LVwG-410180/2/AL/MaS/VS

Linz, 04.03.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Dr. Astrid LUKAS über die Beschwerde der x, vertreten durch Rechtsanwalt x, gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors der Landespolizeidirektion , Polizeikommissariat Wels, vom 28. November 2012, AZ S‑9.398/12/S, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Glücksspielgesetz

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG iVm § 38 VwGVG eingestellt.

 

II.       Gemäß § 52 Abs 9 VwGVG und § 66 Abs 1 VStG hat die Beschwerdeführerin weder einen Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht noch einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde zu leisten.

 

III.     Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis des Polizeidirektors der Landespolizeidirektion Oberösterreich, Polizeikommissariat Wels (im Folgenden: belangte Behörde), vom 28. November 2012, AZ S‑9.398/12/S, wurde die Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bfin) wie folgt schuldig erkannt:

 

"Sie haben

am um (von bis) In

8.3.2012 11.10 Uhr – 12.20 Uhr x

 

im Lokal x Glücksspieleinrichtungen bereitgehalten und während einer Kontrolle den Organen der öffentlichen Aufsicht (Finanzpolizei des Finanzamtes Grieskirchen-Wels) auf Befragen nicht umfassend Auskunft erteilt, weil Sie zu den gestellten Fragen über den Betrieb der Glücksspielgerät[e] meistens die Antwort 'keine Ahnung' erteilten, obwohl Sie gemäß § 50 Abs. 4 GSpG gegenüber den Organen der öffentlichen Aufsicht zur umfassenden Auskunft verpflichtet gewesen wären."

 

Als verletzte Rechtsvorschriften führte die belangte Behörde "§ 50 Abs. 4 GSpG" an, verhängte über die Bfin eine Geldstrafe in Höhe von 250,00 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 125 Stunden) gem § 52 Abs. 1 Z 5 GSpG und verpflichtete sie zur Leistung eines Beitrags zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz in Höhe von 10 % der Geldstrafe.

 

I.2. Begründend führt die belangte Behörde zum Sachverhalt wie folgt aus:

"Das Straferkenntnis stützt sich auf die Anzeige vom 17.4.2012 des Finanzamtes Grieskirchen - Wels, sowie auf das Ergebnis des durchgeführten Ermittlungsverfahrens.

Demnach haben Sie am 8.3.2012 von 11.10 Uhr - 12.20 Uhr in x, im Lokal x Glücksspieleinrichtungen bereitgehalten und während einer Kontrolle den Organen der öffentlichen Aufsicht (Finanzpolizei des Finanzamtes Grieskirchen-Wels) auf Befragen nicht umfassend Auskunft erteilt, weil Sie zu den gestellten Fragen über den Betrieb der Glücksspielgerät meistens die Antwort 'keine Ahnung' erteilten, obwohl Sie gemäß § 50 Abs. 4 GSpG gegenüber den Organen der öffentlichen Aufsicht zur umfassenden Auskunft verpflichtet gewesen wären.

Wegen der Verwaltungsübertretung nach § 50 Abs. 4 StVO [gemeint: GSpG] wurde von der Landespolizeidirektion Oberösterreich - Polizeikommissariat Wels mit Strafverfügung vom 30.5.2012 gemäß § 52 Abs. 1 Zi. 5 StVO [gemeint: GSpG] über Sie eine Geldstrafe in der Höhe von 250,00 € und im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe von 125 Stunden verhängt.

Gegen diese Strafverfügung erhoben Sie durch ihren Rechtsvertreter binnen offener Frist Einspruch, den Sie im Wesentlichen damit begründeten, dass Sie als Angestellte des Lokalbetreibers keine Person wären, die Glücksspieleinrichtungen im Sinne des Glücksspielgesetzes bereithalten würde.

Das Finanzamt Grieskirchen - Wels hat mit Schreiben vom 13.11.2012 zu dieser Rechtfertigung folgende Stellungnahme abgegeben:

 

Zur Person x:

Bei Frau x handelt es sich um eine Arbeiterin der x. Frau x war zum Zeitpunkt der Kontrolle (8.3.2012) durch die Organe der Finanzpolizei des Finanzamtes Grieskirchen-Wels die einzige Arbeitskraft im Lokal x.

 

Zu Punkt 1. der Berufung wird ausgeführt:

Gem. § 50 Abs. 4 GSpG sind Veranstalter, Anbieter und Personen, die Glücksspieleinrichtungen bereithalten neben der Gestattung von Probespielen, der Gewährung von Aufzeichnungen auch zur Auskunftsleistung verpflichtet. Während 'Veranstalter' und 'Anbieter' jenen Personenkreis beschreibt, der auch als Strafadressat gem. § 52 Abs. 1 Z 1 in Frage kommt (erster Tatbestand 'veranstalten' und dritter Tatbestand 'anbieten') umschreibt der Begriff 'Personen, die Glücksspieleinrichtungen bereithalten' einen wesentlich weiteren und vom möglichen Täterkreis unterschiedenen Personenkreis.

Für die Verpflichtung des § 50 Abs. 4 GSpG ist lediglich das bloße Bereithalten - auch in Form der weisungsunterworfenen Mitarbeiterin des Glücksspielunternehmens - gefordert. In diesem Wortsinn sind daher jene Personen, die vor Ort ein Lokal Im Auftrag des jeweiligen Unternehmers 'betreiben' und damit dessen Stellvertreterschaft übernehmen, als Bereithalter zu betrachten, auch wenn sie selbst nicht prima vista als Täter in Frage kommen, denn auch diese Position erfordert ein Mindestmaß an Verantwortlichkeit für den Spielbetrieb.

 

Somit sind jedenfalls der Wirt, der Niederlassungsleiter, der Geschäftsstellenleiter aber auch die für den Glücksspielbereich verantwortlichen und zuständigen Angestellten auskunftspflichtig iSd § 50 Abs. 4 GSpG. Ausschlaggebendes Kriterium stellt daher regelmäßig die Verantwortlichkeit des Dienstnehmers für den Spielbereich dar.

 

Frau x war für die Einlassung potentieller Spieler verantwortlich. Ein Einlass war nur nach bewusster Entriegelung der Eingangstür durch Frau x möglich. Weiter hatte Frau x zu wesentlichen Bedienungselementen für das Ein- und Ausschalten der Geräte Zugang und war im Lokal selbst als einzig anwesende Person des Lokalbetreibers Ansprechperson für die Spieler und Spielerinnen und auch für Auszahlungen zuständig (siehe dazu auch die mit Frau x aufgenommene Niederschrift vom 8.3.2012, betreffend Auszahlung von Euro 90,00 an einen Spieler). Laut Niederschrift vom 8.3.2012 hielt Frau x zu Kontrollbeginn einen Schlüsselbund (div. Schlüssel und Stiftschlüssel) in der Hand.

 

Frau x ist somit jedenfalls als eine unter § 50 Abs. 4 GSpG fallende auskunftspflichtige Person einzureihen.

§ 50 Abs. 4 erweitert den Personenkreis bewusst, um eine rasche und umfassende Kontrolle zu ermöglichen, auch wenn - wie im Regelfall gegeben - der Geschäftsführer der Betriebsgesellschaft nicht persönlich vor Ort anwesend ist. Insofern ist somit sowohl die Auskunftspflicht aber auch die Verpflichtung zur Ermöglichung von Probespielen durch Herausgabe von Geld gegen Bestätigung und die Gewährung von Einsicht in die Aufzeichnungen jedenfalls durch den lokal anwesenden Vertreter bzw. der anwesenden Vertreterin des Unternehmens zu gewährleisten.

 

Zu Punkt 2 der Berufung wird ausgeführt:

Festgehalten wird, dass die Anzeige wegen einer Übertretung gem. § 52 Abs. 1 Z 5 GSpG 1989 idgF iVm § 50 Abs. 4 GSpG 1989 îdgF nicht wegen Nichtwissens erstattet wurde, sondern wegen mangelnder Mitwirkung im Sinne des § 50 Abs. 4 GSpG 1989 idgF.

Dazu ist zunächst festzuhalten, dass gem. § 50 Abs, 4 GSpG von Personen die zur Auskunft verpflichtet sind im Sinne dieser Bestimmung, den kontrollierenden Organen auch umfassende Überprüfungen zu ermöglichen sind und auch Einblick in die geführten Aufzeichnungen und Spielbeschreibungen zu gewähren ist und Bargeld zur Durchführung von Probespielen auszuhändigen ist.

Die Aushändigung von Geld für die Abwicklung der Probespiele wurde von Frau x verwehrt. Auf die Frage hin, warum sie dieser Aufforderung nicht Folge leistete, gab sie 'Keine Ahnung' zu Antwort.

 

Dass Frau x keine Ahnung haben soll, warum sie die Gelder für die Probespiele nicht aushändigt, entbehrt jedweder Grundlage. Vielmehr ist dies eines der Beispiele, welche sich aus der mit Frau x aufgenommenen Niederschrift ergeben, dass hier eine vorsätzliche Verweigerung der Mitwirkung durch Frau x vorliegt.

 

Insofern Frau x 'keine Ahnung' hat, ob sie einen Zugang zur Buchhaltung bei den Geräten hat, ist festzuhalten, dass Frau x wohl bewusst ist, welche Aufgaben sie im Lokal x zu verrichten hat. Insbesondere kann von einer Person die auch augenscheinlich über notwendige Geräteschlüssel verfügt, erwartet werden, dass sie zumindest über die ihr bei der Ausübung ihrer Tätigkeit eingeräumten Möglichkeiten und Verantwortungsbereiche Auskunft erteilen kann. Im Übrigen wird auf die ausführliche Niederschrift vom 8.3.2012 verwiesen, aus welcher eindeutig hervorgeht, dass Frau x bewusst den kontrollierenden Organen keine Auskunft trotz Verpflichtung gem. § 50 Abs. 4 GSpG erteilt hat.

 

Neben der mangelnden Glaubwürdigkeit der Aussagen von Frau x ist jedenfalls eine umfassende Überprüfung (nicht Bekanntgabe von Passwörtern) aufgrund des Verhaltens von Frau x nicht ermöglicht worden.

 

Das Finanzamt Grieskirchen-Wels als Amtspartei hält daher fest, dass aufgrund der vorliegenden Mitwirkungsverletzungen die verhängte Verwaltungsstrafe jedenfalls zu Recht verhängt wurde und daher keine Veranlassung für eine Aufhebung des diesbezüglichen Straferkenntnis sieht.

Es waren keine weiteren Verfahrensschritte notwendig, zumal die Aktenlage als ausreichend für die Entscheidung der Behörde anzusehen war."

 

 

I.3. In rechtlicher Hinsicht führt die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass ein Mitarbeiter, der sich als für das Lokal verantwortlich bezeichne, jedenfalls zum Kreis der auskunftspflichtigen Personen gehöre, weil er damit auch im Rahmen seiner Befugnisse für die Umsetzung der betriebsintern bestehenden Anordnungen zuständig sei, ob und welche Apparate für Dritte im Lokal verfügbar seien.

 

Die gesetzliche Verpflichtung nach § 50 Abs 4 GSpG bestehe lediglich darin, umfassend Auskünfte zu erteilen, die Strafbarkeit nach § 52 Abs 1 Z 5 GSpG knüpfe an die Nichterteilung der Auskünfte, nicht etwa an das Bereithalten des Apparats an. Es bestünden insoweit keine Bedenken, auch Personen, die keinen Einfluss auf die Entscheidung betreffend das Aufstellen des Apparats hätten, in die Auskunftspflicht und damit in den Straftatbestand nach § 52 Abs 1 Z 5 GSpG einzubeziehen.

 

Gemäß § 5 Abs 1 VStG genüge für die Strafbarkeit bereits die fahrlässige Begehung. Die monotone Behauptung der Bfin, keine "Person [zu sein], die Glücksspieleinrichtungen bereit hält", reiche weder für die Glaubhaftmachung des mangelnden Verschuldens, noch könne sie als bestimmte Tatsache gewertet werden, dass sich der angezeigte Vorfall nicht ereignet hätte.

 

Abschließend führt die belangte Behörde zur Strafbemessung aus, dass der Bfin der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zu Gute komme, die verhängte Strafe dem Unrechts- und Schuldgehalt der Tat und den angenommenen persönlichen Verhältnissen (1.000 Euro Nettoeinkommen bei durchschnittlichem Vermögen und keinen Sorgepflichten) entspreche.

 

I.4. Gegen dieses Straferkenntnis, das der Bfin zu Händen ihres Rechtsvertreters am 03. Dezember 2012 zugestellt wurde, richtet sich die rechtzeitige Berufung, welche am 05. Dezember 2012 per Fax übermittelt wurde.

 

Darin wird vorgebracht, dass es keine Bestimmung gebe, wonach eine Kellnerin über gestellte Fragen Antworten wissen müsse. Es stelle keine Verletzung der Auskunftspflicht dar, wenn eine in einem Lokal beschäftigte Kellnerin keine Antwort auf die ihr gestellten Fragen wüsste.

 

Die Bfin beantragt daher, der Berufung Folge zu geben und das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos aufzuheben. Auch beantragt die Bfin die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu der sämtliche bei der Kontrolle anwesenden Beamten als Zeugen zu laden seien.

 

I.5. Die belangte Behörde legte mit Schreiben vom 10. Dezember 2012 die Berufung und ihren Bezug habenden Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vor.

 

II.1. Gemäß Art 151 Abs 51 Z 8 B-VG iVm § 50 Abs 1 Glücksspielgesetz – GSpG idF BGBl I 70/2013 ist die Zuständigkeit zur Weiterführung des gegenständlichen Verfahrens auf das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich übergegangen.

 

Gemäß § 3 Abs 1 letzter Satz VwGbk-ÜG, BGBl I 2013/33 idF BGBl I 2013/122, gilt die Berufung als rechtzeitig erhobene Beschwerde gem Art 130 Abs 1 Z 1 B‑VG und kann das Verfahren gemäß § 3 Abs 7 Z 2 VwGbk-ÜG von der zuständigen Richterin des Oö. Landesverwaltungsgerichts weitergeführt werden, da das Verfahren vor dem 31. Dezember 2013 bereits zur Zuständigkeit dieses Einzelmitglieds des Unabhängigen Verwaltungssenates gehört hat.

 

II.2. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der belangten Behörde (einschließlich der Schriftsätze der Parteien). Da bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben war, konnte gemäß § 44 Abs 2 VwGVG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

Gemäß § 2 VwGVG hat das Oö. Landesverwaltungsgericht in der verfahrensgegenständlichen Sache durch eine Einzelrichterin zu entscheiden.

 

II.3. Das Oö. Landesverwaltungsgericht geht sohin von dem unter Pkt. I.1. und I.2. dargestellten, in den entscheidungswesentlichen Passagen unbestrittenen Sachverhalt aus. Zusammengefasst ist festzuhalten:

 

Die Bfin wurde als einzig anwesende Arbeitskraft am 08. März 2012 um 10:40 Uhr im kontrollierten Lokal mit der Bezeichnung "x" angetroffen. Bei Kontrollbeginn waren sämtliche Geräte eingeschaltet und betriebsbereit (ausgenommen jene drei Spieltische, welche sich im Nebenraum zur Küche befanden) und wurden auch einzelne Geräte von Gästen bespielt. Im Zuge der Identitätsüberprüfung wurde von der Bfin eine Fernbedienung gedrückt, worauf kurz später die Polizei eintraf. Zugleich wurden die meisten Geräte heruntergefahren (Bildschirm schwarz).

 

Die niederschriftliche einvernommene Bfin gab an, dass sie seit ca. 1,5 Jahren im Lokal beschäftigt sei und dass der Chef des Lokales Herr x, Fa x, sei. Weiters gab sie an, dass die Spielgeräte seit ihrem Dienstbeginn im Lokal stehen. Das Lokal werde für Kunden nur nach Anläuten geöffnet, wobei der Eingangsbereich von Kameras überwacht werde und die Bfin sehen könne, wer vor der Türe steht. Dabei kenne sie ihre Stammkunden, könne aber nicht sagen, ob neue Kunden generell eingelassen werden. Das Lokal sei jeden Tag ab ca. 08:00 Uhr in Betrieb, wobei die Bfin selbst generell nur bis 15:00 Uhr arbeite. Sie könne nicht sagen, bis zu welcher Uhrzeit Gäste eingelassen werden, vermute aber, dass dies bis 01:00 Uhr wäre. Befragt zur Vorgehensweise bei Auszahlungen an Gäste bestätigte die Bfin lediglich, dass sie während der Abfassung der Niederschrift an einen Spieler € 90,-, die als Credit an Gerät Nr. 12 ausgewiesen waren, ausbezahlt habe. Zur genauen Vorgehensweise machte die Bfin hingegen keine konkreten Angaben. Die Bfin bestätigte, dass auch am Montag, 05. März 2012, an dem sie zuletzt gearbeitet habe, die aufgestellten Geräte eingeschaltet gewesen seien. Zudem gab sie auf Anfrage die Telefonnummer ihres Chefs bekannt. Auf die Frage, wer das Lokal bzw. die Spielgeräte reinige, gab die Bfin an, dass der Mitarbeiter, der Dienst habe, die Ausschank und die Gläser reinige, sie aber nicht wisse, wer die Reinigung der Spielgeräte vornehme.

 

Die übrigen Fragen, warum sie kein Geld für Probespiele zur Verfügung stelle, wer die Geräte bei Betriebsbeginn- bzw. –ende ein- und ausschalte, wer im Lokal die Gewinne ausbezahle, wo der Gewinn bei den Geräten dargestellt werde, ob sie die Geräte im Zuge der Kontrolle ausgeschaltet habe, für welchen Zweck die am vorliegenden Schlüsselbund angehängten Schlüssel seien, ob sie selbst über Schlüssel für die Kassenladen bei den Geräten verfüge, ob sie über einen Zugang zur Buchhaltung bei den Geräten verfüge, wer die Abrechnung bei den Geräten mache, ob die Tafel im Lokal richtig sei, dass während des Automatenspiels Gratisgetränke ausgeschenkt werden, beantwortete die Bfin hingegen mit "keine Ahnung". Sie sei dafür nicht zuständig, da dies Sache des Geschäftsführers sei.

 

 

III. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

III.1. Gemäß § 50 Abs 1 Glücksspielgesetz, BGBl 620/1989 in der zur Tatzeit geltenden Fassung BGBl I 73/2010 (in der Folge: GSpG) waren für Strafverfahren und Betriebsschließungen nach diesem Bundesgesetz in zweiter Instanz die Unabhängigen Verwaltungssenate gemäß § 51 Abs 1 VStG zuständig. Wie unter Pkt II.1 bereits ausgeführt, ist die Zuständigkeit für das gegenständliche Verfahren auf das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich übergegangen.

 

III.2. Gemäß § 50 Abs 4 GSpG (idF BGBl I 73/2010) haben Veranstalter, Anbieter und Personen, die Glücksspieleinrichtungen bereithalten, der Behörde nach § 50 Abs 1 GSpG, dem Amtssachverständigen (§ 1 Abs 3 GSpG) und den Organen der öffentlichen Aufsicht umfassend Auskünfte zu erteilen, umfassende Überprüfungen und Testspiele zu ermöglichen und Einblick in die geführten Aufzeichnungen sowie die nach diesem Bundesgesetz aufzulegenden Spielbeschreibungen zu gewähren.

 

Gemäß § 52 Abs 1 Z 5 GSpG in der zur Tatzeit geltenden Fassung BGBl I 111/2010 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde mit Geldstrafe bis zu 22 000 Euro zu bestrafen, wer gegen eine Bestimmung der in § 2 Abs 3 GSpG vorgesehenen Verordnung, gegen die Auflageverpflichtung von Spielbeschreibungen, die Anzeigeverpflichtung gemäß § 4 Abs 6 GSpG oder eine Duldungs- oder Mitwirkungspflicht nach § 50 Abs 4 GSpG verstößt.

 

Gemäß § 31 Abs 1 VStG (idF BGBl I Nr. 33/2013) beträgt die Verjährungsfrist für Verfolgungshandlungen ein Jahr.

 

III.3. § 50 Abs 4 GSpG normiert eine "umfassende" Mitwirkungs- und Duldungspflicht, welche sich an verschiedene Adressaten richtet. Im Grunde soll diese Mitwirkungs- und Duldungspflicht die Effizienz der Kontrolle im Rahmen des GSpG steigern (vgl grundlegend EBRV 658 BlgNR 24. GP, 3) und zur Gewinnung der notwendigen Informationen zur Durchführung der Überwachungsaufgaben im Rahmen des GSpG führen, soweit dies zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen des GSpG erforderlich ist (vgl dazu § 50 Abs 4 1. Satz GSpG).

 

Schon aus dem Wortlaut der Bestimmung wird eine erste Grenze der Duldungs- und Mitwirkungspflicht ersichtlich. Diese Pflichten erstrecken sich nur auf den Bereich der Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen des GSpG. Liegt hingegen der Verdacht – welcher im Kern des Begriffes notwendig ein begründeter, d.h. auf Tatsachen zurückzuführender, ist (siehe zum retrospektiv diagnostischen Element des Verdachtsbegriffes im Rahmen der abduktiven Entdeckung und Bewertung von Hypothesen Schulz, Normiertes Misstrauen, 224 ff, 312 ff und 528 f) – auf den Verstoß gegen das GSpG vor, so endet die Duldungs- und Mitwirkungspflicht. Ab diesem Zeitpunkt handelt es sich nicht mehr um die Durchführung von Überwachungsaufgaben zum Zwecke (arg.: "erforderlich") der Einhaltung des GSpG, sondern zum Zwecke der Tataufklärung und Ermittlung wegen eines angenommenen Verstoßes gegen das GSpG.

 

Diese Auslegung korreliert jedenfalls betreffend die Mitwirkungspflicht in den überwiegenden Fallkonstellationen mit den Vorgaben des verfassungsrechtlich verankerten Prinzips "nemo tenetur se ipsum accusare", nach dem der Gesetzgeber keine Regelung treffen darf, die eine im Verdacht einer strafbaren Handlung stehende Person verpflichtet, Beweise gegen sich selbst zu liefern (dazu mwN Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht10 [2007] Rz 786).

 

Darüber hinaus ist aus dem Wortlaut abzuleiten, dass die Duldungs- und Mitwirkungspflicht nicht nur ad personam durch die Anwendbarkeit des Selbstbezichtigungsverbotes begrenzt ist, sondern dass das Entstehen der Verdachtslage auch generell die Zäsur darstellt.

 

Ist somit aus der objektiven Sichtweise ex ante eine Verdachtslage auf einen Verstoß gegen das Glücksspielgesetz gegeben, so endet zumindest die Mitwirkungs- und Duldungspflicht (siehe zur vorzunehmenden Art der Abgrenzung in ähnlichen Konstellationen Lienbacher, Ist staatsanwaltliches Handeln ein zulässiger Kontrollgegenstand, in Lienbacher/Wielinger, Jahrbuch Öffentliches Recht 2010, 73 f). Denn es geht dann nicht mehr nur um die Wahrnehmung von Überwachungsaufgaben zur Kontrolle der Einhaltung des Glücksspielgesetzes, sondern um strafrechtliche Verfolgungsmaßnahmen im Hinblick auf den Verdacht einer Übertretung des Glücksspielgesetzes.

 

Selbst wenn man im bloßen Einschreiten von Hilfsorganen – deren Verhalten der zuständigen Verwaltungsstrafbehörde zuzurechnen ist – der öffentlichen Aufsicht (Finanzpolizei) noch keinen formalen Beginn eines Strafverfahrens im Sinne des § 31 VStG (arg.: keine behördliche Verfolgungshandlung) erkennen wollte, vermag dies am oben dargelegten, verfassungsrechtlich gebotenen Interpretationsergebnis, das nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs aus der materiellen Bedeutung des Anklageprinzips nach Art 90 Abs 2 B-VG folgt und daher auch im Verwaltungsstrafverfahren gilt (vgl mN Mayer, B-VG4 [2007] Art 90 B‑VG Anm III), sachlich nichts zu ändern. Es liegt auf der Hand, dass das bloße Abstellen auf behördliche Verfolgungshandlungen und ein Ausblenden des Verfolgungsverhaltens von Hilfsorganen nur ein der Aushöhlung und Umgehung dienender Formalismus wäre, der dem Wesensgehalt des verfassungsrechtlichen Selbstbezichtigungsverbots und der Unschuldsvermutung des Art 6 Abs 2 EMRK diametral zuwiderliefe. Denn wegen des unmittelbaren Zusammenhangs mit dem Strafverfahren wegen verbotenen Glücksspiels wäre eine strafbeschwerte Mitwirkungspflicht an einer zum Zwecke der Strafverfolgung durchgeführten Glücksspielkontrolle unverhältnismäßig und dem Kerngehalt der Garantie eines fairen Verfahrens widersprechend (vgl dazu eingehend mN Grabenwarter/Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention5 [2012] 456 ff Rz 123).

 

Vor diesem Hintergrund ergibt sich aus dem Akteninhalt sowie aus dem Umstand, dass in Oberösterreich auch das kleine Glücksspiel immer verboten war (weshalb keine Übergangsfristen gemäß § 60 Abs 25 GSpG in Betracht kommen), klar und deutlich, dass Gegenstand der finanzpolizeilichen Amtshandlung die Aufklärung des Verdachts strafbarer Handlungen mit Glücksspielgeräten und Eingriffsgegenständen war. So fanden die Kontrollorgane nach der Anzeige des Finanzamts vom 17. April 2012 sowie nach der mit der Bfin aufgenommenen Niederschrift beim Eintreffen im Lokal sämtliche Geräte eingeschaltet und betriebsbereit (ausgenommen jene drei Spieltische, welche sich im Nebenraum befanden) vor.

 

Auch die von der Finanzpolizei am Kontrolltag mit der Bfin aufgenommene Niederschrift mit ihren Fragen zu den Spielgeräten, über Gewinnauszahlungen und betreffend Schlüssel zum Betrieb der Geräte diente offenkundig dem Ziel der strafrechtlichen Aufklärung (= Strafverfolgung). Schon zu Beginn der Kontrolle lag offenkundig die oben beschriebene Verdachtslage vor und endete bei verfassungskonformer Auslegung die Mitwirkungspflicht gem § 50 Abs 4 GSpG. Mangels einer Mitwirkungspflicht an der Strafverfolgung und Aufklärung von Delikten war auch keine mit Strafe bedrohte Handlung möglich.

 

Die Bestrafung der Bfin erfolgte damit schon aus diesem Grund nicht zu Recht.

 

III.4.1. Die belangte Behörde hat der Bfin im Wesentlichen angelastet, dass sie entgegen der gesetzlichen Anordnung des § 50 Abs 4 GSpG nicht umfassend Auskunft erteilt habe, "weil sie zu den gestellten Fragen über den Betrieb der Glückspielgerät[e] meistens die Antwort 'keine Ahnung!'" erteilt hätte.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zu den Sprucherfordernissen nach § 44a Z 1 VStG ist die Tat so weit zu konkretisieren, dass diese erstens nach Tatort und Tatzeit unverwechselbar feststeht sowie zweitens eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und damit auch die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (stRsp seit verst. Senaten VwSlg 11.466 A/1984 und VwSlg 11.894 A/1985); im Spruch sind daher alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind.

 

Der Vorschrift des § 44a Z 1 VStG ist dann entsprochen, wenn im Spruch die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Eine Umschreibung der Tat bloß in der Begründung reicht im Verwaltungsstrafrecht nicht aus (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004] 1522, Anm 2 zu § 44a VStG).

 

Vor der Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgeführt, dass die Rechtsmittelbehörde nach § 66 Abs 4 AVG (iVm § 24 VStG) nicht die Befugnis hat, dem Beschuldigten eine andere Tat als die Erstbehörde anzulasten und damit die Tat auszuwechseln (vgl allgemein VwGH 25.03.1994, Zl. 93/02/0228; VwGH 19.05.1993, Zl. 92/09/0360; VwGH 28.02.1997, Zl. 95/02/0601). Die Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde war durch den Spruchgegenstand des angefochtenen Bescheides beschränkt (vgl VwGH 23.11.1993, Zl. 93/04/0169). Eine Abänderungsermächtigung bestand nur im Rahmen der Sache iSd § 66 Abs 4 AVG (vgl etwa VwGH 25.09.1992, Zl. 92/09/0178; VwGH 08.02.1995, Zl. 94/03/0072; VwGH 03.09.1996, Zl. 96/04/0080). Dabei war Sache des Berufungsverfahrens die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs im Bescheid der Unterbehörde bildet (vgl u.a. VwGH 24.03.1994, Zl. 92/18/0356; VwGH 23.10.1995, Zl. 94/04/0080; VwGH 29.10.1996, Zl. 96/07/0103; VwGH 19.03.1997, Zl. 93/11/0107). Ein Austausch wesentlicher Tatbestandsmerkmale führte zur Anlastung einer anderen Tat und war daher unzulässig (vgl VwGH 20.11.1997, Zl. 97/06/0170).

 

Diese Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auf § 50 VwGVG zu übertragen, da § 50 VwGVG ebenso wie § 66 Abs 4 AVG iVm § 24 VStG das Verwaltungsgericht zur Entscheidung "in der Sache" verpflichtet, sofern die Beschwerde gem Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

 

III.4.2. Lediglich in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses wird auf ein Schreiben des Finanzamtes Grieskirchen-Wels verwiesen, welches zur Rechtfertigung der Bfin gegen die Strafverfügung Stellung nimmt. In dem Schreiben wird ausdrücklich festgehalten, dass die Anzeige nicht wegen Nichtwissens erstattet worden sei, sondern wegen mangelnder Mitwirkung. Gem § 50 Abs 4 GSpG hätten Personen, die zur Auskunft verpflichtet sind, ua auch Einblick in die durchgeführten Aufzeichnungen und Spielbeschreibungen zu gewähren und Bargeld zur Durchführung von Probespielen auszuhändigen. Die Aushändigung von Geld für die Abwicklung der Probespiele sei von der Bfin verwehrt worden und auf die Frage hin, warum sie dieser Aufforderung nicht Folge leiste, hätte sie "keine Ahnung" zur Antwort gegeben. Dies sei ein Beispiel, warum eine vorsätzliche Verweigerung der Mitwirkung durch die Bfin vorliege. Während die Bfin "keine Ahnung" gehabt habe, ob sie Zugang zur Buchhaltung bei den Geräten habe, war nach Ansicht des Finanzamtes der Bfin wohl bewusst, welche Aufgaben sie im kontrollierten Lokal zu verrichten hätte. Von ihr hätte erwartet werden können, dass sie zumindest über die ihr bei der Ausübung ihrer Tätigkeit eingeräumten Möglichkeiten und Verantwortungsbereiche Auskunft erteilt. Eine umfassende Überprüfung sei aufgrund der mangelnden Bekanntgabe von Passwörtern nicht möglich gewesen.

 

Im Spruch des bekämpften Erkenntnisses wird der Bfin aber nur die Nichterteilung umfassender Auskünfte durch die – im Übrigen auch nur "meistens" gegebene – Antwort "keine Ahnung" vorgeworfen. Die lediglich in der Begründung des Straferkenntnisses der Bfin zur Last gelegten Tatvorwürfe genügen dabei im Lichte der oben ausgeführten höchstgerichtlichen Vorgaben nicht.

 

Im Übrigen findet der von der Finanzbehörde dargelegte Vorwurf, dass die Bfin kein Bargeld zur Verfügung von Probespielen ausgehändigt habe und dies auch auf Nachfrage nicht erklärt hätte, für sich betrachtet in der zur Tatzeit geltenden Fassung des § 50 Abs 4 GSpG von vornherein keine Stütze im Gesetzeswortlaut. Die extensive "Auslegung" für eine solche Pflicht zu einem von der belangten Behörde bezeichneten sog. "Aktivverhalten" überschreitet nach Ansicht des Oö. Landesverwaltungsgerichts die Wortlautgrenze und läuft auf eine im Strafrecht verbotene Analogie hinaus, wodurch das rechtsstaatliche Prinzip "nullum crimen sine lege" verletzt wird. Erst § 50 Abs 4 GSpG in der geänderten Fassung BGBl I Nr. 112/2012 stellt im Zusammenhang mit der Ermöglichung von Testspielen ausdrücklich durch die Beifügung "unter Bereitstellung von Geld oder Spieleinsätzen" auch eine aktive Pflicht klar.

Durch die Weigerung, entsprechendes Spielgeld zur Verfügung zu stellen, wird den Kontrollorganen die Durchführung von Testspielen keineswegs faktisch unmöglich gemacht und ist diese damit jedenfalls nicht mit der Verunmöglichung von Probespielen gleichzusetzen. Nicht zuletzt aufgrund des Ausflusses eines besonders strengen Legalitiätsprinzips im Strafrecht kann diese glücksspielrechtliche Bestimmung keinesfalls derart extensiv ausgelegt werden. Streng am Gesetzeswortlaut orientiert war daher zum Tatzeitpunkt die Nicht-Bereitstellung von Spielgeld zur Durchführung von Testspielen nicht strafbar – umso weniger konnte daher aber auch eine Nichtdarlegung der Gründe, warum kein Spielgeld zur Verfügung gestellt werde, im Tatzeitpunkt einer Strafe unterworfen werden.

 

Schon dieser Umstand zeigt deutlich, dass der im Spruch lapidar formulierte Vorwurf, dass die Bfin auf die ihr gestellten Fragen "über den Betrieb der Glücksspielgerät[e] meistens die Antwort 'keine Ahnung'" erteilt habe, den rechtsstaatlichen Anforderungen an einen substanziierten und im Lichte der verfassungsrechtlich gebotenen Vorgaben hinreichend determiniert dargelegten Tatvorwurf nicht genügt. So scheint schon für die erkennende Richterin durch den vorliegenden pauschal gehaltenen Spruch vielmehr sogar ein Tatverhalten vorgeworfen zu sein, das im Tatzeitraum noch nicht einmal mit Strafe bedroht war. Umso mehr ist daher davon auszugehen, dass die Bfin mangels entsprechend konkretisierten Tatvorwurfs durch den vorliegenden Spruch nicht in die Lage versetzt wurde, sich bezüglich eines konkret vorgeworfenen Verhaltens entsprechend verantworten zu können.

 

III.4.3. Zudem verpflichtet die Bestimmung des § 50 Abs 4 GSpG in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung verschiedene Adressaten, nämlich Veranstalter und Anbieter von Glücksspielen und Personen, die Glücksspieleinrichtungen bereithalten, unmittelbar zur Mitwirkung. Zu diesen Varianten unmittelbarer Täterschaft kann jeweils eine Beteiligungssituation hinzutreten. Beispielsweise ist denkbar, dass der Veranstalter oder Anbieter von Glücksspielen dazu beiträgt oder anstiftet, dass eine bereithaltende Person der Mitwirkungspflicht nicht nachkommt. Weiters ist zu bedenken, dass – wie es im gegenständlichen Fall gegeben ist – eine juristische Person als Veranstalter bzw Anbieter in Frage kommt und wiederum ein außenvertretungsbefugtes Organ (zB Geschäftsführer) im Rahmen des § 9 VStG verantwortlich ist. In diesem Zusammenhang haftet das außenvertretungsbefugte Organ wiederum in zwei Varianten. Entweder setzt das Organ selbst in zurechenbarer Weise ein rechtswidriges Verhalten für die juristische Person oder das außenvertretungsbefugte Organ muss sich ein rechtswidriges Verhalten von Mitarbeitern als Organisationsverschulden zurechnen lassen.

 

Da nun die Art der Täterschaft einer Verwaltungsübertretung nach dem § 50 Abs 4 iVm § 52 Abs 1 Z 5 GSpG in vielen Erscheinungsformen möglich ist, hat im Spruch des Straferkenntnisses eine genaue Aus- und Anführung zur Täterschaft und Beteiligung iSd § 7 VStG zu erfolgen, um dem Beschuldigten eine entsprechende Verteidigung zu ermöglichen. Erfolgt diese Differenzierung und Konkretisierung nicht, so ist der Spruch des Straferkenntnisses nicht iSd Anforderungen nach § 44a Z 1 VStG bestimmt und unverwechselbar und daher mit Rechtswidrigkeit behaftet. So hat beispielsweise der Verwaltungsgerichtshof zur Beteiligungsform der Beihilfe klargestellt, dass im Spruch sowohl die Tatumstände zu konkretisieren sind, welche eine Zuordnung der Tat des Haupttäters zur verletzten Verwaltungsvorschrift ermöglicht, als auch jenes konkrete Verhalten darzustellen ist, durch welches der Tatbestand der Beihilfe verwirklicht wird (vgl VwSlg 13112 A/1990 und VwSlg 13224 A/1990).

 

III.4.4. Vor dem Hintergrund der verschiedenen Tatbegehungsformen hätte die belangte Behörde eine differenzierte und konkretisierte Fassung des Tatvorwurfes vornehmen müssen. Ihre Ausführungen decken sich stattdessen weitgehend mit dem Gesetzeswortlaut im § 50 Abs 4 GSpG und reichen für die Bestimmtheit iSd § 44a Z 1 VStG nicht hin. Durch die substanzlose Verwendung der verba legalia wird nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs noch keine Konkretisierung im Sinne der Anforderungen des § 44a Z 1 VStG vorgenommen. Denn es reicht nicht aus, den bloßen Gesetzeswortlaut unter Anführung von Tatzeit und Tatort wiederzugeben, sondern die Tat ist entsprechend den Gegebenheiten des jeweiligen Falles zu individualisieren (vgl mwN Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004] 1522, Anm 2 zu § 44a VStG).

 

Diese einzelfallbezogene Konkretisierung des Spruches iSd § 44a Z 1 VStG ist einerseits deshalb erforderlich, damit der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und andererseits um den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl VwGH 18.10.2011, Zl. 2011/02/0281 unter Bezugnahme auf Vorjudikatur) und damit der Gefahr einer allfälligen Doppelbestrafung ausgesetzt zu sein (vgl speziell für Übertretungen nach dem GSpG VwGH 12.03.2010, Zl. 2010/17/0017).

 

III.4.5. Im konkreten Fall wird der Bfin im Spruch des Straferkenntnisses die Verletzung der Mitwirkungspflicht nach § 50 Abs 4 GSpG als unmittelbare Täterin angelastet, die im "Lokal x Glücksspieleinrichtungen bereitgehalten" habe.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 20. Juni 2012, Zl. 2012/17/0114, unter der im § 50 Abs 4 GSpG genannten "Person, die Glücksspieleinrichtungen bereit hält," auch jemanden verstanden, der de facto für die Bereithaltung sorgt und ausdrücklich keine rechtlich-organisatorische Beziehung dieser Person zur Glücksspieleinrichtung vorausgesetzt. Die Auskunftspflicht nach § 50 Abs 4 GSpG treffe nicht nur den Betreiber des Glücksspielapparats, der in einer großen Zahl der Fälle nicht im Lokal anwesend sein werde, sondern auch diejenigen Personen, die faktisch für die Verfügbarkeit des Apparats sorgen. Dabei habe sich die Abgrenzung, welche Angestellten von der Auskunftspflicht erfasst sind, nach dem Aufgabenbereich des Angestellten zu richten. Ein Mitarbeiter, der sich als für das Lokal verantwortlich bezeichnet, gehöre jedenfalls zum Kreis der auskunftspflichtigen Personen, weil er damit auch im Rahmen seiner Befugnisse für die Umsetzung der betriebsintern bestehenden Anordnungen zuständig sei, ob und welche Apparate für Dritte im Lokal verfügbar sind.

 

Aus diesen Aussagen des zitierten Judikats ist weiter denknotwendig abzuleiten, dass nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs begrifflich das "Bereithalten von Glücksspieleinrichtungen" vom Aufgabenbereich eines Mitarbeiters und seinen betriebsinternen Befugnissen abhängt und eine Korrelation zu der damit verbundenen Mitwirkungspflicht besteht. Denn die Pflicht, "umfassend Auskünfte zu erteilen", muss im Rahmen der tatsächlichen Möglichkeiten einer Person je nach ihren Aufgaben und Befugnissen angenommen werden, widrigenfalls man dem Gesetzgeber unterstellen würde, dass er in unsachlicher Weise Mitwirkungspflichten vorgesehen hätte, deren Erfüllung manchen Personen von ihrer betriebsinternen Verwendung her schon tatsächlich gar nicht möglich wäre. Der Umfang der Mitwirkungspflichten darf nicht als absolute Größe gesehen werden. Vielmehr muss er differenziert nach den Aufgaben und Befugnissen des jeweiligen Mitarbeiters eines Veranstalters oder Anbieters interpretiert werden. Die Pflicht, umfassend Auskünfte zu erteilen, kann demnach je nach den faktischen Aufgaben und Befugnissen eines Angestellten eine verschiedene sein. Gehören etwa zum Aufgabenbereich einer Person überhaupt nur untergeordnete oder nicht einschlägige Tätigkeiten wie beispielsweise Reinigungsarbeiten, bloßes Lichteinschalten oder das Ausschenken von Getränken, dann liegt allein darin noch kein Sorgen für die Verfügbarkeit einer Glücksspieleinrichtung, weshalb ein "Bereithalten" begrifflich ausscheidet und keine Auskunftspflicht besteht.

 

Aus der dargestellten Rechtslage im Sinne des zitierten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofs folgt weiter, dass zur Mitwirkungspflicht des § 50 Abs 4 GSpG im Fall von "Personen, die Glücksspieleinrichtungen bereithalten," deren Aufgabenbereich und Befugnisse im Betrieb des Veranstalters oder Anbieters als für die Subsumtion relevante Umstände anzusehen und festzustellen sind. Die diesbezügliche betriebsinterne Funktion des Mitarbeiters, dem die Auskunfts- bzw Mitwirkungspflicht zugeordnet wird, betrifft daher ein wesentliches Element des Tatbestandes und bedarf gemäß § 44a Z 1 VStG entsprechend den Gegebenheiten des Einzelfalles einer Konkretisierung und Individualisierung im Spruch.

 

Die belangte Behörde spricht im Spruch nur davon, dass die Bfin "Glücksspieleinrichtungen bereitgehalten" habe. Es fehlen jedoch konkrete, auf den Einzelfall bezogene Angaben in Bezug auf den für die Subsumtion relevanten Aufgabenbereich der Bfin als Dienstnehmerin der x, aus dem das "Bereithalten von Glücksspieleinrichtungen" und damit die Auskunftspflicht im Grunde des zitierten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichthofs erst abgeleitet werden kann. In der Begründung des Straferkenntnisses wird zwar die Stellungnahme des Finanzamtes Grieskirchen-Wels angeführt, in der die Bfin als Verantwortliche für den Spielbereich angesehen wird. Sie sei für die "Einlassung potentieller Spieler“ verantwortlich gewesen, da ein Einlass nur nach bewusster Entriegelung der Eingangstür durch die Bfin möglich sei. Weiters hätte sie zu wesentlichen Bedienungselementen für das Ein- und Ausschalten der Geräte Zugang und sei im Lokal selbst als einzig anwesende Person des Lokalbetreibers Ansprechperson für die Spieler und Spielerinnen und auch für Auszahlungen zuständig gewesen. Zum einen umschreiben derartige eher untergeordnete und nur manipulative Aufgaben noch keine betriebsinterne Funktion, die eindeutig auf ein "Bereithalten" schließen ließe, und zum anderen ersetzt die bloße Wiedergabe der Stellungnahme des Finanzamtes keine eigenständigen Feststellungen in der Bescheidbegründung und entspricht auch nicht den Anforderungen des § 44a Z 1 VStG hinsichtlich der Konkretisierung des Spruchs im Lichte der unter Punkt III.4.1. ausgeführten höchstgerichtlichen Vorgaben.

 

III.4.5. Die belangte Behörde hat daher im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses keinen die Umstände des Einzelfalles konkretisierenden Tatvorwurf erhoben, der die Identität der Tat mit ausreichender Bestimmtheit formuliert und unverwechselbar erscheint. Mangels einer geeigneten behördlichen Verfolgungshandlung ist insofern nach Ablauf der Jahresfrist des § 31 Abs 1 VStG auch die Verfolgungsverjährung eingetreten.

 

Dem Oö. Verwaltungsgericht war es außerdem als Rechtsmittelinstanz, die gemäß § 50 VwGVG bei ihrer Entscheidungsbefugnis auf den Gegenstand des Spruches des Straferkenntnisses beschränkt ist, verwehrt, eine ganz neue Anlastung vorzunehmen und dabei wesentliche Tatmerkmale auszutauschen.

 

IV. Im Ergebnis war das angefochtene Straferkenntnis im Hinblick auf wesentliche Spruchmängel mangels einer erwiesenen und zutreffend angelasteten Verwaltungsübertretung aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 und Z 3 VStG iVm § 38 VwGVG einzustellen.

 

Bei diesem Verfahrensergebnis war der Bfin gemäß § 52 Abs 9 VwGVG und § 66 Abs 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren vor dem Oö. Landesverwaltungsgericht vorzuschreiben.

 

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. L u k a s