LVwG-650579/2/SCH/HK
Linz, 18.02.2016
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Schön über die Beschwerde des Herrn T H, S, U, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J P, S, M, vom 4. Februar 2016 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 2. Februar 2016, GZ. VerkR21-5-2016/BR, wegen Entziehung der Lenkberechtigung
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Zu I.
1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat mit Bescheid vom 2. Februar 2016, VerkR21-5-2016/BR, in Bestätigung eines vorangegangenen Mandatsbescheides Folgendes verfügt:
4. Gemäß § 7 Abs.3 Z.12 FSG hat als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs.1 insbesondere zu gelten, wenn jemand die Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen als Lenker eines Kraftfahrzeuges nicht eingehalten hat.
Der Behörde kann angesichts der oben geschilderten Sachverhaltslage nicht entgegengetreten werden, wenn sie den gegenständlichen Vorgang unter dieser Bestimmung subsumiert hat. § 7 Abs.1 FSG ordnet allerdings auch an, dass als verkehrszuverlässig eine Person gilt, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen entweder die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder sich wegen erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.
Somit gibt das Gesetz vor, dass – sieht man von hier nicht relevanten Sonderfällen der Entziehung ab – die gesetzte Tatsache auch einer Wertung zu unterziehen ist.
Die Wertungskriterien sind in § 7 Abs.4 FSG geregelt.
Für die Wertung der in Abs.1 genannten und in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind demnach deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.
Der Frage, ob eine Behörde eine ausreichende Wertung durchgeführt hat, misst der Verwaltungsgerichtshof in seiner ständigen Judikatur besondere Bedeutung bei (vgl. etwa VwGH 30.05.2001, 99/11/0228, 24.08.1999, 99/11/0168).
Im Zusammenhang mit dem Wertungskriterium der Verwerflichkeit des Verhaltens des Beschwerdeführers, nämlich nach Ablauf der Frist zur Vorlage eines ärztlichen Kontrollbefundes, ein Kraftfahrzeug gelenkt zu haben, ist zu bedenken, dass die Behörde mit Schreiben vom 22. Dezember 2015 den Beschwerdeführer aufgefordert hat, den ausständigen Befund innerhalb von zwei Wochen der Behörde vorzulegen. Diese Aufforderung wird wohl in einer „kundenfreundlichen Serviceleistung“ begründet sein und kann auch nichts an der oben geschilderten Gesetzeslage bezüglich Vorlagefristen an sich ändern, aber beim betroffenen Inhaber einer Lenkberechtigung den Eindruck erwecken, dass ihm nunmehr eine zweiwöchige Frist eingeräumt wurde, um der Auflage doch noch zu entsprechen ohne Folgen tragen zu müssen. Zumal dieses Schreiben weder einen Absendevermerk noch einen Zustellnachweis im Akt aufweist, kann letztlich das Vorbringen des Beschwerdeführers im Hinblick auf den Zeitpunkt des Erhaltes dieses Schreibens nicht begründbar widerlegt werden, mag es nun den Tatsachen entsprechen oder nicht. Jedenfalls hat sich der Beschwerdeführer der Kontrolluntersuchung unterzogen, zwar wohl nicht mehr innerhalb der Frist, aber noch in zeitlicher Nähe zu deren Ende und den gewünschten Befund vorgelegt. Der am 18. Jänner 2016 bei der Behörde eingelangte Befund mit einem MCV-Wert von 92,9 und einem CDT-Wert von 0,50 % spricht zudem dafür, dass der Beschwerdeführer entweder aus eigenem Antrieb oder aufgrund des „Kontrolldrucks“ der Intention der verfügten Auflage entsprochen hat. Das Maß an Verwerflichkeit des Fehlverhaltens des Beschwerdeführers durch verspätete Befundabgabe erreicht somit kein Ausmaß, das ihn von der Teilnahme am Straßenverkehr als Kraftfahrzeuglenker deshalb ausschließen würde, da man sich auf ihn aus dem Blickwinkel der Verkehrssicherheit nicht mehr verlassen könnte.
Im Hinblick auf das Wertungskriterium der Gefährlichkeit der Verhältnisse im Falle der nicht fristgerechten Einhaltung von Bescheidauflagen im Zusammenhang mit einer Lenkberechtigung ist eine konkrete Einschätzung oftmals schwer möglich, allerdings wird es im Regelfall auch hier, ebenso wie in Bezug auf die Verwerflichkeit, einen Unterschied machen, ob jemand relativ zeitnah nach Ablauf der Frist noch der Auflage entspricht oder gar keine Anstalten dazu gemacht hat, er also diesfalls sich als uneinsichtig und damit unzuverlässig erweist.
In Anbetracht dieser Erwägungen war sohin im Ergebnis der Beschwerde Folge zu geben und der angefochtene Bescheid zu beheben. Somit erübrigt sich auch ein gesonderter Abspruch über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde.
Zu II.:
Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes am, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von jeweils 240 Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. Schön