LVwG-600907/8/KH/Bb
Linz, 23.02.2016
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Katja Hörzing über die Beschwerde des Mag. Dr. J K F, L, vertreten durch Rechtsanwälte Mag. Dr. B G, Mag. E S, x, L, vom 18. Mai 2015 gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 27. April 2015,
GZ VStV/914301041121/2014, wegen Übertretung des § 103 Abs. 2 des Kraftfahrgesetzes 1967 (KFG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 4. November 2015,
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde mit der Maßgabe stattgegeben, dass die verhängte Geldstrafe auf 100 Euro sowie die Ersatzfreiheitsstrafe auf 20 Stunden herabgesetzt wird. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens vor dem Landesver-waltungsgericht zu leisten. Der Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor der belangten Behörde beträgt 10 Euro.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.1. Die Landespolizeidirektion Oberösterreich (im Folgenden: belangte Behörde) warf Mag. Dr. J K F (Beschwerdeführer - im Folgenden: Bf) mit Straferkenntnis vom 27. April 2015, GZ VStV/914301041121/2014, eine Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs. 2 KFG vor und verhängte gemäß § 134 Abs. 1 KFG eine Geldstrafe in Höhe von 150 Euro, ersatzweise eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 30 Stunden. Weiters wurde dem Bf von der belangten Behörde gemäß § 64 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 15 Euro auferlegt.
Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zugrunde (auszugsweise Wiedergabe):
„Sie haben es als Auskunftspflichtiger für die Lenkererhebung unterlassen, der Landespolizeidirektion Oberösterreich – SVA 1 auf ihr schriftliches Verlangen vom 23.03.2015 (zugestellt am 27.03.2015), innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Zustellung an den Sitz der anfragenden Behörde, Auskunft darüber zu erteilen, wer zuletzt das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen x am 04.10.2014 um 15:40 Uhr in Linz, Ferihumerstraße gegenüber Nr. 15 abgestellt hat. Es wurde keine Auskunft erteilt.“
Die belangte Behörde stützte ihre Entscheidung im Wesentlichen auf das von ihr durchgeführte behördliche Ermittlungsverfahren. Demnach sei als erwiesen anzunehmen, dass der Bf den Tatbestand des § 103 Abs. 2 KFG erfüllt habe. Die verhängte Geldstrafe wurde unter Hinweis auf § 19 VStG, der bisherigen Unbescholtenheit des Bf, dem Nichtvorliegen von Erschwerungsgründen und den geschätzten persönlichen Verhältnissen des Bf begründet.
I.2. Gegen dieses Straferkenntnis, zugestellt am 4. Mai 2015, erhob der Bf im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung mit Schriftsatz vom 18. Mai 2015, bei der belangten Behörde eingelangt am 21. Mai 2015, rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde, mit welchem die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Verfahrenseinstellung begehrt wurde.
Im Rechtsmittel bringt der Bf vor, dass er das ihm zur Nutzung überlassene Fahrzeug V mit dem Kennzeichen x am 4. Oktober 2014 um 15.40 Uhr nicht in Linz, Ferihumerstraße gegenüber Nr. 15 abgestellt habe. Er habe dieses zur angegebenen Zeit nirgendwo abgestellt, da es genau zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschleppt worden sei. Abgesehen davon sei es offensichtlich bisher weder für den Meldungsleger noch die belangte Behörde möglich gewesen, den Tatort der angeblichen Verwaltungsübertretung zu präzisieren. Es habe noch immer nicht geklärt werden können, wo das gegenständliche Fahrzeug angeblich gestanden sein soll, ganz abgesehen von der völlig lebensfremden Tatortbezeichnung „gegenüber Ferihumerstraße Nr. 15“, welche nach vielen behördeninternen Bemühungen die ursprünglich völlig falsche Tatortbezeichnung „Ferihumerstraße 15“ ersetzt habe.
Die von ihm erteilte Auskunft gemäß § 103 Abs. 2 KFG sei daher völlig richtig und vollständig, sodass kein wie immer gearteter Anhaltspunkt für eine Bestrafung bestehe.
I.3. Die Landespolizeidirektion Oberösterreich hat die Beschwerde dem Landesverwaltungsgericht mit Vorlageschreiben vom 1. Juni 2015 unter Anschluss des Verwaltungsstrafaktes mit der GZ VStV/914301041121/2014, zur Entscheidung vorgelegt, ohne eine Beschwerdevorentscheidung zu fällen.
Mit der Aktenvorlage wurde die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung begründet (Art. 130 Abs. 1 Z 1 iVm Art. 131 Abs. 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art. 135 Abs. 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin.
II.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt und das Beschwerdevorbringen.
Zusätzlich wurde am 4. November 2015 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, an der der Bf selbst, dessen Rechtsvertreter und ein Vertreter der belangten Behörde teilgenommen haben sowie der meldungslegende Polizeibeamte Insp. M H von der Polizeiinspektion Dornach als Zeuge befragt wurde.
Der in der Folge dargestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Inhalt des behördlichen Verfahrensaktes sowie als Ergebnis der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht.
II.2. Für das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ergibt sich daraus folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:
Insp. M H von der Polizeiinspektion D stellte am 4. Oktober 2014 in Ausübung seines Dienstes fest, dass das Kraftrad mit dem behördlichen Kennzeichen x gegen 15.40 Uhr verbotswidrig in Linz im Bereich eines Halte- und Parkverbotes ausgenommen „stark gehbehinderte Personen“ abgestellt war, da das Fahrzeug nicht mit einem Ausweis gemäß § 29b Abs. 4 StVO gekennzeichnet war. Der Meldungsleger gab den Abstellort des Kraftrades in der von ihm verfassten Anzeige vom 6. Oktober 2014, GZ VStV/914301041121/2014, mit „Linz, Ferihumerstraße 15“ an.
Aufgrund des Urfahraner Jahrmarktes herrschte zum damaligen Zeitpunkt ein erhöhter Bedarf an „Behindertenparkplätzen“, sodass der Polizeibeamte die Abschleppung des Kraftrades durch die Firma K veranlasste. Laut Aktenlage wurde das Fahrzeug um 15.40 Uhr abgeschleppt.
Im Rahmen des behördlichen Verfahrens wurde festgestellt, dass es sich bei der Bezeichnung des Tatortes „Ferihumerstraße 15“ offensichtlich um einen Irrtum des meldungslegenden Beamten handelte und das Kraftrad tatsächlich gegenüber Ferihumerstraße Nr. 15 abgestellt war.
Mit Schreiben der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 23. März 2015, GZ VStV/914301041121/2014, wurde an den Bf als von der Zulassungsbesitzerin des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen x namhaft gemachte Auskunftsperson ein Auskunftsverlangen zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers nach § 103 Abs. 2 KFG zur angezeigten Tatzeit am 4. Oktober 2014 um 15.40 Uhr unter Angabe der Tatortörtlichkeit Linz, Ferihumerstraße gegenüber Nr. 15, gerichtet. In dieser Aufforderung befand sich der Hinweis auf die Strafbarkeit bei Nichterteilen der Auskunft bzw. unvollständiger, unrichtiger oder nicht fristgerechter Auskunftserteilung. Die Lenkeranfrage wurde nachweislich am 27. März 2015 zugestellt.
Der Bf teilte auf diese behördliche Anfrage durch seine Rechtsvertretung mit Antwortschreiben vom 10. April 2015 mit, dass ihm zwar das gegenständliche Fahrzeug im Oktober 2014 zur Nutzung überlassen war, er es aber mit Sicherheit nicht am 4. Oktober 2014 um 15.40 Uhr in Linz, Ferihumerstraße gegenüber Nr. 15 abgestellt habe. Das Auskunftsersuchen sei einer Beantwortung nicht zugänglich, da es sich beim Gebäude Ferihumerstraße 15 um einen langen Gebäuderiegel handle, dem mehrere Gebäude auf der anderen Straßenseite gegenüber liegen würden. Die gegenständliche Ortsbezeichnung sei daher nicht nachvollziehbar.
Nachdem der Bf keine entsprechende Lenkerauskunft erteilte, wurde er in der Folge sodann wegen Übertretung des § 103 Abs. 2 KFG verfolgt und es wurde schließlich das nunmehr bekämpfte Straferkenntnis erlassen.
Anlässlich der mündlichen Verhandlung erläuterte der Rechtsvertreter des Bf – wie schon in der Beschwerde - erneut, dass es denkunmöglich sei, ein Fahrzeug exakt zu jenem Zeitpunkt, der als Abschleppzeitpunkt bezeichnet sei, abzustellen.
Der meldungslegende Polizeibeamte Insp. H gab auf Befragen betreffend die angegebenen unterschiedlichen Abstellorte zeugenschaftlich zu Protokoll, dass dies damals sein erster Dienst im Rahmen des Urfahraner Jahrmarktes gewesen sei. Die dortige Berufsschule mit der Hausnummer Ferihumerstraße 28 sei ein sehr langes Gebäude, er sei an diesem Tag dort gestanden und auf der gegenüberliegenden Seite sei das Gebäude Nr. 15 gewesen. Er könne es sich nur so erklären, dass er sich damals irrtümlich Ferihumerstraße Nr. 15 notiert habe. Dass die Wortfolge „gegenüber Ferihumerstraße Nr. 15“ nicht in die Anzeige geschrieben wurde, sei ein bloßer Irrtum.
Der bislang zumindest im Verwaltungsbereich der belangten Behörde verwaltungsstrafrechtlich unbescholtene Bf verfügt nach den unwidersprochen gebliebenen Schätzungen der belangten Behörde über monatliche Einkünfte in Höhe von ca. 1.800 Euro, besitzt kein relevantes Vermögen und hat keine ins Gewicht fallenden Sorgepflichten.
III. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:
III.1. Die hier maßgebliche Rechtsnorm des § 103 Abs. 2 KFG lautet:
„Die Behörde kann Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.“
III.2. Dem angefochtenen Straferkenntnis liegt eine schriftliche Aufforderung gemäß § 103 Abs. 2 KFG vom 23. März 2015, GZ VStV/914301041121/2014, an den Bf in der Eigenschaft als Auskunftsperson zugrunde, in der das Auskunftsverlangen der Behörde auf die Bekanntgabe desjenigen, der das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen x zuletzt am 4. Oktober 2014 um 15.40 Uhr in Linz, Ferihumerstraße gegenüber Nr. 15 abgestellt hat, gerichtet war.
Der Bf hat unbestrittenermaßen diese Auskunft nicht erteilt, sondern in Beantwortung der Anfrage mit Schreiben vom 10. April 2015 mitgeteilt, dass ihm zwar das gegenständliche Fahrzeug zur Nutzung überlassen war, er es aber nicht am 4. Oktober 2014 um 15.40 Uhr in Linz, Ferihumerstraße gegenüber Nr. 15 abgestellt habe. Er vertritt den Standpunkt, dass das konkrete Auskunftsersuchen einer Beantwortung nicht zugänglich sei, da einerseits das Fahrzeug zum angefragten Zeitpunkt abgeschleppt, andererseits der Abstellort nicht ausreichend präzisiert worden sei.
Dieser Anschauung ist entgegenzuhalten, dass die an den Bf gestellte Anfrage der Bestimmung des § 103 Abs. 2 KFG entsprochen hat, ergibt sich doch aus dem Wortlaut des ersten Satzes dieser Gesetzesstelle, dass die Behörde auch eine Auskunft darüber verlangen kann, wer ein Kraftfahrzeug "zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat". Wird ein Kraftfahrzeug – wie gegenständlich - zu einem bestimmten Zeitpunkt im ruhenden Verkehr angetroffen, so ergibt sich daraus zwangsläufig, dass es dort von jemandem "zuletzt" vor diesem Zeitpunkt (im konkreten Fall: vor dem Abschleppzeitpunkt) abgestellt worden ist, wobei gewöhnlich nicht bekannt ist, wann dies der Fall war. Eine Anfrage, wer das Kraftfahrzeug abgestellt hat, könnte daher gar nicht die Angabe dieses Zeitpunktes (und demnach nicht einmal des betreffenden Tages) enthalten, anders als eine Anfrage, die sich auf den Lenker eines im fließenden Verkehr befindlichen Kraftfahrzeuges zu einem bestimmten Zeitpunkt bezieht.
Es schadet daher nicht, dass die belangte Behörde im Text ihrer Anfrage nicht exakt die verba legalia verwendet hat. Die Anfrage, wer „... zuletzt am ... um ... abgestellt“ habe, ist insofern ausreichend konkretisiert, als der Wille der Behörde, diejenige Person, die das um 15.40 Uhr abgeschleppte Kraftfahrzeug bis dahin an dem angegebenen Ort abgestellt hat, ausfindig zu machen, eindeutig erkennbar ist. Zur angegebenen Uhrzeit „15.40 Uhr“ sei schließlich noch angemerkt, dass die Dauer einer Minute 60 Sekunden beträgt und das Kraftfahrzeug daher auch anfangs der Minute 15.40 Uhr noch abgestellt gewesen und erst zu Ende der Minute 15.40 Uhr auf das Abschleppfahrzeug aufgeladen worden sein könnte. Überdies entbehrt es jeglicher Lebenserfahrung, dass ein zu einem Zeitpunkt nicht mehr abgestelltes Kraftfahrzeug abgeschleppt werden soll.
Ein Blick auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zeigt, dass dieser mehrfach ausgesprochen hat, dass die in einer Aufforderung gestellte Frage, wer das in Rede stehende Kraftfahrzeug so abgestellt habe, dass es an dem dort genannten Ort zu einem bestimmten Zeitpunkt gestanden ist, auch bei Anwendung strengster Maßstäbe nicht anders als als Frage danach verstanden werden kann, wer dieses Fahrzeug (zuletzt) vor dem fraglichen Zeitpunkt dort abgestellt hat. Für den Betreffenden, der eine solche Anfrage erhält, kann bei verständiger Würdigung kein Zweifel über ihren Inhalt bestehen. Eine derartige Anfrage ist vielmehr eindeutig bestimmt (z. B. VwGH 24. Jänner 1990, 89/02/0113, 28. November 1990, 90/02/0178).
Auch was die Angabe des Abstellortes in der Lenkeranfrage anlangt, ist der Einwand des Bf nicht zielführend – vgl. dazu u.a. das Erkenntnis des VwGH vom 17. November 1993, 93/03/0237, in welchem dieser betreffend einen vergleichsweise noch ungenauer definierten Abstellort ausführt, dass vom Zweck der Regelung des § 103 Abs. 2 KFG 1967 die Angabe des Abstellortes sogar entbehrlich wäre und es daher nicht schadet, wenn die Angabe des Abstellortes in der Anfrage und im Spruch des angefochtenen Bescheides nicht einen höheren Grad an Präzisierung erreicht. Eine allenfalls ungenaue und unpräzise Ortsangabe schadet nicht (VwGH 22. Februar 1989, 88/02/0183, 29. September 1993, 93/02/0191) und entbindet den Auskunftspflichtigen nicht von seiner gesetzlichen Verpflichtung (VwGH 24. Jänner 1990, 89/02/0207).
Vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtsprechung und Feststellungen lässt sich für den Beschwerdefall zusammenfassend feststellen, dass die gegenständliche Lenkeranfrage vom 23. März 2015 jedenfalls ausreichend bestimmt war und mit der gesetzlichen Bestimmung des § 103 Abs. 2 KFG in Einklang stand. Aufgrund seiner juristischen Ausbildung war es dem Bf zuzumuten, den Zweck der Anfrage eindeutig zu erkennen. Zumal das in Rede stehende Kraftrad im fraglichen Tatzeitraum auch tatsächlich, wie im behördlichen Ermittlungsverfahren festgestellt, im Bereich des Halte- und Parkverbotes „ausgenommen stark gehbehinderte Personen“ abgestellt war, war der Bf als namhaft gemachte Auskunftsperson auch zur Erteilung der Lenkerauskunft verpflichtet.
Erteilt der Auskunftspflichtige die Auskunft, dass er das Fahrzeug zum angefragten Zeitpunkt am angeblichen Tatort nicht gelenkt bzw. abgestellt habe, so liegt eine als Verwaltungsübertretung zu verfolgende Verletzung der aus § 103 Abs. 2 KFG erfließenden Verpflichtung dann vor, wenn sich das in Rede stehende Kraftfahrzeug im fraglichen Zeitpunkt tatsächlich doch an dem in der Anfrage genannten Ort befunden hat (VwGH 31. März 1993, 93/02/0018).
Mangels Bekanntgabe des betreffenden Fahrzeuglenkers hat der Bf das objektive Tatbild des § 103 Abs. 2 KFG verwirklicht.
III.3. Zur subjektiven Tatseite ist auszuführen, dass gemäß § 5 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt, soweit die Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt.
Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (sog „Ungehorsamsdelikt“).
Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bf initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht (vgl. VwGH 23.12.1991, 88/17/0010 mwN). Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch das Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die „Glaubhaftmachung“ nicht.
Da auch keine Umstände hervorgekommen sind, welche den Bf subjektiv entlasten hätten können, war gemäß § 5 Abs. 1 VStG zumindest von fahrlässigem Verhalten auszugehen. Mangelndes Verschulden (§ 5 Abs. 2 VStG) konnte der Bf mit seiner Verantwortung nicht glaubhaft machen. Die Tat ist somit auch in subjektiver Hinsicht als erfüllt zu bewerten.
III.4. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG iVm § 38 VwGVG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Gemäß § 19 Abs. 2 VStG iVm § 38 VwGVG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Die Verwaltungsstrafbestimmung des § 134 Abs. 1 KFG sieht für Zuwiderhandlungen gegen § 103 Abs. 2 KFG einen Strafrahmen bis zu 5.000 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe eine Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen, vor.
Die belangte Behörde ging bei der Bemessung der Strafe von einem monatlichen Einkommen des Bf in Höhe von 1.800 Euro, keinem relevanten Vermögen und keinen ins Gewicht fallenden Sorgepflichten aus. Der Bf hat diesen Bemessungsgrundlagen weder im Beschwerdeschriftsatz noch anlässlich der mündlichen Verhandlung widersprochen, weshalb von diesen Grundlagen auch im Beschwerdeverfahren ausgegangen werden konnte.
Nach verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung ist dann mit einer Einschätzung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse vorzugehen, wenn der Beschuldigte im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens Angaben über diese Umstände verweigert. Er hat es in diesem Fall seiner unterlassenen Mitwirkung zuzuschreiben, sollte die Behörde über diese Einschätzung zu seinem Nachteil Umstände unberücksichtigt gelassen haben, die ohne seine Mitwirkung der Behörde nicht zur Kenntnis gelangen konnten (VwGH 22. April 1992, 92/03/0019, 21. Jänner 2012, 2009/05/0123).
Strafmildernd war die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Bf zu berücksichtigen, Straferschwerungsgründe waren hingegen nicht festzustellen.
Die Bestimmung des § 103 Abs. 2 KFG schützt das Interesse an einer jederzeit und ohne unnötige Verzögerung möglichen Ermittlung von Personen, die im Verdacht stehen, eine straßenpolizeiliche oder kraftfahrrechtliche Übertretung begangen zu haben, mithin das Interesse an einer raschen und lückenlosen Strafverfolgung (VwGH 22. März 2000, 99/03/0434, mwH). Sinn und Zweck der Regelung ist es, der Behörde die jederzeitige Feststellung des verantwortlichen Lenkers eines Fahrzeuges ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen zu ermöglichen (VwGH 19. Dezember 2014, Ra 2014/02/0081, 30. Juni 1993, 93/02/0109).
Die Norm des § 103 Abs. 2 KFG soll demnach der Behörde jederzeit die Möglichkeit geben, rasch Auskunft über den Lenker eines Fahrzeuges zu erhalten. Damit soll ein konsequenter Vollzug der entsprechenden Verkehrsvorschriften gesichert werden. Der Bf hat durch die Nichtbekanntgabe des Fahrzeuglenkers gegen diese Interessen verstoßen.
Der Verfassungsgesetzgeber hat die Bedeutsamkeit der Bestimmung damit zum Ausdruck gebracht, dass ein Teil hievon in Verfassungsrang erhoben und allfällige Verweigerungsrechte damit zurückgestellt wurden. Der Unrechtsgehalt solcher Verstöße ist daher nicht als unerheblich zu bezeichnen.
Aufgrund der nicht entsprechend erteilten Lenkerauskunft war gegenständlich eine Ahndung des für die Lenkeranfrage anlassgebenden Grunddeliktes nicht möglich und der betreffende Fahrzeuglenker konnte verwaltungsstrafrechtlich nicht zur Verantwortung gezogen werden.
In Abwägung der Erschwerungs- bzw. Milderungsgründe, wobei auf die bisherige Unbescholtenheit des Bf hinzuweisen ist, wird die über den Bf verhängte Verwaltungsstrafe auf 100 Euro bzw. die Höhe der Ersatzfreiheitsstrafe auf 20 Stunden herabgesetzt. Das erkennende Gericht erachtet diese Geldstrafe als tat- und schuldangemessen und aus spezialpräventiver Sicht in der festgesetzten Höhe erforderlich, um den Bf künftig von weiteren einschlägigen Tatbegehungen abzuhalten und entsprechend darauf hinzuweisen, dass die Einhaltung dieser kraftfahrrechtlichen Verpflichtung nach § 103 Abs. 2 KFG – im Besonderen für die Ahndung von Delikten im Straßenverkehr – von wesentlicher Bedeutung ist. Auch aus dem Blickwinkel der Generalprävention steht dieser Strafzumessung nichts entgegen. Die festgesetzte Geldstrafe ist an der Untergrenze des gesetzlichen Strafrahmens angesiedelt (Höchststrafe 5.000 Euro).
III.5. Der Ausspruch betreffend Verfahrenskostenbeitrag ist in den zitierten Gesetzesbestimmungen begründet.
IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Katja Hörzing
Beachte:
Die Revision wurde zurückgewiesen.
VwGH vom 27. Juli 2017, Zl.: Ra 2016/02/0121-5