LVwG-300791/19/KL/PP

Linz, 18.02.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Ilse Klempt über die Beschwerde des Herrn H.D., L., vertreten durch Dr. E.H., Dr. K.H., Mag. M.W., Rechtsanwälte in L., x, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 16. Juni 2015, GZ: 0054654/2014, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 13. Jänner 2016

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde hinsichtlich der Schuld als unbegründet abgewiesen. Hinsichtlich der Strafe wird der Beschwerde insofern stattgegeben, als die Geldstrafe zu Faktum 1 auf 700 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe auf 30 Stunden), zum Faktum 2 auf 1.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 40 Stunden) und zum Faktum 3 auf 500 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 20 Stunden) herab­gesetzt wird.

 

II.      Gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG ermäßigt sich der Kostenbeitrag erster Instanz auf insgesamt 220 Euro.

Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG entfällt ein Kostenbeitrag zum Beschwerdeverfahren.

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 16. Juni 2015, GZ: 0054654/2014, wurden über den Beschwerdeführer Geldstrafen in der Höhe von 1.) 1.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 40 Stunden), 2.) 1.500 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 60 Stunden) und 3.) 830 Euro (Ersatzfrei­heitsstrafe 33 Stunden) wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 130 Abs. 5 Z 1 und § 118 Abs. 3 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG iVm 1.) § 55 Abs. 4 erster Satz Bauarbeiterschutzverordnung – BauV, 2.) § 58 Abs. 3 und § 7 Abs. 2 Z 4 BauV und 3.) § 58 Abs. 7 erster Satz BauV verhängt, weil er als als Arbeitgeber (mit Firmensitz in L., x) am 06.11.2014 auf der Baustelle in x, A.", mehrere Arbeitnehmer zwecks Durchführung von Fassadenarbeiten auf einem 1-2 etagigen Metallgerüst beschäftigt, wobei das Gerüst folgende Mängel aufwies, welche von ihm zu verantworten sind:

 

1.   Das Standgerüst war weder freistehend standsicher aufgestellt noch an dem einzurüsten­den Objekt sicher verankert; dadurch wurde § 55 Abs. 4 erster Satz BauV übertreten, wo­nach Standgerüste freistehend standsicher aufgestellt, oder an dem einzurückendem Ob­jekt sicher, insbesondere zug- und druckfest, verankert sein müssen.

 

2.   Sämtliche Gerüstlagen des Metallgerüstes waren trotz einer Absturzhöhe von ca. 2,5 - 4,5 m mit keinen Mittel- und Fußwehren versehen; dadurch wurde § 58 Abs. 3 BauV übertre­ten, wonach bei Absturzgefahr von mehr als 2,00 m nach § 7 Abs. 2 Z. 4 BauV Gerüstlagen mit Wehren gemäß § 8 BauV (Brust-, Mittel- und Fußwehren) versehen sein müssen.

 

3.   Für das gefahrlose Besteigen und Verlassen der Gerüstlagen der 2. Gerüstetage an beiden Giebelseiten des Objektes war kein sicher begehbarer Aufstieg oder Zugang angebracht; dadurch wurde § 58 Abs. 7 erster Satz BauV übertreten, wonach sicher begehbare Aufstie­ge oder Zugänge für das gefahrlose Besteigen und Verlassen der Gerüstlagen anzubringen sind.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu die Erteilung einer Ermahnung, in eventu die Herabsetzung der Strafhöhe beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass zwar der Beschwerdeführer und der bei ihm beschäftigte Sohn A.D. und eine weitere selbständig tätige Person Arbeiten durchgeführt hätten. Der Auftrag sei durch Herrn L. von der Firma F. GmbH erfolgt. Weder der Beschwerdeführer noch sein Sohn hätten mit der Montage des Metallgerüstes etwas zu tun, dieses sei bereits ein bis zwei Wochen vorher von der Firma F. GmbH aufgestellt worden. Der Beschwerdeführer und sein Sohn seien am 6.11.2014 den ersten Tag auf der Baustelle anwesend gewesen. Der Beschwerdeführer habe gemeinsam mit der vorgenannten dritten Person Fensterbänke im Erdgeschoß montiert, während sein Sohn im unteren Bereich des Gebäudes den Sockel grundiert hätte. Von keinem der drei genannten Personen sei das Metallgerüst benützt worden. Es seien aber auch andere dem Beschwerdeführer nicht näher bekannte Personen an der Baustelle beschäftigt gewesen, welche z.B. Elektroarbeiten durchgeführt hätten. Einer dieser Arbeiter dürfte auch das Gerüst verwendet haben. Da das Gerüst weder vom Beschwerdeführer noch von seinem Sohn benützt worden sei, scheide eine Strafbarkeit aus. Bei der Strafbemessung habe die belangte Behörde Strafmilderungsgründe zu Unrecht nicht gewürdigt. Es sei die Unbescholtenheit des Beschwerdeführers sowie dass keinerlei Schaden entstanden ist zu berücksichtigen. Der Beschwerdeführer sei lediglich im Bauhilfsnebengewerbe tätig und sei davon ausgegangen, dass er für das von einer anderen Firma aufgestellte Gerüst keinerlei Verantwortung übernehmen müsse, so dass von einem schuldausschließenden Rechtsirrtum auszugehen sei. Der Beschwerde­führer habe im Jahr 2014 über den Zeitraum von sieben Monaten etwa 10.000 Euro netto erwirtschaftet. Hinzu kämen noch 3.000 Euro Sozial­leistungen. Der Beschwerdeführer sei sorgepflichtig für seine in B. lebende Frau sowie die sechsjährige Tochter. Da keinerlei Erschwerungsgründe vorliegen, sei von einer außerordentlichen Strafmilderung auszugehen.

 

3. Der Magistrat der Stadt Linz hat die Beschwerde samt dem bezug­habenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 13.1.2016, zu welcher die Parteien geladen wurden und erschienen sind. Weiters wurde der Zeuge DI A.H., Arbeitsinspektorat Linz, geladen und einvernommen. Der weiters als Zeuge geladene A.D. ist unentschuldigt zur Verhandlung nicht erschienen. In der mündlichen Verhandlung wurden vom Arbeitsinspektorat weitere anlässlich der Baustellenkontrolle aufgenommenen Fotos vorgelegt, zum Akt genommen und werden als Beweise herangezogen.

 

4.1. Im Grunde des durchgeführten Beweisverfahrens steht folgender Sach­verhalt als erwiesen fest und wird der Entscheidung zugrunde gelegt:

 

Der Beschwerdeführer führt in L. ein Einzelunternehmen im Bauhilfsgewerbe. Am 6.11.2014 führte er mit seinem Sohn A., der bei ihm zu diesem Zeitpunkt beschäftigt und zur Sozialversicherung gemeldet war, auf der Baustelle in A., x, Bauhilfsarbeiten, nämlich das Versetzen von Fensterbänken und die Komplettierung bzw. den Anstrich der Fassade durch. Bei der Kontrolle führte der Beschwerdeführer das Versetzen einer Fensterbank im Erdgeschoßbereich aus (Foto laut Anzeige). Eine weitere Person führte auf der zweiten Gerüstetage Anstricharbeiten durch (Foto laut Anzeige). Weiters beobachtete der Arbeitsinspektor eine Person, nämlich den Sohn des Beschwerdeführers, auf der ersten Gerüstetage, welcher dann auch über Aufruf zum Arbeitsinspektor heruntergekommen ist. Das Gerüst wies dahingehend Mängel auf, dass es weder freistehend standsicher aufgestellt noch am Objekt sicher verankert war. Weiters wies es trotz einer Absturzhöhe von ca. 2,5 m – 4,5 m keine Mittel- und Fußwehren auf. Schließlich war an den beiden Giebel­seiten des Objektes kein sicher begehbarer Aufstieg oder Zugang angebracht. Das Gerüst wurde von der Firma F. GmbH errichtet und wurde vom Beschwerdeführer beim Eintreffen auf der Baustelle so vorgefunden. Auf der Baustelle war lediglich ein Fahrzeug vorhanden, nämlich der Pkw des Sohnes des Beschwerdeführers. Die Person auf der zweiten Gerüstetage ist während der Amtshandlung geflohen und nicht mehr auf der Baustelle erschienen.

Der Beschwerdeführer ist nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung sorgepflichtig für die Ehegattin und eine minderjähren Tochter. Er verfügte im Jahr 2014 über ca. 1.500 Euro netto monatlich inklusive Sozialleistungen. Im Jahr 2015 kommt er auf ein Jahresnettoeinkommen von 11.400 Euro inkl. Sozialleistungen. Derzeit hat er das Gewerbe ruhend gemeldet und bezieht Notstandshilfe.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ist im Grunde des durchgeführten Beweisverfahrens erwiesen. Insbesondere stützen sich die Feststellungen auf die im Akt aufliegenden Fotos sowie die Aussage des Arbeitsinspektors. Der zeugen­schaftlich einvernommene Arbeitsinspektor führte seine Erinnerungen glaubhaft aus und bestehen seitens des Landesverwaltungsgerichtes keine Anhaltspunkte an der Glaubwürdigkeit des Zeugen zu zweifeln. Insbesondere hatte der Zeuge eindeutige Erinnerung, dass der Sohn des Beschwerdeführers von der ersten Gerüstlage zu ihm heruntergekommen ist. Auch hatte er eindeutige unzweifel­hafte Erinnerungen, dass vier Personen an der Baustelle tätig waren, nämlich außer dem Beschwerdeführer und dem Sohn des Beschwerdeführers eine weitere Person sowie eine weitere Person auf der zweiten Gerüstlage, die in den angrenzenden Wald verschwunden ist. Während der gesamten Amtshandlung wurde von keiner Person geäußert, dass auch andere Firmen gleichzeitig zum Kontrollzeitpunkt an der Baustelle tätig waren. Auch ist durch die Fotos dokumentiert, dass lediglich Anstricharbeiten und das Versetzen von Fensterbänken ausgeführt wurden. Andere Gewerke sind auf den Fotos nicht ersichtlich. Auch wurde auf der Baustelle lediglich ein Fahrzeug angetroffen, nämlich das Fahrzeug des Sohnes des Beschwerdeführers. Hingegen hat der Beschwerdeführer gleich vorweg bei der Kontrolle ausgeführt, dass das Gerüst nicht von ihm sei sondern von der Firma F. und dass ihn daher das Gerüst nichts angehe und er dafür keine Verantwortung habe. Die Aussagen des Arbeitsinspektorates sind auch insofern glaubwürdig und untermauert, als von den angetroffenen Personen gleichartige Tätigkeiten, nämlich Versetzen von Fensterbänken und Komplettierung bzw. Anstrich der Fassade, ausgeführt wurden. Es ist daher auch aus diesem Blickwinkel eine Zurechnung zum Beschwerdeführer und seinem Gewerbe, nämlich dem Bauhilfsgewerbe, naheliegend. Darüber hinaus verweist der Zeuge auch – mit Ausnahme der geflüchteten Person – auf die gleich aussehende Kleidung, die auf eine Zusammengehörigkeit schließen ließ.

 

5. Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erwogen:

 

5.1. Gemäß § 130 Abs. 5 Z 1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 166 bis 8.324 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 333 bis 16.659 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt weitergeltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

Gemäß § 118 Abs. 3 ASchG gilt die Bauarbeiterschutzverordnung (BauV), nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen als Verordnung nach diesem Bundes­gesetz.

 

Gemäß § 55 Abs. 4 erster Satz Bauarbeiterschutzverordnung – BauV müssen Standgerüste freistehend standsicher aufgestellt oder an dem einzurüstenden Objekt sicher, insbesondere zug- und druckfest, verankert sein.

Gemäß § 58 Abs.3 BauV müssen bei Absturzgefahr nach § 7 Abs. 2 Z 2 oder 4 die Gerüstlagen mit Wehren gemäß § 8 versehen sein.

Gemäß § 7 Abs. 2 Z 4 BauV liegt Absturzgefahr vor an sonstigen Arbeits­plätzen, Standplätzen und Verkehrswegen bei mehr als 2,00 m Absturzhöhe.

Gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 BauV sind geeignete Absturzsicherungen Umwehrungen (Geländer) an den Absturzkanten, die aus Brust-, Mittel- und Fußwehren bestehen.

Gemäß § 58 Abs. 7 BauV sind für das gefahrlose Besteigen und Verlassen der Gerüstlagen sicher begehbare Aufstiege oder Zugänge, wie Leitergänge, Treppentürme, Außentreppen oder lotrechte, festverlegte Leitern, anzubringen.

 

5.2. Im Grunde des als erwiesen festgestellten Sachverhaltes hat das zum Überprüfungszeitpunkt vorgefundene Gerüst nicht den zitierten Bestimmungen der BauV entsprochen. Das Gerüst wurde auch zum Tatzeitpunkt benützt, insbesondere auch vom Sohn des Beschwerdeführers, der beim Beschwerde­führer beschäftigt ist. Darüber hinaus war der Auftrag an den Beschwerdeführer, die Fassade zu komplettieren, also Anstricharbeiten vorzu­nehmen, und Fensterbänke zu versetzen. Diese Arbeiten waren nicht nur im Erdgeschoß­bereich sondern auch im Obergeschoßbereich erforderlich. Es kann daher auch aus dieser Sicht nicht ausgeschlossen werden, dass ein Arbeitnehmer des Beschwerdeführers auch Gerüstlagen besteigt.

Es wurde daher der objektive Tatbestand der vorgeworfenen Verwaltungs­übertretungen erfüllt.

 

5.3. Hinsichtlich des Verschuldens wird in der Beschwerde darauf verwiesen, dass das Gerüst nicht vom Beschwerdeführer aufgestellt worden ist sondern von einer Fremdfirma, und ihn daher keine Verantwortung für das Gerüst treffe. Diesbezüglich wird Rechtsirrtum eingewendet. Dieses Vorbringen kann den Beschwerdeführer jedoch nicht entlasten.

 

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Beschwerdeführer initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismitteln und Bestellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die Glaubhaftmachung nicht aus.

Der Beschwerdeführer hat kein Vorbringen erstattet, welche konkreten Maßnahmen er durchgeführt hätte, die mit gutem Grund erwarten lassen, dass die Arbeitnehmerschutzvorschriften eingehalten werden. Als Gewerbetreibender hat er die das Gewerbe betreffenden Rechtsvorschriften zu kennen und im Fall der Unkenntnis sich durch Erkundigungen bei der zuständigen Behörde Kenntnis zu verschaffen. Der Beschwerdeführer hat jedoch nicht vorgebracht, dass er Erkundigungen hinsichtlich der Verantwortung für von Fremdfirmen aufgestellte Gerüste eingeholt hätte. Es kann daher der diesbezüglich vorgebrachte Rechtsirrtum den Beschwerdeführer nicht von seinem Verschulden befreien, zumal die Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht unverschuldet war. Im Übrigen wurden aber keine entlasteten Umstände in der Beschwerde vorge­bracht. Es war daher von zumindest fahrlässiger Tatbegehung auszugehen.

 

5.4. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG idF. BGBl. I Nr. 33/2013, in Geltung ab 1. Juli 2013, sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermes­sensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechts­verfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nach­prüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Die belangte Behörde hat bei der Strafbemessung weder straferschwerende noch strafmildernde Umstände gewertet und geschätzte Einkommensverhältnisse von monatlich netto 2.000 Euro und keine Sorgepflichten zugrunde gelegt. Der Beschwerdeführer hat in der mündlichen Verhandlung seine persönlichen Einkommensverhältnisse dargelegt und Sorgepflichten für die Gattin und ein Kind angegeben. Dies musste bei der Strafbemessung berücksichtigt werden. Weiters wurde erhoben, dass der Beschwerdeführer unbescholten ist. Auch dies hat als Milderungsgrund in die Strafbemessung Eingang zu finden. Weitere Milderungs­gründe kamen jedoch nicht hervor. Insbesondere ist der Eintritt keines Schadens kein Milderungsgrund, zumal es sich bei den gegenständlichen Verwaltungs­übertretungen lediglich um ein Ungehorsamsdelikt handelt. Weiters ist von keinem unverschuldeten Rechtsirrtum auszugehen, sodass auch diesbe­züglich kein Milderungsgrund vorliegt.

Im Hinblick auf die zu berücksichtigende Unbescholtenheit und die bescheidenen Vermögensverhältnisse des Beschuldigten war daher mit einer angemessenen Strafherabsetzung je Delikt vorzugehen. Die nunmehr festgesetzten Geldstrafen liegen im untersten Bereich des gesetzlich vorgesehen Strafrahmens und sind tat- und schuldangemessen und auch den persönlichen Verhältnissen des Beschuldigten angepasst. Sie sind auch geeignet den Beschuldigten von einer weiteren Tatbegehung abzuhalten und auch eine abschreckende Wirkung gegenüber Arbeitgebern in gleich gelagerten Fällen zu erwirken. Eine weitere Herabsetzung der Strafen je Delikt war jedoch nicht gerechtfertigt, weil angesichts der großen Mangelhaftigkeit des Gerüstes eine besondere Gefährlichkeit bei der Benutzung gegeben war, sodass eine höhere Gefährdung des geschützten Rechtsgutes von Leben und Gesundheit der Arbeitnehmer vorhanden war.

 

Von der außerordentlichen Milderung gemäß § 20 VStG war jedoch nicht Gebrauch zu machen, zumal die wesentliche Voraussetzung eines erheblichen Überwiegens von Milderungsgründen nicht gegeben war. Auch waren die Voraussetzungen für die Einstellung des Strafverfahrens gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG nicht gegeben, da insbesondere kein geringfügiges Verschulden vorgelegen war.

Im Hinblick auf die Herabsetzung der Geldstrafen mussten auch verhältnismäßig die Ersatzfreiheitsstrafen gemäß § 16 VStG herabgesetzt werden.

 

6. Im Grunde der Strafherabsetzung ermäßigt sich der Kostenbeitrag erster Instanz auf insgesamt 220 Euro, das sind 10 % der nunmehr verhängten Geldstrafen. Weil die Beschwerde hinsichtlich der Strafe erfolgt hatte, entfällt ein Kostenbeitrag zum Beschwerdeverfahren gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG.

 

7. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

H i n w e i s

 

Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Ilse Klempt