LVwG-150733/12/DM/FE

Linz, 07.03.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Doris Manzenreiter über die Beschwerde der U L GmbH, x, vertreten durch x, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde A vom 25.6.2015, Zl. Bau 1201319 Fe, betreffend einen baupolizeilichen Auftrag (Fortsetzung der Errichtung einer Lärmschutzwand – Berufung vom 21.5.2015), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 25.2.2016

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerdeführerin wird gemäß § 40 Abs. 8 Oö. ROG 1994 die Herstellung des rechtmäßigen Zustandes durch Beseitigung der auf Grundstück Nr. x, EZ x, KG A, errichteten Lärmschutzwand (8 Felder entlang der Sstraße und des Grundstücks Nr. x2 bzw. gegenüber der Grundstücke Nr. x10, x11 und x12, alle KG A) binnen vier Monaten ab Zustellung dieser Entscheidung aufgetragen.

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I. Verfahrensgang, Sachverhalt:

 

I.1. Zur Vorgeschichte wird zunächst auf das ebenfalls an die Beschwerdeführerin (im Folgenden kurz: Bf) ergangene Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 7. März 2016, LVwG-150732/12/DM/FE, verwiesen. Diese Entscheidung behandelt die zeitlich früher errichtete Lärmschutzwand der auch hier einschreitenden Bf auf demselben Grundstück Nr. x, KG A.

 

I.2. Im nun beschwerdegegenständlichen Fall wurde bei einem Ortsaugenschein durch den bautechnischen Amtssachverständigen und der Bauamtsleiterin der Stadtgemeinde A am 16.4.2015 festgestellt, dass „ein weiterer Teil einer Lärmschutzwand bereits fertiggestellt wurde. Dabei wurden senkrechte Stahlstützen mit einer Höhe von ca. 5 m mit Holzelementen verfüllt (8 Felder), sodass eine freistehende Wand entlang der Sstraße entstanden ist.“ Dem angefertigten Aktenvermerk sind auch vier Fotos angefügt.

 

I.3. Dieses Ergebnis der Beweisaufnahme sowie rechtliche Ausführungen zur beabsichtigten Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages wurden der Bf in Wahrung des Parteiengehörs und mit der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme mit Schreiben vom 21.4.2015 zu Handen ihres rechtsfreundlichen Vertreters übermittelt.

 

In der Stellungnahme der Bf vom 7.5.2015 wird dazu nur auf die in der Berufung vom 30.4.2015 (siehe Punkt I.1. mit Verweis auf LVwG-150732-2015) dargestellte Sach- und Rechtslage verwiesen. Insofern sei daher die zwischenzeitig ohnedies konsensgemäß erfolgte Verfüllung der Lärmschutzwand entlang der Sstraße auch weiterhin nicht baurechtlich anzeigepflichtig.

 

I.4. Daraufhin erging mit Bescheid des Bürgermeisters als Baubehörde erster Instanz vom 7.5.2015 der baupolizeiliche Auftrag an die Bf, die „konsenslos errichtete Lärmschutzwand (8 weitere verfüllte Felder entlang der Sstraße) auf dem Grst. x, KG A (entlang des Grundstückes x2 bzw. gegenüber der Grst.´e x10, x11 u. x12)“ binnen zwei Monaten (ab Zustellung dieses Bescheides) zu beseitigen und den rechtmäßigen Zustand wieder herzustellen. Nach Wiedergabe des Sachverhalts und der rechtlichen Grundlagen wurde dieser Bescheid im Wesentlichen damit begründet, dass von der Gewerbebehörde mit Bescheid vom 22.12.2003 zwar eine Genehmigung ua für die Errichtung einer Lärmschutzwand erteilt worden sei. Gemäß § 1 Abs. 3 Z. 13 Oö. BauO 1994 in der bis zur Oö. Baurechts-Novelle 2006 geltenden Fassung seien Lärm- und Schallschutzwände, die nach anderen Rechtsvorschriften vorgesehen waren oder errichtet werden, vom Geltungsbereich der Oö. BauO 1994 ausgenommen. Mit der genannten Novelle sei diese Bestimmung ersatzlos aufgehoben worden. Dieser Ausnahmetatbestand greife nur bei Bauten, die bereits vor Inkrafttreten der Oö. Bauordnungs-Novelle errichtet worden seien, dh es sei zu prüfen, ob die Lärmschutzwand in Teilbereichen bereits vor dem 1.9.2006 fertiggestellt worden sei. Im gegenständlichen Fall stehe eindeutig fest, dass die Lärmschutzwand im Bereich „Ladezone West“, entlang der Sstraße/Zstraße zum Zeitpunkt 1.9.2006 in keinem Teilbereich fertiggestellt gewesen sei, sondern lediglich Metallsteher errichtet gewesen seien, eine Verfüllung/Fertigstellung in Teilbereichen (= 5 Felder) sei erst im Sommer 2014 erfolgt. Eine Fortsetzung dieser Verfüllung wie im April 2015 (8 Felder) ausgeführt worden. Diese Lärmschutzwand sei somit anzeigepflichtig gemäß § 25 Abs. 1 Z. 15 Oö. BauO 1994.

 

I.5. In der dagegen erhobenen Berufung vom 21.5.2015 bringt die Bf durch ihren rechtsfreundlichen Vertreter zusammengefasst vor, für die beschwerde-gegenständliche Lärmschutzwand bestehe aufgrund des gewerbebehördlichen Bescheides des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 22.12.2003 ein Konsens, auch würde einer nachträglichen baurechtlichen Genehmigung der hier anzuwendende Bebauungsplan nicht entgegenstehen. Wenn der maßgebliche Bebauungsplan Nr. x als Schutzzone im Bauland einen mindestens 4,5 m hohen bepflanzten Lärmschutzwall vorschreibe, sei darin kein unheilbarer Widerspruch zur gegenständlichen mit Holzelementen verfüllten Lärmschutzwand in der Höhe von ca. 5 m zu erblicken. Beide Schutzbauten dienten der Abschirmung betrieblicher auf das angrenzende Wohngebiet einwirkender Lärmimmissionen, wobei durch eine um ca. 0,5 m höhere Lärmschutzwand sogar ein „Mehr an Immissionsschutz“ erreichen würde. Anzumerken sei weiters, dass gemäß § 32 Abs. 2 Z. 12 Oö. ROG 1994 im Bebauungsplan auch Bestimmungen über Einfriedungen, Lärm- und Schallschutzwände sowie ähnliche Umwelt-einrichtungen festgelegt werden können, allerdings die eigentumsbeschränkende Anordnung eines – wie hier – 15 m breiten Erdwalls auf Kosten eines fremden privaten Grundeigentümers als unverhältnismäßiger Eigentumseingriff unzulässig wäre, wenn dessen das gleiche Planungsziel verfolgender Schutzzweck lärmtechnisch auch durch eine erheblich weniger Privatgrund in Anspruch nehmende moderne Lärmschutzwand erreicht werden könne.

 

I.6. Mit dem nun angefochtenen Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Ansfelden (= belangte Behörde) wurde der Berufung der Bf keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid vollinhaltlich bestätigt. In der Begründung wurde festgehalten, dass gemäß § 66 AVG das Ermittlungsverfahren entsprechend ergänzt worden sei und auf Grund einer vorliegenden Vermessung des DI L vom 8.5.2015 (Anmerkung: die Vermessung erfolgte auf Grund eines Auftrages der Stadtgemeinde A und wurde im angefochtenen Bescheid abgebildet sowie dem Bescheid als Anlage B angefügt) festgestellt habe werden können, dass sich die Lärmschutzwand zur Gänze auf dem Grundstück Nr. x, KG A, befinde. In der rechtlichen Begründung wurde im Wesentlichen festgehalten, dass mit der gewerbebehördlichen Genehmigung vom 22.12.2003 die Errichtung der Lärmschutzwand genehmigt worden sei. Zu diesem Zeitpunkt sei gemäß § 1 Abs. 3 Z 13 Oö. BauO 1994 dieses Landesgesetz für Lärm- und Schallschutzwände, die nach anderen Rechtsvorschriften vorgesehen seien oder errichtet würden, nicht anzuwenden. Daher sei diese Lärmschutzwand 2003 baurechtlich weder anzeige- noch bewilligungspflichtig gewesen. Seit der Änderung der Oö. BauO 1994 mit LGBl. Nr. 96/2006 entfalle diese Z 13. Es sei daher für die Behörde die Rechtsfrage zu klären gewesen, ob diese Lärmschutzwand bereits mit Bescheid vom 22.12.2003 (gewerbebehördlicher Bescheid) genehmigt worden sei bzw. diese Bewilligung noch immer aufrecht ist, oder ob die Errichtung bzw. weitere Ausführung/Verfüllung der bereits bestehenden Eisenständer ein bei der Baubehörde anzeigepflichtiges Bauvorhaben gemäß § 25 Abs. 1 Z 14 Oö. BauO 1994 darstelle. Der Ausnahmetatbestand des § 1 Abs. 3 Z 13 Oö. BauO 1994 in der bis zur Oö. Bauordnungs-Novelle 2006 geltenden Fassung greife nur bei Bauten, die bereits vor Inkrafttreten der Oö. Bauordnungs-Novelle errichtet worden seien, d.h. es sei zu prüfen, ob die Lärmschutzwand in Teilbereichen bereits vor dem 1.9.2006 fertig gestellt worden sei. Mit anderen Worten: Für Lärmschutzwände, die erst nach diesem Zeitpunkt (also ab dem 1.9.2006) ausgeführt worden seien, gelten die Vorschriften der Oö. BauO 1994, und zwar auch dann, wenn sie nach anderen Rechtsvorschriften vorgesehen waren oder errichtet werden sollten, mithin auch dann, wenn sie bereits vor dem 1.9.2006 gewerbebehördlich genehmigt worden seien. Im gegenständlichen Fall stehe eindeutig fest, dass die Lärmschutzwand im Bereich "Ladezone West" entlang der Sstraße/Zstraße zum Zeitpunkt 1.9.2006 in keinem Teilbereich fertiggestellt gewesen sei, sondern lediglich Metallsteher errichtet worden seien, eine Verfüllung/Fertigstellung in Teilbereichen (= fünf Felder) sei erst im Sommer 2014 erfolgt. Für diese Lärmschutzwand, die daher erst nach diesem Zeitpunkt (also ab dem 1.9.2006) ausgeführt worden sei, würden die Vorschriften der Oö. BauO 1994 gelten, und zwar auch dann, wenn sie, wie im vorliegenden Fall, nach anderen Rechtsvorschriften vorgesehen oder errichtet werden sollten, mithin auch dann, wenn sie bereits vor dem 1.9.2006 gewerbebehördlich genehmigt worden seien. Es bestehe daher für die Lärmschutzwand, die zwar im Jahr 2003 gewerbebehördlich genehmigt worden sei, aber nicht vollständig errichtet worden sei, eine Anzeigepflicht gemäß § 25 Abs. 1 Z 15 Oö. BauO 1994. Die Möglichkeit, nachträglich die Bewilligung zu erlangen, könne nicht eingeräumt werden, da die Lärmschutzwand dem rechtswirksamen Bebauungsplan Nr. x "Betriebsbaugebiet L" widerspreche. Die in diesem Bereich definierte Schutzzone sehe vor, dass ein bepflanzter Erdwall mit mindestens 4,50 m Höhe und 15 m Breite zu errichten sei. Weiters sei in diesem Bebauungsplan festgelegt, dass zwischen der F Straße und der Einmündung des Bachweges in die Sstraße ein Zu- und Ausfahrtsverbot bestehe (Pkt. 8.4. der Legende des Bebauungsplanes). Die errichtete Lärmschutzwand stelle daher einen unheilbaren Widerspruch zum geplanten Lärmschutzwall dar. Das Argument, dass beide Schutzbauten der Abschirmung von Lärmimmissionen dienen, könne diesen Widerspruch keinesfalls heilen.

 

I.7. Dagegen richtet sich die Beschwerde der Bf vom 24.7.2015, mit welcher der angefochtene Bescheid im vollen Umfang angefochten wurde. Begründet wurde diese im Wesentlichen wie in der Berufung.

 

I.8. Mit Vorlageschreiben vom 30.7.2015, eingelangt am 4.8.2015, legte die belangte Behörde die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vor.

 

I.9. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat am 25.2.2016 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt. Die Bf war vertreten durch ihren rechtsfreundlichen Vertreter, anwesend waren weiters ein informierter Vertreter der Bf und eine Vertreterin der belangten Behörde. Die Sachlage wurde erörtert. Die Vertreterin der belangten Behörde teilte mit, dass das beschwerdegegenständliche Grundstück Nr. x, KG A, im Zeitpunkt der Erlassung des hier maßgeblichen gewerbebehördlichen Bescheides vom 22.12.2003 noch nicht existierte. Dieses sei erst später herausgemessen worden.

 

 

II. Feststellungen, Beweiswürdigung:

 

II.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der Behörde (samt der Schriftsätze der Bf), Einholung eines Grundbuchsauszuges betreffend das beschwerdegegenständliche Grundstück der Bf, Auszug aus dem Digitalen Oberösterreichischen Raum-Informations-System (DORIS) sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 25.2.2016.

 

II.2. Folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt steht fest:

 

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 22.12.2003, Zl. Ge-442712/8-2003-Z/Str, wurde der Bf unter Spruchpunkt II. u.a. die gewerbebehördliche Bewilligung für die Errichtung einer Lärmschutzwand auf den Grundstücken Nr. x7, x1, x5 und x2, je KG A, entlang der Sstraße und der Zstraße nach Maßgabe der vorliegenden Projektunterlagen erteilt.

 

Auf dem Grundstück Nr. x, KG A, wurden in Ausführung der beschwerdegegenständlichen Lärmschutzwand jedenfalls vor dem Stichtag 1.9.2006 zunächst Metallsteher (I-Profile samt Fundament) aufgestellt und mit einem 0,5 m hohen Betonsockel verfüllt. Die restliche Verfüllung mit Holzelementen im Bereich von acht Feldern erfolgte sodann im April 2015. Diese Lärmschutzwand befindet sich entlang der Sstraße auf dem Grundstück Nr. x, KG A (entlang des Grundstückes Nr. x2 bzw. gegenüber der Grundstücke Nr. x10, x11 und x12, je KG A).

 

Das Grundstück Nr. x, KG A, befindet sich im Alleineigentum der Bf. Diese ist Eigentümerin der beschwerdegegenständlichen Lärmschutzwand.

 

II.3. Der hier entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt, insbesondere aus dem Aktenvermerk der Baubehörde vom 16.4.2015, sowie aus dem eingeholten Grundbuchsauszug zum beschwerdegegenständlichen Grundstück und dem im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 25.2.2016 durchgeführten Ermittlungsverfahren.

 

 

III. Maßgebliche Rechtslage:

 

Nach § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und Z 4) zu überprüfen.

 

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

 

III.1. Die hier relevante Bestimmung der Oö. Bauordnung 1994 (Oö. BauO 1994), LGBl. Nr. 66/1994, in der Fassung LGBl. Nr. 70/1998, bis zur Oö. Bauordnungs-Novelle 2006, LGBl. Nr. 96/2006, lautet auszugsweise wie folgt:

 

„§ 1

Geltungsbereich

 

[…]

(3) Dieses Landesgesetz gilt nicht für

[…]

13. Lärm- und Schallschutzwände, die nach anderen Rechtsvorschriften vorgesehen sind oder errichtet werden;

[…]“

 

III.2. Die hier relevanten Bestimmungen der Oö. Bauordnung 1994 (Oö. BauO 1994), LGBl. Nr. 66/1994, lauten seit der Oö. Bauordnungs-Novelle 2006 unverändert auszugsweise wie folgt:

 

„§ 1

Geltungsbereich

 

[…]

(3) Dieses Landesgesetz gilt nicht für

[…]

13. Entfallen;

[…]

 

§ 25

Anzeigepflichtige Bauvorhaben

 

(1) Folgende Bauvorhaben sind der Baubehörde vor Beginn der Bauausführung anzuzeigen (Bauanzeige), soweit § 26 nichts anderes bestimmt:

[…]

15. die Errichtung von Lärm- und Schallschutzwänden mit einer Höhe von mehr als drei Meter über dem jeweils tiefer gelegenen Gelände.

[…]

 

§ 49

Bewilligungslose bauliche Anlagen

 

(1) Stellt die Baubehörde fest, daß eine bewilligungspflichtige bauliche Anlage ohne Baubewilligung ausgeführt wird oder bereits ausgeführt wurde, hat sie - unabhängig von § 41 - dem Eigentümer der baulichen Anlage mit Bescheid aufzutragen, entweder nachträglich innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist die Baubewilligung zu beantragen oder die bauliche Anlage innerhalb einer weiters festzusetzenden angemessenen Frist zu beseitigen und gegebenenfalls den vorigen Zustand wiederherzustellen. Die Möglichkeit, nachträglich die Baubewilligung zu beantragen, ist dann nicht einzuräumen, wenn nach der maßgeblichen Rechtslage eine Baubewilligung nicht erteilt werden kann.

[…]

(6) Stellt die Baubehörde fest, daß eine baubehördlich nicht bewilligungspflichtige bauliche Anlage nicht entsprechend den für sie geltenden bau- oder raumordnungsrechtlichen Bestimmungen, insbesondere jenen des Flächenwidmungsplans oder Bebauungsplans, ausgeführt wird oder bereits ausgeführt wurde, hat sie dem Eigentümer mit Bescheid die Herstellung des rechtmäßigen Zustandes innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist aufzutragen. § 48 Abs. 7 gilt sinngemäß.

 

III.3. Die hier maßgebliche Bestimmung nach dem Oö. Raumordnungsgesetz 1994 (Oö. ROG 1994), LGBl. Nr. 114/1993, lautet seit der Oö. Raumordnungsgesetz-Novelle 1997, LGBl. Nr. 83/1997, wie folgt:

 

„§ 40

Schlussbestimmungen

 

(8) Stellt die Baubehörde fest, daß eine bauliche Anlage nicht entsprechend diesem Landesgesetz ausgeführt wurde oder ausgeführt oder verwendet wird, hat sie - soweit nicht eine entsprechende Maßnahme nach der Oö. Bauordnung 1994 zu setzen ist - dem Eigentümer mit Bescheid die Herstellung des rechtmäßigen Zustands innerhalb einer angemessenen Frist aufzutragen oder, wenn dies tatsächlich nicht möglich ist, die Verwendung der baulichen Anlage zu untersagen. § 57 Abs. 1 Z 11 und Abs. 2 der Oö. Bauordnung 1994 gelten.

…“

 

III.4. Der Bebauungsplan Nr. x „Betriebsbaugebiet L“, beschlossen im Gemeinderat der Stadtgemeinde A am 11.5.2000, aufsichtsbehördlich genehmigt mit Bescheid der Oö. Landesregierung vom 7.6.2000, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel in der Zeit von 14.6.2000 bis 30.6.2000, sieht entlang der Sstraße auf den Grundstücken Nr. x, x2, x1, alle KG A, eine 15 m breite Schutzzone im Bauland vor, gestaltet als bepflanzten Erdwall (mit Schnittdarstellung). In den Erläuterungen zum Bebauungsplan wird dazu Folgendes festgehalten:

 

„15. Lärmschutz:

Der planlich dargestellte Lärmschutzwall ist mindestens 4,50 m hoch und mit heimischen, standortgerechten Sträuchern/Bodendeckern bepflanzt auszuführen.

Die notwendigen lärmschutztechnischen Maßnahmen sind auf Kosten der Grundeigentümer zu errichten und zu erhalten, auf deren Grundstücken der Lärmschutzwall planlich festgelegt ist.“

 

 

IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat gemäß § 27 VwGVG erwogen:

 

IV.1. Die belangte Behörde hat den hier angefochtenen Beseitigungsauftrag in der Annahme, dass es sich bei der beschwerdegegenständlichen Lärmschutzwand um eine konsenslose bauliche Anlage handelt, auf § 49 Abs. 1 und Abs. 6 Oö. BauO 1994 gestützt.

 

§ 49 Abs. 1 Oö. BauO 1994 regelt den Fall, dass eine bewilligungspflichtige bauliche Anlage ohne Baubewilligung ausgeführt wird oder wurde, wobei diese Bestimmung sinngemäß auch für anzeigepflichtige bauliche Anlagen gilt (§25a Abs. 5 Z. 1 und 2 Oö. BauO 1994). Die Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages nach § 49 Abs. 1 Oö. BauO 1994 setzt voraus, dass die den Gegenstand des Verfahrens bildende bauliche Anlage sowohl im Zeitpunkt ihrer Errichtung als auch im Zeitpunkt der Erlassung des behördlichen Auftrages bewilligungspflichtig (anzeigepflichtig) war bzw. ist. Für die Klärung der Frage aber, ob die Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung (Kenntnisnahme einer Bauanzeige) im Zeitpunkt der Erlassung des Abbruchauftrages möglich ist, ist die in diesem Zeitpunkt geltende Rechtslage maßgeblich (vgl. VwGH 29.4.2015, 2013/05/0025).

 

Gemäß § 49 Abs. 6 Oö. BauO 1994 hat die Baubehörde dem Eigentümer mit Bescheid die Herstellung des rechtmäßigen Zustandes aufzutragen, wenn sie feststellt, dass eine baubehördlich nicht bewilligungspflichtige bauliche Anlage nicht entsprechend den für sie geltenden bau- oder raumordnungsrechtlichen Bestimmungen ausgeführt wird oder bereits ausgeführt wurde.

 

Da unter „maßgeblicher Rechtslage“ in § 49 Abs. 1 letzter Satz Oö. BauO 1994 jedenfalls auch die in Abs. 6 genannten bau- und raumordnungsrechtlichen Bestimmungen zu verstehen sind, erübrigt sich, wenn ein solcher Widerspruch zu bau- und raumordnungsrechtlichen Bestimmungen besteht, eine Differenzierung dahingehend, ob eine bewilligungspflichtige, anzeigepflichtige oder bau- und anzeigefreie Ausführung vorliegt. Es muss sich nur um eine „bauliche Anlage“ handeln (vgl. VwGH 17.4.2012, 2009/05/0063; 24.4.2007, 2006/05/0054 ua).

 

IV.2. Die beschwerdegegenständliche Lärmschutzwand weist eine Höhe von ca. 5 bis 6 m auf und ist seit der Oö. Bauordnungs-Novelle 2006 grundsätzlich anzeigepflichtig gemäß § 25 Abs. 1 Z. 15 Oö. BauO 1994. Die Bf beruft sich jedoch bezüglich des Bestehens eines Konsenses für diese Lärmschutzwand auf den gewerbebehördlichen Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 22.12.2003, Ge-442712/8-2003-Z/Str, mit welchem „die Errichtung einer Lärmschutzwand auf den Grundstücken x7, x1, x5 und x2, je KG A, entlang der Sstraße und Zstraße“ nach Maßgabe der vorgelegten Projektsunterlagen genehmigt wurde. Dass der nun angefochtene Bescheid als Situierung der Lärmschutzwand das Grundstück Nr. x, KG A, angibt, ergibt sich daraus, dass dieses Grundstück später aus den oben angeführten Grundstücken herausgemessen wurde.

 

Im Zeitpunkt der Erlassung dieses gewerbebehördlichen Genehmigungs-bescheides galt die Oö. BauO 1994 gemäß § 1 Abs. 3 Z. 13 nicht für „Lärm- und Schallschutzwände, die nach anderen Rechtsvorschriften vorgesehen sind oder errichtet werden“. Ein Konsens nach der Oö. BauO 1994 musste daher zu diesem Zeitpunkt für die gegenständliche Lärmschutzwand, deren Metallsteher (I-Profile samt Fundament) in der Zeitspanne zwischen Erlassung dieses Gewerbebescheides und dem Stichtag 1.9.2006 (Inkrafttreten der Oö. Bauordnungs-Novelle 2006, mit der Lärmschutzwände wieder in das Regelungsregime der Oö. BauO 1994 aufgenommen wurden) aufgestellt und mit einem 0,5 m hohen Betonsockel verfüllt wurden, nicht erwirkt werden.

 

IV.3. Allerdings ist das gegenständliche Grundstück, auf welchem sich die beschwerdegegenständliche Lärmschutzwand befindet, vom Bebauungsplan Nr. x „Betriebsbaugebiet L“ erfasst. Dieser ist seit 30.6.2000 bis heute rechtswirksam (siehe dazu auch das zu diesem Bebauungsplan, allerdings hinsichtlich eines anderen Grundstücks, ergangene Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 27.2.205, V 123-124/2014).

 

Dieser Bebauungsplan sieht entlang der Sstraße auf den Grundstücken Nr. x, x2, x1, alle KG A, eine 15 m breite Schutzzone im Bauland vor, gestaltet als bepflanzten Erdwall (mit Schnittdarstellung). In den Erläuterungen zum Bebauungsplan wird dazu Folgendes festgehalten:

 

„15. Lärmschutz:

Der planlich dargestellte Lärmschutzwall ist mindestens 4,50 m hoch und mit heimischen, standortgerechten Sträuchern/Bodendeckern bepflanzt auszuführen.

Die notwendigen lärmschutztechnischen Maßnahmen sind auf Kosten der Grundeigentümer zu errichten und zu erhalten, auf deren Grundstücken der Lärmschutzwall planlich festgelegt ist.“

 

Nach dem Kumulationsprinzip bzw. der Gesichtspunktetheorie können für ein und denselben Gegenstand (bestimmter Lebenssachverhalt) verschiedene Bewilligungen notwendig sein (vgl. etwa auch VwGH 31.5.2012, 2010/06/0203 mit Hinweis auf VfGH 22.6.1995, VfSlg. 14178). Im gewerbebehördlichen Verfahren wird die Übereinstimmung mit den Bestimmungen des Oö. ROG 1994 nicht geprüft. Die beschwerdegegenständliche Lärmschutzwand widerspricht dem Regelungsinhalt des hier anzuwendenden Bebauungsplanes, der als Lärmschutz explizit und ausschließlich einen mit standortgerechten Sträuchern bzw. Bodendeckern bepflanzten Lärmschutzwall vorsieht. Der Ansicht der Bf, wonach in Bezug auf diese Regelung im Bebauungsplan kein unheilbarer Widerspruch zur gegenständlichen mit Holzelementen verfüllten Lärmschutzwand in der Höhe von ca. 5 m erblickt werden kann, weil beide Schutzbauten der Abschirmung betrieblicher Lärmimmissionen dienten, kann nicht gefolgt werden. In Ansehung der Regelung betreffend den Inhalt eines Bebauungsplanes in § 32 Oö. ROG 1994 (insbesondere Abs. 2 Z. 10 bis Z. 12) kann ein Bebauungsplan auch gestalterische Vorgaben machen und liegt es wohl auf der Hand, dass eine Lärmschutzwand anders in Erscheinung tritt als ein bepflanzter Erdwall, weshalb dem Verordnungsgeber nicht unterstellt werden kann, dass er – obwohl er explizit von einem Erdwall spricht – auch eine Lärmschutzwand für zulässig erachten wollte.

 

IV.4. Fest steht daher, dass die beschwerdegegenständliche Lärmschutzwand sowohl im Zeitpunkt (zwischen Ende 2003 und 2006), in dem mit deren Errichtung begonnen wurde (Metallsteher/I-Profile samt Fundament und 0,5 m hoher Betonsockel), als auch im Zeitpunkt (2014), in dem diese Metallsteher mit Holzelementen verfüllt wurden, und auch noch im Zeitpunkt dieser verwaltungsgerichtlichen Entscheidung dem hier rechtswirksamen Bebauungsplan „Betriebsbaugebiet L“ widersprochen hat bzw. widerspricht.

 

IV.5. Gemäß § 40 Abs. 8 Oö. ROG 1994 hat die Baubehörde, wenn sie feststellt, dass eine bauliche Anlage nicht entsprechend dem Oö. ROG 1994 ausgeführt wurde oder ausgeführt oder verwendet wird, – soweit nicht eine entsprechende Maßnahme nach der Oö. BauO 1994 zu setzen ist – dem Eigentümer mit Bescheid die Herstellung des rechtmäßigen Zustands innerhalb einer angemessenen Frist aufzutragen.

 

Es kann nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich daher dahingestellt bleiben, ob für die beschwerdegegenständliche Lärmschutzwand ein (für ein Verfahren nach § 49 Oö. BauO 1994 maßgeblicher) Konsens aus dem gewerbebehördlichen Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 22.12.2003 besteht, weil jedenfalls damals wie heute ein Widerspruch zum Bebauungsplan vorliegt und somit ein Handlungsbedarf für die Baubehörde gegeben ist. Die belangte Behörde hat daher unter Hinweis auf den Widerspruch der Lärmschutzwand zum hier maßgeblichen Bebauungsplan zu Recht einen (unbedingten) Beseitigungsauftrag erlassen. Dass dieser gemäß § 25a Abs. 5 Z. 2 Oö. BauO 1994 auf § 49 leg.cit gestützt wurde und das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich diesen Entfernungsauftrag nun auf § 40 Abs. 8 Oö. ROG 1994 stützt, schadet nicht, da die Rechtsfolge dieselbe ist (vgl. insb VwGH 18.11.2014, 2012/05/0186; aber auch VwGH 20.10.2009, 2008/05/0265).

 

V. Im Ergebnis erging von der belangten Behörde daher zu Recht der Auftrag an die Bf, die widmungwidrig errichtete bauliche Anlage auf dem Grundstück Nr. x, EZ x, KG A, zu beseitigen. Die Erfüllungsfrist wurde im Hinblick auf das ebenfalls beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich anhängige Verfahren bezüglich einer weiteren Lärmschutzwand (LVwG-150732-2015) von zwei Monaten auf vier Monate ab Zustellung dieser Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts verlängert. Diese Erfüllungsfrist ist angemessen, da die Frist geeignet ist, der Bf als Leistungspflichtigen unter Anspannung aller ihrer Kräfte nach der Lage des konkreten Falles die Erfüllung der aufgetragenen Leistung zu ermöglichen (vgl. VwGH 27.5.2004, 2003/07/0074 ua). Die Bf konnte daher mit ihrer Beschwerde keine Verletzung in ihren subjektiven Rechten aufzeigen.

 

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Doris Manzenreiter

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VfGH vom 9. Juni 2016, Zl.: E 644/2016-3

Beachte:

Die Revisionen wurden zurückgewiesen.

VwGH vom 29. September 2016, Zl. Ra 2016/05/0078, 0079-3