 33/2013, in Geltung ab 1. Juli 2013, sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.
Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.
5.2.2. Die Bestimmungen des ASchG bzw. der auf ihrer Grundlage erlassenen Verordnungen haben den Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeit-nehmer zum Ziel und sind daher entsprechende Verstöße mit einem besonderen Unrechtsgehalt der Tat behaftet, weil hiedurch genau jene Gefährdungen herbeigeführt werden, denen die genannten Bestimmungen entgegenwirken sollen. Das Rechtsgut war aufgrund des Arbeitsunfalles im gegenständlichen Fall intensiv beeinträchtigt.
5.2.3. Von der belangten Behörde wurde im angefochtenen Straferkenntnis über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von 830 Euro, bei einem Strafrahmen von 166 Euro bis 8.324 Euro, verhängt. Ein Wiederholungsfall liegt gegenständlich nicht vor. Straferschwerend wurde der Eintritt einer Verletzung des Arbeitnehmers durch die fehlende Sicherung, strafmildernd die bisherige Unbescholtenheit des Beschwerdeführers gewertet. Der Ansicht der belangten Behörde, wonach dem Beschwerdeführer der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zugute zu halten sei, kann sich das Landesverwaltungsgericht aufgrund von Verwaltungsstrafvormerkungen (KFG, BundesstatistikG, HStG aus den Jahren 2011, 2012 und 2013) nicht anschließen. Mangels Angaben zu den persönlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers ist die belangte Behörde von einer Schätzung, und zwar von einem monatlichen Nettoeinkommen von 1.500 Euro, keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten ausgegangen. In der nunmehrigen Beschwerde wurde die Sorgepflicht für zwei Kinder im Alter von 7 und 15 Jahren geltend gemacht.
Aufgrund der geltend gemachten Sorgepflicht für zwei Kinder war das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich gehalten, dies bei seiner Strafbemessung entsprechend zu berücksichtigen, indem die Geldstrafe auf die nunmehr festgesetzte Strafhöhe herabgesetzt wurde. Einer weitergehenden Herabsetzung stand aber der Umstand entgegen, dass es zu einem Arbeitsunfall gekommen ist.
Zudem ist hinsichtlich der Rechtfertigung des Beschwerdeführers zu bemerken, dass, wie das Arbeitsinspektorat zu Recht angemerkt hat, in erster Linie die fehlenden Sicherheitsvorkehrungen gegen das Umfallen maßgeblich für den Arbeitsunfall gewesen sind und in zweiter Linie das Nichttragen von Sicherheitsschuhen, letzterer Umstand im Übrigen auch nicht zur Anzeige gebracht wurde. Konkrete Angaben zum Kontrollsystem, insbesondere in Bezug auf Sicherheitsvorkehrungen betreffend das Umfallen von Platten udgl., wurden vom Beschwerdeführer in der Beschwerde nicht vorgebracht, ebenso wenig wie, wie oft und durch wen Kontrollen von Weisungen erfolgen.
Unter diesem Blickwinkel erscheint die nunmehr verhängte Geldstrafe tat- und schuldangemessen und auch geeignet, den Beschwerdeführer künftighin zur Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen anzuhalten.
Einer Anwendung des § 20 VStG konnte seitens des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich nicht näher getreten werden, da hiefür die Voraussetzungen, insbesondere ein beträchtliches Überwiegen der Milderungsgründe – dem Beschwerdeführer war nicht einmal die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit zugute zu halten - , nicht vorlagen.
Gemäß § 45 Abs.1 Z 4 VStG hat die Behörde von der Einleitung und Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind. Durch das Vorliegen eines unzureichenden Kontrollsystems konnte gemäß der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kein geringes Verschulden erkannt werden. Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten. Die Voraussetzungen zur Erteilung einer Ermahnung liegen gegenständlich nicht vor, schon gar nicht jene zur Einstellung des Verfahrens.
II. Weil die Beschwerde teilweise Erfolg hatte, entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Beschwerdeverfahren gemäß § 52 Abs.8 VwGVG. Der Kostenbeitrag zum behördlichen Verwaltungsstrafverfahren war spruchgemäß herabzusetzen (§ 64 Abs.1 und 2 VStG).
III. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
H i n w e i s
Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Maga. Michaela Bismaier