LVwG-601233/2/MZ
Linz, 16.02.2016
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Dr. Markus Zeinhofer über die Beschwerde des M A, geb x 1976, L, M, gegen das als Straferkenntnis bezeichnete Schriftstück der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 19.1.2016, GZ: VerkR96-27-2016, betreffend Übertretungen des Kraftfahrgesetzes, den
B E S C H L U S S
gefasst:
I. Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.
II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Mit als Straferkenntnis bezeichnetem Schriftstück der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 19.1.2016, GZ: VerkR96-27-2016, wurde der Bf wegen Übertretungen des § 134 Abs 1 KFG 1967 in Verbindung mit Art 8 Abs 1 und 2 EG-VO 561/2006 bzw in Verbindung mit Art 15 Abs 7 und 8 EG-VO 3821/85 belangt.
Am Ende des Schriftstückes findet sich folgende Fertigungsklausel:
„Für den Bezirkshauptmann
F“
Handschriftlich ist im Leerraum zwischen den beiden letzten Zeilen ein Gebilde angebracht, welches keinerlei Ähnlichkeit mit einem Buchstaben des lateinischen bzw deutschen Alphabetes, geschweige denn mit dem in Druckschrift angebrachten Namen aufweist.
II. Gegen Spruchpunkt 2. des in vorigem Punkt genannten Schreibens erhob der Bf rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde.
III. a) Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat die Beschwerde unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsstrafaktes dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt. Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung (Art 130 Abs 1 Z 1 iVm 131 Abs 1 B-VG iVm §§ 3 und 15 VwGVG). Gemäß Art 135 Abs 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.
b) Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs 2 VwGVG Abstand genommen werden, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass die Beschwerde zurückzuweisen ist.
IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:
a) Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG sieht „gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde“ das Rechtsmittel der Beschwerde vor. Im ggst Verfahren ist jedoch nicht davon auszugehen, dass ein Bescheid und damit ein für ein Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ausreichender Beschwerdegegenstand vorliegt.
b) Gemäß § 18 Abs 3 AVG sind schriftliche Erledigungen vom Genehmigungsberechtigten mit seiner Unterschrift zu genehmigen; wurde die Erledigung elektronisch erstellt, kann an die Stelle dieser Unterschrift ein Verfahren zum Nachweis der Identität (§ 2 Z 1 E-GovG) des Genehmigenden und der Authentizität (§ 2 Z 5 E-GovG) der Erledigung treten.
c.1) Gemäß § 18 Abs 3 AVG erfolgt die Genehmigung einer schriftlichen Erledigung somit grundsätzlich durch die – eigenhändige (vgl VwGH 15.12.2010, 2009/12/0195) – Unterschrift des Genehmigungsberechtigten. Wo auf dem Original die Unterschrift des Genehmigenden platziert ist, ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ohne Belang (vgl VwGH 13.12.2000, 98/04/0148).
c.2) Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Unterschrift ein Gebilde aus Buchstaben einer üblichen Schrift, aus der ein Dritter, der den Namen des Unterzeichnenden kennt, diesen Namen noch herauslesen kann; es ist also nicht erforderlich, dass die Unterschrift „lesbar“ ist, jedoch muss es sich um einen die Identität des Unterschreibenden ausreichend kennzeichnenden, individuellen Schriftzug handeln, der entsprechende charakteristische Merkmale aufweist und sich als Unterschrift eines Namens darstellt (VwGH 22.3.1991, 86/18/0213; 6.4.1996, 91/10/0009; 28.4.2008, 2007/12/0168)).
Anhand dieser Kriterien sind jene Fälle zu beurteilen, in denen die Anzahl der Schriftzeichen der Anzahl der Buchstaben des Namens nicht entspricht (zur grundsätzlichen Vereinbarkeit mit dem Begriff der Unterschrift siehe VwGH 4.9.2000, 98/10/0013; 27. 9. 2005, 2004/06/0217), sondern das Schriftstück etwa lediglich ein „Namenskürzel“ aufweist (vgl VwGH 28.4.2008, 2007/12/0168; die Qualität einer „Paraphe“ als Unterschrift [pauschal] verneinend VwGH 4.9.2000, 98/10/0013).
Die im von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt enthaltene Urschrift des in Rede stehenden Straferkenntnisses weist – wie in Punkt I dargelegt – lediglich ein Gebilde auf, welches keinerlei Ähnlichkeit mit einem Buchstaben des lateinischen bzw deutschen Alphabetes besitzt. Bestenfalls könnte man von einer Paraphe, also einem auf wenige Zeichen (Initialen) verkürztes Namenszeichen ausgehen. Solch ein Kürzel weist jedoch – wie der dargestellten höchstgerichtlichen Rechtsprechung zu entnehmen ist – nicht genug Merkmale auf, um als sicheres Authentifizierungsmerkmal dienen zu können.
Von einer eigenhändigen Unterschrift des Genehmigenden kann daher im vorliegenden Fall nicht ausgegangen werden.
d.1) Die behördeninterne Genehmigung einer Entscheidung muss jedoch nicht notwendigerweise in der Form erfolgen, dass eine Urschrift der Erledigung vom Genehmigenden unterschrieben wird. Im Sinne des Einsatzes neuer Technologien (vgl VwGH 6.2.1996, 95/20/0019) bzw elektronischer Aktensysteme (VwGH 24.10.2007, 2007/21/0216) sieht das AVG anstelle der Unterfertigung eines papierenen Schriftstücks auch andere Möglichkeiten der Zuordnung der Genehmigung zu einem Organwalter vor. Dementsprechend enthält auch § 18 Abs 3 zweiter Halbsatz AVG Privilegien für elektronisch erstellte Erledigungen. Um solche handelt es sich bereits, wenn sie unter Verwendung eines Textverarbeitungsprogramms geschrieben wurden (vgl VwGH 31.3.2009, 2007/06/0189; 3.5.2011, 2009/05/0012 mwN).
Wurde die Erledigung elektronisch erstellt, so sieht § 18 Abs 3 zweiter Halbsatz AVG an Stelle der Unterschrift die Möglichkeit eines Verfahrens zum Nachweis der Identität (§ 2 Z 1 E-GovG) des Genehmigenden und der Authentizität
(§ 2 Z 5 leg cit) des Inhalts der Erledigung vor. Zu diesem Zweck kann eine Amtssignatur verwendet werden, was aber nicht zwingend erforderlich ist. Je nach technisch-organisatorischer Umsetzung in einem elektronischen Aktenverwaltungssystem der Behörde kann die Identität bspw auch durch ein Berechtigungs- und Rollenkonzept und die Authentizität durch einen Änderungsschutz oder die gesicherte Nachvollziehbarkeit von an Dokumenten vorgenommenen Änderungen gewährleistet sein (siehe RV 294 BlgNR 23. GP,
12 f).
Im Ergebnis muss also nach dem AVG weiterhin jede (Urschrift einer) Erledigung einem bestimmten Menschen (Organwalter) zurechenbar bleiben (vgl VwGH 24.10.2007, 2007/21/0216; 28.4.2008, 2007/12/0168). Andernfalls kommt eine Erledigung (dieser Behörde) selbst dann nicht zustande, wenn ihre Ausfertigung § 18 Abs 4 AVG genügt (VwGH 29. 11. 2011, 2010/10/0252).
d.2) Das gegenständliche Schreiben stellt zwar unzweifelhaft eine elektronisch erstellte Erledigung im Sinne des § 18 Abs 3 AVG dar. Um im Sinne des vorigen Absatzes dem am Ende des Schreibens genannten Organwalter zugerechnet werden zu können, müsste daher ein Nachweis über die Identität desselben und darüber hinaus ein Nachweis über die Authentizität des Inhalts der Erledigung gegeben sein.
Dies ist jedoch nicht der Fall: Es wird weder eine Amtssignatur verwendet noch kann die Identität durch ein Berechtigungs- und Rollenkonzept bzw die Authentizität durch einen Änderungsschutz oder die gesicherte Nachvollzieh-barkeit von an Dokumenten vorgenommenen Änderungen festgestellt werden.
e) Vor dem Hintergrund der dargelegten Überlegungen ist somit davon auszugehen, dass es dem Schreiben am konstitutiven Merkmal der Unterschrift des für den Bezirkshauptmann des Bezirks Wels-Land tätig werdenden Organwalters mangelt und es damit nicht existent geworden ist. Ein tauglicher Beschwerdegegenstand für ein verwaltungsgerichtliches Verfahren ist daher nicht gegeben, weshalb die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen ist.
f) Abschließend sei angemerkt, dass die belangte Behörde bei Erlassung des Straferkenntnisses nicht die im verfahrensgegenständlichen Schreiben angeführten, veralteten europarechtlichen Vorschriften sondern jene, welche im Tatzeitpunkt Geltung entfalteten, anzuwenden wird haben und diese – um für den Adressaten und etwaige nachfolgend befasste Stellen Nachvollziehbarkeit zu gewährleisten – im Straferkenntnis wiedergeben sollte.
V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da die gegenständliche Entscheidung der zitierten und nicht uneinheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der Unterschrift von Erledigungen vollinhaltlich entspricht.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. Markus Zeinhofer