LVwG-840080/8/Kl/Rd

Linz, 19.02.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Ilse Klempt über den Antrag der G G f W S u T GmbH, X, S, vertreten durch H & B & W Rechtsanwälte OG, x, E, vom 15. Februar 2016 auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Ver­gabeverfahren der Stadtgemeinde R betreffend das Vorhaben "Neubau des H der Stadtgemeinde R, Gewerk: Bade­wasserauf­bereitung",

zu Recht    e r k a n n t :

I.         Dem Antrag wird gemäß § 1, 2, 8 und 11 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 – Oö. VergRSG 2006, LGBl. Nr. 130/2006 idF LGBl. Nr. 90/2013, stattgegeben und der Auftraggeberin Stadtgemeinde R die Erteilung des Zuschlags für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens, längstens aber bis
15. April 2016, untersagt.

 

II.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. 1. Mit Eingabe vom 15. Februar 2016 hat die G G f W S u T GmbH (im Folgenden: Antragstellerin) einen Antrag auf  Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, der Auftraggeberin die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren, zu untersagen, gestellt. Im Übrigen wurde die Zuerkennung der entrichteten Pauschalgebühren in Höhe von insgesamt 4.500 Euro beantragt.

 

Begründend führte die Antragstellerin eingangs hiezu aus, dass das gegenständliche Vergabeverfahren als offenes Verfahren im Unterschwellen­bereich geführt werde.

 

Die Antragstellerin habe ein zulässiges, leistungsfähiges und kompetitives Angebot gelegt.

Am Verfahren haben sich vier Bieter beteiligt und habe am 17.12.2015 die Angebotsöffnung stattgefunden.

Laut Protokoll über die Angebotsöffnung wurden folgende Preise verlesen:

1. W W    966.776,48 Euro

2. G 1.050.836,44 Euro

3. Ing. A 1.248,975,17 Euro

4. A A GmbH    799.728,79 Euro

 

Mit Schreiben datiert mit 8.2.2016, per Fax bei der Antragstellerin eingelangt am 9.2.2016, 7.49 Uhr, habe die ausschreibende Stelle bekanntgegeben, dass beabsichtigt sei, dem Angebot der A A GmbH den Zuschlag erteilen zu wollen. Begründet wurde die Entscheidung damit, dass für die Zu­schlags­entscheidung der geprüfte Gesamtpreis (exkl. USt) von 697.598,79 Euro als niedrigster Preis aller Angebote gewesen sei und die Ausschreibungs­bedin­gungen erfüllt worden seien. Als Ende der Stillhaltefrist wurde der 19.2.2016 benannt.

 

Die Dauer der Stillhaltefrist stehe im Widerspruch zu § 132 Abs.1 BVergG 2006, da nach Durchführung eines Vergabeverfahrens im Unterschwellenbereich sich die Stillhaltefrist auf 7 Tage verkürze. Überdies sei vor allem der Inhalt der mitgeteilten Zuschlagsentscheidung unerklärlich.

 

Laut Protokoll der Angebotsöffnung am 17.12.2015 wurde für das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin ein Preis von 799.728,79 Euro verlesen. Die Auftraggeberin wolle nunmehr auf einen Gesamtpreis von 697.598,79 Euro zuschlagen. Für beide Beträge gelte, dass sie netto, dh exklusive USt, zu verstehen seien. Zwischen dem verlesenen Angebotspreis und dem nach dem Inhalt der Zuschlagsentscheidung geprüften Gesamtpreis klaffe eine Differenz von 102.130 Euro.

 

Eine solch markante Differenz könne kaum durch Rechenfehler des Angebots erklärt werden, wobei nach den Allgemeinen Bestimmungen im vorliegenden Vergabeverfahren x A ein Angebot auszuscheiden wäre, wenn die Summe der Berichtigungen, erhöhend oder vermindernd, 2% oder mehr des ursprünglichen Gesamtpreises ohne USt betragen würde. Sollte sich die Differenz zwischen verlesenem und nun zugeschlagenem Angebotspreis durch Rechen­fehler erklären, wäre die Zuschlagsentscheidung rechtswidrig, da das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin gemäß der zitierten Ausschreibungs­bestimmung auszuscheiden gewesen wäre.

Anderenfalls könne sich ab Angebotsöffnung eine solche markante Preisdifferenz nur durch eine unzulässige Preisverhandlung erklären. Das mache die Zuschlags­entscheidung jedenfalls rechtswidrig, zumal eine solche Nachverhandlung gegen das Diskriminierungsgebot des § 19 Abs.1 BVergG 2006, das Verhandlungsverbot des § 101 Abs.4 BVergG 2006 und die gesetzliche Bindung an ein Angebot iSd § 112 Abs.2 1. Satz BVergG 2006 verstoßen würde. Die Zuschlagsentscheidung sei daher mangelhaft und rechtswidrig.

 

Die Zuschlagsentscheidung sei aber auch noch deshalb rechtswidrig, da gemäß § 123 Abs.2 Z4 BVergG 2006 bei einem Angebot, das für die Zuschlagserteilung in Betracht komme, auch die Angemessenheit der Preise zu prüfen wäre.

 

Bei einem Vergleich des Gesamtpreises der präsumtiven Zuschlagsempfängerin mit jenem des viertgereihten Angebots, ergebe sich, dass das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin um knapp 36% billiger als das Angebot des Viertgereihten sei. In Relation zur Antragstellerin ergebe sich noch immer eine Diskrepanz von knapp 24% und selbst zum zweitgereihten Bieter betrage der Unterschied noch knapp 18%.

 

Bei Angebotsdifferenzen, wie den vorliegenden, hätte jedenfalls eine Pflicht zur Durchführung einer vertieften Angebotsprüfung bestanden und wäre infolge dessen, das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin auszuscheiden gewesen. Ein solch niedriger Angebotspreis wie jener der präsumtiven Zu­schlags­empfängerin könne nur dadurch erklärt werden, dass betriebswirtschaft­lich nicht nachvollziehbare Preise im Angebot angesetzt worden seien.

 

Schließlich verstoße die Zuschlagsentscheidung mit der Wahl der präsumtiven Zuschlagsempfängerin auch gegen die Bestimmung des § 20 Abs.5 BVergG 2006, derzufolge Unternehmer, die an der Erarbeitung der Unterlagen für das Vergabeverfahren unmittelbar oder mittelbar beteiligt waren, sowie mit diesen verbundene Unternehmen, soweit durch ihre Teilnahme ein fairer und lauterer Wettbewerb ausgeschlossen wäre, von der Teilnahme am Vergabeverfahren um die Leistung auszuschließen sind, es sei denn, dass auf deren Beteiligung in begründeten Ausnahmefällen nicht verzichtet werden könne.

Wie den Ausschreibungsunterlagen, namentlich den Plänen der Badewasserauf­bereitung  entnommen werden könne, sei das ausgeschriebene Anlagenschema ein solches der präsumtiven Zuschlagsempfängerin. Das könne durch einen Screenshot vom Plan der Badewasseraufbereitung nachvollzogen werden.

 

Durch diesen Screenshot werde dokumentiert, dass die präsumtive Zuschlags­em­pfängerin auch schon an der Erarbeitung der Unterlagen für das Vergabe­verfahren unmittelbar oder mittelbar beteiligt gewesen sei. Damit habe diese Bieterin einen Wissensvorsprung, der sowohl mit Blick auf eine viel längere zur Verfügung stehende Zeit zur Angebotsausarbeitung, wie auch mit Blick auf die detailliertere Kenntnis der Rahmenbedingungen einen Vorteil mit sich bringe, der einen fairen und lauteren Wettbewerb ausschließe. Da in Österreich auch ausreichend leistungsfähige und befugte Anlagenbauer vorhanden sind, gebe es keinen nachvollziehbaren Grund iSd § 20 Abs.5 BVergG 2006, der einen Ausnahmefall bilden könnte, dessentwegen auf die Beteiligung der präsumtiven Zuschlagsempfängerin nicht hätte verzichtet werden können.

 

Auch aus diesen Gründen sei die Zuschlagsentscheidung mangelhaft und anfechtbar.

 

Zum Schaden wurde vorgebracht, dass die Antragstellerin interessiert sei, im Rahmen eines gesetzeskonform geführten Vergabeverfahrens den Zuschlag zu erhalten. Alle für die Erstellung des Angebots geleisteten Aufwendungen, welche schon bei mehreren tausend Euro liegen würden, wären für den Fall, dass die An­trag­stellerin den Zuschlag nicht erhalten würde, frustriert. Diese Aufwendungen seien ausnahmslos vom Betrieb am weiteren Standort der Antragstellerin in B, x, getragen worden. Ein rechtswidriger Entfall des vorliegenden Auftrages könne sogar die (freilich unerwünschte) Notwendigkeit zu einer personellen Restrukturierung und Redimensionierung dieses Standortes nach sich ziehen. Dazu komme, dass der Antragstellerin die Möglichkeit genom­men werde, Deckungsbeiträge und Gewinnaufschlag aus dem vorliegenden Auftrag zu verdienen. Zudem drohe auch der Verlust eines Referenzprojekts.

 

Dieser Schaden drohe umso konkreter, als nicht nur die angefochtene Zuschlags­entscheidung rechtswidrig sei, weil gegen das Verhandlungsverbot verstoßen worden sei und das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin eigentlich auszuscheiden gewesen wäre, sondern weil auch das Angebot der zweitgereihten Bieterin mit Mängeln behaftet sei, die ihm die Zuschlagsfähigkeit nehmen würde. Auch auf dieses zweitgereihte Angebot könne die Auftraggeberin daher bei gesetzmäßiger Prüfung der Angebote nicht zuschlagen. Vielmehr wäre das Angebot der Antragstellerin jenes, das für eine gesetzmäßige Zuschlagsent­scheidung in Betracht kommen müsse.

 

Die Antragstellerin erachte sich in ihrem Recht auf

- Durchführung eines gesetzmäßigen Vergabeverfahrens,

- Gleichbehandlung aller Bieter bzw Nichtdiskriminierung,

- gesetzmäßige Prüfung aller eingelangten Angebote,

- Durchführung einer vertieften Angebotsprüfung von Angeboten mit ungewöhnlich niedrigen Gesamtpreisen,

- gesetzmäßiger Ausscheidensentscheidung zum Nachteil der präsumtiven Zuschlagsempfängerin,

- gesetzmäßige Zuschlagsentscheidung und gesetzmäßige Bekanntgabe dieser Zuschlagsentscheidung sowie

- Erteilung des Zuschlags zu ihren Gunsten,

verletzt. 

 

Zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung wurde zunächst auf die Ausführungen im Hauptantrag verwiesen. Weiters wurde ausgeführt, dass öffentliche Interessen an der Erlassung der einstweiligen Verfügung nicht entgegenstehen würden. Auch seien die Interessen der Auftraggeberin nicht von einer besonderen Dringlichkeit getragen und werde auch keine Gefahr für Leib und Leben durch eine Verzögerung des Vergabeverfahrens hervorgerufen.

Die Untersagung der Fortführung des Vergabeverfahrens vor allem aber der Zuschlagserteilung sei schließlich das gelindeste Mittel, das geeignet sei, die Ansprüche der Antragstellerin zu schützen, da mit Zuschlagserteilung unum­kehrbare Tatsachen geschaffen würden, die mit Hilfe von Nachprüfungsanträgen nicht mehr beseitigt werden könnten. Es sei daher festzuhalten, dass ein Überwiegen der nachteiligen Folgen der einstweiligen Verfügung undenkbar sei und eine allenfalls vorzunehmende Interessensabwägung zugunsten der Antrag­stellerin ausfallen müsse.   

 

2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat die Stadtgemeinde R als Auftraggeberin am Nachprüfungs­verfahren beteiligt. Mit Stellung­nahme vom 16.2.2016 äußerte sich die Auftraggeberin dahingehend, dass das Gewerk "Badewasseraufbereitung" als offenes Verfahren im Oberschwellen­bereich geführt und die Ausschreibung nicht beeinsprucht wurde. Da das Verfahren im Oberschwellenbereich geführt werde, betrage die Stillhaltefrist 10 Tage. Darüber hinaus betrage die (Pauschal)Gebühr insgesamt 9.000 Euro und nicht wie von der Antragstellerin in Höhe von insgesamt 4.500 Euro zur Einzahlung gebracht wurde. Richtig sei, dass im genannten Verfahren vier Bieter, darunter die A A GmbH (kurz: A) und die Antragstellerin Angebote gelegt haben. Das Ergebnis des  Protokolls über die Angebotsöffnung und das darin ausgewiesene Ergebnis seien von der Antragstellerin richtig wiedergegeben worden. Richtig sei auch, dass mit Fax vom 8.2.2016 die ausschreibende Stelle I G W- u S reg.Gen.mbH (kurz: I), der Umstand, dass dem Angebot von A der Zuschlag erteilt werden sollte, mitgeteilt worden sei. Maßgebend sei der geprüfte Gesamtpreis von 697.598,79 Euro als Billigstpreis.

Dem Angebot, sowohl von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin als auch dem Angebot der Antragstellerin sei eine Bieteranfrage voraus gegangen, in welcher angefragt worden sei, welche der im Leistungsverzeichnis für die Schwallwasser­anlage ausgeschriebenen Positionen, nämlich einerseits als Polypropylenbecken (Pos. 02.66.11.01A bis 02.66.11.07A) und andererseits als Betonbecken und Folienauskleidung (02.66.14.01A) preiswirksam wären. Die Anfrage wurde von der ausschreibende Stelle dahingehend beantwortet,  dass nur eines der beiden Systeme, jenes mit der Folienauskleidung anzupreisen, das andere (Polypro­pylen­becken) als Eventualposition zu sehen sei. Aufgrund dieser Antwort sei von der ausschreibenden Stelle eine Prüfung der angebotenen Preise nach der Hauptposition (Folienauskleidung) vorgenommen worden.

 

Danach habe sich folgende Reihung ergeben:

A A GmbH 697.598,79 Euro

W W GmbH & Co KG 865.941,48 Euro

G G f W S u T GmbH 938.493,02 Euro

Ing. A GesmbH       1.266.467,81 Euro

 

Aufgrund dieser Reihung sei die A als Billigstbieterin ermittelt worden.

Es sei auch beim Angebot der Antragstellerin die Variante der Folienauskleidung als Hauptposition gerechnet worden, weshalb sich auch bei ihr eine Differenz zwischen Preis bei der Angebotsöffnung von 1.050.836,44 Euro zum letztlich gereihten Angebotspreis von 938.493,24 Euro, sohin eine Differenz von 112.343,20 Euro ergeben habe. Die Differenz entspringe sohin weder aus einem Rechenfehler noch auf einer unzulässigen Preisverhandlung.

Seitens der Projektplanerin sei auch die Angemessenheit der Preise im Zuge einer vertieften Angebotsprüfung geprüft worden. A sei schriftlich zur Aufklärung einzelner Positionen aufgefordert worden und wurde diese Aufklärung fristgerecht bis 13.1.2016 geliefert. Die Zuschlagerteilung (richtig wohl: Zuschlagsentscheidung) verstoße auch nicht gegen die Bestimmung des § 20 Abs.5 BVergG 2006.

 

Die Antragstellerin erleide keinen Schaden. Die Antragstellerin stelle in ihrem Antrag zwar Behauptungen auf, ohne diese jedoch in irgendeiner Form unter­mauern,  begründen, beweisen oder glaubhaft machen zu können. Wesentlich sei, dass die Antragstellerin drittgereihte Bieterin sei. Dies mit relativ deutlichem Abstand. Die Antragstellerin habe zwar ausgeführt, auch das Angebot der zweitgereihten Bieterin wäre mit Mängel behaftet, die ihm die Zuschlagsfähigkeit nehme und könne die Auftraggeberin bei gesetzmäßiger Prüfung der Angebote auch auf das zweitgereihte Angebot nicht zuschlagen, lasse aber zur Begründung für diese Behauptung jegliches Vorbringen vermissen. Es gebe nicht den geringsten Hinweis darauf, dass das Angebot der zweitgereihten Bieterin mit Mängeln behaftet sei, die ihm die Zuschlagsfähigkeit nehme. Es sei nicht einmal ansatzweise ausgeführt worden, welche Hinweise es hier geben solle. Die lapidare Behauptung allein beweise weder einen Schaden der Antragstellerin noch mache es einen solchen glaubhaft oder auch nur denkmöglich. Die Antragstellerin würde also auch dann, wenn ihrem Antrag Folge gegeben werden würde, bei Aufhebung des Zuschlages an die präsumtive Zuschlagsempfängerin nicht zum Zuschlag kommen.

 

Die Auftraggeberin beantrage die Zurückweisung des Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, zumal dieser nicht ordnungsgemäß vergebührt worden sei.

 

Bei der Interessenabwägung sei zu berücksichtigen, dass es für den H dringend erforderlich sei, dass seitens des beauftragten Unternehmens mit der Erstellung der Bauangaben (Durchbruchsangaben für den Rohbau) gestartet werde, damit seitens der Architektur die Polierplanung des Bauvorhabens fertiggestellt werden könne. Durch eine Verzögerung von 6 Wochen komme es zu einem verzögerten Baubeginn und somit auch zu einer späteren Inbetriebnahme des H – verbunden mit allen finanziellen Einbußen aus diesem Umstand für den Betreiber.  Darüber hinaus könne durch die Verzögerung die Entscheidung notwendig werden, die Erstellung der Bauangaben ersatzweise durch den Fachplaner durchführen zu lassen, was zu Mehrkosten von rd. 4.000 Euro im Projekt führen würde.

 

Die Auftraggeberin beantragte die Abweisung des Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung mangels Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen.

 

Der Antragstellerin wurde hiezu die Möglichkeit zur Abgabe einer Äußerung eingeräumt, welche auch mit Eingabe vom 18.2.2016 erfolgte. Hinsichtlich Schwellenwert verwies sie auf die Position 00.00.11.01B der Ausschreibungs­unterlage, wonach die Bestimmungen für öffentliche Auftraggeber im Unter­schwellenbereich gelten.     

  

3.  Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 1 Abs.1 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 (Oö. VergRSG 2006) regelt dieses Landesgesetz den Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Auftraggeber in Verfahren nach den bundesrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesen (Vergabeverfahren), die gemäß Art.14b Abs.2 Z2 B-VG in den Vollzugsbereich des Landes fallen.

 

Gemäß Art.14b Abs.2 Z2 lit.a B-VG ist die Vollziehung Landessache hinsichtlich der Vergabe von Aufträgen durch die Gemeinde. Das gegenständliche Nachprüfungsverfahren unterliegt daher den Bestimmungen des Oö. VergRSG 2006.  

 

Gemäß § 2 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 obliegt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die Gewährung von Rechtsschutz gemäß § 1 Abs.1 leg.cit.

 

3.2. Gemäß § 2 Abs.3 Oö. VergRSG 2006 ist das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich bis zur Zuschlagsentscheidung bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen die bundesgesetzlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens und die dazu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht zuständig zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen (§ 2 Z16 lit.a BVergG 2006) des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

 

Der gegenständliche Antrag ist rechtzeitig und zulässig. Die Anwendbarkeit der Bestimmungen für den Oberschwellenbereich oder Unterschwellenbereich wird im Hauptverfahren zu klären sein.

 

3.3. Gemäß § 8 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich auf Antrag durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet scheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers bzw. der Antragstellerin zu beseitigen oder zu verhindern.

 

Gemäß § 11 Abs.1 leg.cit. hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vor Erlassung einer einstweiligen Verfügung die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers bzw. der Antragstellerin, der sonstigen Bewerber oder Bieter bzw. Bewerberinnen oder Bieterinnen und des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf ihre Erlassung abzuweisen.

 

Gemäß § 11 Abs.3 leg.cit. ist in einer einstweiligen Verfügung die Zeit, für welche diese Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Die einstweilige Verfügung tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch mit der Entscheidung über den Antrag auf Nichtigerklärung, in dem die betreffende Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird, außer Kraft.

 

3.4. Bereits zu der vorausgegangenen sinngemäßen Regelung des Bundes­vergabe­gesetzes 1997 führte Elsner, Vergaberecht (1999), auf Seite 86 aus: Die Entscheidung hängt von einer Abwägung der möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers und einem allfälligen besonderen öffentlichen Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens ab. Dabei muss es sich um ein "besonderes" öffentliches Interesse handeln. Es wird nämlich (hoffentlich) bei jeder öffentlichen Auftragsvergabe ein öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens und Vergabe eines Auftrages bestehen. Aber auch daran, dass Vergabeverfahren fehlerfrei ablaufen, besteht öffentliches Interesse. Eine Nichterlassung einstweiliger Verfügungen wird daher nur bei sonstiger Gefahr für Leib und Leben und besonderer Dringlichkeit zulässig sein. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn besondere Interessen der Daseinsvorsorge gefährdet würden.

 

Art.2 Abs.4 Satz 1 (entspricht nunmehr Art.2 Abs.5) der Rechtsmittelrichtlinie darf nicht fälschlicherweise so ausgelegt werden, dass der vorläufige Rechtsschutz regelmäßig leerläuft. Mit diesem Interesse ist nicht das bei jeder Auftragsvergabe bestehende öffentliche Interesse an der zügigen Abwicklung gemeint. Nach der Beschlusspraxis des EuGH kommt es in der Interessens­abwägung maßgeblich darauf an, wer durch sein Verhalten die besondere Dringlichkeit der Auftragsvergabe verursacht hat. Für die öffentlichen Auftrag­geber ergibt sich daraus eine echte Obliegenheit zu rechtzeitig geplanten und durchgeführten Beschaffungsvorgängen. Das Rechtsschutzinteresse des diskrimi­nier­ten Bieters kann insoweit nur vom vorrangigen Schutz überragend wichtiger Rechtsgüter der Allgemeinheit zurückgedrängt werden (vgl. Schenk, Das neue Vergaberecht, 1. Auflage 2001, S. 172f).

 

Auch der Verfassungsgerichtshof hat insbesondere in seiner Entscheidung zu Zl. B 1369/01 vom 15.10.2001 ein öffentliches Interesse im Hinblick auf das Postulat effizienten Einsatzes öffentlicher Mittel in der Sicherstellung einer Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter gesehen, dem die Nachprüfung des Vergabe­verfahrens letztlich dienen soll.

 

3.5. In Anbetracht der Tatsache, dass es sich beim gegenständlichen Vorhaben nicht um eine vordringliche Leistungserbringung handelt, kann daraus geschlossen werden, dass eine Gefährdung von Leib und Leben nicht aktuell ist. Auch trifft die Auftraggeberin im Hinblick auf die Rechtsnatur des Provisorialverfahrens und auf die allgemeine Mitwirkungspflicht der Parteien im Verwaltungsverfahren die Behauptungslast betreffend die gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sprechenden Interessen. Die Auftraggeberin hat im Verfahren konkrete, mit der Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung drohende Nachteile nicht dargelegt, sodass davon auszugehen ist, dass die nachteiligen Folgen des vorläufigen Zuschlagsverbotes nicht überwiegen und daher dem Antrag stattzugeben ist (vgl. BVA 1.12.2000, N-56/00-9).

 

Die Antragstellerin hat denkmöglich ausgeführt, dass ihr durch die behauptete Rechtswidrigkeit der Entgang des Auftrages droht, sohin ein Schaden, der nur durch die vorläufige Untersagung der Zuschlagserteilung abgewendet werden kann. Abgesehen von dem vorausgesetzten öffentlichen Interesse an der Vergabe des gegenständlichen Auftrages ist aber ein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens weder durch die Auftraggeberin vorgebracht worden noch dem Landesverwal­tungsgericht Oberösterreich zur Kenntnis gelangt. Vielmehr ist bei der Interessensabwägung iSd Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu berück­sichtigen, dass die Auftraggeberin ein Interesse an einem rechtmäßigen Ver­gabe­verfahren haben muss. Darüber hinaus ist auf die Rechtsprechung der Vergabe­kontrollinstanzen, dass ein öffentlicher Auftraggeber bei der Erstellung des Zeitplanes für eine Auftragsvergabe die Möglichkeit von Nachprüfungsver­fahren und die damit einhergehende Verzögerung ins Kalkül zu ziehen hat, zu verweisen. Dass sich durch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung eine Verzögerung der Bedarfsdeckung und ein organisatorischer und finanzieller Mehraufwand ergeben können, liegt in der Natur der Sache. Da - wie bereits erwähnt - kein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an einem möglichst raschen Vertragsabschluss geltend gemacht wurde und auch nicht auf der Hand liegt, war dem Antrag stattzugeben.

 

Die im Vorbringen der Antragstellerin behaupteten Rechtswidrigkeiten sind zumindest denkmöglich. Eine Überprüfung, ob die behaupteten Rechtswidrig­keiten auch tatsächlich vorliegen, war im Rahmen des Provisorialverfahrens nicht durchzuführen. Insbesondere ist auch die Frage der Antragslegitimation in einem kontradiktorischen Verfahren zu klären.

 

Die Dauer der Aussetzung der Zuschlagserteilung ergibt sich aus § 11 Abs.3 Oö. VergRSG 2006 iVm § 20 Abs.1 Oö. VergRSG 2006.

Gemäß § 20 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 ist über Anträge auf Nichtigerklärung von Entscheidungen eines Auftraggebers bzw. eine Auftraggeberin unverzüglich, spätestens aber zwei Monate nach Einlangen des Antrages zu entscheiden.

 

Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies, dass für das Landesverwaltungs­gericht Oberösterreich somit die Möglichkeit besteht, die Aussetzung der Zuschlags­erteilung für zwei Monate, auszusprechen.

 

Die einstweilige Verfügung ist gemäß § 11 Abs.4 Oö. VergRSG 2006 sofort vollstreckbar.

 

4. Entrichtung der Pauschalgebühren:

 

Gemäß § 22 Abs.2 zweiter Satz Oö. VergRSG 2006 ist, bezieht sich der Antrag lediglich auf die Vergabe eines Loses, dessen geschätzter Auftragswert den jeweiligen Schwellenwert für den Oberschwellenbereich nicht erreicht, die Pauschalgebühr für das dem Los entsprechende Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich zu entrichten.

 

Als Los im Sinne des Bundesvergabegesetzes gelten auch gewerbliche Tätig­keiten im Sinne des Anhanges I (Gewerke) (§ 14 Abs.1 Satz 2 BVergG 2006).

 

Im gegenständlichen Fall beträgt der von der Auftraggeberin bekannt gegebene geschätzte Auftragswert für das Gewerk Badewasseraufbereitung 750.000 Euro und erreicht dieser Auftragswert somit nicht den Schwellenwert für den Oberschwellenbereich. Die vom Landesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 17.2.2016, LVwG-840079/4/Kl/Rd, LVwG-840080/5/Kl/Rd, geforderte Nachzah­lung der Pauschalgebühren in Höhe von insgesamt 4.500 Euro ist zu Unrecht ergangen, weshalb die Rückerstattung der nachgeforderten Pauschalgebühr in Höhe von 4.500 Euro auf das Konto Nr. x, veranlasst wird.

 

 

II. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art.133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen  durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt oder eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Ilse Klempt