LVwG-410956/9/KH/AM
Linz, 21.01.2016
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Katja Hörzing über die Beschwerde der G s.r.o., X, G, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. F M, W, X, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 29. Juli 2015, Zl. Pol96-89-2014, betreffend eine Einziehung nach dem Glücksspielgesetz,
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen (im Folgenden: belangte Behörde) vom 29. Juli 2015, Zl. Pol96-89-2014, wurde die Einziehung des mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen, Pol96-89-2014, vom 18. Dezember 2014 gemäß § 53 Abs 1 Z 1 lit a GSpG beschlagnahmten elektronischen Glücksspielgeräts „Internetvideospielgerät der Type ‚A-T3‘, Gehäusebezeichnung ‚Kajot‘“, Serien-Nr. XXX, mit den Versiegelungsplaketten Nr. A052847 – A052852, mit dem in der Zeit vom 7. Jänner 2014 bis 5. November 2014 im Lokal „T“ in N, M, Glücksspiele in Form von verbotenen Ausspielungen, an denen vom Inland aus teilgenommen werden konnte, veranstaltet wurden und das im Eigentum der G s.r.o. (im Folgenden: Beschwerdeführerin - Bf) steht, angeordnet.
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass das durchgeführte und rechtskräftig abgeschlossene Strafverfahren nach dem GSpG ergeben habe, dass mit dem vorgenannten Glücksspielgerät gegen § 52 Abs. 1 Z. 1 viertes Tatbild GSpG verstoßen wurde und der Verstoß nicht geringfügig war.
I.2. Gegen diesen Bescheid hat die Bf rechtzeitig Beschwerde erhoben, mit der beantragt wird, den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben und das Beschlagnahmeverfahren (gemeint wohl das Einziehungsverfahren) einzustellen.
Die Beschwerde ist wie folgt begründet:
„A.) Sachverhalt (Zusammenfassung): Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Beschlagnahme des Auftragsterminals mit der Seriennummer xxx angeordnet. B.) Rechtzeitigkeit: Es wird ausgeführt, dass sich die eingebrachte Beschwerde gegen einen Bescheid der BH Grieskirchen vom 29.07.2015 richtet. Die Frist zur Erhebung der Beschwerde läuft noch bis 26.08.2015. Daher ist die gegenständliche Beschwerde jedenfalls als rechtzeitig anzusehen. C.) Beschwerdebegründung / Anfechtungserklärung: Der bezeichnete Bescheid wird seinem gesamten Inhalt und Umfang nach angefochten. Die Anfechtung stützt sich auf folgende Gründe, welche zur Rechtswidrigkeit führen bzw. wird der Bescheid aus folgenden Gründen angefochten: • Rechtswidrigkeit des Inhaltes • Verfahrensfehler • Unzuständigkeit • Aktenwidrigkeit • Ergänzungsbedürftigkeit • Unrichtige rechtliche Beurteilung • Mangelnde Schuld • Höhe der Strafe C.1.) Rechtswidrigkeit des Inhaltes / Ergänzungsbedürftigkeit: Es wurde kein ordentliches Verfahren durchgeführt! Die Beschwerdeführerin hatte keine Möglichkeit zur Stellungnahme - ihr Recht auf Parteiengehör wurde missachtet. Ein wesentlicher nicht mehr korrigierbarer Spruchmangel ist in dem Umstand zu sehen, dass die belangte Behörde als Tatzeit exakt die Zeiten der Kontrollen annimmt. Denn gerade für diese Zeit des behördlichen - teilweise mit Polizeiassistenz erfolgten - Einschreitens kann schon nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht angenommen werden, dass der Terminal von potentiellen Interessenten in Betrieb genommen und hätte benutzt werden können. In dieser Zeit wurde nämlich eine auf den gegenständlichen Terminal abgestellte offizielle Amtshandlung (Kontrolle und Bespielung) durchgeführt, die eine Betriebsbereitschaft für potentielle Spieler ausschließt. Der Begriff des „Betreibens" im Sinne von Spielbereitschaft des Geräts für Interessenten kann während der Zeit dieser Amtshandlungen bei realistischer Betrachtung nicht erfüllt sein. Somit steht fest, dass schon der vorgeworfene Tatzeitpunkt falsch ist. Da sich das VwG nach zumindest analog anzuwendender Judikatur des VwGH nicht nur an die Ausführungen in der Beschwerde zu halten hat, sondern auch auf das Vorbringen der Parteien in erster Instanz Bedacht zu nehmen hat werden das gesamte bisherige Vorbringen sowie die gestellten Anträge auch zum Inhalt dieser Beschwerde erhoben. Soweit in Stattgebung der bisher gestellten Anträge Ergebnisse eines ergänzten Ermittlungsverfahrens vorliegen, wird beantragt, diese Ergebnisse der Ermittlungen dem Beschwerdeführer vorzuhalten (VwGH 22.5.1984, SIg 11448 A uva.). Der belangten Behörde sind eine Vielzahl von BEGRÜNDUNGSMÄNGELN vorzuwerfen. Gemäß § 46 Abs. 2 VStG hat der Bescheid eine Begründung aufzuweisen. Für Form und Inhalt gelten grundsätzlich die Vorschriften des AVG über Bescheide. Die Behörde hat in der Begründung den festgestellten Sachverhalt und die Stellungnahme der Partei anzuführen; dabei sind auch die von der Behörde im Rahmen der Beweiswürdigung angestellten Erwägungen (etwa warum bei widersprechenden Zeugenaussagen einem der Zeugen geglaubt wird: VwSlgNF 2372 A) darzulegen. Auch Schlüsse aus Tatsachen, die nur bei der Behörde notorisch sind, sind in der Begründung anzuführen (VwGH 20.2.1973 ZI 1256/72). Weiters hat die Begründung die "Beurteilung der Rechtsfrage" zu beinhalten; dies bedeutet, dass die Behörde den Sachverhalt der anzuwendenden Norm zu "unterstellen" hat (VwSlgNF 7909 A). Es ist der festgestellte Sachverhalt dem gesetzlichen Tatbestand zuzuordnen, was eine Interpretation der anzuwendenden Norm voraussetzt (Grundriss des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechtes DDr. Walter, DDr. Maier, Seite 131). Insbesondere hat die Behörde aufzudecken, welche Gedankenvorgänge und Eindrücke für sie maßgebend waren, dass sie das eine Beweismittel dem anderen vorgezogen und eine Tatsache für wahr oder unwahr gehalten hat (VwGH 15.1.1986, 85/03/0111, 25.2.1987, 86/03/0222 uva.). Geht man von diesen von Judikatur und Lehre geforderten Voraussetzungen einer Begründung des Bescheides aus, so stellt er sich mehrfach als mangelhaft dar. Im Übrigen wird auf die Regeln der Beweisaufnahme und der Unmittelbarkeit des Verfahrens nach §§46 und 48 VwGVG verwiesen. Gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens bzw. Einziehungsverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann. Gemäß § 45 Abs. 2 AVG hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Weiters sind gemäß § 25 Abs. 2 VStG die der Entlastung des Beschuldigten dienlichen Umstände in gleicher Weise zu berücksichtigen wie die belastenden. Der in § 45 Abs. 2 AVG genannte Grundsatz der freien Beweiswürdigung ist in Zusammenhalt mit den bereits erwähnten Grundsätzen der Unmittelbarkeit des Verfahrens und der materiellen Wahrheitsforschung zu sehen. Voraussetzung für eine gesetzmäßige Beweiswürdigung ist ein ausreichend durchgeführtes Ermittlungsverfahren, in welchem die Parteien ihre Rechte geltend machen können. Diese Verpflichtung der Verwaltungsstrafbehörde, den Sachverhalt von sich aus festzustellen, begründet als Folgewirkung die Tatsache, dass ein verwaltungsstrafrechtlicher Schuldspruch nur dann erfolgen kann, wenn der in Frage stehende Sachverhalt als absolut sicher festzustellen ist. Voraussetzung dafür wiederum ist eine entsprechende Beweissicherung bzw. die Möglichkeit, eine solche durchzuführen. Festgestellter Sachverhalt: Eine Sachverhaltsdarstellung ist der Begründung des angefochtenen Erkenntnis überhaupt nicht bzw. nicht in ausreichendem Ausmaß zu entnehmen. Unterbleibt jedoch die sachverhaltsmäßige Feststellung eines Tatbildmerkmales, dann leidet der angefochtene Bescheid an Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weil der Sachverhalt ergänzungsbedürftig geblieben ist (VwGH 25.6.1963,7 1319/62). Jedenfalls findet die im Spruch genannte Tat in den Feststellungen keine hinreichende Deckung. Das Vorliegen objektiver Tatbestandsmerkmale hat die Behörde zu beweisen (VwGH 12.2.1980, 3487/78). Die belangte Behörde trifft so gut wie keine Feststellungen über den technischen Ablauf der angeblichen Glücksspiele. Warum die belangte Behörde der Meinung ist, es handele sich um Glücksspielautomaten ist in der Bescheidbegründung nicht einmal annähernd ersichtlich. Die Behörde erster Instanz hätte daher nachstehende Fragen selbst oder durch einen Sachverständigen lösen und die entsprechenden Feststellungen treffen müssen. 1.) Werden Daten über das Internet ausgetauscht? 2.) Welche Daten werden ausgetauscht. Wie groß ist das Datenvolumen? 3.) Wird über dos Internet von anderer Seite (einem Glücksspielautomaten) das dort erzielte Ergebnis übermittelt? 4.) Ist das von der Behörde als Glücksspielautomat bezeichnete Eingabeterminal in der Lage selbstständig eine Spielentscheidung herbeizuführen? 5.) Kann auf dem Eingabeterminal nach Lösung der Internetleitung noch gespielt werden? 6.) ungefähre Größe des Gerätes? 7.) Farbe, äußeres Erscheinungsbild? 8.) Anschlüsse, Stecker, Steckverbindungen, Kabel? 9.) Schilder, Aufschriften, Gerätenummer, etc.? 10.) Ist/war das Gerät fest mit dem Boden oder der Wand verbunden? 11.) Art der Stromversorgung: 12 V, 220 V? 12.) Anzahl der Bildschirme? 13.) Anzahl der Tasten? 14.) Bringen Tastenkombinationen ein Ergebnis? Z.B. Spielfreigabe? 15.) Gibt es eine Spielbeschreibung, wie viele Seiten umfosst diese? 16.) In welcher Sprache ist die Spielbeschreibung abgefasst? 17.) Gibt es Warnhinweise bezüglich der Gefahr spielsüchtig zu werden? 18.) Ist ein Demoprogramm installiert? 19.) Wie war der Erhaltungszustand zum Zeitpunkt der Befundaufnahme? (neu, neuwertig, Gebrauchsspuren, abgenützt, veraltet, etc.) Technischer Aufbau 1.) Art und Größe des Bildschirmes (Röhre, LCD, Plasma); handelt es sich um einen Touch-Screen, wenn ja, welches Fabrikat bzw. wie wird der Touch-Screen angesteuert? 2.) Verfügt das Gerät über eine Internetleitung, war diese angeschlossen? 3.) Wurde die tatsächliche intakte Funktion dieser Internetleitung überprüft? 4.) Verfügt das Gerät über eine interne Stromversorgung (Batterie, Akku)? 5.) Verfügt das Gerät über einen Lautsprecher? 6.) Verfügt das Gerät über einen Banknotenscanner? 7.) Ist ein Münzeinwurf vorhanden? 8.) Mit welcher Stromspannung arbeiten die einzelnen Elemente/technischen Geräte? 9.) Ist eine Sprachsteuerung vorhanden? 10.) Kann ein starker Stromstoß, z.B. Blitzeinschlag Einfluss auf die Elektronik, das Programm oder auf die Funktionsweise des Gerätes nehmen? 11.) Wie lässt Sich das Gerät öffnen? 12.) Kann das Gerät von außen gesperrt oder freigegeben werden? 13.) Kann das Gerät durch eine kabellose Fernbedienung beeinflusst werden? 14.) Was sind die technischen Voraussetzungen, um in das Buchhaltungssystem Einsicht zu nehmen? 15.) Deprogrammiert sich das Gerät unter bestimmten Voraussetzungen? 16.) Wie erfolgt die Ansteuerung des oberen DVD? 17.) Wie erfolgt die Ansteuerung des unteren DVD? 18.) Besitzt das Gerät eine integrierte Grafik? 19.) Wie viel Bite umfasst der Speicher? 20.) Besteht eine batteriegepufferte Datenerhaltung, wenn ja, über welchen Zeitraum ist der Datenerhalt gewährleistet? 21.) Gibt es für den Datenerhalt eine Absicherung? 22.) Welche Daten weist der Festplattenspeicher auf? 23.) Welches Betriebssystem wird verwendet? Allgemeines zum Betrieb 1.) Kann nur gegen Geldeinsatz gespielt werden? 2.) Welcher Geldeinsatz (Banknote, Münze) kann ab welcher Höhe und bis zu welcher Höhe in das Gerät eingegeben werden? In welcher Währung kann gespielt werden? 3.) Wie hoch ist der maximale bzw. minimale Einsatz pro Spiel? 4.) Gibt es Zusatzspiele? 5.) Kann das Gerät Gewinne ausfolgen? 6.) Welche Programmdaten werden über Internet übermittelt? 7.) Werden die Spielverläufe intern aufgezeichnet? 8.) Gehen Daten bei der Trennung des Gerätes vom Stromnetz verloren? Nach welcher Zeit? 9.) Wo ist die Graphik gespeichert? 10.) Von wo aus wird das Buchhaltungsprogramm des einzelnen Spieles gesteuert? (extern, intern) 11.) Startet, abgesehen vom ersten Spiel, jedes Spiel automatisch? 12.) Kann das Spiel jederzeit abgebrochen bzw. beendet werden? 13.) Wie lange dauert durchschnittlich ein jedes Spiel? 14.) Geben Sie die kürzeste und längst mögliche Spieldauer des Einzelspieles an. Spielprogramme 1.) Welche Spiele können auf dem Gerät gespielt werden? 2.) Welche Versionen der einzelnen Spielprogramme sind installiert? 3.) Sind alle Spielprogramme funktionsfähig? 4.) Beschreiben sie die einzelnen Spiele? 5.) Kann der Spieler im Spielverlauf irgendwie tätig werden? (Karten/Symbole halten, das Spiel abbrechen, etc.) 6.) In welchen Spielvarianten kann der Spieler gewinnen? 7.) Lassen sich die Gewinnchancen/Verlustgefahren in irgendeiner Form beeinflussen? 8.) Was ist für den Spieler das bestmögliche Einzelspielergebnis? 9.) Was ist für den Spieler das schlechtmöglichste Einzelspielergebnis? 10.) Gibt es Sonderspiele wie Gambeln, Supergames, etc.? 11.) Wie hoch ist bei Sonderspielen der Einsatz, wie hoch ist der Gewinn? 12.) Wer ist Urheber des jeweiligen Spielprogrammes? 13.) Kann der Betreiber das Spielprogramm verändern? 14.) Entspricht das Spielprogramm national und international gebräuchlichen Spielprogrammen? 15.) Wie schnell ist das einzelne Spiel erlernbar? 16.) Bedarf es einer besonderen Intelligenz? 17.) Welche Veränderungen sind während des Spieles am Bildschirm zu beobachten? 18.) Können alle Veränderungen vom Spieler zur Gänze gesehen bzw. erfasst werden? 19.) Ist das Spiel zur Gänze - in jedem Teilbereich - zufallsabhängig? 20.) Wiederholen sich Spielergebnisse in einer wiederkehrenden Reihenfolge? 21.) Kann der Spieler durch lange Beobachtung, Konzentration, Merkfähigkeit, Geschicklichkeit, Ausdauer oder besondere Beobachtungsgabe das Spielergebnis verbessern? 22.) Wie viele Versionen des jeweiligen Spielprogrammes gibt es? 23.) Gibt es Spielteilergebnisse? Führen diese zu Gewinn oder Verlust?