LVwG-601236/2/PY/CG

Linz, 18.02.2016

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin            Dr.in Andrea Panny über den Antrag der Frau A S, x, T, vom 27. Jänner 2016 auf Bewilligung von Verfahrenshilfe durch Beigebung eines Verfahrens-hilfeverteidigers im Verfahren betreffend das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 28. Dezember 2015,
GZ: VerkR96-7364-2014, wegen Verwaltungsübertretungen nach der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), den

 

 

 

B E S C H L U S S

 

 

gefasst:

 

 

 

I.          Der Antrag wird gemäß § 40 Abs. 1 iVm § 31 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) abgewiesen.  

 

 

II.         Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

Zu I.

1.           Die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis hat mit Straferkenntnis vom 28. Dezember 2015, VerkR96-7364-2014, über die Antragstellerin wegen Verwaltungsübertretungen nach § 26a Abs.1 StVO (Faktum 1) sowie § 24 Abs.1 lit.i StVO (Faktum 2) Geldstrafen in Höhe von 40,00 Euro (zu Faktum 1) sowie 25,00 Euro (zu Faktum 2) sowie jeweils Ersatzfreiheitsstrafen in Höhe von 20 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 10 Euro vorgeschrieben.

 

2.           Das Straferkenntnis wurde der Antragstellerin lt. dem im Akt einliegenden Postrückschein am 7. Jänner 2016 zugestellt.

 

Mit E-Mail vom 27. Jänner 2016 beantragte die Antragstellerin bei der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis innerhalb offener Beschwerdefrist die Beigebung eines Verteidigers da sie die Einbringung einer „Berufung“ (gemeint wohl: Beschwerde) gegen das angeführte Straferkenntnis beabsichtigt. Ergänzend wird angeführt, dass sie über kein Einkommen und kein Vermögen verfügt und im Beschwerdeverfahren aufgrund widersprüchlicher Judikatur besonders komplexe Rechtsfragen zu lösen sind und die Geldstrafe im Hinblick auf ihr Einkommens- und Vermögensverhältnis als zu hart zu bezeichnen ist.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis legte mit Schreiben vom
1. Februar 2016 den Antrag auf Bewilligung von Verfahrenshilfe unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsstrafaktes dem Landesverwaltungsgericht vor.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat nach Einsichtnahme in den übermittelten Verwaltungsstrafakt Folgendes erwogen:

 

Gemäß § 40 Abs.1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) hat das Landesverwaltungsgericht auf Antrag des Beschuldigten zu beschließen, dass diesem ein Verteidiger beigegeben wird, wenn dieser außerstande ist, ohne Beeinträchtigung des für ihn und Personen, für deren Unterhalt er zu sorgen hat, zu einer einfachen Lebensführung notwendigen Unterhalts die Kosten der Verteidigung zu tragen, soweit dies im Interesse der Rechtspflege, insbesondere einer zweckentsprechenden Verteidigung, erforderlich ist.

 

§ 40 Abs.4 VwGVG normiert Folgendes:

Hat der Beschuldigte innerhalb der Beschwerdefrist die Beigebung eines Verteidigers beantragt, so beginnt für ihn die Beschwerdefrist mit dem Zeitpunkt zu laufen, in dem der Beschluss über die Bestellung des Rechtsanwalts zum Verteidiger und der anzufechtende Bescheid diesem zugestellt sind. Wird der rechtzeitig gestellte Antrag auf Beigebung eines Verteidigers abgewiesen, so beginnt die Beschwerdefrist mit der Zustellung des abweisenden Beschlusses an den Beschuldigten zu laufen.

 

Der Antrag auf Verfahrenshilfe wurde von der Antragstellerin innerhalb der Beschwerdefrist und somit gemäß § 40 Abs.4 VwGVG rechtzeitig gestellt.

 

Das Recht auf Beigabe eines Verfahrenshilfeverteidigers ist an zwei Bedingungen geknüpft, welche kumulativ erfüllt sein müssen: Neben den eingeschränkten finanziellen Verhältnissen des Antragstellers verlangt das Gesetz die Erforderlichkeit der (kostenlosen) Beistellung eines Verteidigers im Interesse der Rechtspflege, insbesondere im Interesse einer zweckentsprechenden Verteidigung.

 

§ 40 VwGVG ist die Nachfolgebestimmung des § 51a Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG). Diese Bestimmung ist bezüglich der Voraussetzungen zur Gewährung von Verfahrenshilfe faktisch inhaltsgleich in das VwGVG übernommen worden. Somit kann diesbezüglich auf die einschlägige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zurückgegriffen werden. Dieser hat zu § 51a Abs.1 VStG beispielsweise im Erkenntnis vom 26. Jänner 2001, Zl. 2001/02/0012, ausgesprochen, dass als Gründe für die Beigebung eines Verteidigers besondere Schwierigkeiten der Sach- oder Rechtslage, besondere persönliche Umstände des Beschuldigten und die besondere Tragweite des Rechtsfalls für die Partei (etwa die Höhe der drohenden Strafe) zu berücksichtigen seien, wobei die Beigabe eines Verfahrenshilfeverteidigers jedoch nur dann vorgesehen ist, wenn beide genannten Voraussetzungen (unzureichende finanzielle Verhältnisse und Interesse der Rechtspflege) kumulativ vorliegen.

 

Hinsichtlich der Voraussetzung, dass die Beistellung eines Verfahrenshilfeverteidigers im Interesse der Rechtspflege geboten sein muss, ist demnach zu prüfen, ob die Komplexität der Sach- und Rechtslage oder das Ausmaß der verhängten Strafe die Beigebung eines Verteidigers erfordern. Weiters ist darauf hinzuweisen, dass für das Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht kein Anwaltszwang besteht. Das Landesverwaltungsgericht ist gemäß § 13a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) in Verbindung mit § 24 VStG von Gesetz wegen verpflichtet, jenen Personen, die nicht durch berufsmäßige Parteienvertreter vertreten sind, die zur Vornahme ihrer Verfahrenshandlungen nötigen Anleitungen zu geben. Daraus ergibt sich, dass die Beigabe eines Verteidigers für das Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht nur in jenen Ausnahmefällen zu bewilligen ist, in denen es die Erwerbsfähigkeit des Beschuldigten, seine Vermögenssituation, die Komplexität der Rechtssache und die Höhe der drohenden Strafe erfordern.

 

Im vorliegenden Fall wurden Geldstrafen in Höhe von 40,00 bzw. 25,00 Euro bei einem Strafrahmen von 726,00 Euro verhängt. Die verhängten Geld- bzw. Ersatzfreiheitsstrafen lassen nicht erwarten, dass damit für die Antragstellerin eine besondere Tragweite des Falles verbunden wäre. Die Aktenlage zeigt zudem eindeutig, dass weder der zu Grunde liegende Sachverhalt besonders komplex ist noch die sich daran knüpfenden Rechtsfragen die Beigebung einer Verfahrenshilfe im konkreten Fall rechtfertigen würden, zumal die Antragstellerin in ihrer Eingabe bereits Judikatur anführt, um ihre Rechtsansicht im Verwaltungsstrafverfahren darzulegen.

 

Da somit die Tatbestandsvoraussetzungen des Vorliegens des Interesses der Rechtspflege gemäß § 40 Abs.1 VwGVG nicht gegeben sind, zur Gewährung von Verfahrenshilfe jedoch beide Tatbestände des § 40 Abs.1 VwGVG kumulativ vorliegen müssen, waren die persönlichen Verhältnisse der Antragstellerin, zu denen sie weder im Vorverfahren nach Aufforderung durch die Behörde noch in ihrem Antrag auf Verfahrenshilfe konkrete Angaben gemacht hat, als weitere Voraussetzung nicht mehr zu prüfen.

 

Der Antrag auf Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers war daher abzuweisen.

 

Da die Antragstellerin offensichtlich bisher nur einen Antrag auf Verfahrenshilfe gestellt hat, beginnt die 4-wöchige Beschwerdefrist gemäß § 40 Abs.4 VwGVG mit der Zustellung dieses Bescheides an sie zu laufen.

 

 

Zu II.: Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

Dr.in  Andrea  P a n n y