LVwG-300559/6/Kü/PP
Linz, 09.02.2016
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Thomas Kühberger über die Beschwerde von Herrn S H, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. G H, Dr. A F, Mag. U S-S, Mag. Dr. A R, Dr. A A, Dr. T G, MMag. L M J, x, W, vom 4. Dezember 2014, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 18. November 2014, SV96-99-2013, wegen Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 19. November 2015
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde insofern stattgegeben, als die verhängten Geldstrafen auf jeweils 2.180 Euro herabgesetzt werden, die verhängten Ersatzfreiheitsstrafen bleiben unverändert. Im Übrigen wird das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
II. Gemäß § 38 VwGVG iVm § 64 Abs. 2 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) ermäßigt sich der Kostenbeitrag zum Verwaltungsstrafverfahren vor der belangten Behörde auf 4.796 Euro; für das Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ist gem. § 52 Abs. 8 VwGVG kein Kostenbeitrag zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. 1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 18. November 2014, SV96-99-2013, wurden über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) wegen Verwaltungsübertretungen nach § 33 Abs. 1 iVm § 111 Abs. 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) 22 Geldstrafen iHv jeweils 2.500 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit jeweils Ersatzfreiheitsstrafen von 48 Stunden verhängt.
Diesem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:
Kontroll-Tag: 17.9.2013
Kontroll-Tag: 17.9.2013
Kontroll-Tag: 17.9.2013
Kontroll-Tag: 17.9.2013
Kontroll-Tag: 17.9.2013
Kontroll-Tag: 17.9.2013
Kontroll-Tag: 17.9.2013
Kontroll-Tag: 17.9.2013
Kontroll-Tag: 17.9.2013
Kontroll-Tag: 17.9.2013
Kontroll-Tag: 17.9.2013
Kontroll-Tag: 17.9.2013
Kontroll-Tag: 17.9.2013
Kontroll-Tag: 17.9.2013
Kontroll-Tag: 17.9.2013
Kontroll-Tag: 17.9.2013
2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde, in der beantragt wird, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos aufzuheben und das Verfahren einzustellen, in eventu die verhängten Geldstrafen gemäß § 20 VStG außerordentlich zu mildern oder eine bloße Ermahnung nach § 45 VStG auszusprechen oder die verhängte Geldstrafe auf ein schuld- und tatangemessenes Maß herabzusetzen.
Begründend wurde festgehalten, dass der Bf als verantwortliches Organ des Dienstgebers H GmbH ein wirksames Kontrollsystem eingerichtet habe. Das Personalbüro nehme unter vorheriger Planung und Abstimmung neuer Dienstnehmerantritte einmal täglich zwischen 16.00 Uhr und 18.00 Uhr die Anmeldung der Dienstnehmer zur GKK vor. Dabei seien die Mitarbeiter des Personalbüros angewiesen, die Anmeldung zur GKK rechtzeitig – das heißt spätestens am Tag des Arbeitsantritts – vorzunehmen. Die Dienstnehmer würden zuvor angewiesen, entweder vorab ihre Daten bekanntzugeben oder diese dem Personalbüro spätestens bei Arbeitsantritt mitzuteilen. Die Umsetzung, Einhaltung und Wirksamkeit dieses Kontrollsystems würde vom Bf auch regelmäßig stichprobenartig überprüft. Bis zum gegenständlichen Vorfall habe es zwischenzeitig keine Probleme gegeben. Nunmehr dürfte aber auch das neue – bisher wirksame – Kontrollsystem unter außergewöhnlichen Umständen in unvorhersehbarer Weise versagt haben. Trotz vorhandenem Kontrollsystem seien einige Dienstnehmer offenbar verspätet angemeldet worden.
Die Dienstnehmer L L, N E, V M und Z G seien aber rechtzeitig am Tag ihres Dienstantrittes, dem 18.9.2013, zur Sozialversicherung angemeldet worden. Dass die Meldungen betreffend L, N und V erst nach 17:30 Uhr bei der GKK eingelangt seien, sei darauf zurückzuführen, dass die Anmeldungen eben erst zwischen 16:00 Uhr und 18:00 Uhr durchgeführt worden sind. Diese Anmeldungen könnten daher nicht als verspätet gewertet werden.
Ein Verschulden des Bf an den verspäteten Anmeldungen der Dienstnehmer liege aber insgesamt nicht vor bzw. könne dem Bf – wenn überhaupt – nur leichte Fahrlässigkeit vorgeworfen werden, da die Anmeldungen seit Einführung des Kontrollsystems stets ordnungsgemäß vorgenommen worden seien.
Die Pflichtversicherung der Dienstnehmer beginne nach § 10 Abs. 1 ASVG in der Regel mit dem Tag des Beginns (Antritts) ihrer Beschäftigung. „Unmittelbar bei Arbeitsantritt“ könne in diesem Zusammenhang daher nur so verstanden werden, dass Dienstnehmer spätestens noch am selben Tag ihres Arbeitsantritts angemeldet werden müssten. Eine andere Auslegung wäre gerade für einen Dienstgeber in der Leasingbranche unzumutbar.
Angesichts dessen, dass der Bf ein Kontrollsystem eingerichtet und dessen Umsetzung auch kontrolliert habe, sei das Verschulden des Bf, wenn überhaupt, als geringfügig zu werten. Weiters sei darauf hinzuweisen, dass sämtliche Anmeldungen der Dienstnehmer nur geringfügig verspätet vorgenommen worden seien. Die Folgen der Tat seien gering geblieben und liege keine schwere Beeinträchtigung des geschützten Rechtsgutes durch die Tat vor. Weder Erfolgs-, Handlungs- noch Gesinnungsunwert seien im konkreten Fall als schwer einzustufen. Dem Bf könne aufgrund geringer Beeinträchtigung des Rechtsgutes auch nur ein geringfügiges Verschulden angelastet werden. Der Bf sei ernsthaft bemüht gewesen, die Folgen der Tat möglichst gering zu halten. Mittlerweile würden die Anmeldungen zur GKK im Hinblick auf das bekämpfte Straferkenntnis sogar stündlich erfolgen.
Die Behörde habe als erschwerend die bisherigen beiden rechtskräftigen Straferkenntnisse gewertet. Diese seien einschlägig, da es sich dabei um Übertretungen des ASVG gehandelt habe. Mildernd habe die Behörde keine Umstände berücksichtigt. Die Behörde hätte aber den Erschwerungsgrund einschlägiger Vorbestrafungen nicht heranziehen dürfen, da keine Feststellungen darüber getroffen worden seien, ob es sich bei den beiden Straferkenntnissen tatsächlich um einschlägige handelt. Das ASVG diene dem Schutz verschiedener Rechtsgüter und könne pauschal nicht gesagt werden, dass vorangegangene Bestrafungen wegen Übertretungen des ASVG hier einschlägig seien. Ohne die Feststellung, dass es sich bei den beiden Vorbestrafungen ebenso wie im bekämpften Straferkenntnis konkret um Verletzungen der Meldepflicht gehandelt habe, dürfe die Behörde nicht von einschlägigen Vorbestrafungen ausgehen bzw. solche annehmen.
Die Behörde habe den vorliegenden Milderungsgrund der Begehung der Tat durch Unterlassen eines gesetzlich geforderten Erfolges (§ 34 Abs. 1 Z 5 StGB) nicht berücksichtigt. Weiters habe die Behörde den vorliegenden Milderungsgrund der Bemühung des Täters den Schaden wieder gutzumachen bzw. weitere nachteilige Folgen zu verhindern (§ 34 Abs. 1 Z 15 StGB) nicht berücksichtigt. Wäge man also die Milderungs- und (nicht vorhandenen) Erschwerungsgründe gegeneinander ab, so hätte die Behörde die Strafe jedenfalls geringer bemessen müssen.
3. Die belangte Behörde hat die Beschwerde samt Verwaltungsstrafakt mit Schreiben vom 22. Dezember 2014 dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidungsfindung vorgelegt. Dieses hat gemäß § 2 VwGVG durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter zu entscheiden.
4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 19. November 2015, an welcher der Bf in Begleitung seines Rechtsvertreters sowie eine Vertreterin der Finanzverwaltung teilgenommen haben.
4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:
Der Bf ist handelsrechtlicher Geschäftsführer sowohl der H B S GmbH als auch der H GmbH, welche beide ihren Sitz in x, K haben. Der Geschäftszweig der beiden Firmen liegt in der Personalbereitstellung. Während die H GmbH eine reine Personalbereitstellungsfirma ist, stellt die H B S GmbH nur Personal bereit, welches dem Anwendungsbereich des Bauarbeiter- und Urlaubsabfertigungsgesetzes unterliegt.
Der Grund für die Trennung der beiden Gesellschaften ist darin gelegen, dass die der H B S GmbH zugeordneten Bauarbeiter in den Wintermonaten nicht angemeldet und in dieser Zeit daher arbeitslos sind.
Von der H GmbH wurden die nachstehend aufgelisteten Personen zu den angegebenen Zeiten beschäftigt und erfolgte die Anmeldung zur Sozialversicherung am jeweils genannten Tag: