LVwG-600937/14/KLi

Linz, 19.01.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Dr. Lidauer über die Beschwerde vom 17. Juni 2015 des C V,
geb. x 1961, M vertreten durch Dr. J P gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 18. Mai 2015,
GZ: VerkR96-69308-2012,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.          Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. Dem Beschwerdeführer (Bf) wurde mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 18.5.2015, GZ: VerkR96-69308-2012 zur Last gelegt, er habe am 5.9.2012 um 05:14 Uhr in Traun, Kremstalerstraße, Höhe Schloss Traun in Fahrtrichtung stadteinwärts, das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen x gelenkt und dabei die durch Zonenbeschränkung in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h um 41 km/h überschritten.

 

Der Bf habe daher § 20 Abs 1 iVm § 52 lit a Z 11a StVO 1960 verletzt, weshalb über ihn gem § 99 Abs 2e StVO 1960 iVm § 20 VStG eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 70,00, falls diese uneinbringlich ist, eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 24 Stunden, verhängt wurde.

 

Der Bf erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schreiben vom 17.6.2015 rechtzeitig Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich.

 

II. Beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich sind Bedenken hinsichtlich der Gesetzmäßigkeit der Verordnung des Gemeinderates der Stadt Traun vom 26.5.2008, GZ: PA 1114/482/08, welche der dem Bf angelasteten Verwaltungsstraftat zugrunde liegt, entstanden.

 

Mit Antrag vom 15.7.2015 begehrte das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich daher beim Verfassungsgerichtshof, die genannte Verordnung als gesetzwidrig aufzuheben.

 

III. Mit Erkenntnis vom 19.11.2015, GZ: V 54/2015-7. V 104/2015-8,
V 107/2015-7, V 112-113/2015-8, V 119-120/2015-8, hob der Verfassungsgerichtshof die Verordnung des Gemeinderats der Stadt Traun vom 26.5.2008, GZ: PA 1114/482/08, als gesetzwidrig auf und sprach aus, dass die Aufhebung mit 30.6.2016 in Kraft tritt.

 

IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

a) Die einschlägige Bestimmung der Straßenverkehrsordnung 1960 - StVO 1960 lautet in der im Tatzeitpunkt geltenden Fassung:

 

 „§ 20. Fahrgeschwindigkeit.

(1) …

(2) Sofern die Behörde nicht gemäß § 43 eine geringere Höchstgeschwindigkeit erläßt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, darf der Lenker eines Fahrzeuges im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h, auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h und auf den übrigen Freilandstraßen nicht schneller als 100 km/h fahren.“

 

b) Im ggst. Fall wurde dem Bf vorgeworfen, die durch Zonenbeschränkung, d.h. durch die Verordnung des Gemeinderats der Stadt Traun vom 26.5.2008, GZ: PA 1114/482/08, im tatörtlichen Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h um 41 km/h überschritten zu haben.

 

Wie oben dargelegt, wurde die in Rede stehende Verordnung mit Wirkung vom 30.6.2016 vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben. Gemäß Art 139 Abs 7 letzter Satz B-VG ist die Verordnung auf alle bis zum Ablauf dieser Frist verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles anzuwenden. Da es sich bei der hier verfahrensgegenständlichen Rechtssache um einen Anlassfall handelt und die Aufhebung des Verfassungsgerichthofes damit ex post wirkt, ist davon auszugehen, dass im dem Bf vorgeworfenen Tatzeitpunkt die in Rede stehende Verordnung keine Wirkung entfaltet.

 

Maßgeblich für die Beurteilung der Verwaltungsstrafsache ist daher einzig § 20 Abs 2 StVO 1960. Demzufolge „darf der Lenker eines Fahrzeuges im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h“ fahren. Im Hinblick auf die vorgeworfene Übertretung ist das Straferkenntnis aufzuheben. Der Bf hat – dem Tatvorwurf zufolge – sein Fahrzeug mit einer Geschwindigkeit von 71 km/h gelenkt. Eine Übertretung der genannten Bestimmung ist daher zwar gegeben, jedoch nicht um 41 km/h, sondern lediglich um 21 km/h. Hinsichtlich dieses Tatvorwurfes ist Verjährung eingetreten.

 

c) Das angefochtene Straferkenntnis ist vor diesem Hintergrund ersatzlos zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen.

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

Die ordentliche Revision ist ferner deshalb unzulässig, da über die Auslegung der Bestimmung, auf welche sich die Abweisung stützt (§ 20 Abs 2 StVO 1960), vernünftigerweise keine Zweifel bestehen können und die Frage, ob das in Rede stehende Verhalten des Bf unter die genannten Bestimmung zu subsumieren ist, nicht der Verallgemeinerung zugänglich ist.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

Dr. Lidauer