LVwG-190006/3/MK
Linz, 18.02.2016
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Markus Kitzberger über die Beschwerde des Herrn K K, x, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 24. März 2015, GZ: UR01-23-2011, betreffend Verhängung einer Zwangsstrafe
zu Recht e r k a n n t :
1. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Sachverhalt, Verfahrensablauf:
I.1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Weitersfelden vom 28.07.2009, abgeändert durch den Berufungsbescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde Weitersfelden vom 18.12.2009, jeweils gerichtet an den Grundstücksalleineigentümer K K (im Folgenden: Bf), wurde für das Objekt x auf Gst.Nr. x, KG H, die Anschlusspflicht an den öffentlichen Kanal gemäß § 12 Abwasserentsorgungsgesetz 2001 rechtskräftig festgestellt (Spruchpunkt 1.) und die Herstellung der für den Anschluss erforderlichen Einrichtungen binnen drei Monaten nach Rechtskraft vorgeschrieben (Spruchpunkt 2.).
Die dagegen erhobene Vorstellung wurde von der Oö. Landesregierung mit Bescheid vom 22.02.2010 abgewiesen.
I.2. Der Bürgermeister der Marktgemeinde Weitersfelden ersuchte die Bezirkshauptmannschaft Freistadt (im Folgenden: belangte Behörde) mit Schreiben vom 24.02.2011 um Vollstreckung des rechtskräftigen Bescheids.
I.3. Mit Schreiben vom 16.03.2011 drohte die belangte Behörde dem Bf mit der Verhängung einer Zwangsstrafe iHv € 250,-- und verhängte diese in der Folge mit Bescheid vom 03.02.2012.
I.4. Der dagegen erhobenen Berufung wurde mit Bescheid der Oö. Landesregierung vom 27.04.2012 Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben.
Die Oö. Landesregierung begründete ihre Entscheidung im Wesentlichen damit, dass die Herstellung der Kanalisationsanlage eine Leistung sei, die sich auch durch einen Dritten bewerkstelligen lasse. Die Verhängung einer Zwangsstrafe sei daher unzulässig. Vielmehr wäre die geschuldete Leistung durch Ersatzvornahme zu vollstrecken gewesen.
I.5. Dieser Entscheidung folgend drohte die belangte Behörde dem Bf mit Schreiben vom 08.05.2012 die Ersatzvornahme an und ersuchte mehrere Bauunternehmen um Angebotslegung betreffend der umzusetzenden Maßnahmen. Dieser Aufforderung kam nach der Aktenlage keines der ersuchten Unternehmen nach.
I.6. Die belangte Behörde drohte dem Bf daher mit Schreiben vom 17.02.2015 erneut die Verhängung einer Zwangsstrafe an, nunmehr iHv € 500,-.
I.7. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 24.03.2015 verhängte die belangte Behörde die angedrohte Zwangsstrafe iHv € 500,--.
Begründend wird darin ausgeführt, dass die belangte Behörde infolge ihres erfolglosen Bemühens um ein die Ersatzvornahme durchführendes Bauunternehmen davon ausgehe, dass sich die zu vollstreckende Leistung nicht durch einen Dritten bewerkstelligen lasse und daher ungeachtet der Entscheidung der Oö. Landesregierung die Verhängung einer Zwangsstrafe zulässig sei.
In der Präambel des Bescheids nimmt die belangte Behörde auf das Schreiben vom 16.03.2011[Anm.: offenkundig falsches Datum, da die Androhung der Verhängung einer Zwangsstrafe mit Schreiben vom 17.02.2015 erfolgte], in welchem die Verhängung einer Zwangsstrafe angedroht wurde, Bezug.
Der Bescheid wurde nach dem im Akt befindlichen Rückschein am 27.03.2015 durch persönliche Übergabe an den Bf zugestellt.
I.8. Gegen diesen Bescheid richtet sich der Bf mit der nun zu behandelnden Beschwerde vom 24.04.2015 und bringt darin zusammengefasst Folgendes vor:
Die belangte Behörde beziehe sich im angefochtenen Bescheid auf die mit den Bescheiden vom 28.07.2009 bzw. 18.12.2009 festgestellte Anschlusspflicht sowie auf die Abweisung der VwGH-Beschwerde des Bf aus dem Jahr 2014 [Anm.: offenbar gemeint ist das Erk des VwGH vom 08.042014, 2012/05/0103, mit welchem die Abweisung eines Antrags des Bf auf Ausnahme von der Anschlussverpflichtung vom 28.04.2011 bestätigt wurde]. Die belangte Behörde lasse dabei aber außer Acht, dass der Bf noch während des Verfahrens vor dem VwGH am 22.08.2012 erneut einen Antrag auf Ausnahme von der Anschlusspflicht gestellt habe. Dies aufgrund geänderter Tatsachen bei der Betriebsführung. Zwar sei dieser Antrag vom Bürgermeister der Marktgemeinde Weitersfelden mit Bescheid vom 05.02.2013 sowie die dagegen erhobene Berufung vom 11.03.2013 mit Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde Weitersfelden vom 20.02.2013 [Anm.: offenkundig falsches Datum, da auch der Bf ausführt, dass der diesem Bescheid zu Grunde liegende Gemeinderatsbeschluss am 14.06.2013 erfolgte] abgewiesen worden, die hiergegen erhobene Vorstellung habe aber zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides und zur Zurückverweisung der Angelegenheit an den Gemeinderat der Marktgemeinde Weitersfelden mit Bescheid der Oö. Landesregierung vom 13.08.2013 geführt. Bis zum heutigen Tag sei über die Berufung nicht neu entschieden worden.
Abgesehen davon sei der Gemeinderat der Marktgemeinde Weitersfelden über die Fakten zum landwirtschaftlichen Betrieb des Bf informiert: Der Betrieb habe die AMA-Betriebsnummer x, die landwirtschaftlichen Flächen dieses Betriebs seien bereits im März 2012 im Rahmen des AMA-Mehrfachantrags im Invekos GIS von der Bezirksbauernkammer Freistadt digitalisiert worden. Der Bf habe auch in den Jahren 2013 und 2014 einen AMA-Mehrfachantrag gestellt. Am 17.04.2015 sei der Mehrfachantrag 2015 von der Bezirksbauerkammer in die Datenbanken der AMA eingespeist worden. Der AMA-Mehrfachantrag sei ein Vertragswerk, das die Form der Bewirtschaftung landwirtschaftliche Flächen verbindlich regle. Mit Inkrafttreten des neuen ÖPUL Programms 2015 bestehe für die landwirtschaftlichen Flächen des Bf ein detaillierter Bewirtschaftungsvertrag mit der AMA im Rahmen des Programmes für umweltgerechte und biodiversitätsfördernde Bewirtschaftung. Weiter seien die landwirtschaftlichen Flächen im Rahmen der EU-Verordnung Nr. 1306/2013 (Landschaftselemente) digitalisiert, deren Erhalt und Schutz ebenfalls vertraglich festgelegt sei. Bereits seit 2011 sei ein Teil der landwirtschaftlichen Flächen des Bf als ökologisch wertvoll eingestuft worden und unterlagen daher den Bewirtschaftungsbedingung dieses Programmes der Abteilung Naturschutz des Landes Oberösterreich. Obwohl diese Fakten bekannt seien, werde nun mittels Verhängung einer Zwangsstrafe und Ersatzvornahme versucht, vollendete Tatsachen zu schaffen. Dies sei aber ein klarer Rechtsbruch.
Der Bf beantrage daher die Untersuchung der Vertuschung der Fakten und der aktuellen Daten, die seinen landwirtschaftlichen Betrieb dokumentieren, in einer öffentlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht. Weiters beantrage der Bf die unverzügliche Einstellung des Verfahrens, die sofortige Beendigung der bereits Jahre andauernden schikanösen Maßnahmen sowie eine Entschädigung iHv € 1.500,-- aufgrund der entstandenen Aufwendungen.
In einem weiteren Schreiben vom 24. April 2015 beantragte der Bf die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.
Auf dem Kuvert, mit dem die Beschwerde an die belangte Behörde übermittelt wurde, ist ein Aufkleber angebracht, wonach die Sendung bar freigemacht wurde. Der Aufkleber ist mit einer digital erstellten Stampiglie versehen, die mit dem 24.04.2015 datiert ist. Zusätzlich ist das Kuvert mit Briefmarken frankiert. Der darauf aufgebrachte Poststempel trägt das Datum des 27.04.2015.
I.9. Die belangte Behörde legte die Beschwerde dem Oberösterreichischen Landesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
Im Vorlageschreiben wird zusammengefasst ausgeführt, dass der Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Weitersfelden vom 28.07.2009, abgeändert durch den Berufungsbescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde Weitersfelden vom 18.12.2009, zu vollstrecken sei. Auch der Antrag auf Ausnahme von der Kanalanschlussverpflichtung des Bf sei mittlerweile vom VwGH mit Erkenntnis vom 08.04.2014, Zl. 2012/05/0103, abweisend erledigt worden. Ein weiterer Antrag auf Ausnahme von der Kanalanschlusspflicht sei nicht zulässig. Die zitierten – in Rechtskraft erwachsenen Bescheide – seien ungeachtet laufender Verfahren zu vollstrecken. Die neuerliche Verhängung einer Zwangsstrafe begründet die belangte Behörde damit, dass 26 Baufirmen ersucht worden seien, ein Angebot zur Durchführung einer Ersatzvornahme zu legen. Da keine der ersuchten Firmen ein Angebot erstellt habe, sei davon auszugehen, dass eine Handlung zu vollstrecken sei, die sich nicht durch einen Dritten bewerkstelligen lasse.
I.10. Mit Schreiben vom 29.04.2015 brachte der Bf ergänzend vor, dass die Herstellung eines Kanalanschlusses keine eigentümliche unvertretbare Handlung darstelle, er diese mangels Fachwissens nicht erbringen könne und daher die Verhängung einer Zwangsstrafe unzulässig sei. Allein die Tatsache, dass die belangte Behörde keine Baufirma zur Umsetzung der Ersatzvornahme finde, beweise keineswegs, dass sie von einem Fachbetrieb an sich nicht vorgenommen werden könne.
II. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde. Der unter Punkt I. dargestellte Verfahrensgang und Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus dem vorgelegten Akt.
Das Kuvert, mit dem die Beschwerde an die belangte Behörde übermittelt wurde, trägt einen Aufkleber mit Bar-Freimachungsvermerk samt digital erstelltem Rundstempel, datiert mit dem 24. April 2015. Da dieser Aufkleber offenbar anlässlich der Übergabe der Sendung bei der Post gegen Bezahlung der Portogebühr angebracht wurde, ist – auch aus Gründen des Rechtschutzes – davon auszugehen, dass die Beschwerde mit diesem Datum eingebracht wurde.
Da der entscheidungswesentliche Sachverhalt bereits nach der Aktenlage hinreichend geklärt war und in der Beschwerde ausschließlich Rechtsfragen aufgeworfen wurden, zu deren Lösung auch im Sinne der Judikatur des EGMR eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist, konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG von der Durchführung der beantragten öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden (vgl. dazu allgemein VwGH 06.11.2013, 2011/05/0007; 15.05.2014, 2012/05/0089; 09.10.2014, Ro 2014/05/0076; und zu Vollstreckungsverfahren im Besonderen VwGH 16.03.2012, 2010/05/0090 sowie 24.01.2013, 2011/06/0184).
III. Für die Beurteilung der hier relevanten Rechtsfragen sind insbesondere nachstehende Bestimmungen zu berücksichtigen:
III.1. In der Sache (Vollstreckungsverfahren):
Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 (VVG) BGBl. Nr. 53/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 33/2013 lauten auszugsweise:
„Erzwingung anderer Leistungen und Unterlassungen
a) Ersatzvornahme
§ 4. (1) Wenn der zu einer Arbeits- oder Naturalleistung Verpflichtete dieser Pflicht gar nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit nachgekommen ist, so kann die mangelnde Leistung nach vorheriger Androhung auf Gefahr und Kosten des Verpflichteten bewerkstelligt werden.
[...]
b) Zwangsstrafen
§ 5. (1) Die Verpflichtung zu einer Duldung oder Unterlassung oder zu einer Handlung, die sich wegen ihrer eigentümlichen Beschaffenheit nicht durch einen Dritten bewerkstelligen läßt, wird dadurch vollstreckt, daß der Verpflichtete von der Vollstreckungsbehörde durch Geldstrafen oder durch Haft zur Erfüllung seiner Pflicht angehalten wird.
(2) Die Vollstreckung hat mit der Androhung des für den Fall des Zuwiderhandelns oder der Säumnis zur Anwendung kommenden Nachteiles zu beginnen. Das angedrohte Zwangsmittel ist beim ersten Zuwiderhandeln oder nach fruchtlosem Ablauf der für die Vornahme der Handlung gesetzten Frist sofort zu vollziehen. Gleichzeitig ist für den Fall der Wiederholung oder des weiteren Verzuges ein stets schärferes Zwangsmittel anzudrohen. Ein angedrohtes Zwangsmittel ist nicht mehr zu vollziehen, sobald der Verpflichtung entsprochen ist.
(3) Die Zwangsmittel dürfen in jedem einzelnen Fall an Geld den Betrag von 726 Euro, an Haft die Dauer von vier Wochen nicht übersteigen.
[...]
Verfahren
§ 10. (1) Auf das Vollstreckungsverfahren sind, soweit sich aus diesem Bundesgesetz nicht anderes ergibt, der I. Teil, hinsichtlich der Rechtsmittelbelehrung die §§ 58 Abs. 1 und 61 und der 2. und 3. Abschnitt des IV. Teiles des AVG sinngemäß anzuwenden.
(2) Die Beschwerde beim Verwaltungsgericht gegen die Vollstreckungsverfügung hat keine aufschiebende Wirkung.“
Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Oö. Abwasserentsorgungsgesetzes 2001 (Oö. AEG 2001) LGBl. Nr. 27/2001, zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 94/2015 lauten auszugsweise:
„§ 2
Begriffsbestimmungen; Abgrenzung
(1) Im Sinn dieses Landesgesetzes bedeutet:
[...]
12. Hauskanalanlage: Entsorgungsleitung von der Außenmauer des zu entsorgenden Objekts bis zur öffentlichen Kanalisation einschließlich der dazugehörigen Hebeanlagen, Pumpwerke und Schächte, die ausschließlich der Entsorgung des einzelnen Objekts dienen, sofern diese Einrichtungen nicht von der wasserrechtlichen Bewilligung für die öffentliche Kanalisation erfasst sind; der Hauskanal bildet bis zu seiner Einmündung in die öffentliche Kanalisation einen Bestandteil des zu entsorgenden Objekts;
[...]
§ 12
Anschlusspflicht
(1) Für Objekte besteht Anschlusspflicht an die öffentliche Kanalisation, wenn
1. die Abwässer nach Maßgabe der Einleitungsbedingungen in die öffentliche Kanalisation eingeleitet werden dürfen und
2. die kürzeste, in Luftlinie gemessene Entfernung zwischen dem Messpunkt des Objekts und dem für den Anschluss in Betracht kommenden Kanalstrang nicht mehr als 50 Meter beträgt; der Messpunkt wird ermittelt, indem der am weitesten in Richtung Kanalstrang vorspringende Teil des Objekts auf den Erdboden projeziert wird.
[...]
§ 13
Ausnahmen von der Anschlusspflicht
(1) Die Behörde hat land- und forstwirtschaftliche Objekte oder Objektteile über Antrag des Eigentümers mit Bescheid von der Anschlusspflicht auszunehmen, wenn [...]
Für das Vorliegen eines land- und forstwirtschaftlichen Objekts oder Objektteils ist das Bestehen eines aktiven land- und forstwirtschaftlichen Betriebs erforderlich. Ein solcher liegt vor, wenn betriebliche Merkmale wie eine planvolle und grundsätzlich auf die Erzielung von Einnahmen gerichtete nachhaltige Tätigkeit nachgewiesen werden können, die zumindest die Annahme eines nebenberuflichen Landwirtschaftsbetriebs rechtfertigen. Von der rein technischen Ausführung landwirtschaftlicher Tätigkeiten (wie zB Mähen kleiner Wiesenflächen) ist keine Betriebseigenschaft ableitbar.
[...]“
Die hier maßgebliche Bestimmung der Oö BauO 1994 LGBl.Nr. 66/1994, zuletzt geändert durch LGBl.Nr. 90/2013 lautet auszugsweise:
„§ 25
Anzeigepflichtige Bauvorhaben
(1) Folgende Bauvorhaben sind der Baubehörde vor Beginn der Bauausführung anzuzeigen (Bauanzeige), soweit § 26 nichts anderes bestimmt:
[...]
4. die Errichtung oder wesentliche (umbaugleiche) Änderung von
a) Hauskanalanlagen im Sinn des § 2 Abs. 1 Z 12 Oö. Abwasserentsorgungsgesetz 2001;
[...]“
III.2. Verfahren vor dem Verwaltungsgericht:
Gemäß § 24 Abs.4 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG),
BGBl. I. 33/2013, kann das Verwaltungsgericht, sofern durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrages von der Durchführung einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art.6 Abs.1 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.
Nach § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid […] auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3) […] zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
IV. Das Landesverwaltungsgericht hat erwogen:
IV.1. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 24.03.2015 verhängte Zwangsstrafe aufgrund des unbestrittenen Umstandes, dass der Bf der ihm mit dem eingangs erwähnten rechtskräftigen Titelbescheid (idF) des Gemeinderats der Marktgemeinde Weitersfelden vom 18.12.2009 auferlegten Verpflichtung zur Herstellung eines Kanalanschlusses bislang nicht nachgekommen ist.
Der Bf sieht sich dadurch insofern in seinen Rechten als verletzt, als seines Erachtens die Verhängung einer Zwangsstrafe rechtswidrig erfolgt sei.
IV.2. Vorweg ist festzuhalten, dass trotz der in der Präambel des angefochtenen Bescheids erfolgten Bezugnahme auf die Androhung der Verhängung einer Zwangsstrafe vom 16.03.2011 davon auszugehen ist, dass die Behörde die mit Schreiben vom 17.02.2015 angedrohte Zwangsstrafe verhängt hat. Dies ergibt sich schon aus dem zeitlichen Zusammenhang und der nur damit übereinstimmenden Höhe der Zwangsstrafe.
Die Nennung des falschen Schreibens bzw. bloß des falschen Datums stellt eine offenbar auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeit dar, die gemäß § 62 Abs. 4 AVG jederzeit hätte berichtigt werden können. Der angefochtene Bescheid ist auch vor einer Berichtigung bereits in der entsprechenden Fassung zu lesen (vgl. VwGH 18.09.2013, 2011/03/0155; 26. Juni 2014, 2013/03/0055).
IV.3. Gemäß § 5 Abs. 1 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes 1991 (VVG) wird die Verpflichtung zu einer Duldung oder Unterlassung oder zu einer Handlung, die sich wegen ihrer eigentümlichen Beschaffenheit nicht durch einen Dritten bewerkstelligen lässt, dadurch vollstreckt, dass der Verpflichtete von der Vollstreckungsbehörde durch Geldstrafen oder durch Haft zur Erfüllung seiner Pflicht angehalten wird.
Inhalt des Spruchpunkt 2. des rechtskräftigen Titelbescheids ist die Verpflichtung, die für den Kanalanschluss erforderlichen Einrichtungen herzustellen. Gemäß § 25 Abs. 1 Z 4 lit. a Oö. BauO 1994 ist die Errichtung oder wesentliche Änderung von Hauskanalanlagen iSd § 2 Abs. 1 Z 12 Oö. AEG 2001 anzeigepflichtig.
Zwar kann die Herstellung des Kanalanschlusses an sich grundsätzlich auch durch einen Dritten vorgenommen werden, die Erstattung der erforderlichen Bauanzeige kann jedoch nicht durch Ersatzvornahme vollzogen werden. Die belangte Behörde ist daher im Ergebnis im Recht, wenn sie davon ausgeht, dass es sich bei der hier verfahrensgegenständlichen Verpflichtung – da der verfahrensgegenständliche baupolizeiliche Auftrag eine Verpflichtung zu einer Handlung iSd § 5 Abs. 1 VVG enthält – um eine Verpflichtung handelt die im Wege der Verhängung von Zwangsstrafen zu vollstrecken ist (vgl. insofern vergleichbar zum Salzburger BauPolG VwGH 29.11.2005, 2003/06/0202, sowie VwGH 09.10.2014, 2013/05/0110). Dies insbesondere deshalb, weil – ebenso wie nach der dem oa Erkenntnis zu Grunde liegenden Rechtslage im Land Salzburg – keinerlei Ausnahmebestimmungen von der Anzeigepflicht im Zusammenhang mit der Herstellung der betreffenden baulichen Maßnahme auf Grund eines baupolizeilichen Auftrags bestehen. Vor diesem Hintergrund sind sowohl der aufsichtsbehördliche Bescheid vom 27.04.2012, UR-2010-3959/13-Lu/Kl, sowie die darauf basierende weitere Vorgangsweise der belangten Behörde materiell verfehlt. Zur Klarstellung sei noch erwähnt, dass zu letzterer das erkennende Gericht darüber hinaus die Auffassung vertritt, dass aus (zweifellos gegebenen) faktischen Schwierigkeiten bei der Einholung von Offerten für die im Rahmen der Ersatzvornahme durchzuführenden Arbeiten (noch) keine „erwiesene“ Unmöglichkeit derselben abgeleitet werden kann (vgl. VwGH vom 27.01.2003, 2001/10/0100 im Zusammenhang mit einem vergleichbar heranzuziehenden beträchtlichen Kostenaufwand). Im hier vorliegenden Fall kommt dieser Beurteilung aber keine Bedeutung zu.
IV.4. Bei dem angefochtenen Bescheid, mit dem eine Zwangsstrafe verhängt wurde, handelt es sich um eine Vollstreckungsverfügung (vgl. VwGH 13.10.2011, 2010/07/0022). Nach § 10 Abs. 2 VVG idF vor der Novelle, BGBl. I Nr. 33/2013, konnte die Berufung gegen eine Vollstreckungsverfügung nur aus folgenden Gründen ergriffen werden:
· Die Vollstreckung ist unzulässig;
· die Vollstreckungsverfügung stimmt mit dem zu vollstreckenden Bescheid nicht überein;
· die angeordneten oder angewendeten Zwangsmittel sind im Gesetz nicht zugelassen oder stehen mit § 2 VVG im Widerspruch.
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vertritt die Auffassung, dass diese Beschränkungen des § 10 Abs. 2 VVG aF und die dazu ergangene Judikatur des VwGH auf die hier vorliegende Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich übertragbar sind (vgl. Wielinger, Einführung in das österreichische Verwaltungsverfahrensrecht und das Recht der österreichischen Verwaltungsgerichtsbarkeit [2014], 214). In der Beschwerde muss somit das Vorliegen eines Beschwerdegrundes iSd § 10 Abs. 2 VVG aF behauptet und begründet werden (vgl. sinngemäß VwGH 26.01.2006, 2005/07/0114 zu § 10 Abs. 2 VVG aF).
Eine Beschwerde gegen eine Vollstreckungsverfügung ist demzufolge nur zulässig, wenn kein entsprechender Titelbescheid vorliegt, wenn ein solcher dem Verpflichteten gegenüber nicht wirksam ist oder wenn der Verpflichtung innerhalb der festgesetzten Frist oder doch bis zur Einleitung des Vollstreckungsverfahrens bereits entsprochen wurde. Unzulässig ist eine Vollstreckung auch dann, wenn sich nach der Entstehung des Exekutionstitels die rechtlichen oder tatsächlichen Verhältnisse in einem wesentlichen Punkt geändert haben und damit die objektiven Grenzen der Bescheidwirkungen andere geworden sind, sohin wenn der Bescheid (auf Grund einer wesentlichen Änderung der Sach- und Rechtslage) nicht mehr in derselben Form ergehen dürfte (vgl. dazu etwa VwGH 17.06.2013, 2010/11/0157; 27.10.2014, 2013/04/0079; 26.11.2014, 2013/05/0035, uva).
Keinen Beschwerdegrund bilden dementgegen Umstände, über die im Titelbescheid bereits rechtskräftig entschieden wurde und daher im Vollstreckungsverfahren vom Verpflichteten wegen der Rechtskraftwirkung des Titelbescheides nicht mehr aufgerollt werden können. Folglich ist es ausgeschlossen, im Zuge des Vollstreckungsverfahrens Einwendungen vorzubringen, die sich gegen den Titelbescheid richten (vgl. VwGH 28.10.2013, 2011/05/0152; 08.04.2014, 2012/05/0112, uva).
IV.5. Soweit aus der Beschwerde erkennbar, versucht der Bf darzulegen, dass die betroffene Liegenschaft Teil eines landwirtschaftlichen Betriebs und aus diesem Grund von der Kanalanschlussverpflichtung gemäß § 13 Oö. AEG 2001 befreit sei, weshalb auch ein Verfahren bei der Gemeinde anhängig sei. Wenn überhaupt, ist darin das Vorbringen zu erkennen, dass sich seit dem Zeitpunkt der Fällung des rechtskräftigen Titelbescheids die Sach- und Rechtslage geändert habe. Diesem Vorbringen kommt jedoch aus folgenden Gründen keine Bedeutung zu:
Das Bestehen einer Anschlussverpflichtung gemäß § 12 Oö. AEG 2001 stellt (unter anderem) eine Voraussetzung dafür dar, eine Ausnahme von dieser Anschlussverpflichtung gemäß § 13 Oö. AEG 2001 bescheidmäßig auszusprechen. Der Bf stellt demzufolge das Bestehen der Voraussetzungen der Anschlusspflicht aber gar nicht in Abrede. Es werden keine Umstände vorgebracht, die eine derartige Änderung der Sach- und Rechtslage darlegen, wonach der der Vollstreckung zugrunde liegende Titelbescheid nicht mehr ergehen dürfte. Allein der Umstand, dass der Gemeinderat der Marktgemeinde Weitersfelden über den Antrag des Bf auf Ausnahme von der Anschlussverpflichtung noch nicht (erneut) entschieden hat, ändert nichts an dessen Rechtskraft und Vollstreckbarkeit des Titelbescheides des Bürgermeisters der Marktgemeinde Weitersfelden vom 28.07.2009, abgeändert durch den Berufungsbescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde Weitersfelden vom 18.12.2009. Eine neuerliche Antragstellung ist daher weder geeignet, die Vollstreckung unzulässig zu machen, noch stellt dies eine wesentliche Änderung der Sach- und Rechtslage in Bezug auf die Vollstreckung des Titelbescheids dar (vgl. insofern vergleichbar zur Rechtslage nach dem Wr. KEG: VwGH 25.03.2013, 2009/05/0156).
In der Sache ist nicht nachvollziehbar, inwiefern allfällige landwirtschaftliche Subventionsverfahren (AMA) bei der Beurteilung der gegenständlichen Vollstreckungsverfügung beachtlich wären. Das diesbezügliche Vorbringen des Bf geht folglich ins Leere.
IV.6. Nur ergänzend – da aus den dargelegten Gründen nicht entscheidungsrelevant - ist auszuführen, dass auch die vom Bf ins Treffen geführte Entscheidung der Oö. Landesregierung vom 13.08.2013 die Zulässigkeit der gegenständlichen Vollstreckung nicht berührt:
Die Oö. Landesregierung hob den Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde Weitersfelden, mit welchem der (neuerliche) Antrag des Bf auf Ausnahme von der Anschlussverpflichtung vom 22. August 2011 gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen wurde, lediglich deshalb auf, weil sie die Voraussetzungen für diese bloß verfahrensrechtliche Entscheidung als nicht gegeben erachtete. Damit ist für den Bf aber nichts gewonnen. Denn weder ist darin – entgegen der augenscheinlichen Ansicht des Bf – ein Abspruch über das Vorliegen der materiellen Voraussetzungen der Ausnahme von der Anschlussverpflichtung zu sehen, noch kann der Begründung des Bescheids dahingehend eine Aussage entnommen werden.
Dementgegen zeigt sich, dass der Verwaltungsgerichtshof die vom Bf vorgebrachten Umstände im Wesentlichen allesamt bereits seiner rechtlichen Beurteilung im Verfahren betreffend dem (ersten) Antrag des Bf auf Ausnahme von der Anschlussverpflichtung vom 28. April 2011 zugrunde gelegt hat und dennoch die Voraussetzungen hierfür nicht als gegeben erachtete (vgl. VwGH 8. April 2015, 2012/05/0103).
IV.7. Der Bf bringt weiters vor, dass er selbst nicht über das nötige Fachwissen verfüge, die geforderte Leistung zu erbringen. Dies ist aber nicht weiter von Belang. Vielmehr ist er gehalten, alle ihm in der gegebenen Situation möglichen und zumutbaren Schritte zu unternehmen, seiner Verpflichtung nachzukommen (vgl. sinngemäß VwGH 28. Februar 2012, 2010/05/0106; 26. September 2013, 2013/07/0083). Eine für den Verpflichteten bestehende Unmöglichkeit der Leistung bewirkt nicht die Unzulässigkeit einer Vollstreckung durch Ersatzvornahme, weil diese Vollstreckungsform der Herstellung des bescheidmäßig aufgetragenen Zustandes im Wege des Verwaltungszwanges für alle jene Fälle dient, in denen der Verpflichtete nicht willens oder nicht in der Lage ist, die geschuldete, ihrer eigentümlichen Beschaffenheit nach auch durch einen Dritten zu bewerkstellende Leistung zu erbringen (VwGH vom 26.02.2015, 2011/07/0155).
Dies umfasst jedenfalls auch die Herstellung des Kanalanschlusses durch (beauftragte) Dritte ungeachtet der allenfalls damit verbundenen Kosten.
IV.8. Abschließend ist festzuhalten, dass "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem VwG - ungeachtet des durch § 27 VwGVG vorgegebenen Prüfumfangs - nur jene Angelegenheit ist, die den Inhalt des Spruchs des Bescheids der vor dem VwG belangten Behörde gebildet hat (vgl. VwGH 17.12.2014, Ra 2014/03/0049 sowie VwGH 18.12.2014, Ra 2014/07/0002 zur Übertragbarkeit der zu § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Rechtsprechung auf das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten) - im vorliegenden Fall sohin nur die Verhängung einer Zwangsstrafe.
Keinesfalls ist daher über die ansonsten in der Beschwerde gestellten Anträge auf „Untersuchung der Vertuschung“ und „Beendigung der bereits Jahre andauernden schikanösen Maßnahmen“ inhaltlich einzugehen. Auch Schadenersatzforderungen können im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht geltend gemacht werden.
IV.9. Durch die hier getroffene meritorische Entscheidung erübrigt sich von vornherein ein Abspruch über die beantragte Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Anzumerken ist jedoch, dass gemäß § 10 Abs. 2 VVG der Beschwerde gegen eine Vollstreckungsverfügung grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung zukommt. Eine solche hätte vom Verwaltungsgericht daher auch gar nicht zuerkannt werden können.
V. Im Ergebnis konnte die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids aufzeigen, weshalb sie als unbegründet abzuweisen war.
VI. Zulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist zulässig, da im gegenständlichen Verfahren eine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil ‑ soweit erkennbar ‑ eine Rechtsprechung des VwGH zu der Frage fehlt, ob die Beschränkungen des § 10 Abs. 2 VVG idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 33/2013 und die dazu ergangene Judikatur des VwGH auf das Beschwerdeverfahren vor den Verwaltungsgerichten übertragbar sind.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer ordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,-- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Markus Kitzberger
Beachte:
Die Revision wurde zurückgewiesen.
VwGH vom 26. April 2017, Zl.: Ro 2016/05/0012-3