LVwG-300757/4/Kl/PP
Linz, 26.01.2016
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Ilse Klempt über die Beschwerde des Herrn D T, S, vertreten durch Dr. R G, Mag. R V, Dr. M S, x, K/, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 21. Mai 2015, SV96-116-2014, wegen einer Übertretung nach dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz ‒ AVRAG
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insofern stattgegeben, als der Tatvorwurf zum 09.10.2014 betreffend S C zu entfallen hat, der Tatvorwurf im Einleitungssatz nach der Wortfolge „verantwortliches Organ“ um die Wortfolge „ , nämlich handelsrechtlicher Geschäfts-führer“ zu ergänzen ist und die verhängte Geldstrafe auf 7.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit die Ersatzfreiheitsstrafe auf 10 Tage herabgesetzt wird.
II. Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG auf 700 Euro, das sind 10 % der verhängten Geldstrafe. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Kostenbeitrag zum Beschwerdeverfahren zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 21.05.2015, SV96-116-2014, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von 10.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 336 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 7i Abs. 2 iVm § 7d Abs. 1 Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz ‒ AVRAG, verhängt, weil er als zur Vertretung nach außen berufenes gemäß § 9 Abs. 1 VStG verantwortliches Organ der R V d.o.o. mit Sitz in x, P, S, als Arbeitgeber zu verantworten hat, dass den
Kontrolle am Donnerstag, 09.10.2014:
Hingegen ist nach der Anzeige erwiesen, dass bei der weiteren Kontrolle am 09.10.2014 21 Lohnzettel vorgewiesen werden konnten, also auch für den am 09.10.2014 auf der Baustelle neu (verspätet) aufscheinenden Arbeitnehmer S C als 21. Arbeitnehmer. Lohnauszahlungsbelege oder Arbeitsverträge in deutscher Sprache waren für die 21 Arbeitnehmer nicht aufliegend. Es war daher am 09.10.2014 für den Arbeitnehmer C der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung, dass Unterlagen zur Überprüfung des nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts nicht bereitgehalten wurden, nicht erfüllt, zumal eben ein Lohnzettel vorhanden war. Da die Bestimmung des § 7d AVRAG zum Tatzeitpunkt nicht genau angibt welche Lohnunterlagen, ist das Vorliegen des Lohnzettels wohl ausreichend bzw. wird der nicht näher bezeichneten Verpflichtung nach § 7d AVRAG nachgekommen. Dass hingegen für diesen Arbeitnehmer am 09.10.2014 z.B. ZKO-Entsendemeldung und Sozialversicherungsdokument A1 fehlte, ist nicht Gegenstand des Tatvorwurfes nach § 7d iVm § 7i AVRAG. Es musste daher dieser Teil des Tatvorwurfes entfallen.
5.3. Im Hinblick auf das Verschulden ist auf § 5 Abs. 1 VStG hinzuweisen, wobei bei Ungehorsamsdelikten, zu denen auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung zählt, bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit iSd zitierten Bestimmung ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Beschuldigten kein Entlastungsnachweis erbracht wird. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Beschwerdeführer ja initiativ alles darzulegen, was für eine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die Glaubhaftmachung nicht aus.
Ein entsprechendes Vorbringen zum Verschulden fehlt der Beschwerde. Es war daher zumindest von fahrlässiger Tatbegehung auszugehen.
5.4. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG idF BGBl. I Nr. 33/2013, in Geltung ab 01.07.2013, sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Im ordentlichen Verfahren (§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.
Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.
Die belangte Behörde ist bei der Strafbemessung hinsichtlich der persönlichen Verhältnisse von durchschnittlichen Verhältnissen ausgegangen. Erschwerend hat sie die hohe Anzahl der Arbeitnehmer gewertet, mildernd hat sie keinen Umstand gewertet. Aufgrund der einschlägigen rechtskräftigen Vorstrafe nach § 7i Abs. 2 AVRAG gegen den Beschuldigten war vom Strafrahmen im Wiederholungsfall also von 1.000 Euro bis 10.000 Euro auszugehen.
Diesen Umständen wurde auch in der Beschwerde kein Vorbringen entgegengesetzt, weshalb sie anwendbar sind. Im Grunde der Tateinschränkung musste aber mit einer Strafherabsetzung vorgegangen werden. Im Übrigen rechtfertigt auch die erstmalige Wiederholung zwar den erhöhten Strafrahmen, nicht jedoch, dass in diesem Strafrahmen sogleich beim ersten Wiederholungstatbestand die Höchststrafe von 10.000 Euro verhängt wird. Rechtsrichtig hat die belangte Behörde auf die schwere Verletzung des geschützten Rechtsgutes hingewiesen, nämlich dass hinsichtlich 20 Arbeitnehmern die Lohnunterlagen nicht vorlagen. Dies war daher bei der Strafbemessung insofern zu berücksichtigen, als eine innerhalb des Strafrahmens höhere Strafe zu verhängen war. Mit der nunmehr festgesetzten Geldstrafe kann aber auch im Hinblick auf die von der belangten Behörde geschätzten und zugrunde gelegten durchschnittlichen persönlichen Vermögens- und Einkommensverhältnisse das Auslangen gefunden werden. Entsprechend der verhängten Geldstrafe war auch die Ersatzfreiheitsstrafe gemäß § 16 VStG herabzusetzen.
Im Hinblick darauf, dass Milderungsgründe nicht vorliegen, war mit einer außerordentlichen Milderung gemäß § 20 VStG nicht vorzugehen. Auch lagen nicht die Voraussetzungen für den Einstellungsgrund gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG vor, zumal nicht von geringfügigem Verschulden des Beschwerdeführers auszugehen war. Es war daher auch nicht mit Ermahnung vorzugehen.
6. Weil die Beschwerde zumindest teilweise Erfolg hatte, entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Beschwerdeverfahren gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG.
Im Grunde der Strafherabsetzung war auch der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz auf 700 Euro, das sind 10 % der verhängten Geldstrafe, gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG herabzusetzen.
7. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
H i n w e i s
Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. Ilse Klempt