LVwG-350158/2/Py

Linz, 04.02.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr.in Andrea Panny über die Beschwerde des Landes S gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 14. April 2014, (richtig: 17. Februar 2015), GZ: SO-139582/8-2014-Pf, betreffend Entscheidung nach Art. 7 der Ländervereinbarung über den Kostenersatz in Angelegenheiten der Sozialhilfe  

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben und ausgesprochen, dass der Sozialhilfeverband V verpflichtet ist, dem Land S die tatsächlich aufgewendeten Kosten für die bedarfsorientierte Mindestsicherung, welche Herrn N A erstmalig mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt S vom 19. April 2013, GZ: 3/01-BMS/ 13974103/2/2013/1-2013, zuerkannt wurde, nach Maßgabe der Ländervereinbarung über den Kostenersatz in Angelegenheiten der Sozialhilfe, LGBl. Nr. 83/1973, zu ersetzen.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Bescheid vom 17. Februar 2015 - in der Ausfertigung fälschlich datiert mit 14. April 2014 - GZ: So-130582/6-2014-Pf, hat die Oö. Landesregierung über den am 17. September 2013, GZ: 42870/7-2013, vom Land S gestellten Antrag auf Entscheidung gemäß Art. 7 der Vereinbarung über den Kostenersatz in Angelegenheiten der Sozialhilfe ausgesprochen, dass der Sozialhilfeverband V nicht verpflichtet ist, dem Land S die gewährte bedarfsorientierte Mindestsicherung, welche Herrn N A erstmalig mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt S vom 19. April 2013, GZ: 3/01-BMS/13974103/2/2013/1-2013, zuerkannt wurde, zu ersetzen.

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe der Rechtsgrundlagen sowie des Verfahrensganges zusammengefasst aus, dass sich die vom Land S bei der Antragstellung zitierte Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes auf die Rechtslage vor der Verordnung der
Oö. Landesregierung vom 30. Dezember 2009, mit der die Verordnung zur Ländervereinbarung über den Kostenersatz in Angelegenheiten der Sozialhilfe geändert wurde, bezog. Die Verordnung der Oö. Landesregierung vom
3. November 1975 über den Beitritt des Bundeslandes S zur Vereinbarung über den Kostenersatz in Angelegenheiten der Sozialhilfe zwischen den Sozialhilfeträgern O und den Sozialhilfeträgern der Länder T und V in der Fassung vom 30.12.2009, LGBl. Nr. 129/2009 bestimmt jedoch in § 2 Abs. 2, dass Anspruch auf Kostenersatz nur dann besteht, wenn auch bei einer Antragstellung in O dieselbe Leistung zumindest dem Grund nach zuerkannt worden wäre und der der Leistung zugrundeliegende Bedarf nach dem Oö. Sozialhilfegesetz 1998 mit Rechtsanspruch versehen ist. Im Oö. Mindestsicherungsgesetz (Oö. BMSG) existiert keine Regelung, nach der Schulden oder Alimentationszahlungen der Berechnung der bedarfsorientierten Mindestsicherung zugrunde zu legen sind. Bei einer Antragstellung in O ist nach dem Oö. Mindestsicherungsgesetz lediglich das Einkommen der Berechnung zugrunde zu legen. Es wäre bei einer Antragstellung in O Herrn N keine Leistung zuzuerkennen, da sein Einkommen die in der Oö. Mindestsicherungsverordnung (Oö. BMSV) festgelegten Mindeststandards für alleinstehende oder alleinerziehende Personen überstiegen hat. Der Sozialhilfeverband V ist daher nicht kostenersatzpflichtig.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig erhobene Beschwerde des Landes S vom 16. März 2015, GZ: 20301-L/42870/15-2015. Darin wird begründend vorgebracht, dass unbestritten feststeht, dass Herr N vom 20. November 2003 bis 2. April 2013 in Z, x, behördlich gemeldet war und seit 2. April 2013 seinen Hauptwohnsitz in S, x hat. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt S vom
19. April 2013, GZ: 3/01-BMS/130974103/2-2013, wurde Herrn N für den Zeitraum 1. April bis 20. April 2013 keine und für den Zeitraum vom 1. Mai bis 31. Mai 2013 erstmalig bedarfsorientierte Mindestsicherung nach dem S Mindestsicherungsgesetz als Pflichtleistung zuerkannt, wobei bei der Einkommensberechnung die aufgrund seiner Unterhaltsverpflichtung gegenüber seinen minderjährigen Kindern zu leistenden Zahlungen gemäß § 6 Abs. 3 Sbg MSG einkommensmindernd zu berücksichtigen waren. Weiters wurde Herrn N für den Zeitraum 1. Mai bis 31. Mai 2013 erstmalig eine ergänzende Wohnbedarfshilfe gemäß § 11 Sbg MSG gewährt.

 

Aufgrund der mit Schreiben vom 12. Juli 2013 und vom 12. August 2013,
GZ: P-707665-A erfolgten Ablehnung der daraufhin vom Land S beantragten Kostentragung durch den Sozialhilfeverband V, wurde vom Land S mit Schreiben vom 17. März 2013 ein Antrag auf Entscheidung gem. Art. 7 der Vereinbarung über den Kostenersatz in Angelegenheiten der Sozialhilfe gestellt, der mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid der Oö. Landesregierung ablehnend entschieden wurde.

Auch wenn sich der gegenständliche Sachverhalt nach Inkrafttreten der Kostenersatzänderungsverordnung ergeben hat, so ist der angefochtene Bescheid dennoch mit Rechtswidrigkeit behaftet, da in § 2 Abs. 2 Kostenersatz-Änderungs-Verordnung normiert ist, dass ein Anspruch auf Kostenersatz nur dann besteht, wenn auch bei einer Antragstellung in O dieselbe Leistung zumindest dem Grunde nach zuerkannt worden wäre und der der Leistung zugrundeliegende Bedarf nach dem Oö. Sozialhilfegesetz 1998 mit Rechtsanspruch versehen ist. Die gewährte Hilfe ist unzweifelhaft auch im Leistungskatalog des Landes O mit Rechtsanspruch versehen und ist nicht erkennbar, weswegen nunmehr nicht mehr lediglich zu prüfen wäre, ob die vom Bürgermeister der Stadt S gewährte Hilfe im Oö. SHG 1998 „der Art nach“ enthalten ist, legt doch die Formulierung („... dem Grunde nach“) vielmehr den Schluss nahe, dass von der belangten Behörde – auch weiterhin – nur abstrakt zu prüfen ist, ob die in S gewährte Hilfe auch im Oö. SHG 1998 mit Rechtsanspruch versehen ist, und nicht, ob im konkreten Fall Herr N auch in O tatsächlich Leistungen der bedarfsorientierten Mindest­sicherung gewährt worden wären. Zudem nominiert sowohl die Bestimmung des § 53 Abs. 1 Ser Sozialhilfegesetz als auch die spiegelbildliche Bestimmung des § 62 Oö. SHG 1998, das ein Kostenersatz durch das jeweilige Land für die Träger der Sozialhilfe anderer Länder nur dann zu leisten ist, wenn hierüber eine Vereinbarung gem. Art. 15a B-VG besteht und „Gegenseitigkeit gewährleistet ist“. Da die Gegenseitigkeit weiterhin nur im Hinblick auf eine abstrakte Prüfung gegeben ist, ist die Vornahme einer konkreten Prüfung zum vom Kostenersatz verpflichteten Land O, wonach ein Anspruch auf Kostenersatz „nur dann“ besteht, wenn auch bei einer Antragstellung in O dieselbe Leistung tatsächlich zuerkannt worden wäre, unzulässig. Die beschwerde­führende Partei geht daher zu Recht davon aus, dass die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes weiterhin anzuwenden ist. Die Hilfe wurde Herrn N nach den Bestimmungen des S Mindestsicherungsgesetzes zu Recht gewährt, sodass der geltend gemachte Ersatzanspruch sehr wohl besteht, weshalb der Antrag gestellt wird, das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich möge der Beschwerde stattgeben und die endgültige Kosten­tragungspflicht des Landes O feststellen.

 

3. Mit Schreiben vom 19. Mai 2015 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt bezughabenden Verwaltungsakt dem Oö. Landesver­waltungsgericht vor, das gemäß § 2 VwGVG zur Entscheidung durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin berufen ist.

 

4. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Akten­einsicht. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gem. § 24 Abs. 2 VwGVG entfallen, da im gegenständlichen Verfahren ausschließlich eine Rechtsfrage zu beurteilen ist und eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtsache nicht erwarten lässt.

 

4.1. Das Oö. Landesverwaltungsgericht geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Herr A N, geb. x, war in der Zeit von 20. November 2003 bis 2. April 2013 an der Adresse x, Z im Bezirk V in O und ab 2. April 2013 in x, x, S, wohnhaft.

 

Am 10. April 2013 beantragte Herr N beim Magistrat der Stadt S bedarfsorientierte Mindestsicherung. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt S vom 19. April 2013, GZ: 3/01-BMS/130974103-2013, wurde Herrn N für den Zeitraum vom 1. April bis 20. April 2013 keine und für den Zeitraum vom 1. Mai bis 31. Mai 2013 erstmalige bedarfsorientierte Mindest­sicherung nach dem S Mindestsicherungsgesetz als Pflichtleistung zuerkannt, wobei die von ihm gegenüber seinen beiden minderjährigen Kindern zu zahlenden Unterhaltsleistungen in Höhe von 290 sowie 150 Euro, insgesamt somit 440 Euro, bei der Berechnung gemäß § 6 Abs. 3 Sbg MSG einkommensmindernd berücksichtigt wurden. Weiters wurde Herrn N für den Zeitraum vom 1. Mai bis 31. Mai 2013 erstmalig eine ergänzende Wohnbedarfsbeihilfe gemäß § 11 SbgMSG in Höhe von 181,27 Euro gewährt.

 

Mit Schreiben vom 14. Juni 2013 wandte sich das Land S an den Sozialhilfeverband V mit der Mitteilung, dass Herrn N, der sich während der letzten (fristrelevanten) 6 Monate vor Gewährung zumindest für 5 Monate im Zuständigkeitsbereich des SHV V unter der Wohnadresse x, Z, aufgehalten hat, seit 1. Mai 2013 bedarfsorientierte Mindestsicherung gewährt wird. Gemäß Art. 6 der Vereinbarung über den Kostenersatz in den Angelegenheiten der Sozialhilfe der wird daher der Erstattungsanspruch angemeldet und gleichzeitig ersucht, innerhalb 8 Wochen die Kostenerstattungspflicht anzuerkennen, allenfalls gewünschte Verrechnungsmodalitäten anzuführen oder im Fall der Ablehnung die Gründe bekannt zu geben.

 

Mit Schreiben vom 12. Juli 2013 teilte der Sozialhilfeverband V dazu mit, dass die endgültige Kostentragungspflicht nicht anerkannt wird, da die Beurteilung nach dem Oö. BMSG erfolgen muss und laut dem beiliegendem Berechnungsblatt bei Herrn A N kein Leistungsanspruch nach dem Oö. BMSG besteht.

 

Mit Schreiben vom 5. August 2013 wandte sich das Land S neuerlich an den Sozialhilfeverband V mit dem Hinweis, dass die Rechtmäßigkeit des Leistungsanspruchs nicht nach den Vorschriften des Oberösterreichischen Mindestsicherungsgesetzes zu beurteilen sei, sondern nach dem Sozialhilfegesetz jenes Bundeslandes, nach dem die Leistung tatsächlich gewährt wurde, weshalb der Erstattungsanspruch in der Höhe der aufgewendeten Kosten neuerlich angemeldet wird.

 

Mit Schreiben vom 12. August 2013, GZ: P-707665-A, teilte der Sozialhilfe­verband V dem Land S mit, dass die endgültige Kostentragungspflicht hinsichtlich der Aufwendung für Herrn A N vom Sozialhilfeverband V unter Hinweis auf die Verordnung der Oö. Landesregierung, mit der die Verordnung zur Ländervereinbarung über den Kostenersatz in Angelegenheiten der Sozialhilfe geändert wurde, LGBl. Nr. 129/2009, nicht anerkannt wird, da Anspruch auf Kostenersatz nur dann besteht, wenn auch bei einer Antragstellung in O dieselbe Leistung zumindest dem Grunde nach zuerkannt worden wäre und der der Leistung zugrundeliegende Bedarf nach dem Oö. Mindestsicherungsgesetz mit Rechts­anspruch versehen ist.

 

Mit Schreiben vom 17. September 2013, GZ: 20301-L/42870/7-2013, stellte daraufhin das Land S bei der Oö. Landesregierung einen Antrag auf Entscheidung gemäß Art. 7 der Ländervereinbarung über den Kostenersatz in Angelegenheiten der Sozialhilfe, der mit dem gegenständlichen Bescheid vom
17. Februar 2015, auf der Reinschrift irrtümlich mit 14. April 2014 datiert, dahingehend entschieden wurde, dass der Sozialhilfeverband V nicht verpflichtet ist dem Land S die gewährte bedarfsorientierte Mindest­sicherung für Herrn A N zu ersetzen.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt und ist in dieser Form unbestritten.

 

5. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

5.1. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Rechtsvorschriften lauten:

 

Landesgesetz über die soziale Hilfe in Oberösterreich (Oö. Sozial-hilfegesetz 1998 – Oö. SHG 1998), LGBl. Nr. 82/1998 idF LGBl. Nr. 74/2011:

 

„§ 62

Vereinbarungen mit anderen Bundesländern  

 

(1) In Vereinbarungen mit anderen Bundesländern kann gemäß Art. 56 Abs. 2
L-VG 1991 für den Fall Vorsorge getroffen werden, dass Hilfeempfänger, denen

1.   nach den Rechtsvorschriften eines anderen Bundeslandes Hilfe wegen eines Bedarfs geleistet wird, auf dessen Deckung nach diesem Landesgesetz ein Rechtsanspruch besteht, und

2.   nach den landesrechtlichen Vorschriften über die Jugendwohlfahrtspflege oder nach dem Geschlechtskrankheitengesetz, StGBl. Nr. 152/1945, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 98/2001, Leistungen erbracht wurden,

während einer in der Vereinbarung zu bestimmenden Frist von der Leistung dieser Hilfe ihren Hauptwohnsitz (Aufenthalt) in O hatten. Hiebei kann festgelegt werden, dass die Träger sozialer Hilfe entweder Kostenersatz in der Höhe der tatsächlichen Kosten der Hilfeleistung im anderen Bundesland oder aber Ersatz der Kosten zu leisten haben, die angefallen wären, wenn soziale Hilfe nach den Bestimmungen dieses Landesgesetzes geleistet worden wäre. Gegenseitigkeit muss gewährleistet sein.“

 

Vereinbarung zwischen den Ländern O, T und V über den Kostenersatz in den Angelegenheiten der Sozialhilfe, Anlage zur Verordnung der Oberösterreichischen Landesregierung vom 17. Dezember 1973, LGBl. Nr. 83/1973 (Ländervereinbarung):

 

Art. 1

Allgemeines

 

Die Träger der Sozialhilfe eines Vertragslandes – im Folgenden als Träger bezeichnet – sind verpflichtet, den Trägern eines anderen Vertragslandes die für Sozialhilfe aufgewendeten Kosten nach den Maßgaben der folgenden Bestimmungen zu ersetzen:

Art. 2

Kosten der Sozialhilfe

 

Zu den Kosten der Sozialhilfe gehören die Kosten, die einem Träger für einen Hilfesuchenden

a)   nach den landesrechtlichen Vorschriften über die Sozialhilfe oder

b)   nach den landesrechtlichen Vorschriften über die Jugendwohlfahrtspflege und nach dem Geschlechtskrankheitengesetz, STGBl. Nr. 152/1945, in der Fassung BGBl. Nr. 54/1946 erwachsen.

 

Art. 3

Zuständigkeit

 

(1) Soweit in den folgenden Absätzen nichts anderes bestimmt ist, ist jener Träger zum Kostenersatz verpflichtet, in dessen Bereich sich der Hilfesuchende während der letzten sechs Monate vor Gewährung der Hilfe mindestens durch fünf Monate aufgehalten hat und der nach den für ihn geltenden landesrechtlichen Vorschriften die Kosten für Leistungen, wie sie dem Kostenanspruch zugrunde liegen, zu tragen hat.

 

(2) ...

 

...

 

Art. 5

Umfang der Kostenersatzpflicht

 

(1) Der zum Kostenersatz verpflichtete Träger hat, soweit im Abs. 2 nichts anderes bestimmt ist, alle einem Träger im Sinne des Art. 2 erwachsenden Kosten zu ersetzen.

 

(2) Nicht zu ersetzen sind:

...

c)   die Kosten für Leistungen, die in den für den verpflichteten Träger geltenden Vorschriften in der Art nicht vorgesehen sind;

...

 

Art. 7

Streitfälle, Verfahren

 

Über die Verpflichtung zum Kostenersatz hat im Streitfall die Landesregierung, in deren Bereich der zum Kostenersatz angesprochene Träger liegt, im Verwaltungsweg zu entscheiden.“

 

Verordnung der Oberösterreichischen Landesregierung vom 3. November 1975 über den Beitritt des Bundeslandes S zur Vereinbarung über den Kostenersatz in Angelegenheiten der Sozialhilfe zwischen den Sozialhilfeträgern O und den Sozialhilfe­trägern der Länder T und V, LGBl. Nr. 64/1975 idF LGBl. Nr. 129/2009:

 

„§ 1

 

Das Bundesland S ist gemäß Art. 9 der Vereinbarung zwischen den Ländern O, T und V über den Kostenersatz in den Angelegenheiten der Sozialhilfe (Anlage zur Verordnung der Oö. Landes­regierung, LGBl. Nr. 83/1973) dieser Vereinbarung beigetreten. Der Beitritt wurde am 16. Mai 1975 erklärt.

 

§ 2

 

(1) Die Träger der Sozialhilfe sind verpflichtet, dem Bundesland S als Sozialhilfeträger die für Sozialhilfe aufgewendeten Kosten nach Maßgabe der Vereinbarung zwischen den Ländern O, T und V vom 17. Dezember 1973 über den Kostenersatz in Angelegenheiten der Sozialhilfe zu ersetzen.

 

(2) Anspruch auf Kostenersatz besteht jedoch nur dann, wenn auch bei einer Antragstellung in O dieselbe Leistung zumindest dem Grunde nach zuerkannt worden wäre und der der Leistung zugrundeliegende Bedarf nach dem Oö. Sozialhilfegesetz 1998 mit Rechtsanspruch versehen ist.“

 

Oö. Mindestsicherungsgesetz – Oö. BMSG, LGBl. Nr. 74/2011 idF LGBl.
Nr. 18/2013:

 

„§ 6

Soziale Notlage

 

(1) Eine soziale Notlage liegt bei Personen vor,

1. die ihren eigenen Lebensunterhalt und Wohnbedarf oder

2. den Lebensunterhalt und Wohnbedarf von Unterhaltsberechtigten Angehörigen, die mit ihnen in Haushaltsgemeinschaft leben,

nicht decken oder im Zusammenhang damit den erforderlichen Schutz bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung nicht gewährleisten können.

(2) Der Lebensunterhalt im Sinn des Abs. 1 umfasst den Aufwand für die regelmäßig wiederkehrenden Bedürfnisse zur Führung eines menschenwürdigen Lebens, insbesondere für Nahrung, Bekleidung, Körperpflege, Hausrat, Beheizung und Strom sowie andere persönliche Bedürfnisse, wie die ange­messene soziale und kulturelle Teilhabe.

 

(3) Der Wohnbedarf nach Abs. 1 umfasst den für die Gewährleistung einer angemessenen Wohnsituation erforderlichen regelmäßig wiederkehrenden Aufwand für Miete, allgemeine Betriebskosten und Abgaben.

...

 

§ 12

Einteilung und Gegenstand der Leistungen

...

 

(2) Leistungen der bedarfsorientierten Mindestsicherung mit Rechtsanspruch sind:

1. Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und den Wohnbedarfs;

...

 

§ 46

Vereinbarungen mit anderen Bundesländern

§ 62 Oö. Sozialhilfegesetz 1998 gilt sinngemäß.

 

...“

 

S Mindestsicherungsgesetz – MSG, LGBl. Nr. 63/2013 idF LGBl. Nr. 57/2012:

 

„Ziel und Aufgabe der bedarfsorientierten Mindestsicherung

§ 1

...

 

(2) Die bedarfsorientierte Mindestsicherung hat allen Personen, die sich im Land S aufhalten und zum dauernden Aufenthalt im Inland berechtigt sind, die Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs sowie den Erhalt der bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung erforderlichen Leistungen zu gewährleisten.

...

 

Grundsätze

§ 2

 

(1) Auf Leistungen der bedarfsorientierten Mindestsicherung besteht ein Rechtsanspruch, soweit im dritten Abschnitt nicht anderes bestimmt ist; auf die Zusatzleistungen nach dem 4. Abschnitt besteht kein solcher Anspruch.

...

Begriffsbestimmungen

§ 3

 

Im Sinn dieses Gesetzes bedeuten die Begriffe:

 

...

 

5. Lebensunterhalt: Der regelmäßig wiederkehrende Aufwand für Nahrung, Bekleidung, Körperpflege, Hausrat, Heizung und Strom sowie für andere persönliche Bedürfnisse wie eine angemessene soziale und kulturelle Teilhabe;

 

6. Wohnbedarf: Der für die Gewährleistung einer angemessenen Wohnsituation erforderliche regelmäßig wiederkehrende Aufwand für

a) Miete oder Tilgung und Verzinsung von zur Finanzierung des Erwerbs oder der Errichtung des Eigenheims aufgenommener Hypothekar­darlehen,

b) allgemeine Betriebskosten und

c) Abgaben;

...

 

Einsatz des Einkommens

§ 6

 

(1) Bei der Bemessung von Leistungen der bedarfsorientierten Mindestsicherung ist das Einkommen der Hilfesuchenden nach Maßgabe der folgenden Absätze zu berücksichtigen. Zum Einkommen zählen alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert sowie eine allfällig gewährte (erweiterte) Wohnbeihilfe gemäß dem Ser Wohnbauförderungsgesetzen.

 

...

 

(3) Aufgrund einer Unterhaltsverpflichtung zu leistende Zahlungen sind bei der Bemessung des Einkommens der Hilfesuchenden Person bis zur Grenze des Unterhaltsexistenzminimums gemäß § 291 b EO in Abzug zu bringen.“

 

 

5.2. Zunächst ist unbestritten, dass sich Herr A N in den letzten sechs Monaten vor Gewährung der Hilfe nach dem S Mindestsicherungs­gesetz – MSG mindestens fünf Monate durch im Bereich des Sozialhilfeverbandes V aufgehalten hat. Die Voraussetzungen des Art. 3 Abs. 1 der Ländervereinbarung über den Kostenersatz in Angelegenheiten der Sozialhilfe liegen daher vor. Unbestritten blieb auch, dass die Herrn N gewährte Hilfe nach den Bestimmungen des MSG zu Recht erfolgte.

Die belangte Behörde begründet ihre Entscheidung, wonach der Sozial­hilfeverband V nicht verpflichtet ist dem Land S die Herrn A N erstmals mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt S vom 19. April 2013 gewährte bedarfsorientierte Mindestsicherung zu ersetzen, jedoch damit, dass durch die Neuformulierung des § 2 Abs. 2 der Kostenersatz-Verordnung (idF LGBl. Nr. 129/2009) eine Änderung der maßgeblichen Rechtslage eingetreten ist und die bisherige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht zur Anwendung gelangt. Da im Oö. BMSG keine Regelung existiert, nach der Schulden oder – wie gegenständlich – Alimentationszahlungen der Berechnung der bedarfsorientierten Mindest­sicherung zugrunde zu legen sind und Herrn N keine Leistung zuzuerkennen gewesen wäre, da sein Einkommen die in der Oö. Mindest­sicherungsverordnung festgelegten Mindeststandards für alleinstehende oder alleinziehende Personen überstiegen hat, sei der Sozialhilfeverband V nicht kostenersatzpflichtig.

 

Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof mit Entscheidung vom 30. September 2015, Zl. 2012/10/0071, in einem gemäß § 12 Abs. 2 Z 1 VwGG gebildeten Senat auch zur nunmehrigen Rechtslage ausge-sprochen hat, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Frage der Kostenersatzpflicht nach der erwähnten Ländervereinbarung abstrakt auf den jeweiligen Leistungstypus abzustellen ist bzw. es nicht auf das Vorliegen eines konkreten Leistungsanspruchs nach den gesetzlichen Bestimmungen des zum Kostenersatz verpflichteten Landes ankommt (vgl. VwGH vom 27.11.2012, Zl. 2009/10/0169, mwN) und der Verwaltungs-gerichtshof keine Veranlassung sieht, von dieser Rechtsprechung abzugehen.

 

Es ist unbestritten, dass die vom Träger der Sozialhilfe in dem um Kostenersatz ansuchenden Bundesland gewährte Hilfe auch im Leistungskatalog mit Rechtsanspruch nach dem Oö. BMSG des Bundeslandes O „der Art nach“ enthalten ist. Die Prüfung der Rechtmäßigkeit des Landesanspruches hat aber in weiterer Folge nicht nach den Vorschriften des Oö. BMSG zu erfolgen, sondern nach den landesrechtlichen Vorschriften jenes Bundeslandes, von dem die Hilfe für den Lebensunterhalt und den Wohnbedarf tatsächlich gewährt wird (vgl. VwGH v. 28. Mai 2013, Zl. 2010/10/0189, vom 13. November 2007, Zl. 2005/10/0100). Diesbezüglich blieb im Verfahren auch unbestritten, dass gemäß § 6 Abs. 3 MSG die Unterhaltszahlungen des Herrn N bei der Bemessung der Leistung der bedarfsorientierten Mindestsicherung zu berücksichtigen war.

 

Da sich Herr N während der letzten sechs Monate vor Gewährung der bedarfsorientierten Mindestsicherung durch fünf Monate im Bereich des Sozialhilfeverbandes V aufgehalten und jene Hilfe, die ihm in S gewährt wurde auch im Leistungskatalog mit Rechtsanspruch nach dem Oö. BMSG enthalten ist und die ihm gewährte Hilfe nach dem MSG zu Recht zuerkannt wurde, war dem Antrag vom 14. Juni 2013 des Landes S auf Kostenersatz in Angelegenheiten der Sozialhilfe Folge zu geben und ist der Sozialhilfeverbandes V zum Ersatz der tatsächlich aufgewendeten Kosten der Herrn A N gewährten Hilfe für den Lebensunterhalt und den Wohnbedarf nach Maßgabe der Ländervereinbarung verpflichtet.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

II. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr.in Andrea Panny