LVwG-400147/2/Gf/Mu
Linz, 21.01.2016
I M N A M E N D E R R E P U B L I K !
Das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich hat durch seinen Einzelrichter Dr. Alfred Grof über die Beschwerde des J C, vertreten durch RA Mag. T M, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 3. Dezember 2015, Zl. VerkR96-4233-2015, wegen einer Übertretung des Bundesstraßenmautgesetzes
z u R e c h t e r k a n n t:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 50 VwGVG insoweit stattgegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 150 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 16 Stunden herabgesetzt wird; im Übrigen wird diese als unbegründet abgewiesen.
II. Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ermäßigt sich nach § 64 Abs. 1 und 2 VStG auf 15 Euro; für das Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich ist gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG kein Kostenbeitrag zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß § 25a VwGG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.
Gang des Behördenverfahrens
1. Mit Strafverfügung des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 23. Juli 2015, Zl. VerkR96-4233-2015, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von 300 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 120 Stunden) verhängt, weil er am 19. Juli 2015 um 10:49 Uhr ein KFZ mit einem Gesamtgewicht von nicht mehr als 3,5 Tonnen gelenkt und mit diesem die Autobahn A 8 benutzt habe, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, weil am Fahrzeug keine gültige Mautvignette angebracht gewesen sei. Dadurch habe er eine Übertretung der §§ 10 Abs. 1 und 11 Abs. 1 des Bundesstraßen-Mautgesetzes, BGBl I 109/2002 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl I 99/2013 (im Folgenden: BStMG), begangen, weshalb er nach § 20 Abs. 1 BStMG zu bestrafen gewesen sei.
2. Dagegen hat der Beschwerdeführer mit Telefax vom 30. Juli 2015 rechtzeitig Einspruch erhoben und mit Schreiben vom 29. Juli 2015 vorerst nur vorgebracht, dass er sich anwaltlich beraten lassen und die Begründung zu einem späteren Zeitpunkt nachreichen werde.
Durch diesen Einspruch wurde die angefochtene Strafverfügung ex lege (vgl. § 49 Abs. 2 VStG) aus dem Rechtsbestand eliminiert.
3. In der Folge hat die belangte Behörde die ASFINAG mit e-mail vom 13. Oktober 2015 dazu aufgefordert, ihr die anlässlich der gegen den Beschwerdeführer erstatteten Anzeige vom 19. Juli 2015, Zl. 000000000110512025772, gegebenenfalls angefertigten Lichtbilder zu übermitteln.
4. Mit e-mail vom 19. Oktober 2015 hat die ASFINAG dazu mitgeteilt, dass im gegenständlichen Fall keine Beweisfotos existieren würden, sondern die Anzeige nur auf Grund der Wahrnehmungen der beiden diensthabenden Aufsichtsorgane eingebracht wurde.
5. Mit Schreiben des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 19. Oktober 2015, Zl. VerkR96-4233-2015, wurde dem Beschwerdeführer diese Anzeige übermittelt und er gleichzeitig aufgefordert, dazu innerhalb von zwei Wochen Stellung zu nehmen.
6. In seiner Stellungnahme vom 4. November 2015 bestreitet der Rechtsmittelwerber nicht, die ihm angelastete Tat begangen zu haben. Allerdings wird eingewendet, dass er die mautpflichtige Autobahn nicht absichtlich habe benützen wollen. Vielmehr sei er damals zuvor mit seiner Ehegattin in der Gegend von Passau auf Urlaub gewesen, wobei er am Vorfallstag die Heimreise nach K antreten wollte. Aus Versehen sei er dabei auf die falsche Autobahnauffahrt geraten. Weil es sich dabei um die letzte Auffahrt bzw. Ausfahrt vor der Staatsgrenze zwischen Deutschland und Österreich gehandelt habe, sei es ihm nicht mehr möglich gewesen, die Autobahn noch vor dem Beginn der Mautpflicht in Österreich zu verlassen. Er habe jedoch die erste Autobahnabfahrt nach der Grenze dazu benutzt, um wieder nach Deutschland zurückkehren zu können, wobei er nach dem Umkehren kurz vor der deutsch-österreichischen Grenze wegen einer Mautkontrolle angehalten worden sei. Da er nur aus Versehen auf die Autobahn aufgefahren sei, habe er sich in der Folge auch geweigert, die von den Mautaufsichtsorganen festgesetzte Ersatzmaut zu entrichten.
Da es sich bloß um ein entschuldbares Versehen minderen Grades handle, sei sohin eine Bestrafung nach § 20 Abs. 1 BStMG nicht erforderlich, weshalb das Verfahren auch eingestellt werden könne. Sollte die Behörde jedoch anderer Meinung sein, so sei zu berücksichtigen, dass der Rechtsmittelwerber bislang unbescholten sei, er im Anschluss an diesen Vorfall keine weitere Verkehrsübertretung begangen habe, bloß ein geringfügiges Verschulden vorliege, die Folgen der Übertretung unbedeutend seien und er zudem geständig sei.
Daher wurde die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu die Erteilung einer bloßen Ermahnung oder eine Herabsetzung der Strafe beantragt.
7. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 3. Dezember 2015, Zl. VerkR96-4233-2015, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von 300 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 120 Euro) verhängt, weil er am 19. Juli 2015 um 10:49 Uhr ein KFZ mit einem Gesamtgewicht von nicht mehr als 3,5 Tonnen gelenkt und mit diesem die Autobahn A 8 benutzt habe, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, da am Fahrzeug keine Mautvignette angebracht gewesen sei. Dadurch habe er eine Übertretung der §§ 10 Abs. 1 und 11 Abs. 1 BStMG begangen, weshalb er nach § 20 Abs. 1 BStMG zu bestrafen gewesen sei.
Begründend wurde dazu ausgeführt, dass diese Übertretung auf Grund entsprechender Wahrnehmungen von Mautaufsichtsorganen und des von der Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens als erwiesen anzusehen sei.
Im Zuge der Strafbemessung sei die bisherige Unbescholtenheit des Rechtsmittelwerbers als mildernd zu beurteilen gewesen, während Erschwerungsgründe nicht hervorgekommen seien.
8. Gegen dieses ihm am 21. Dezember 2015 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die gegenständliche, am 7. Jänner 2016 – und damit rechtzeitig – per e-mail eingebrachte Beschwerde.
Darin wird eingewendet, dass der Rechtsmittelwerber die mautpflichtige Autobahn nur auf einem kurzen Abschnitt benutzt habe und dieses geringfügige Vergehen subjektiv nicht vorwerfbar sei, sodass eine Strafbarkeit im Sinne des BStMG nicht vorliege. Denn es habe sich lediglich um ein entschuldbares Versehen minderes Grades gehandelt. In diesem Zusammenhang habe sich die belangte Behörde aber bloß auf die Wiedergabe der Rechtsgrundlagen beschränkt, ohne konkret auf sein Vorbringen einzugehen. Auch objektiv besehen könne ein irrtümliches Auffahren auf die Autobahn nicht einmal als fahrlässig qualifiziert werden, wenn er sein Versehen erst erkannt habe, als er sich schon auf der mautpflichtigen Straße befand und es ihm sohin zu diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich gewesen sei, den bereits eingetretenen Tatbestand einer Verwaltungsübertretung zu vermeiden. Daher treffe ihn kein Verschulden. Darüber hinaus hätte die belangte Behörde bei der Strafbemessung auch sein Tatsachengeständnis, den minderen Grad des Versehens und den Umstand, dass er nur eine kurze Wegstrecke auf der mautpflichtigen Straße zurückgelegt habe, als mildernd berücksichtigen müssen. Überdies und wäre die Erteilung einer Ermahnung völlig ausreichend gewesen, um den Beschwerdeführer künftig von der Begehung solcher Verwaltungsübertretungen abzuhalten. Schließlich hätte die Mindeststrafe von 300 Euro bei der Festsetzung der Strafhöhe im Rahmen der außerordentlichen Strafmilderung um bis zur Hälfte unterschritten werden können.
Aus allen diesen Gründen wird daher die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses, in eventu eine Herabsetzung der Strafhöhe oder bloß die Erteilung einer Ermahnung beantragt.
9. Der Bezirkshauptmann von Schärding hat diese Beschwerde mit Schreiben vom 8. Jänner 2016, Zl. VerkR96-4233-2015, samt Bezug habendem Akt dem Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich vorgelegt; von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung hat die belangte Behörde abgesehen.
II.
Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes des Landes Oberösterreich
und Zulässigkeit der Beschwerde
1. Die vorliegende, auf Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG gegründete Beschwerde richtet sich gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde und wurde innerhalb der Vier-Wochen-Frist des § 7 Abs. 4 VwGVG bei der belangten Behörde eingebracht; da der Inhalt dieser Beschwerde den Anforderungen des § 9 VwGVG entspricht und auch sonstige Prozesshindernisse nicht vorliegen, ist sie insgesamt als zulässig zu qualifizieren.
2. Weil diesbezüglich weder im BStMG noch im VwGVG Abweichendes angeordnet ist, hatte das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich im vorliegenden Fall gemäß Art. 135 Abs. 1 B‑VG durch seinen nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter zu entscheiden.
III.
Sachverhaltsermittlung und Beweiswürdigung
durch das Verwaltungsgericht
Das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Schärding zu Zl. VerkR96-4233-2015; da sich bereits aus diesem in Verbindung mit dem Parteienvorbringen der oben unter I. dargestellte entscheidungswesentliche Sachverhalt – der im Übrigen zwischen den Verfahrensparteien auch in keiner Weise strittig ist – feststellen ließ, konnte von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung (zumal auch ein entsprechender Antrag nicht gestellt wurde) abgesehen werden.
IV.
Rechtliche Beurteilung
In der Sache selbst hat das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich erwogen:
1. Nach § 20 Abs. 1 i.V.m. § 10 Abs. 1 BStMG begeht derjenige eine Verwal-tungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe von 300 Euro bis zu 3.000 Euro zu bestrafen, der als Lenker eines Kraftfahrzeuges, dessen höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, die zeitabhängige Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet.
Gemäß § 11 Abs. 1 BStMG haben Lenker solcher KFZ die zeitabhängige Maut vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette i.S.d. § 11 Abs. 2 BStMG am Fahrzeug zu entrichten, wobei die näheren Bestimmungen über die Beschaffenheit der Mautvignetten, über ihre Anbringung an den Fahrzeugen und über das Mitführen der Mautvignetten an Stelle der Anbringung in der Mautordnung getroffen sind.
Nach § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen.
2.1. Im gegenständlichen Fall wird auch vom Beschwerdeführer selbst gar nicht in Abrede gestellt, dass er sein KFZ, dessen höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, am Vorfallstag zur fraglichen Zeit und an dem im Spruch des Straferkenntnisses angeführten Vorfallsort auf ein mautpflichtiges Straßennetz gelenkt hat, wobei an diesem keine Mautvignette angebracht war.
Somit steht aber allseits unbestritten fest, dass der Beschwerdeführer tatbestandsmäßig i.S.d. ihm im angefochtenen Straferkenntnis angelasteten Tatvorwurfes gehandelt hat.
2.2. Auf der Ebene des Verschuldens wendet der Rechtsmittelwerber einerseits – durchaus glaubhaft; insbesondere wurde dieses Vorbringen auch von der belangten nicht in Zweifel gezogen – ein, dass er im Zuge der seinen Urlaub im österreichisch-deutschen Grenzgebiet abschließenden Heimreise nach K bei der Grenzstadt Passau in falscher Fahrtrichtung auf die Autobahn aufgefahren ist, sodass er zum Zeitpunkt des Erkennens seines Irrtums die Verwaltungsübertretung nicht mehr hätte rückgängig machen können. In diesem Zusammenhang bringt er jedoch andererseits in seiner Stellungnahme vom 4. November 2015 (auch) vor, dass er bei der ersten sich nach der Grenzüberquerung bietenden Gelegenheit von der Autobahn abgefahren und dort sogleich wieder in der Gegenrichtung auf diese aufgefahren ist, wobei er bei dieser Rückfahrt noch auf österreichischer Seite von Mautaufsichtsorganen angehalten und kontrolliert wurde.
2.2.1. Besieht man sich dieses Verhalten insgesamt, so wird daraus lediglich ein Irrtum über die gewählte Fahrtrichtung und die Absicht, diesen raschest möglich korrigieren zu wollen, deutlich.
Ob bzw. inwieweit dem Beschwerdeführer überhaupt bewusst war bzw. hätte sein müssen, dass die Benützung von Autobahnen in Österreich der Mautpflicht unterliegt, lässt sich daraus allerdings nicht ableiten.
Aus rechtlicher Sicht kommt aber im gegenständlichen Fall ausschließlich dem letzteren Aspekt eine Bedeutung zu.
2.2.2. Ein Verhalten dahin, dass die Benutzung einer Autobahn in falscher Fahrtrichtung dadurch korrigiert wird, dass man diese unmittelbar nach dem Erkennen des Irrtums bei der nächstfolgenden Ausfahrt verlässt und unmittelbar dort wieder in der Gegenrichtung auf die Autobahn auffährt, entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung. Gleiches gilt auch dafür, dass in derartigen Situationen Fragen nach einer allfälligen Mautpflicht der Autobahn, nach dem konkreten System der Mautpflicht etc. in den Hintergrund treten; dies gilt insbesondere, wenn man sich in unbekannten Gebieten, im Ausland o.Ä. befindet.
Ist aber die für die Benützung der Autobahn bestehende Mautpflicht durch entsprechende Hinweisschilder derart kundgemacht, dass dieser Umstand jedermann auffallen und klar sein muss, so ist unter solchen Rahmenbedingungen die Benützung der Autobahn ohne Entrichtung der fälligen Gebühr nicht bloß als grob fahrlässige, sondern sogar als (bedingt) vorsätzliche Übertretung des § 20 BStMG zu qualifizieren: Denn ein solcher Fahrzeuglenker hält die Verwirklichung dieses Tatbestandes nicht nur in dem Sinne für möglich, dass der Eintritt eines diesem Tatbild entsprechenden Sachverhaltes als geradezu wahrscheinlich vorhersehbar ist (vgl. nunmehr § 6 Abs. 3 StGB), sondern er findet sich damit auch ab (vgl. § 5 Abs. 1 StGB), indem er gleichsam eine mögliche Beanstandung wegen dieses Deliktes im Verhältnis dazu, ansonsten noch weiter vom richtigen Weg abzugleiten, als das gleichsam „geringere Übel“ in Kauf nimmt.
Anderes könnte nur dann gelten, wenn spezifische Umstände vorliegen, die eine derartige Schlussfolgerung ausnahmsweise nicht nahelegen; hierfür ergeben sich jedoch auf Grund des im gegenständlichen Fall vorliegenden Sachverhaltes keine Anhaltspunkte.
2.2.3. Fraglich könnte daher allenfalls sein, ob dem Beschwerdeführer unter den gegebenen Umständen ein rechtmäßiges Alternativverhalten, das etwa darin bestanden hätte, entweder über das nicht mautpflichtige Straßennetz nach Deutschland zurückzufahren, sich nach dem Verlassen der Autobahn (z.B. bei der nächsten Tankstelle) eine Vignette anzuschaffen o.Ä., nicht hätte zugemutet werden können.
Auch dann, wenn man in diesem Zusammenhang das hohe Alter des Rechtsmittelwerbers (78 Jahre) und die subjektiv als Stress- bzw. Notlage empfundene Situation berücksichtigt (sodass er in großer Nervosität und Getriebenheit allein von dem Gedanken, wie er am einfachsten und schnellsten wieder nach Deutschland zurückkehren kann, die Hinweistafeln auf die Vignettenpflicht nicht bewusst wahrgenommen hat und ihm sohin auch gar nicht in den Sinn gekommen ist, eine entsprechende Verwaltungsübertretung zu begehen), erscheint es objektiv besehen angesichts dessen, dass sich unmittelbar an der Autobahnauffahrt
Suben in Richtung BRD eine entsprechende Verkaufsstelle befindet, insgesamt jedenfalls nicht als unverhältnismäßig, vom Beschwerdeführer zumindest den Erwerb einer 10‑Tages-Vignette zu fordern.
Indem er jedoch selbst dies unterlassen hat, liegt sohin nach Auffassung des Verwaltungsgerichtes des Landes Oberösterreich ein Schuldausschließungsgrund nicht vor.
Die Strafbarkeit des Beschwerdeführers ist daher gegeben.
3.1. Im Zuge der Strafbemessung hat die belangte Behörde lediglich die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Rechtsmittelwerbers als mildernd gewertet.
Nach Ansicht des LVwG OÖ ist jedoch als strafmildernd weiters zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer bloß einen sehr kurzen Streckenabschnitt ohne Entrichtung der fälligen Maut benützt hat. Außerdem zeigte er sich auch von Anfang an als geständig, wobei die ihm angelastete Tat schließlich auch keine gravierenden Folgen nach sich gezogen hat (im Jahr 2015 betrug der Preis für eine 10‑Tages-Vignette 8,70 Euro).
Da diesen Milderungsgründen keine Erschwerungsgründe gegenüberstehen, findet es das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich als in gleicher Weise tat- und schuldangemessen, gemäß § 20 VStG die Höhe der verhängten Geldstrafe auf 150 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 16 Stunden herabzusetzen; ein gänzliches Absehen von der Strafe kam hingegen angesichts der gravierenden Verschuldensform (bedingter Vorsatz) nicht in Betracht.
3.2. Insoweit war daher der gegenständlichen Beschwerde gemäß § 50 VwGVG stattzugeben; im Übrigen war diese hingegen als unbegründet abzuweisen.
4. Bei diesem Verfahrensergebnis ermäßigt sich der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde nach § 64 Abs. 1 und 2 VStG auf 15 Euro; für das Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich war dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG kein
Kostenbeitrag vorzuschreiben.
V.
Revision an den Verwaltungsgerichtshof
Eine ordentliche Revision ist nicht zulässig, weil im gegenständlichen Verfahren lediglich eine Geldstrafe von 150 Euro verhängt wurde und keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, da eine Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes bzw. des Verwaltungsgerichtshofes zu den im vorliegenden Fall zu lösenden Rechtsfragen weder fehlt noch uneinheitlich ist noch mit der gegenständlichen Entscheidung von dieser abgewichen wird.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis kann eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Eine solche Beschwerde ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.
Gegen dieses Erkenntnis kann innerhalb derselben Frist auch eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden, die durch einen bevollmächtigen Rechtsanwalt abzufassen und beim Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich einzubringen ist; die Eingabegebühr von 240 Euro ist hingegen unmittelbar an den Verwaltungsgerichtshof zu entrichten.
Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich
Dr. G r o f
LVwG-400147/2/Gf/Mu vom 21. Jänner 2016
Normen:
§ 5 StGB
§ 6 StGB
§ 10 BStMG
§ 11 BStMG
§ 20 BStMG
Rechtssätze:
* Auf der Ebene des Verschuldens wendet der Bf. einerseits ein, dass er im Zuge der seinen Urlaub im österreichisch-deutschen Grenzgebiet abschließenden Heimreise nach Köln bei der Grenzstadt Passau in falscher Fahrtrichtung auf die Autobahn aufgefahren ist, sodass er zum Zeitpunkt des Erkennens seines Irrtums die Verwaltungsübertretung nicht mehr hätte rückgängig machen können; in diesem Zusammenhang bringt er jedoch andererseits in seiner Stellungnahme auch vor, dass er bei der ersten sich nach der Grenzüberquerung bietenden Gelegenheit von der Autobahn abgefahren und dort sogleich wieder in der Gegenrichtung auf diese aufgefahren ist. Besieht man sich dieses Verhalten insgesamt, so wird daraus lediglich ein Irrtum über die gewählte Fahrtrichtung und die Absicht, diesen raschest möglich korrigieren zu wollen, deutlich; ob bzw. inwieweit dem Bf. überhaupt bewusst war bzw. hätte sein müssen, dass die Benützung von Autobahnen in Österreich der Mautpflicht unterliegt, lässt sich daraus allerdings nicht ableiten. Bedeutung kommt aus rechtlicher Sicht aber ausschließlich dem letzteren Aspekt zu.
* Ein Verhalten dahin, dass die Benutzung einer Autobahn in falscher Fahrtrichtung dadurch korrigiert wird, dass man diese unmittelbar nach dem Erkennen des Irrtums bei der nächstfolgenden Ausfahrt verlässt und unmittelbar dort wieder in der Gegenrichtung auf die Autobahn auffährt, entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung. Gleiches gilt auch dafür, dass in derartigen Situationen Fragen nach einer allfälligen Mautpflicht der Autobahn, nach dem konkreten System der Mautpflicht etc. in den Hintergrund treten; dies gilt insbesondere, wenn man sich in unbekannten Gebieten, im Ausland o.Ä. befindet.
Ist aber die für die Benützung der Autobahn bestehende Mautpflicht durch entsprechende Hinweisschilder derart kundgemacht, dass dieser Umstand jedermann auffallen und klar sein muss, so ist unter solchen Rahmenbedingungen die Benützung der Autobahn ohne Entrichtung der fälligen Gebühr nicht bloß als grob fahrlässige, sondern sogar als (bedingt) vorsätzliche Übertretung des § 20 BStMG zu qualifizieren: Denn ein solcher Fahrzeuglenker hält die Verwirklichung dieses Tatbestandes nicht nur in dem Sinne für möglich, dass der Eintritt eines diesem Tatbild entsprechenden Sachverhaltes als geradezu wahrscheinlich vorhersehbar ist (vgl. nunmehr § 6 Abs. 3 StGB), sondern er findet sich damit auch ab (vgl. § 5 Abs. 1 StGB), indem er gleichsam eine mögliche Beanstandung wegen dieses Deliktes im Verhältnis dazu, ansonsten noch weiter vom richtigen Weg abzugleiten, als das gleichsam „geringere Übel“ in Kauf nimmt. Anderes könnte nur dann gelten, wenn spezifische Umstände vorliegen, die eine derartige Schlussfolgerung ausnahmsweise nicht nahelegen; hierfür ergeben sich jedoch auf Grund des im gegenständlichen Fall vorliegenden Sachverhaltes keine Anhaltspunkte.
* Fraglich könnte daher allenfalls sein, ob dem Bf. unter den gegebenen Umständen ein rechtmäßiges Alternativverhalten, das etwa darin bestanden hätte, entweder über das nicht mautpflichtige Straßennetz nach Deutschland zurückzufahren, sich nach dem Verlassen der Autobahn (z.B. bei der nächsten Tankstelle) eine Vignette anzuschaffen o.Ä., nicht hätte zugemutet werden können.
Auch dann, wenn man in diesem Zusammenhang das hohe Alter des Rechtsmittelwerbers (78 Jahre) und die subjektiv als Stress- bzw. Notlage empfundene Situation berücksichtigt (sodass er in großer Nervosität und Getriebenheit allein von dem Gedanken, wie er am einfachsten und schnellsten wieder nach Deutschland zurückkehren kann, die Hinweistafeln auf die Vignettenpflicht nicht bewusst wahrgenommen hat und ihm sohin auch gar nicht in den Sinn gekommen ist, eine entsprechende Verwaltungsübertretung zu begehen), erscheint es aber objektiv besehen angesichts dessen, dass sich unmittelbar an der Autobahnauffahrt Suben in Richtung BRD eine entsprechende Verkaufsstelle befindet, insgesamt jedenfalls nicht als unverhältnismäßig, vom Bf. zumindest den Erwerb einer 10‑Tages-Vignette zu fordern. Indem er jedoch selbst dies unterlassen hat, liegt sohin ein Schuldausschließungsgrund nicht vor.
Beschlagwortung:
Mautpflichtiges Straßennetz – Autobahn – irrtümliche Benutzung; Verschulden; grobe Fahrlässigkeit; bedingter Vorsatz; rechtmäßiges Alternativverhalten – Zumutbarkeit; Schuldausschließungsgrund