LVwG-300662/2/Py/SH

Linz, 09.03.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Drin. Andrea Panny über die Beschwerde der Frau A.R., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H.W., x, L., gegen das Straferkenntnis der Bezirks-hauptmannschaft Gmunden vom 16. März 2015, GZ: SV96-5-2015, wegen Verwaltungsübertretung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG)

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben und das angefochtene Straferkenntnis wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde behoben.

 

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 8 und 9 VwGVG entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 16. März 2015, GZ: SV96-5-2015, wurde über die Beschwerdeführerin (in der Folge: Bf) wegen Verwaltungsübertretung nach § 111 Abs. 1 Z.1 iVm § 33 Abs. 1 All­gemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG eine Geldstrafe in Höhe von 1.460 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 225 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 146 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

„Sie haben als Dienstgeberin nachstehende Person, bei welcher es sich um eine in der Krankenversicherung (vollversicherte) pflichtversicherte Person handelt, am 26.08.2014 um 10:52 Uhr beschäftigt, obwohl dieser nicht vor Arbeitsantritt bei der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse zur Pflichtversicherung als voll­versicherte Person angemeldet wurde. Sie wären als Dienstgeberin verpflichtet gewesen, den Beschäftigten vor Arbeitsantritt anzumelden. Die Meldung wurde nicht erstattet.

 

Name: R.J., geb. x

Arbeitsantritt: 13.12.2011

Beschäftigungsort: x, A.

Tatort: Gemeinde A., x

Tatzeit: 26.08.2014, 10:52 Uhr“

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde eingebracht und Rechtswidrig­keit infolge wesentlicher Verfahrensverstöße, Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger Beweiswürdigung und Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung geltend gemacht und zusammengefasst vorgebracht, dass ein Dienstverhältnis im gegenständlichen Fall nicht vorliegt, wofür die in der Beschwerde angeführten Zeugen namhaft gemacht werden.

 

3. Mit Schreiben vom 27. März 2015 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Landes­verwaltungsgericht vor, das zur Entscheidung gemäß § 2 VwGVG durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin berufen ist.

 

4. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Akten­einsichtnahme. Weil bereits aus der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid zu beheben ist, entfällt gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

 

4.1. Das Oö. Landesverwaltungsgericht geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Anlässlich einer am 26.08.2014 von der Finanzpolizei Team 95, Finanzamt Juden­burg Lienz, durchgeführten Kontrolle in dem von der Bf geführten Beherbergungsbetrieb „V.E.“ in A., x, wurde der österreichische Staats­angehörige Herr R.J., geb. am x, angetroffen. Auf­grund der durchgeführten Ermittlungen gelangte die Organpartei zum Schluss, dass Herr J. von der Bf mit verschiedenen Tätigkeiten (Kellner, Zimmermädchen, Renovierungsarbeiten) im Haus „V.E.“ beschäftigt wurde. Eine Abfrage beim Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger ergab, dass die Bf unter der Adresse des Beherbergungsbetriebes zwar von 11.09.2014 bis zum Abfragetag 14.01.2015 (Tag der Kontrolle) einen geringfügig beschäftigten Arbeiter bei der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse gemeldet hatte, nicht jedoch Herrn J.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt und ist in dieser Form unbestritten.

 

5. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

 

Gemäß § 111 Abs. 1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

  1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder
  2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder
  3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder
  4. gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

§ 111 Abs. 2 ASVG besagt: Die Ordnungswidrigkeit nach Abs. 1 ist von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar

-      mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

-      bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirks­verwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs. 1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Gemäß § 111 Abs. 5 ASVG gilt die Verwaltungsübertretung als in dem Sprengel der Bezirksverwaltungsbehörde begangen, in dem der Sitz des Betriebes des Dienstgebers liegt.

 

5.2. Erfüllungsort der Anmeldung nach § 33 ASVG ist laut ständiger Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Sitz des zuständigen Versicherungs­trägers, der damit der Tatort der Unterlassung einer (rechtzeitigen) Meldung ist (vgl. VwGH vom 17.10.2012, Zl. 2010/08/0012). Laut dem Ver­waltungsakt liegt der Sitz des Betriebes des Dienstgebers im vorliegenden Fall am Kontrollort in A., x. Davon geht offenbar auch die belangte Behörde aus, indem sie im angefochtenen Straferkenntnis ausspricht, dass die Bf als Dienstgeberin die Anmeldung des Herrn J. bei der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse entgegen den Bestimmungen des ASVG unterlassen hat. Damit war im vorliegenden Fall jedoch die Bezirkshauptmann­schaft Liezen – als Bezirksverwaltungsbehörde am Sitz des zuständigen Ver­sicherungsträgers – in erster Instanz örtlich zuständig. Die belangte Behörde war daher gemäß § 27 Abs. 1 VStG für dieses Strafverfahren unzuständige Behörde.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

II. Bei diesem Verfahrensergebnis entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen.

 

 

III. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

H i n w e i s

 

Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Drin. Andrea Panny