LVwG-300770/4/Kl/PP
Linz, 09.02.2016
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Ilse Klempt über die Beschwerde des Herrn J B, Wels, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J K, x, W, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 10. Juli 2015, BZ-Pol-77086-2014, wegen Übertretung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz den
B E S C H L U S S
gefasst:
I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Kostenbeitrag zum Beschwerdeverfahren zu leisten.
III. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 10. Juli 2015, BZ-Pol-77086-2014, wurden über den Beschwerdeführer Geldstrafen in fünf Fällen von je 730 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von je 112 Stunden, wegen jeweils einer Verwaltungsübertretung gemäß § 111 iVm § 33 Abs. 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG verhängt, weil er als Arbeitgeber und somit als Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG, welcher für die Erfüllung der sozialversicherungsrechtlichen Meldepflicht keinen Bevollmächtigten bestellt hat, folgende Verwaltungsübertretung zu verantworten hat:
von 25. bis 27.06.2014 gegen Entgelt (brutto 230,93 für Juni 2014),
von 25.06. bis 31.07.2014 gegen Entgelt (brutto 357,50 für Juni 2014),
von 30.06. bis 31.07.2014 gegen Entgelt (brutto 100,00 für Juni 2014),
von 30.06. bis 10.08.2014 gegen Entgelt (brutto 89,68 für Juni 2014) und
von 25.06. bis 10.08.2014 gegen Entgelt (brutto 357,50 für Juni 2014)
Die Ordnungswidrigkeit nach Abs. 1 ist von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro, bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs. 1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind (§ 11 Abs. 2 ASVG).
Gemäß § 35 Abs. 1 ASVG gilt als Dienstgeber im Sinne dieses Bundesgesetzes derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer (Lehrling) in einem Beschäftigungs-(Lehr-)verhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist. Dies gilt entsprechend auch für die gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 pflichtversicherten, nicht als Dienstnehmer beschäftigten Personen.
5.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner zahlreichen Judikatur (z.B. v. 23.2.2005, 2002/08/0220) zum Begriff Betrieb ausgeführt, dass unter einem Betrieb jede organisatorische Einheit zu verstehen ist, innerhalb derer eine physische oder juristische Person oder eine Personengemeinschaft mit technischen oder immateriellen Mitteln die Erzielung bestimmter Arbeitsergebnisse fortgesetzt verfolgt, ohne Rücksicht darauf, ob Erwerbsabsicht besteht oder nicht (vgl. § 34 ArbVG). Der Betriebszweck kann künstlerischer, wissenschaftlicher, pädagogischer oder wohltätiger Natur sein.
Im Erkenntnis vom 4.7.2007, 2004/08/0127 führt der VwGH aus, dass für die Dienstgebereigenschaft wesentlich ist, wer nach rechtlichen (und nicht bloß tatsächlichen) Gesichtspunkten aus den im Betrieb getätigten Geschäften unmittelbar berechtigt und verpflichtet wird, wen also das Risiko des Betriebes im Gesamten unmittelbar trifft. Die Dienstgebereigenschaft hängt daher maßgeblich davon ab, ob der Betrieb der Partei wirtschaftlich zuzurechnen ist, d.h. auf ihre Rechnung und Gefahr betrieben worden ist, oder mit anderen Worten, ob die Partei "aus den in diesem Zusammenhang getätigten Umsatzgeschäften berechtigt und verpflichtet wurde .... Wer berechtigt und verpflichtet wird ist eine Rechtsfrage, die aufgrund rechtlicher Gegebenheiten (z.B. Eigentum am Betrieb) beantwortet werden kann“.
Im Erkenntnis vom 22.11.2002, 98/08/0017, führt der VwHG aus: „Im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 10.12.1986, Slg. Nr. 12325/A (S. 677), hat der Verwaltungsgerichtshof seine schon im Erkenntnis vom 17.2.1983, Zl. 81/08/0155, vertretene Rechtsauffassung bekräftigt, wonach bei Beurteilung der Frage, auf wessen Rechnung ein Betrieb, in dem ein Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, an das die zu klärende Beitragspflicht anknüpft, geführt wird, wesentlich sei, wer nach rechtlichen und nicht bloß tatsächlichen Gesichtspunkten aus den im Betrieb getätigten Geschäften berechtigt und verpflichtet wird, wen also demnach das Risiko des Betriebes im Gesamten unmittelbar trifft (vgl. zu diesem Moment das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 30.11.1983, Slg. Nr. 11241/A – S. 580; ferner das Erkenntnis vom 25.1.1994, Zl. 92/08/0264). Dazu hat der VwGH im bereits erwähnten Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 10.12.1986, Slg. 12325/A, ausgeführt, dass es für die Dienstgebereigenschaft nicht nur darauf ankomme, wer letztlich aus den im Betrieb getätigten Geschäften (nach den hierfür in Betracht kommenden Regeln des Privatrechtes) unmittelbar berechtigt und verpflichtet werde, sondern überdies darauf, dass der in Betracht kommenden Person, wenn schon nicht das Recht zur Geschäftsführung, so doch eine so weit reichende Einflussmöglichkeit auf die Betriebsführung zukommen müsse, dass ihr die Erfüllung der dem Dienstgeber nach dem ASVG auferlegten Verpflichtungen in Bezug auf das an das Beschäftigungsverhältnis anknüpfende Versicherungs- und Leistungsverhältnis entweder selbst oder durch dritte Personen möglich sei (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 22.5.1990, Zl. 89/08/0016, zuletzt das Erkenntnis vom 3.7.2002, Zl. 99/08/0173).
Nicht entscheidend für die Dienstgebereigenschaft einer aus der Betriebsführung unmittelbar berechtigten und verpflichteten Person ist es, ob sie den Betrieb selbst oder durch dritte Personen (Organe, Bevollmächtigte, Beauftragte, Familienangehörige, Dienstnehmer usw.) führt, wenn ihr nur (auch) im Falle der Betriebsführung durch dritte Personen (weiterhin) zumindest die rechtliche Möglichkeit einer Einflussnahme auf die Betriebsführung zusteht (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 25.1.1994, Zl. 92/08/0264). An der Dienstgebereigenschaft der Person, die das Risiko des Betriebes im Gesamten unmittelbar trifft, ändert es ferner nichts, wenn sie den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter anstelle des Entgelts verweist (vgl. neuerlich das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 10.12.1986, Slg. Nr. 12.325/A (aaO), sowie das Erkenntnis vom 25.1.1994, Zl. 92/08/0264) oder dadurch, dass ein (mit ihrem Wissen und Willen den Betrieb führender) Dritter bei einzelnen betrieblichen Geschäften, so auch bei der Indienstnahme und Beschäftigung einer Person im Betrieb und für den Betrieb, einschließlich Weisungserteilung und tatsächlicher Entgeltzahlung als „Mittelsperson“, nach außen hin im eigenen Name auftritt; dabei kommt es nicht darauf an, dass die Indienstnahme „ohne Wissen“ oder sogar „gegen den Willen“ des Dienstgebers erfolgt ist (vgl. die Erkenntnisse vom 17.12.1991, Slg. Nr. 13551/A, und vom 21.9.1993, Zl. 92/08/0248; zum Unterschied zu den nach § 67 Abs. 3 ASVG Haftungspflichtigen vgl. das Erkenntnis vom 1.12.1992, Zl. 88/08/0018). Aus der Ausübung von Funktionen, wie der Aufnahme und Entlassung von Arbeitnehmern, der Ausbezahlung der Löhne, der Entgegennahme von Bestellungen und der Durchführung von Kalkulationen, kann für sich allein noch nicht auf die Dienstgebereigenschaft geschlossen werden (vgl. – unter Hinweis auf das Erkenntnis vom 16.11.1960, Zl. 1572/57 – jenes vom 12.11.1991, Zl. 89/08/0262).
Das Eigentum bzw. Miteigentum am Betrieb ist die für die Beurteilung der Frage, auf wessen Rechnung und Gefahr ein Betrieb geführt wird, in erster Linie maßgebende rechtliche Gegebenheit. Eine sozialversicherungsrechtlich relevante Änderung der sich aus den Eigentumsverhältnissen ergebenden Zurechnung von Rechten und Pflichten aus der Betriebsführung setzt voraus, dass durch rechtswirksame dingliche (z.B. durch Einräumung eines Fruchtgenussrechtes) oder obligatorische Rechtsakte (z.B. durch Abschluss eines Pachtvertrages oder einer besonderen, einem Pachtvertrag nahe kommenden Vereinbarung zwischen Miteigentümern, vgl. die Erkenntnisse vom 24.3.1992, Zl. 89/08/0168, unter Hinweis auf Vorjudikatur und vom 15.5.2002, Zl. 97/08/0652, 0653) statt des Eigentümers (der Miteigentümer) ein Nichteigentümer bzw. bei Vereinbarungen zwischen Miteigentümern einer der Miteigentümer allein aus der Führung des Betriebes berechtigt und verpflichtet wird. Ein Betrieb wird ganz allgemein auf Rechnung eines redlichen Besitzers geführt (vgl. das zuletzt zitierte Erkenntnis vom 15.5.2002).“
Auch im Erkenntnis vom 21.4.2004, 2001/08/0130, führt der VwGH zur Dienstgebereigenschaft aus: „An der Dienstgebereigenschaft einer Person ändert sich aber (jedenfalls) auch dadurch nichts, dass im Falle einer mit ihrem Wissen und Willen erfolgenden Betriebsführung durch einen Dritten dieser Dritte bei einzelnen betrieblichen Geschäften (so auch bei der Indienstnahme und Beschäftigung einer Person im Betrieb und für den Betrieb, einschließlich der Weisungserteilung und der tatsächlichen Entgeltzahlung, als „Mittelsperson“) nach außen hin im eigenen Namen auftritt, wenn nur den Dienstgeber das Risiko des Betriebes im Gesamten trifft und ihm zumindest die rechtliche Einflussmöglichkeit auf die tatsächliche Betriebsführung im Ganzen zusteht. Darauf, ob eine derartige Indienstnahme und Beschäftigung einer Person für den Betrieb durch den den Betrieb tatsächlich Führenden „ohne Wissen“ oder sogar „gegen den Willen“ des Dienstgebers erfolgt, kommt es bei Zutreffen der eben genannten Voraussetzungen nicht an. Dabei genügt (neben der Risikotragung für den Betrieb) die rechtliche Möglichkeit der Einflussnahme (durch Weisung, Kontrolle, usw.) auf die tatsächliche Betriebsführung. Ob und inwiefern der Dienstgeber diese rechtliche Möglichkeit auch tatsächlich wahrnimmt, ist unmaßgeblich...... Bei der Frage, auf wessen Rechnung und Gefahr ein Betrieb (in Sinne der zum Sozialversicherungsrecht der Bauern entwickelten Rechtsprechung) geführt wird, kommt es nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darauf an, ob jene Person, deren Versicherungs- und Beitragspflicht zu beurteilen ist, aus der Betriebsführung im Außenverhältnis (also im Verhältnis zu Dritten) berechtigt und verpflichtet wird. Wer aus der Betriebsführung berechtigt und verpflichtet wird, ist eine Rechtsfrage, die letztlich nur aufgrund rechtlicher Gegebenheit beantwortet werden kann. Das Eigentum bzw. Miteigentum am Betrieb ist eine solche rechtliche Gegebenheit. Ob eine Person, die einen Betrieb auf ihre Rechnung und Gefahr (im oben dargelegten Sinn) führt, im Betrieb persönlich mitarbeitet oder die erforderlichen Arbeiten durch Bevollmächtigte, Familienmitglieder oder Dienstnehmer verrichten lässt, ist für die Versicherungspflicht irrelevant.“
5.3. Im Grunde dieser ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes war auf Grund der festgestellten Tatsache, dass Frau E A das Baugewerbe, eingeschränkt auf ausführende Tätigkeiten, angemeldet hat, für diese Tätigkeit einen gewerberechtlichen Geschäftsführer angestellt hat, einen Kredit von 5.000 Euro als Startkapital aufgenommen hat, Handschuhe, Regenmäntel udgl. für die Arbeitnehmer gekauft hat, Zugang zum Konto bei der R hatte, von welchem Konto auch die Arbeitnehmer bezahlt wurden und auf welches Konto auch die ausstehenden Rechnungen eingezahlt wurden, Aufträge z.B. mit der B B GmbH und der S abgeschlossen wurden, davon auszugehen, dass Frau E A rechtliche Eigentümerin des Einzelunternehmens war. Wenngleich auch ihr Gatte mit oder ohne ihr Wissen Arbeiter einstellte, mit den Arbeitern Löhne verhandelte oder der Beschwerdeführer eine Generalvollmacht für die Geschäftstätigkeit hatte und tatsächlich auch die Anbahnung und Abwicklung der Geschäfte sowie auch die Büroarbeit erledigte und die Einzelunternehmerin A in geschäftlichen und kaufmännischen Belangen beriet, und auch ebenfalls Vollmacht und Zugriff auf das Konto hatte, so kam doch bei sämtlichen Niederschriften und Erhebungen hervor, dass die Einzelunternehmerin A in den Belangen beteiligt war und daher auch rechtlich gesehen eine Einflussmöglichkeit auf die Betriebsführung hatte. Ob sie diese Einflussmöglichkeit auch nutzte, also konkret Weisungen erteilte oder eine Kontrolle durchführte, darauf kommt es nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht an. Auch kommt es entgegen den Ausführungen der belangten Behörde nicht darauf an, dass nach außen hin eine dritte Person, nämlich der Beschwerdeführer oder auch der Gatte auftrat, denn nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt es in erster Linie auf die rechtlichen Gegebenheiten an. Daher kann auch aus dem weiters angeführten Indiz, dass durch den Beschwerdeführer Arbeitnehmer aufgenommen und entlassen werden, die Löhne ausbezahlt und Bestellungen entgegengenommen und Kalkulationen durchgeführt werden, für sich allein noch nicht darauf geschlossen werden, dass der Beschwerdeführer Dienstgebereigenschaft hat. Vielmehr ist darauf hinzuweisen, dass die Anmeldung zur Sozialversicherung sämtlicher Arbeitnehmer sowie auch des Beschwerdeführers als Geschäftsführer mit Willen und im Auftrag der Frau A an die Steuerberatungskanzlei weitergeleitet und von dieser durchgeführt wurde. Auch wurde eine Zuschlagsverrechnung gegen E A durch die B durchgeführt und von der B als Auftraggeberin der E A beglichen.
Dass der Beschwerdeführer die Geschäftstätigkeit ausführte und auch Verträge abschloss, ist nur Ausfluss seiner gewerberechtlichen Geschäftsführertätigkeit bzw. seiner Generalvollmacht, hindert aber im Sinn der vorzitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht die rechtliche Zurechnung der Tätigkeit an das Einzelunternehmen. Vielmehr sagte der Verwaltungsgerichtshof klar und deutlich aus, dass es nicht entscheidend für die Dienstgebereigenschaft ist, ob der Betrieb selbst oder durch dritte Personen wie z.B. Bevollmächtigte, Familienangehörige, Auftraggeber usw. geführt wird, wenn nur im Fall der Betriebsführung durch dritte Personen auch die unmittelbar berechtigte und verpflichtete Person zumindest die rechtliche Möglichkeit einer Einflussnahme auf die Betriebsführung hat. Diese Einflussmöglichkeit war zweifelsohne für die Einzelunternehmerin A gegeben. Ob sie tatsächlich diese Einflussmöglichkeit auch ausgeübt hat, darauf kommt es nach der eben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht an.
Es kommt daher dem Beschwerdeführer eine Dienstgebereigenschaft nach § 35 Abs. 1 ASVG im Sinne der ausgeführten ständigen Judikatur nicht zu.
Wenn sich hingegen die Finanzpolizei auf die Bestimmung des § 539a Abs. 1 ASVG stützt, wonach für die Beurteilung von Sachverhalten nach diesem Bundesgesetz in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (z.B. Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend ist, so ist dieser Stellungnahme die Bestimmung des § 539a ASVG in ihrer Gesamtheit entgegenzuhalten, wonach insbesondere aus dem Abs. 2 erkennbar ist, dass durch den Missbrauch von Formen und durch Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts Verpflichtungen nach diesem Bundesgesetz, besonders die Versicherungspflicht, nicht umgangen oder gemindert werden können.
Insbesondere im Zusammenhang mit § 539a Abs. 2 ASVG ist erkennbar, dass die Grundsätze der Sachverhaltsfeststellung dazu da sind, dass Verpflichtungen nach dem ASVG, insbesondere die Versicherungspflicht, nicht umgangen oder gemindert werden können. Da aber die betroffenen Arbeitnehmer pflichtgemäß und rechtzeitig zur Sozialversicherung angemeldet wurden, kann nicht von einer Umgehung oder Minderung der Pflichtversicherung gesprochen werden. Wenn hingegen die Möglichkeiten der Gewerbeordnung, nämlich Gewerbeanmeldung durch eine unbefugte Person und Meldung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers mit der entsprechenden Befähigung ausgeschöpft werden, so steht es nicht im Ermessen des Trägers der Sozialversicherung diese rechtlichen und zulässigen Möglichkeiten zu unterbinden. Wie nämlich eindeutig feststeht, wurde der die ausländischen Arbeitnehmer betreffenden Versicherungspflicht und Meldepflicht ordnungsgemäß nachgekommen, Bestimmungen des ASVG daher nicht verletzt und ist auch für die Sozialversicherung kein Schaden entstanden.
Gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG, der gemäß § 38 VwGVG auch im Beschwerdeverfahren anzuwenden ist, hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat.
Da dem Beschuldigten eine Dienstgebereigenschaft nicht zukommt, hat er die ihm angelastete Verwaltungsübertretung nicht begangen und war daher spruchgemäß mit Einstellung des Strafverfahrens vorzugehen.
6. Bei diesem Ergebnis entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Beschwerdeverfahren gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG.
7. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
H i n w e i s
Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. Ilse Klempt