LVwG-601055/6/Zo/Bb
Linz, 26.01.2016
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Gottfried Zöbl über die Beschwerde des D W D, geb. 1957, Deutschland, vertreten durch Rechtsanwälte GmbH F, vom 21. September 2015 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 25. August 2015, GZ VerkR96-3430-2013, wegen Übertretungen des Kraftfahrgesetzes 1967 (KFG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 10. Dezember 2015,
zu Recht e r k a n n t :
I. Die Beschwerde wird hinsichtlich Punkt 1) im Schuldspruch abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis insoweit bestätigt.
Bezüglich der verhängten Strafe wird der Beschwerde insofern stattgegeben, als die Geldstrafe auf 40 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 8 Stunden herabgesetzt wird.
II. Hinsichtlich Punkt 2) wird der Beschwerde stattgegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs. 1 Z 1 VStG eingestellt.
III. Die behördlichen Verfahrenskosten bezüglich Punkt 1) belaufen sich auf 10 Euro. Für das Beschwerdeverfahren sind keine Kosten zu bezahlen.
IV. Hinsichtlich Punkt 2) hat der Beschwerdeführer weder einen Beitrag zu den Kosten des behördlichen Verfahrens noch einen Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren zu leisten.
V. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Zu I. und II.
1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn (im Folgenden: belangte Behörde) warf D W D (Beschwerdeführer - im Folgenden: Bf) mit Straferkenntnis vom 25. August 2015, GZ VerkR96-3430-2013, unter Punkt 1) die Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 102 Abs. 1 iVm §§ 7 Abs. 1 KFG und 4 Abs. 4 Z 2 KDV und unter Punkt 2) eine Übertretung gemäß § 102 Abs. 10a KFG vor und verhängte gemäß § 134 Abs. 1 KFG zu 1) eine Geldstrafe in Höhe von 80 Euro, ersatzweise eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 16 Stunden, und zu 2) eine Geldstrafe in Höhe von 10 Euro, im Falle deren Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Stunden. Weiters wurde dem Bf von der belangten Behörde gemäß § 64 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von insgesamt 20 Euro auferlegt.
Dem Schuldspruch liegen folgende Tatvorwürfe zugrunde (auszugsweise Wiedergabe):
„1) Sie haben sich als LenkerIn, obwohl es Ihnen zumutbar war, vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt, dass das von Ihnen verwendete Fahrzeug den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht, da festgestellt wurde, dass beim Kraftfahrzeug, mit welchem eine Geschwindigkeit von 25 km/h überschritten werden darf und mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von über 3,5 Tonnen der Reifen der dritten Achse links außen in der Mitte der Lauffläche (3/4 der Laufflächenbreite) nicht mehr die erforderliche Profiltiefe aufwies.
2) Sie haben sich als LenkerIn, obwohl es Ihnen zumutbar war, vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt, dass das von Ihnen verwendete Fahrzeug den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht, da festgestellt wurde, dass beim gegenständlichen Fahrzeug mit einer Bauartgeschwindigkeit von mehr als 3.500 kg an der Rückseite des Fahrzeuges keine gelbe reflektierende Warntafel mit rotem fluoreszierenden Rand annähernd lotrecht und senkrecht zur Längsmittelebene angebracht war.
Tatort: Gemeinde Braunau am Inn, Landesstraße Freiland, B 148 bei km 36.200.
Tatzeit: 14.05.2013, 09.20 Uhr.
Fahrzeug: Kennzeichen x, LKW, Iveco Trakker 450, orange.“
Die belangte Behörde stützte ihre Entscheidung im Wesentlichen auf die gutachtlichen Ausführungen der beigezogenen Amtssachverständigen für Verkehrstechnik. Die verhängte Geldstrafe wurde unter Hinweis auf § 19 VStG, der bisherigen verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit des Bf, der langen Bearbeitungsdauer und den geschätzten persönlichen Verhältnissen des Bf begründet.
2. Gegen dieses Straferkenntnis, zugestellt am 26. August 2015, erhob der Bf im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung mit Schriftsatz vom 21. September 2015, bei der belangten Behörde eingelangt am 22. September 2015, rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde, mit welchem die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die Verfahrenseinstellung begehrt wurde.
Im Rechtsmittel bringt der Bf u. a. vor, dass das angefochtene Straferkenntnis den verfahrensrechtlichen Mindestanforderungen nicht gerecht werde. Die belangte Behörde habe sich darauf beschränkt, ihren Rechtsstandpunkt darzulegen, der im Übrigen im Gesetz keine Deckung finde. Es seien dem gesamten Erkenntnis keine konkreten Sachverhaltsfeststellungen für die entscheidungswesentlichen Fragen zu entnehmen. Insbesondere habe die Behörde keine Feststellungen dahingehend getroffen, ob die vermeintlich festgestellten Mängel für ihn erkennbar waren, wann diese – soweit sie überhaupt vorliegen – eingetreten sind und schließlich ob er anhand der ihm vorliegenden Informationen davon ausgehen konnte, dass er sämtliche ihn treffende kraftfahrrechtliche Verpflichtungen einhalten würde. Hätte die Behörde entsprechende Feststellungen getroffen, wäre sie zur Erkenntnis gelangt, dass kein strafbares Verhalten vorliege.
Überdies wendet der Bf ein, dass sich die Behörde lediglich darauf beschränkt habe, eine schriftliche Stellungnahme der Amtssachverständigen einzuholen und weitere Ermittlungstätigkeiten nicht unternommen habe. Insbesondere sei er nicht darüber informiert worden, dass den gestellten Beweisanträgen auf seine Einvernahme und der des Zeugen J F (Zulassungsbesitzer) nicht Folge geleistet werde. Dem angefochtenen Bescheid sei ferner nicht zu entnehmen, wann und wo er die Verwaltungsübertretungen begangen haben soll, noch wofür er bestraft werde.
Bei der vorgenommenen Strafbemessung durch die belangte Behörde handle es sich um inhaltsleere Floskeln, die dem Kriterium einer rechtsstaatlichen Begründung nicht genüge tun könnten. Die Geldstrafe sei mit einer völlig unzureichenden Begründung verhängt worden.
Aber auch bei der materiell-rechtlichen Beurteilung zeige sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig. Aufgrund der ihm vorliegenden Information sei er davon ausgegangen und habe ausgehen können, dass er die ihn treffenden kraftfahrrechtliche Verpflichtungen einhalten würde. Die Behörde gehe ohne nähere Begründung von einem zumindest fahrlässigen Verhalten aus. Das sei nicht einsichtig. Er habe die gebotene Sorgfalt eingehalten. Aufgrund der ihm gegebenen bzw. vorliegenden Informationen habe er davon ausgehen können, dass er sämtliche Sorgfaltspflichten einhalten würde. Zum Beweis hiefür beantragte der Bf seine Vernehmung als auch Einvernahme des Zulassungsbesitzers.
3. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat die Beschwerde dem Landesverwaltungsgericht mit Vorlageschreiben vom 23. September 2015 unter Anschluss des Verwaltungsstrafaktes mit der GZ VerkR96-3430-2013, zur Entscheidung vorgelegt, ohne eine Beschwerdevorentscheidung zu fällen.
Mit der Aktenvorlage wurde die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung begründet (Art. 130 Abs. 1 Z 1 iVm Art. 131 Abs. 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art. 135 Abs. 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.
4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt und das Beschwerdevorbringen.
Zusätzlich wurde am 10. Dezember 2015 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, an welcher Rechtsanwalt Mag. H P als Substitut für die Rechtsvertretung des Bf und die Amtssachverständige für Verkehrstechnik Ing. E G des Amtes der Oö. Landesregierung, Direktion Straßenbau und Verkehr, Abteilung Verkehr teilgenommen haben und zum Sachverhalt gehört und befragt wurden. Der Bf selbst ist aus beruflichen Gründen zur Verhandlung nicht erschienen. Auch ein Vertreter der belangten Behörde hat an der Verhandlung entschuldigt nicht teilgenommen.
4.1. Für das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ergibt sich daraus folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:
Der Bf lenkte am 14. Mai 2013 um 09.20 Uhr den Lkw, Iveco, Trakker 450, mit dem internationalen Kennzeichen x (D) in der Gemeinde Braunau am Inn auf der B 148 in Fahrtrichtung Braunau.
Im Rahmen einer polizeilichen Anhaltung und anschließenden Kontrolle auf Höhe Strkm 36.200 wurde von Straßenaufsichtsorganen der Landesverkehrsabteilung Oberösterreich im Beisein der Amtssachverständigen für Verkehrstechnik des Landes Oberösterreich Ing. E G festgestellt, dass der vom Bf gelenkte Lkw technische Mängel aufwies. Es wurde festgestellt, dass der Reifen der dritten Achse links außen nicht mehr die erforderliche Profiltiefe von 2,0 mm aufwies und an der Rückseite des Lkws keine gelb reflektierende Warntafel mit rotem, fluoreszierenden Rand im Sinne des § 102 Abs. 10a KFG angebracht war. Von den Mängeln wurden an Ort und Stelle Lichtbilder angefertigt und ein Gutachten gemäß § 58 KFG über die Teiluntersuchung des Lkws erstellt.
Entsprechend diesem Überprüfungsgutachten vom 14. Mai 2013 handelt es sich bei den Beanstandungen um schwere Mängel, welche für den Lenker vor Antritt der Fahrt erkennbar waren. Laut Erläuterungen der Sachverständigen macht sich die Abnützung eines Reifens über einen längeren Zeitraum bemerkbar, sodass die mangelnde Profiltiefe bereits vor Fahrtantritt vorlag. Bezüglich der fehlenden gelb reflektierenden Warntafel gab die Sachverständige an, dass grundsätzlich zwei Warntafeln angebracht und diese mit dem Fahrzeug fest verbunden sein müssten. Häufig seien diese Tafeln aufgeklebt bzw. im Falle von Metalltafeln angenietet, sodass es unwahrscheinlich sei, dass beide Tafeln nach Antritt der Fahrt verloren wurden.
4.2. Der dargestellte Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus dem Inhalt des behördlichen Verfahrensaktes und als Ergebnis der öffentlichen mündlichen Verhandlung.
Aufgrund der Feststellungen der Amtssachverständigen anlässlich der Kontrolle des Lkws im Hinblick auf dessen technischen Zustand und ihrer zeugenschaftlichen Aussage anlässlich der mündlichen Verhandlung ist für das erkennende Gericht hinreichend der Beweis für das Vorliegen der in Rede stehenden Fahrzeugmängel (mangelnde Reifenprofiltiefe und fehlende Warntafel) zum Tatzeitpunkt erbracht.
Wenngleich sich die Sachverständige nach rund 2,5 Jahren ohne Einsichtnahme in die betreffenden Unterlagen nicht mehr an den konkreten Vorfall erinnern konnte, so ist dies durchaus nachvollziehbar, ändert aber nichts an ihrer Glaubwürdigkeit, werden ihre Wahrnehmungen und Schilderungen doch durch die angefertigten Lichtbilder, welche den technischen Zustand des Lkws zur Tatzeit anschaulich dokumentieren, untermauert. Aus den Lichtbildern ergibt sich deutlich, dass der abgebildete Reifen nicht mehr die erforderliche Profiltiefe von 2,00 mm aufwies und an der Hinterseite des Lkws keine Warntafel angebracht war.
5. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:
5.1. Gemäß § 102 Abs. 1 erster Satz KFG darf der Kraftfahrzeuglenker ein Kraftfahrzeug erst in Betrieb nehmen, wenn er sich, soweit dies zumutbar ist, davon überzeugt hat, dass das von ihm zu lenkende Kraftfahrzeug und ein mit diesem zu ziehender Anhänger sowie deren Beladung den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften entsprechen.
§ 7 Abs. 1 KFG normiert, dass Kraftfahrzeuge und die mit ihnen gezogenen Anhänger außer Anhängeschlitten mit Reifen oder Gleisketten versehen sein müssen, die nach ihrer Bauart, ihren Abmessungen und ihrem Zustand auch bei den höchsten für das Fahrzeug zulässigen Achslasten und bei der Bauartgeschwindigkeit des Fahrzeuges verkehrs- und betriebssicher sind, und durch die die Fahrbahn bei üblicher Benützung nicht in einem unzulässigen Ausmaß abgenützt werden kann; Räder von Kraftfahrzeugen mit einer Bauartgeschwindigkeit von mehr als 25 km/h und Räder von Anhängern, mit denen eine Geschwindigkeit von 25 km/h überschritten werden darf, müssen mit ausreichenden Radabdeckungen wie Kotflügeln und dergleichen versehen sein.
§ 4 Abs. 4 Z 2 KDV lautet:
„Die Tiefe der für die Ableitung des Wassers von der Lauffläche des Reifens erforderlichen Vertiefungen des Laufstreifens (Profiltiefe) muss im mittleren Bereich der Lauffläche, der etwa drei Viertel der Laufflächenbreite einnimmt, bei Kraftfahrzeugen mit einer Bauartgeschwindigkeit von mehr als 25 km/h und Anhängern, mit denen eine Geschwindigkeit von 25 km/h überschritten werden darf, jeweils mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3.500 kg mindestens 2 mm betragen.“
Nach § 102 Abs. 10a KFG hat ab 1. Jänner 1996 der Lenker eines
1. Lastkraftwagens,
2. Sattelzugfahrzeuges,
3. Spezialkraftwagens, ausgenommen Wohnmobile,
4. Sonderkraftfahrzeuges, oder
5. einer selbstfahrenden Arbeitsmaschine mit einer Bauartgeschwindigkeit von mehr als 60 km/h,
jeweils mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3.500 kg dafür zu sorgen, dass an der Rückseite des Fahrzeuges eine von hinten sichtbare gelbe reflektierende Warntafel mit rotem, fluoreszierenden Rand annähernd lotrecht und senkrecht zur Längsmittelebene angebracht ist. Werden mit den genannten Fahrzeugen Anhänger gezogen, so hat der Lenker diese Warntafel an der Rückseite des Anhängers anzubringen. (...)
Gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte nicht bewiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.
5.2. Bei der technischen Kontrolle am 14. Mai 2013 um 09.20 Uhr in Braunau am Inn auf der B 148 bei km 36.200 wurde festgestellt, dass der Lkw mit dem Kennzeichen x (D) die unter 4.1. dargestellten Mängel aufwies. Der Bf hat damit in seiner Eigenschaft als Lenker - objektiv gesehen - nicht dafür gesorgt, dass der Lkw den kraftfahrrechtlichen Vorschriften entspricht und damit die ihm im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfenen Tatbestände in objektiver Hinsicht verwirklicht.
Bezüglich seines Verschuldens ist hinsichtlich Punkt 1) darauf hinzuweisen, dass sich nach den schlüssigen sachverständigen Erläuterungen die Abnützung eines Reifens über einen längeren Zeitraum bemerkbar macht, sodass der bemängelte Reifen bereits vor Antritt der konkreten Fahrt nicht mehr die gesetzlich erforderliche Profiltiefe aufgewiesen hatte und dieser Mangel dem Bf als Lenker bei entsprechender Kontrolle vor Fahrtantritt jedenfalls auffallen hätte müssen. Es ist kein Umstand hervorgekommen noch hat der Bf selbst vorgebracht, dass es ihm nicht zumutbar oder möglich gewesen wäre, sich vor Antritt der Fahrt über den Zustand der Reifen zu vergewissern und zu überzeugen. Es erübrigte sich deshalb auch die beantragte Einvernahme des Zulassungsbesitzers.
Nach der höchstgerichtlichen Judikatur gehört es zu den im § 102 Abs. 1 KFG umschriebenen Pflichten eines jeden Kraftfahrzeuglenkers, sich davon zu überzeugen, ob die Profiltiefe der Reifen dem Mindestmaß entspricht (OGH 7. Mai 1981, 8 Ob 70/81 ZVR 1981/277) und ist auch jedem Kraftfahrzeuglenker die Feststellung einer mangelnden Profiltiefe der Reifen eines Kraftfahrzeuges zumutbar (VwGH 18. April 1975, 1554/74).
Da in Bezug auf die mangelhafte Bereifung somit keine Umstände hervorgekommen sind, welche das Verschulden des Bf hätten ausschließen können, war gemäß § 5 Abs. 1 VStG zumindest von fahrlässigem Verhalten auszugehen. Der Bf hat die ihm unter Punkt 1) vorgeworfene Übertretung gemäß § 102 Abs. 1 iVm §§ 7 Abs. 1 KFG und 4 Abs. 4 KDV daher auch in subjektiver Hinsicht begangen.
Hinsichtlich des Vorwurfes der fehlenden Warntafel (Punkt 2) hingegen ist letztlich nicht zweifelfrei gesichert, dass der Bf ein mögliches Herabfallen dieser Tafeln während der Fahrt tatsächlich hätte merken müssen. Der Sachverständigen ist zwar beizupflichten, dass ein Verlieren beider Tafeln während der Fahrt eher unwahrscheinlich ist, es kann aber auch nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden.
Es war daher der Beschwerde zu Punkt 2) stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG einzustellen.
5.3. Strafbemessung zu Punkt 1)
Gemäß § 19 Abs. 1 VStG iVm § 38 VwGVG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Gemäß § 19 Abs. 2 VStG iVm § 38 VwGVG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Die Verwaltungsstrafbestimmung des § 134 Abs. 1 KFG sieht für Zuwiderhandlungen gegen § 103 Abs. 2 KFG einen Strafrahmen bis zu 5.000 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe eine Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen, vor.
Die belangte Behörde ging bei der Bemessung der Strafe von einem durchschnittlichen monatlichen Einkommen, keinem Vermögen und von Sorgepflichten des Bf aus. Der Bf hat diesen Bemessungsgrundlagen weder im Beschwerdeschriftsatz noch anlässlich der mündlichen Verhandlung widersprochen, weshalb von diesen Grundlagen auch im Beschwerdeverfahren ausgegangen werden konnte.
Strafmildernd sind die aktenkundige Unbescholtenheit des Bf sowie die überaus lange Dauer des Verfahrens zu berücksichtigen, welche nicht der Bf verschuldet hat. Straferschwerungsgründe waren hingegen nicht festzustellen.
Unter Berücksichtigung dieser Umstände erachtet das Landesverwaltungsgericht eine Milderung der verhängten Geldstrafe hinsichtlich Punkt 1) auf 40 Euro und der Ersatzfreiheitsstrafe auf 8 Stunden als gerechtfertigt und geboten. Diese Geldstrafe erscheint in Anbetracht der aufgezeigten Umstände noch tat- und schuldangemessen und aus spezialpräventiven Erwägungen in der festgesetzten Höhe ausreichend, um den Bf in Hinkunft von weiteren einschlägigen Tatbegehungen abzuhalten und entsprechend darauf hinzuweisen, dass die Einhaltung der kraftfahrrechtlichen Vorschriften über den technischen Zustand von Fahrzeugen von wesentlicher Bedeutung ist, um möglichste Sicherheit im Straßenverkehr zu gewährleisten. Fahrzeuge, die Mängel aufweisen und nicht den gesetzlichen Vorschriften entsprechen, erhöhen generell die Gefahren des Straßenverkehrs und stellen potentielle Gefährdungen dar.
Auch generalpräventive Überlegungen sprechen nicht gegen die Herabsetzung der Strafe auf die genannte Höhe. Die nunmehr festgesetzte Geldstrafe ist im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens angesiedelt (§ 134 Abs. 1 KFG – 5.000 Euro) und beträgt lediglich 0,8 % der möglichen Höchststrafe. Das geschätzte durchschnittliche Einkommen wird dem Bf die Bezahlung der Verwaltungsstrafe in jedem Fall ermöglichen.
Zu III. und IV.
Aufgrund der Herabsetzung der Strafe hinsichtlich Punkt 1) sind dem Bf gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG keine Kosten für das verwaltungsgerichtliche Verfahren aufzuerlegen. Der Kostenbeitrag zum behördlichen Verfahren beträgt gemäß § 64 Abs. 2 VStG 10 Euro. Aufgrund der Einstellung des Verwaltungsstraf-verfahrens zu Punkt 2) entfällt gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG bzw. § 66 Abs. 1 VStG die Verpflichtung des Bf zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des behördlichen und des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens
Zu V.
Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu Übertretungen des KFG, insbesondere zu der Bestimmung des § 102 Abs. 1, ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
H i n w e i s
Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Gottfried Z ö b l