LVwG-300896/6/KLi/JB

Linz, 19.02.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Lidauer über die Beschwerde vom 18. Dezember 2015 des X.C., geb. x, x, L., vertreten durch Dr. P.L., Rechtsanwalt, x, L., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 23. November 2015, GZ. SV96-44-2014, wegen Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, von der Verhängung einer Strafe abgesehen und dem Beschwerdeführer –  ohne Vorschreibung von Verfahrenskosten – eine Ermahnung gem. § 38 VwGVG iVm § 45 Abs. 1 Z 4 VStG erteilt.

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 23. November 2015, GZ. SV96-44-2014, wurde dem Beschwerdeführer vorgeworfen, er habe es als Geschäftsführer, und somit als das zur Vertretung nach Außen berufene Organ und gem. § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich verantwortliche Person der Firma S. GmbH, mit Sitz in L., x, zu verantworten, dass die genannte Firma als Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG Herrn Z.P., geb. x, bei welchem es sich um eine in der Kranken­versicherung (vollversicherte) pflichtversicherte Person handle, im Zeitraum vom 28.06.2013 bis 28.08.2013 und von 02.12.2013 bis 27.03.2014 als Koch, somit als Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG beschäftigt habe und, obwohl dieser Dienstnehmer nicht von der Vollversicherung gem. § 5 ASVG ausgenommen und somit in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung (vollversichert)versichert sei, hierüber keine zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete Meldung bei der OÖ. GKK, 4020 Linz, Gruberstraße 77, als zuständigem Krankenversicherungsträger, vor Arbeitsantritt erstattet habe.

 

Er habe dadurch §§ 33 Abs. 1 iVm § 111 Abs. 1 Z 1 ASVG verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretung werde über den Beschwerdeführer gem. § 111 Abs. 2 ASVG eine Geldstrafe von 2.180 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 112 Stunden verhängt. Darüber hinaus werde der Beschwerdeführer verpflichtet, einen Betrag von 218 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten.

 

Begründend führte die belangte Behörde aus, mit Strafantrag der Finanzpolizei Team 40 (Finanzamt Linz) vom 09.04.2014, GZ. 046/10527/12/4014, sei nachfolgender Sachverhalt mitgeteilt worden: Am 27.03.2014 um 13.15 Uhr sei durch die Finanzpolizei Linz Team 40 eine Kontrolle auf Einhaltung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes in der Firma S. GmbH, x, L., durchgeführt worden. Bei dieser Kontrolle sei ein augenscheinlich asiatisch aussehender Mann im Lebensmittellager hinter Schachteln versteckt angetroffen worden. Dieser habe als Identitätsnacheis einen österreichischen Personalausweis und eine E-Card ausgestellt auf Y.J. vorgelegt. Da sich durch die Vorlage des Personalausweises bzgl. des Fotos und des Geburtsdatums Zweifel aufgetan hätten, sei zur genauen Identitätsüber­prüfung die Polizei zugezogen worden. Um 13.45 Uhr sei dieser Mann an die PI Leonding übergeben worden. Die PI Leonding habe der Finanzpolizei Linz um 14.15 Uhr mitgeteilt, dass die Identität festgestellt werden hätte können und es sich bei diesem Mann um Z.P., geb. x, StA. der V. C. handle, für den es eine aufrechte Abschiebung gebe.

 

Z.P. sei bei der erwerbsmäßigen Tätigkeit im obigen Lokal angetroffen worden und nicht zur Sozialversicherung angemeldet gewesen. Aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes liege ein Verstoß nach dem ASVG vor und werde die Durchführung eines entsprechenden Verwaltungsverfahrens beantragt.

 

Der Beschwerdeführer sei mit Schreiben der belangten Behörde vom 23.05.2014 aufgefordert worden, sich zu der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung zu rechtfertigen. Er habe von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und am 05.06.2014 im Rahmen seiner Beschuldigteneinvernahme eine Stellungnahme abgegeben. Der Arbeitnehmer habe sich gegenüber ihm mit falschen Dokumenten ausgewiesen, dass heiße mit Dokumenten, die einer anderen Person gehörten. Mit dieser Identität hätte der Beschwerdeführer den Arbeitnehmer angemeldet. Er sei davon ausgegangen, dass es sich um einen österreichischen Staatsbürger gehandelt habe, weshalb er eine Beschäftigungs­bewilligung nicht benötigt habe.

 

In rechtlicher Hinsicht führt die belangte Behörde daraufhin aus, dass die dem Beschwerdeführer angelastete Übertretung in objektiver Hinsicht als erwiesen anzusehen sei; eine Anmeldung des angeführten Dienstnehmers zur Sozialversicherung sei nicht erfolgt.

 

Grundlage für die Strafbemessung sei gem. § 19 VStG das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, in wie weit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen habe. Im ggst. Fall seien die im ASVG normierten öffentlichen Interessen, die im Wesentlichen die Eindämmung der Schwarzarbeit und die damit verbundenen volkwirtschaftlichen Schäden zum Ziel hätten, verletzt worden. Dass dieser Zielsetzung ein hoher Stellenwert beizumessen sei, lasse sich schon anhand der vom Gesetzgeber festgelegten Strafdrohungen ableiten.

 

Bei der Strafbemessung sei einerseits erschwerend zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer bereits zwei Mal rechtskräftig wegen Übertretungen des ASVG von der belangten Behörde bestraft worden sei. Es liege somit im ggst. Fall ein Wiederholungsfall vor. Ebenso erschwerend sei der lange Tatzeitraum von mehreren Monaten zu werten. Folglich würde die Anwendung des § 45 Abs. 1 VStG (Ermahnung) und § 20 VStG (Herabsetzen der Mindeststrafe) ausscheiden. Die Festsetzung der Strafe in Höhe der gesetzlichen Mindeststrafe erscheine tat- und schuldangemessen. Bei der Strafbemessung seien die bekanntgegebenen Familien-, Einkommens- und Vermögensverhältnisse (Einkommen in Höhe von zirka 1.000 netto monatlich und Sorgepflichten für drei Kinder) berücksichtigt worden.

 

I.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die Beschwerde vom 18. Dezember 2015, mit welcher das Straferkenntnis im vollen Umfang bekämpft wird.

Zusammengefasst bringt der Beschwerdeführer vor, das Straferkenntnis sei rechtswidrig. Die Strafbehörde gehe zu Unrecht von einem schuldhaften Verhalten an der Verletzung der erwähnten Verwaltungsvorschrift aus. Sie leite zu Unrecht auf den festgestellten Sachverhalt ab, dass „offenkundig Diskrepanzen beim Geburtsdatum bzw. Lichtbild“ vorgelegen wären. Die Behörde hätte die konkreten Einzelumstände zur Beurteilung eines allfälligen Verschuldens erheben müssen. So habe es die Behörde rechtswidrig unterlassen, Beweise zum Aussehen von Z.P. zu erheben und eine Gegenüberstellung zum Personalausweis des Y.J. vorzunehmen, die eine Feststellung von „offenkundigen Diskrepanzen beim Geburtsdatum bzw. Lichtbild“ rechtfertigen würden. Hätte die Behörde aus den polizeilichen Unterlagen zur Identitäts­feststellung der P. L Lichtbilder von Z.P. beigeschafft, wäre daraus klar hervor gekommen, dass den Beschwerdeführer aufgrund der äußerlichen Ähnlichkeit kein Verschulden an der Annahme treffe, es handle sich um Y.J. Zum Beweis der äußerlichen Ähnlichkeit lege er zur Gegenüberstellung zur Kopie des Personalausweises von Y.J. zwei Lichtbilder von Z.P. vor, die auf einer betriebsinternen Weihnachtsfeier im Dezember 2013 aufgenommen worden seien. Auch wenn Z.P. ein erkennbar runderes Gesicht habe als Y.J., so sei aufgrund des ähnlichen Haarschnitts, der Nasen- und Lippenform sowie der Augenbrauenpartie eine solche Ähnlichkeit gegeben, dass die Annahme, es handle sich um Y.J. nicht vorwerfbar sei. Dabei sei zu berücksichtigen, dass das tatsächliche Aussehen von den Fotos auf Lichtbilddokumenten wie Reisepass, Führerschein oder Personalausweis abweiche, weil sich das Aussehen der Menschen mit der Zeit eben verändere. Hinzu komme weiters, dass das Foto auf der jetzigen vergrößert vorliegenden Kopie des Personalausweises im Original nur 2 x 3 cm groß sei.

 

Die Strafbehörde habe es im konkreten Fall für zumutbar und geboten gehalten, weitere Erkundigungen zu tätigen, z.B. durch Vorlage eines Staatsbürger-schaftsnachweises, Meldezettels, oder einer Strafregisterbescheinigung. Die genannten Nachweise seien jedoch keinesfalls geeignet, dadurch die wahre Identität von Z.P. festzustellen. Sie übersehe dabei nämlich, dass der Beschwerdeführer durch die Vorlage des Personalausweises und der E-Card von Y.J. in der Identität der Person und nicht in der Echtheit der vorgelegten Dokumente getäuscht worden sei. Hätte er nach Vorlage des Personalausweises und der E-Card die von der Behörde für zumutbar erachteten Unterlagen verlangt, wäre dadurch nur die Staatsbürgerschaft, der gewöhnliche Aufenthalt und allfällige Vorstrafen von Y.J. nachgewiesen worden; daraus hätten sich aber keinerlei Anhaltspunkte auf die Person und Staats­angehörigkeit von Z.P. ergeben. Weiters sei es völlig lebensfremd, bei der Einstellung von Arbeitskräften Staatsbürgerschaftsnachweise zu verlangen.

 

Derartige Erkundigungen könnten nur dann als geeignete Kontrollmaßnahmen angesehen werden, wenn die Person des Y.J. nicht mit den Angaben auf dem Personalausweis und der E-Card übereingestimmt hätten, also die Dokumente gefälscht gewesen wären. Dies sei aber nicht der Fall gewesen. Y.J. sei österreichischer Staatsbürger und verfüge auch über eine entsprechende Sozialversicherung.

 

Aus den genannten Gründen beantrage der Beschwerdeführer die Aufhebung des vorliegenden Straferkenntnisses und die Einstellung des Verfahrens, allenfalls nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung und seiner Vernehmung.

 

Sollte diesem Antrag nicht Folge gegeben werden, werde in eventu die Höhe der verhängten Strafe bekämpft. Die Behörde lege den langen Tatzeitraum zu Unrecht als Erschwerungsgrund zu Grunde, weil es in der Natur der Sache von Identitätsirrtümern liege, dass diese bis zur Aufklärung des Irrtums andauern würden. Die oben dargelegten Umstände seien – wenn sie schon nicht zur Aufhebung der Strafe führen würden – jedenfalls als starke Milderungsgründe bei der Strafbemessung zu werten, wodurch die Voraussetzungen für eine außerordentliche Strafmilderung und Reduktion der Strafe auf die Hälfte gerechtfertigt sei. In eventu werde daher beantragt, eine außerordentliche Strafmilderung und Reduktion der Strafe auf die Hälfte vorzunehmen.

 

 

II. Nachfolgender Sachverhalt steht fest:

 

II.1. Der Beschwerdeführer ist Geschäftsführer des Unternehmens S. GmbH mit Sitz in L., x. Bei diesem Unternehmen handelt es sich um ein China-Restaurant, in welchem u.a. warme Speisen in Buffet-Form angeboten werden.

 

II.2. In der Zeit von 28.06.2013 bis 28.08.2013 und von 02.12.2013 bis 27.03.2014 beschäftigte der Beschwerdeführer den c. Staatsan­gehörigen Z.P., geb. x, in seinem Restaurant als Koch. Eine Anmeldung bei der .GKK erfolgte vor Arbeitsantritt nicht bzw. erfolgte die Anmeldung nicht auf den Namen Z.P. sondern Y.J.

 

II.3. Z.P. zeigte bei seinem ersten Vorstellungsgespräch vor dem 28.06.2013 den österreichischen Personalausweis des Y.J. vor. Er wies auch dessen E-Card vor. Der Beschwerdeführer ging deshalb davon aus, dass es sich bei dem Arbeitnehmer nicht um Z.P. sondern tatsächlich um Y.J. handelte.

 

Der Beschwerdeführer erstattete insofern eine Anmeldung bei der OÖ. GKK, wobei er eine Person namens Y.J. anmeldete. Die erste Anmeldung erfolgte am 28.06.2013, die Abmeldung am 22.08.2013. Als Abmeldegrund wurde „Kündigung durch den Dienstnehmer“ angeführt. Die zweite Anmeldung erfolgte am 02.12.2013 und die Abmeldung am 27.03.2014. Als Abmeldegrund am 27.03.2014 wurde „Fristlose Entlassung“ angeführt. Als Name des Dienstnehmers scheint auf allen Meldungen „Y.J.“ auf.

II.4. Nachdem sich Z.P. als Y.J. ausgewiesen hatte und es sich bei diesem um einen österreichischen Staatsbürger handelte, holte der Beschwerdeführer keine Bewilligungen im Sinn des AuslBG ein, zumal er davon ausging, dass eine solche aufgrund der österreichischen Staatsbürgerschaft nicht erforderlich ist.

 

II.5. Z.P. und Y.J. sehen einander ähnlich. Wenn gleich das Gesicht des Z.P. etwas rundlicher ist als jenes des Y.J. so sind doch insbesondere die Nase, die Lippen und die Augenpartie sehr ähnlich; auch der Haarschnitt ist vergleichbar. Der Beschwerdeführer konnte eine Unterschiedlichkeit der Gestalt, dass sich Z.P. mit einem falschen Ausweis ausgewiesen hätte, nicht feststellen. Insofern verlangte der Beschwerdeführer auch keine weiteren Identitätsnachweise des Z.P.

 

Bei genauerer Betrachtung wären allerdings Unterschiede feststellbar gewesen, insbesondere nämlich auch im Hinblick auf das Geburtsdatum, welches um immerhin sieben Jahre voneinander abweicht. Z.P. ist erst am x geboren, Y.J. bereits am x. Diese Abweichung fiel auch den Organen der Finanzpolizei bei der erfolgten Kontrolle auf.

 

II.6. Am 27.03.2014 fand im Restaurant des Beschwerdeführers eine Kontrolle durch Organe der Finanzpolizei statt. Im Zuge dieser Kontrolle versteckte sich Z.P. hinter Schachteln im Lager, wurde aber von den Organen der Finanzpolizei aufgefunden. Er zeigte daraufhin wiederum die Ausweise des Y.J. vor.

 

Nachdem die Finanzpolizei allerdings Verdacht an der wahren Identität des Z.P. schöpfte, wurden Beamte der PI Leonding der Kontrolle beigezogen. Diese stellten durch die Abnahme von Fingerabdrücken fest, dass es sich bei dem angetroffenen Dienstnehmer nicht um Y.J. sondern um den c. Staatsangehörigen Z.P. handelte, für den es eine aufrechte Abschiebung gab.

 

II.7. Z.P. hatte den Ausweis des Y.J. zuvor im W. P. gefunden und aufgrund des Lichtbildes und der österreichischen Staats­bürgerschaft den Ausweis an sich genommen. Er benützte diesen daraufhin, um ihn für sich zu verwenden und sich als Y.J. auszugeben. Dies war für Z.P. äußerst günstig, da er dadurch die Anstellung im Restaurant des Beschwerdeführers erlangen konnte. Er benutzte die Ausweise auch dafür, um einen legalen Aufenthalt in Österreich vorzutäuschen.

 

II.8. Der Beschwerdeführer verfügt über ein monatliches Einkommen von 1.000 Euro netto. Vermögen ist nicht vorhanden. Er ist sorgepflichtig für drei Kinder.

 

 

III. Beweiswürdigung:

 

III.1. Die Feststellungen zum Unternehmen des Beschwerdeführers und zum Beschwerdeführer selbst ergeben sich aus dem Akt der belangten Behörde. Sie werden auch vom Beschwerdeführer zugestanden, so dass diesbezüglich weitere Erhebungen unterbleiben konnten.

 

III.2. Die Feststellungen zur Beschäftigung des Z.P. im Restaurant des Beschwerdeführers gehen ebenfalls aus dem Akteninhalt hervor. Insbesondere ergibt sich aus den An- und Abmeldungen zur Sozialversicherung, wann der Dienstnehmer im Unternehmen des Beschwerdeführers beschäftigt war. Die An- und Abmeldungen werden auch vom Beschwerdeführer zugestanden. Eine Einsichtnahme in die Anmeldungen ergibt, dass jeweils die Person Y.J. zur Sozialversicherung angemeldet wurde und nicht die Person Z.P.

 

Es geht aber auch aus dem Akteninhalt hervor, dass Z.P. bei seinem Vorstellungsgespräch mit dem Beschwerdeführer den Personalausweis und die E-Card des Y.J. vorgewiesen hatte und den Beschwerdeführer über seine wahre Identität täuschen konnte. Dies war geradezu der Vorsatz des Dienstnehmers, welcher in seiner Niederschrift vor der Fremdenpolizei angab, dass es ihm darauf angekommen war und er die Ausweise des Y.J. gerade dazu benutzen wollte.

 

Z.P. wurde im Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 27.03.2014 (nachdem er bei der Kontrolle durch die Finanzpolizei aufgegriffen worden war) dazu befragt. Die Niederschrift befindet sich im Akt der belangten Behörde.

 

Nachdem Z.P. für das Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich aufgrund der seit Verfahrenseinleitung verstrichenen Zeit nicht mehr geladen werden konnte und sein Aufenthalt nicht ermittelbar ist, wurden in der Verhandlung der Akt der belangten Behörde, auch die darin enthaltene Niederschrift des Z.P. verlesen. Eben aus dieser Niederschrift ergibt sich der Täuschungsvorsatz des Z.P., welcher ihm im  Hinblick auf den Beschwerdeführer auch gelungen ist.

 

III.3. Dass sich Z.P. im Zuge der Kontrolle hinter Schachteln in einem Lagerraum versteckt hat, ergibt sich aus den Erhebungen der Finanzpolizei. Fraglich ist, weshalb sich Z.P. überhaupt hinter Schachteln versteckt, wenn er doch Ausweise besitzt, mit denen er seine wahre Identität verbergen bzw. eine falsche Identität vortäuschen kann. Hätte er sich nicht hinter Schachteln im Lagerraum versteckt, sondern hätte er im Zuge der Kontrolle den Personal­ausweis vorgezeigt, wäre es ihm wohlmöglich auch gelungen, die Beamten der Finanzpolizei über seine Identität zu täuschen. Nachdem er sich allerdings im Lagerraum hinter Schachtel versteckt hielt, mussten die Organe der Finanzpolizei naturgemäß Verdacht an der Rechtmäßigkeit der Beschäftigung (und/oder des Aufenthalts) des Z.P. schöpfen. Tatsächlich konnte die wahre Identität erst mit Hilfe der Abnahme von Fingerabdrücken festgestellt werden.

 

III.4. Die Ähnlichkeit des Z.P. mit Y.J. ergibt sich aus den vorliegenden – im Akt befindlichen – Lichtbildern. Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer diese Ähnlichkeit beschrieben. Auffällig ist letztlich aber doch das Geburtsdatum der beiden Personen, welches um sieben Jahre voneinander abweicht und welches auch den Organen der Finanzpolizei aufgefallen ist.

 

III.5. Gegen den Beschwerdeführer war aufgrund des vorliegenden Sachver­haltes auch ein Beitragszuschlagsverfahren vor der OÖ. GKK anhängig und wurden insgesamt Beitragszuschläge in Höhe von 1.300 Euro vorgeschrieben. Gegen diese Beitragszuschlagsvorschreibung erhob der Beschwerdeführer eine Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht vom 12.05.2014. Diese Beschwerde hatte den Inhalt jener nunmehr vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich anhängigen Verfahrens. Auch in dieser Beschwerde wies der Beschwerdeführer darauf hin, dass er von Z.P. aufgrund der Ähnlichkeit mit Y.J. über dessen wahre Identität in die Irre geführt worden war.

 

Er habe allerdings nicht die Anmeldung zur Sozialversicherung schlechthin unterlassen sondern eine „falsche Person“ angemeldet. Er beantragte daher, es wolle der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung in Höhe von 500 Euro gem. § 113 Abs. 2 ASVG entfallen; ferner wolle der Teilbetrag für den Prüfeinsatz in Höhe von 800 Euro gem. § 113 Abs. 2 entfallen.

 

Die OÖ. GKK erließ eine Beschwerdevorentscheidung vom 21.05.2014. Mit dieser Beschwerdevorentscheidung wurde der Beschwerde insofern Folge gegeben, als der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung in Höhe von 500 Euro nachgesehen und der Teilbetrag für den Prüfeinsatz von 800 Euro auf 400 Euro herabgesetzt wurde. Begründet wurde die Beschwerdevorentscheidung damit, dass die Ausführungen des Beschwerdeführers plausibel seien. Einem gänzlichen Entfall des Teilbetrages für den Prüfeinsatz wurde jedoch nicht stattgegeben.

 

III.5. Insofern ergibt sich aus den vorliegenden Dokumenten und der Argumentation des Beschwerdeführers, dass dieser von Z.P. über dessen wahre Identität getäuscht worden war. Die .GKK erachtete die Verantwortung des Beschwerdeführers als plausibel, weshalb der Beschwerde (weitestgehend) Folge gegeben wurde.

 

III.6. Unmittelbar nach der Kontrolle durch die Finanzpolizei und dem Feststehen der wahren Identität des Dienstnehmers wurde dieser von Beschwerdeführer fristlos entlassen und bei der OÖ. GKK abgemeldet, was sich aus den Dokumenten der OÖ. GKK ergibt.

 

III.7. Am 01.02.2016 hat vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich eine öffentliche mündliche Verhandlung stattgefunden, in welcher die Sach- und Rechtslage mit dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers erörtert wurde. Dieser erklärte, dass der Beschwerdeführer den Sachverhalt vollumfänglich zugestehen würde, er aber tatsächlich über die Identität des Dienstnehmers in die Irre geführt worden sei. Als Milderungsgründe nannte der Beschwerdeführer­vertreter insbesondere den Irrtum in den er durch den Dienstnehmer geführt worden war, die überlange Verfahrensdauer und auch den Umstand, dass er die Anmeldung bei der Sozialversicherung nicht schlechthin unterlassen habe, sondern aufgrund seiner Täuschung eine falsche Person angemeldet, aber tatsächlich Sozialversicherungsbeiträge geleistet habe.

 

 

IV. Rechtslage:

 

IV.1. Als Dienstnehmer gilt gemäß § 4 Abs. 2 ASVG derjenige, der in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird, wobei hiezu auch Personen gehören, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen; unabhängig davon gelten Personen jedenfalls dann als Dienstnehmer, wenn sie entweder mit einem Dienstleistungscheck nach dem Dienstleistungsscheckgesetz entlohnt werden, oder wenn sie nach § 47 Abs. 1 iVm Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) lohnsteuerpflichtig  sind,  soweit  es sich nicht um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z 4 lit. a oder b EStG oder um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z 4 lit. c EStG, die in einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis zu einer Gebietskörperschaft stehen, handelt.

 

IV.2. Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist. Gemäß Abs. 2 leg.cit. gilt Abs. 1 für die nur in der Unfall- und Pensions­versicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z 3 lit. a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten ist.

 

IV.3. Nach § 35 Abs. 1 ASVG gilt als Dienstgeber im Sinne dieses Bundesgesetzes derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer (Lehrling) in einem Beschäftigungs(Lehr)verhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgelts verweist. Dies gilt entsprechend auch für die gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 pflichtversicherten, nicht als Dienstnehmer beschäftigten Personen.

 

IV.4. Gemäß § 111 Abs. 1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes 1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder 2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder 3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder 4. gehörig ausgewiesene Bedienstete oder Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt. Gemäß § 111 Abs.  2 leg.cit. ist die Ordnungswidrigkeit nach Abs. 1 von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar mit Geldstrafe von 730 Euro bis 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis 5.000 Euro, bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs. 1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

 

V. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat hiezu erwogen:

 

V.1. Gegenständlich hat das Verfahren ergeben – und wird vom Beschwerde­führer auch zugestanden – dass er den Dienstnehmer Z.P. nicht zur Sozialversicherung angemeldet hat. Allerdings hat der Beschwerdeführer in Folge einer Irreführung eine andere Person, nämlich Y.J., in der Meinung, dieser sei der anzumeldende Dienstnehmer bei der Sozialversicherung angemeldet. Zwar wurde der Beschwerdeführer durch Z.P. in Folge Vorweisens des Personalausweises vor Y.J. in dessen Identität getäuscht. Aufgrund des Geburtsdatums hätte er aber Verdacht an der tatsächlichen Identität schöpfen können und müssen.

 

Dem Beschwerdeführer ist zwar zuzugestehen, dass mit einem Staatsbürger­schaftsnachweis keine Identität nachgewiesen werden kann. Im vorliegenden Fall hätte sich bei Verlangen eines solchen aber ergeben, dass Z.P. dazu nicht in der Lage gewesen wäre, zumal er den Personalausweis im W. P. gefunden hatte. Andererseits relativiert sich der Verdacht wiederum dadurch, dass auch die erhebenden Beamten nur mit Hilfe von Fingerabdrücken die wahre Identität des Dienstnehmers feststellen konnten. Eine Überprüfung von Fingerabdrücken ist einem Dienstgeber naturgemäß nicht möglich.

 

V.2. Hinzu kommt darüber hinaus, dass der Beschwerdeführer nicht die Anmeldung bei der Sozialversicherung schlechthin unterlassen hat, sondern einen „falschen“ Dienstnehmer angemeldet und für diesen Sozialversicherungs­beiträge entrichtet hat. Ein volkswirtschaftlicher Schaden im Hinblick auf den Entgang von Sozialversicherungsbeiträgen ist insofern nicht eingetreten. Auch die OÖ. GKK selbst hat den diesbezüglichen Ausführungen des Beschwerde­führers Glauben geschenkt und die Beitragszuschläge auf das Mindestmaß reduziert.

 

V.3. Gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind. Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

V.3.1. Im Erkenntnis des VwGH vom 5.5.2014, Ro 2014/03/0052 setzte sich dieser mit der Bestimmung des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG auseinander. Der dortige Revisionswerber begründete die Zulässigkeit seiner Revision damit, dass es noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der seit 1. Juli 2013 geltenden neuen Rechtslage des § 45 Abs. 1 VStG, und zwar insbesondere in Bezug auf § 45 Abs. 1 Z 4 und den letzten Absatz des § 45 Abs. 1 VStG, gebe. Zu prüfen sei die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes, die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und inwieweit das Verschulden eines Beschuldigten als gering anzusehen sei.

 

Der VwGH führte dazu aus, dass mit dem Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013, BGBl. I Nr. 33/2013 § 45 VStG (unter anderem) um den – im gegenständlichen Fall maßgeblichen – Einstellungstatbestand der Z 4 erweitert wurde, wonach von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen ist, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind. Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde – nach dem Schlusssatz des § 45 Abs. 1 VStG – dem Beschuldigten in diesem Fall unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten. In den Gesetzesmaterialien (ErlRV 2009 BlgNR 24. GP, 19) wird dazu erläutert, dass mit dem neu formulierten § 45 Abs. 1 VStG insbesondere die bisher in § 21 Abs. 1 VStG enthaltenen Bestimmungen zusammengeführt werden sollen.

 

§ 45 Abs. 1 Z 4 VStG und der neue Schlusssatz dieses Absatzes entsprächen im Wesentlichen§ 21 Abs. 1 VStG (alte Fassung). Zu der zuletzt genannten Bestimmung, die ein Absehen von der Verhängung einer Strafe (bei allfälliger Ermahnung des Beschuldigten) vorsah, „wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind“, besteht eine gesicherte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl dazu etwa die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2, § 21 VStG E 5 ff, und in Raschauer/Wessely, VStG, § 21 Rz 6 bis 11 und 18 wiedergegebene Judikatur), anhand derer auch die Rechtsfragen, die der vorliegende Fall aufwirft gelöst werden können, sodass es keiner neuen Leitlinien bedarf.

 

Nichts anderes kann auch im vorliegenden Fall gelten und ist dieser anhand der bisherigen Rechtsprechung zu beurteilen.

 

V.3.2. Sander führt in Raschauer/Wessely, VStG, § 21 Rz 6 ff dazu aus:

 

Für das Vorgehen nach § 21 VStG [nunmehr § 45 Abs. 1 Z 4 VStG] müssen im Wesentlichen zwei Kriterien vorliegen: Das Verschulden des Beschuldigten muss gering sein und die Folgen der Übertretung unbedeutend. Feststellungen dazu und damit die Basis für die Entscheidung werden sich in aller Regel aus den Erhebungsergebnissen bzw. im Rahmen des Ermittlungsverfahrens ergeben. Diese Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen (zB VwGH 16.3.1987, 87/10/0024; 19.5.1993, 92/09/0031; 10.12.1996, 96/04/0154; OGH 23.4.1992, 15 Os 19/92; 8.9.1994, 12 Os 109/94).

 

Unter geringfügigem Verschulden versteht die Rspr solche Fälle, in denen das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Schuld- und Unrechtsgehalt zurückbleibt (zB VwGH 12.9.1986, 86/18/0059; 8.10.1990, 90/19/0483; 18.9.1996, 94/03/0128; 10.12.2001, 2001/10/0049; OGH 23.4.1992, 15 Os 19/92). Durch eine solche Auslegung des § 21 VStG ist gleichzeitig klargestellt, dass die Bestimmungen des § 21 VStG nicht nur im Fall der leichten Fahrlässigkeit angewendet werden können (zB VwGH 5.9.1986, 86/18/0167; 20.9.1995, 93/03/0083; 29.5.1998, 98/02/0050; 14.10.2005, 2004/05/0221). Die Meinung, dass ein geringfügiges Verschulden nur dann vorliegen kann, wenn es sich um leichte Fahrlässigkeit handelt, wird von der Rspr abgelehnt (VwGH 29.5.1998, 98/02/0050).

 

Neben der Voraussetzung des Vorliegens von bloß geringfügigem Verschulden, bei dessen Nichtvorliegen nach der Judikatur des VwGH die zweite Voraussetzung in aller Regel nicht mehr geprüft wird, darf die Verwaltungsübertretung für die Anwendung von § 21 VStG nur unbedeutende Folgen nach sich ziehen. Beide Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen (zB VwGH 16.3.1987, 87/10/0024; 19.5.1993, 92/09/0031; 10.12.1996, 96/04/0154; OGH 23.4.1992, 15 Os 19/92; 8.9.1994, 12 Os 109/94).

 

V.3.3. Im Fall des AuslBG erwähnt Sander in Raschauer/Wessely, VStG, § 21 Rz 6ff nachfolgende Fälle: Bloß geringfügiges Verschulden kann (betreffend Verwaltungsübertretungen nach dem AuslBG) etwa dann vorliegen, wenn nicht eine Umgehungshandlung gesetzt werden sollte, sondern die Tatbestands­mäßigkeit in der Person des Ausländers verkannt wurde (VwGH 19.9.2001, 99/09/0264; 2007.09/0229). Wenn im Ergebnis ein Ausländer fahrlässig ohne die formellen Voraussetzungen nach dem AuslBG beschäftigt wurde, dieser aber materiell die Voraussetzungen für die Verlängerung seines Befreiungsscheines erfüllt hat, sodass die Beschäftigung im Ergebnis nur der gesetzlichen Ordnung widersprach und es für die konkrete Tat daher charakteristisch ist, dass sie in allen für die Strafbarkeit relevanten Gesichtspunkten eklatant hinter den typischen Straftaten nach § 28 AuslBG zurückbleibt, ist von bloß geringem Verschulden auszugehen (VwGH 4.9.2006, 2005/09/0073; 24.5.2007, 2006/09/0086; 18.9.2008, 2007/09/0241).

 

V.3.4. Sander führt in Raschauer/Wessely, VStG, § 21 Rz 18 ff zum Ausspruch einer Ermahnung aus:

 

Wenn die Behörde gemäß § 45 Abs. 1 vorzugehen hat, kann sie den Beschuldigten mittels Bescheid ermahnen, wenn dies erforderlich ist, um ihn von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abzuhalten. [...] Die Rspr nimmt an, dass die bescheidmäßige Ermahnung denselben Vorschriften unterliegt, wie die bescheidmäßige Erlassung eines Straferkenntnisses (zB VwGH 22.6.1971, 253/71; 19.11.1974, 799/73; 19.5.1980, 3407/79). Dadurch kann eine bescheidmäßig ausgesprochene Ermahnung auch vor den UVS [nunmehr: LVwG] und den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts angefochten werden (zB VwGH 8.2.1988, 87/10(0188).

 

Der Ausspruch einer Ermahnung ist jedoch nur zulässig, wenn die Voraus­setzungen hiefür, nämlich die Notwendigkeit, dadurch den Beschuldigten von der Begehung weiterer Handlungen der gleichen Art abzuhalten, vorliegen.

 

Diese Erwägungen zur Ermahnung im Hinblick auf das AuslBG lassen sich auch auf das ASVG übertragen.

 

V.4. Im ggst. Fall ist ferner zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer den ihm vorgeworfenen Sachverhalt zugestanden hat, jedoch lediglich hinterfragt, welche Möglichkeiten er gehabt hätte, um die wahre Identität des Dienstnehmers feststellen zu können. Der Beschwerdeführer führt dazu auch aus, in Hinkunft die Identität seiner Dienstnehmer noch genauer überprüfen zu müssen. Zum Sachverhalt, dass er Z.P. nicht zur Sozialversicherung angemeldet hat, war der Beschwerdeführer stets geständig und hat versucht an der Aufklärung des Sachverhaltes mitzuwirken. Außerdem wurde Z. P., wenn auch in der Person des Y.J., zur Sozialversicherung angemeldet.

 

V.5. Zur Verfahrensdauer ist auszuführen, dass die Tatzeiträume in der Zeit von 28.06.2013 bis 28.08.2013 und von 02.12.2013 bis 27.03.2014 liegen, also bereits über 2,5 Jahre zurück liegen, wobei der erste Zeitraum im Sommer des heurigen Jahres in Folge Strafbarkeitsverjährung endgültig verjähren würde.

 

Diesbezüglich hat der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom 26.06.2008, Zl. B 304/07 ausgesprochen, dass die Angemessenheit der Verfahrensdauer nach der Rechtsprechung des EGMR nicht abstrakt, sondern im Lichte der besonderen Umstände jedes einzelnen Falles zu beurteilen ist. Die besonderen Umstände des Einzelfalles ergeben sich aus dem Verhältnis und der Wechselwirkung verschiedener Faktoren. Neben Faktoren, welche die Verfahrensdauer beeinflussen, nämlich die Schwierigkeit des Falles, das Verhalten des Beschwerdeführers und das Verhalten der staatlichen Behörden in dem bemängelten Verfahren, ist auch die Bedeutung der Sache für den Beschwerdeführer relevant (vgl. VfSlg. 17.307/2004; 17.582/2005; 17.644/2005). Nicht eine lange Verfahrensdauer schlechthin führt zu einer Verletzung, sondern nur eine Verzögerung, die auf Versäumnis der staatlichen Organe zurückzuführen ist. Der Rechtsprechung des EGMR ist daher keine fixe Obergrenze für die Angemessenheit der Verfahrensdauer zu entnehmen, ab deren Überschreitung jedenfalls eine Verletzung des Art. 6 Abs. 1 EMRK anzunehmen wäre (vgl. VfSlg. 16.385/2001 mH auf die Rechtsprechung des EGMR).

 

Im vorliegenden Fall ist insofern zu berücksichtigend, dass der Beschwerdeführer selbst einen Beitrag zu Dauer des Verfahrens nicht zu verantworten hat. Die lange Verfahrensdauer ist insofern als Milderungsgrund heranzuziehen.

 

V.6. Unter Zugrundelegung dieser Erwägungen ist insofern zu erwägen, ob ggst. eine Bestrafung des Beschwerdeführers erforderlich ist, oder ob von einer solchen abgesehen werden kann. Zu berücksichtigen ist auch, dass zwei Vorstrafen des Beschwerdeführers vorliegen.

 

Diesbezüglich hat sich der Verwaltungsgerichtshof bereits mit der Frage der Strafzumessung auseinander gesetzt. Im Hinblick auf das AuslBG hat er dazu ausgeführt, dass der Umstand, dass ein Beschwerdeführer wegen Übertretung des AuslBG einschlägig vorbestraft wurde, wohl die Anwendung des zweiten Strafsatzes de § 28 Abs. 1 Z 1 AuslBG rechtfertige, hingegen das Vorliegen von Strafvormerkungen nicht bedeute, dass allein deshalb hinsichtlich der Verwaltungsübertretung bei der Strafbemessung die außerordentliche Milderung nach § 20 VStG nicht anwendbar wäre (VwGH 28.12.2001, 99/09/0043; VwGH 18.05.2010, 2006/009/0235).

 

Diese Erwägungen zum AuslBG können auch für das ASVG zugrunde gelegt werden.

 

V.7. Aus diesen Erwägungen sowie den Strafzumessungsgründen ergibt sich insofern, dass im vorliegenden – speziellen – Einzelfall und nur aufgrund des Zusammenwirkens aller Umstände sowie aller Strafzumessungsgründe (insbesondere der Täuschung des Beschwerdeführers bei zu geringer Aufmerksamkeit des Letzteren, dem Umstand, dass eine Anmeldung bei der Sozialversicherung wenngleich auf eine andere Person erfolgte sowie Sozialversicherungsbeiträge entrichtet wurden und der langen Verfahrensdauer) – gerade noch – mittels Ermahnung vorgegangen werden konnte.

 

V.8. Der Beschwerde war insofern Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden. Die Kostenentscheidung gründet auf § 52 Abs. 8 VwGVG.

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

VI.1. Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

VI.2. Hinsichtlich des Vorgehens mittels Ermahnung wird auf die obige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu V.3. und hinsichtlich der langen Verfahrensdauer auf die obige Rechtsprechung zu V.5. verwiesen. Die vorliegende Entscheidung steht im Einklang mit dieser Rechtsprechung und weicht nicht davon ab.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Lidauer