LVwG-410951/21/Wg

Linz, 05.01.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Wolfgang Weigl über die Beschwerde der K. S., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. F. M., x, W., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 30. Juli 2015, GZ. Pol96-108-2015, wegen Übertretungen des Glücksspielgesetzes (GSpG), nach Durchführung einer öffentlichen Verhandlung,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG  wird der Beschwerde teilweise stattgegeben. Die im Spruch des bekämpften Straferkenntnisses enthaltene Wortfolge „Sie haben es als das zur Vertretung nach außen berufene Organ“ wird abgeändert und lautet nunmehr wie folgt: „Sie haben als unbeschränkt haftende Gesellschafterin und damit zur Vertretung nach außen berufenes Organ“.  Die Geldstrafen werden auf jeweils 4.000 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf jeweils 30 Stunden herabgesetzt. Der Verfahrenskostenbeitrag für das Verfahren der belangten Behörde reduziert sich auf 1.600 Euro. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

1.1.      Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land (im Folgenden: belangte Behörde) lastete der Beschwerdeführerin (Bf) mit Straferkenntnis vom 30. Juli 2015, Pol96-108-2015, folgende Verwaltungsübertretungen an:

 

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1.2.      Das LVWG führte über die dagegen erhobene Beschwerde am 8. Oktober  2015 eine öffentliche Verhandlung durch. Die Bf verzichtete auf eine Teilnahme. In der Beweisaufnahme wurden folgende Beweismittel verwertet: Akteninhalt der belangten Behörde und des LVwG, insbesondere die ergänzende Eingabe der Bf vom 7. Oktober 2015. In der mündlichen Verhandlung wurden die Finanz­polizisten L. und S. als Zeugen einvernommen. Der Niederschrift sind folgende Urkunden angeschlossen: Stellungnahme des BMF vom 26. Juni 2015 (Beilage 1), Glücksspielbericht 2010-2013 (Beilage 2), Bericht Auswirkungen des Glücksspielgesetzes 2010-2014 (Beilage 3), Auszüge „business register“ betr. G. s.r.o. (Beilagen 4 und 5), Vereinbarung vom 19. September 2014 und Schreiben der G. s.r.o. vom 17. März 2015 (Beilage 6). Der zur Verhandlung erschienene Vertreter des Finanzamtes beantragte die Abweisung des Aussetzungsantrages und der Beweisanträge der Bf. Er verzichtete auf eine weitere Beweisaufnahme. Der Verhandlungsleiter verfügte daraufhin den Schluss der Beweisaufnahme und räumte die Gelegenheit ein, ein Schlussvorbringen zu erstatten. Im Beweisverfahren wurde weiters die Studie „Glücksspielverhalten und Glücksspielprobleme in Österreich – Ergebnisse der Repräsentativerhebung 2015“, K. und W., H. 2015 (ON 14), sowie die dazu verfasste Stellungnahme des BMF vom 30. Oktober 2015 (ON 15) berücksichtigt, zu denen die Bf Gelegenheit hatten sich zu äußern. Die Bf verzichteten auf die Erörterung dieser Studie in einer weiteren Verhandlung (ON 14, 16). Belangte Behörde und Finanzamt verzichteten auf eine weitere Verhandlung  (ON 18, 19, 20), wobei das FA zusammengefasst vorbrachte das GSpG sei unionsrechtskonform.

 

2.           Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht folgender Sachverhalt fest:

 

2.1.      Die Bf ist seit 21. März 2014 unbeschränkt haftende Gesellschafterin der K. S. KG mit Sitz in x, P. Diese KG betreibt das Lokal „x“ bei der xTankstelle in P., x (Firmen­buchauszug, Akteninhalt der belangten Behörde).

 

2.2.      Am 16. März 2015 führten Finanzpolizisten in diesem Lokal eine Kontrolle nach dem Glücksspielgesetz durch und fanden die vier - im Spruch des bekämpften Straferkenntnisses beschriebenen - Geräte betriebsbereit vor (in der Folge: Gerät FA Nr. 1, 2, 3 und 4). Die Geräte FA Nr. 1, 2, 3 und 4 waren zu Beginn der Kontrolle eingeschaltet. Auf den Geräten FA Nr. 2 und 3 wurde von Kunden gespielt. Beim Gerät Fa Nr. 1 und 4 wurde von den Finanzpolizisten noch Geld eingegeben und wurde ein entsprechendes Guthaben generiert. Dazu ist auf den im Akt befindlichen GSp26-Formularen vermerkt, dass ein Spielguthaben von 20 Euro generiert wurde. Bei allen vier Geräten schien dann eine Fehlermeldung auf und es konnte keine weitere Bespielung durchgeführt werden. Wie auf den im Akt befindlichen – von den Finanzpolizisten angefertigten -  Lichtbild-Beilagen ersichtlich ist, konnte zuvor am Gerät FA Nr. 1 das Spiel „Ring of Fire“ noch ausgewählt werden. Beim Gerät Nr. 2 lief das Walzenspiel „Ring of Fire XL“. Beim Gerät Nr. 3 lief ebenfalls das Walzenspiel „Ring of Fire“ und beim Gerät Nr. 4 konnte das Walzenspiel „Ring of Fire“ ausgewählt werden. Es handelt sich dabei um Walzenspiele. (Zeugenaussage L., Akteninhalt der belangten Behörde).

 

2.3.      Zur Beschreibung des Spieles „Ring of Fire“ wird festgestellt: Bei einer Eingabe von Geld, Auswahl eines Einsatzbetrages mittels Tastenbetätigung und Auslösung des Spieles, wurden bei den virtuellen Walzenspielen, die am Bildschirm dargestellten Symbole auf den virtuellen Walzen ausgetauscht oder in ihrer Lage verändert, sodass der optische Eindruck von rotierenden, senkrecht ablaufenden Walzen entstand. Nach etwa einer Sekunde kam der Walzenlauf zum Stillstand. Der Vergleich der nun neu zusammengesetzten Symbole, mit den im Gewinnplan angeführten  gewinnbringenden Symbolkombinationen ergab nun einen Gewinn oder den Verlust des Einsatzes. Bei den Walzenspielen hatte man keinerlei Möglichkeit, gezielt auf das Zustandekommen gewinnbringender Symbolkombinationen Einfluss zu nehmen. Es war bei den Spielen nur möglich, nach Eingabe eines Geldbetrages als Spielguthaben, denn Einsatz zu wählen, die Start-Taste zu betätigen, bis das aufgerufene Walzenspiel ausgelöst wurde und die Entscheidung über das Spielergebnis abzuwarten. Nach etwa einer Sekunde, also nach Stillstand der Walzen, konnte der Verlust des Einsatzes oder ein Gewinn festgestellt werden (Zeugenaussage L., Akteninhalt der belangten Behörde).

 

2.4.      Wie auf der im Akt befindlichen Lichtbild-Beilage angegeben, erschien auf dem Bildschirm des Gerätes FA Nr. 3 zunächst als gewählter Einsatz 0,1 auf. Der Spieler, der das Gerät Nr. 3 bespielt hat, hat seinen Angaben zufolge mit 150 Euro zu spielen begonnen. Auf dem Bildschirm war ein Guthaben von 473,2 ersichtlich. Demzufolge hat er 300 Euro gewonnen. Der Spieler gab der Finanzpolizei gegenüber dazu an, dass er nun in einem besonderen Modus spielen würde und dabei einen Einsatz von 1 Euro gewählt habe. Als in Aussicht gestellter Höchstgewinn schien  5x20 + 538 SG laut Gewinnplan am Monitor auf. Beim Gerät Nr. 2 war ersichtlich, dass der Spieler mit einem Guthaben von 2,2 gespielt hat. Es handelte sich bei den Geräten FA Nr 1, 2, 3 und 4 um Walzenspielgeräte, wie sie von den Finanzpolizisten auch bei anderen Kontrollen vorgefunden werden. 300 oder 400 Euro bewegen sich in jenem Bereich, was üblicherweise bei Walzenspielen gewonnen werden kann (Zeugenaussage L., Akteninhalt der belangten Behörde).

 

2.5.      Die K. S. KG hat sich mit schriftlicher Vereinbarung gegenüber der G. s.r.o., x, G., verpflichtet, die vier Geräte gegen Entgelt in ihrem Lokal aufzustellen und sicher zu platzieren und damit ihren Kunden zugänglich zu machen. Die K. S. KG ermöglichte die Spiele aber nicht auf eigene Rechnung und Gefahr, sie trug also nicht das Risiko des Gewinns und Verlusts in ihrer Vermögenssphäre. (Vereinbarung Beilage 6 der Niederschrift).

 

2.6.      Die Geräte waren jedenfalls im Zeitraum von 2. Februar 2015 bis zur Kontrolle am 16. März 2015 im Lokal aufgestellt und standen den Kunden zur Verfügung. Für die mittels der Geräte FA Nr 1, 2, 3 und 4 erfolgenden Ausspielungen lag weder eine Konzession oder Bewilligung vor und es waren diese auch nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen.  (Aussage S.-V. Niederschrift vom 16. März 2015 Beilage Strafantrag, Zeugen­aussage S., Akteninhalt).

 

2.7.      Zur von den Bf behaupteten Unionsrechtswidrigkeit des GSpG wird festgestellt:

 

2.7.1. Einzige Person mit Auslandsbezug ist die G. s.r.o. Die G. s.r.o. hat ihren Sitz in der x Republik. Im Verfahren über die Beschlagnahme der Geräte FA Nr. 1, 2, 3 und 4 wendete sie das Eigentum an den Geräten ein. Die G. s.r.o. hat an der Adresse x, G., eine Zweigniederlassung. Diese Gesellschaft ist eine x s.r.o. und verfügt über ein Stammkapital in der Höhe von 200.000 x Kronen (Mindestkapital), dies entspricht zum Entscheidungszeitpunkt rund 6.600 Euro. Weiters verfügt sie über keinen Aufsichtsrat. Die Geräte wurden auf Grund einer zwischen der K. S. KG und der G. s.r.o. getroffenen schriftlichen Vereinbarung aufgestellt. Gegenstand dieser Vereinbarung war das Aufstellen und die Betreuung der im Eigentum der G. s.r.o. stehenden Geräte bei der K. S. KG gegen Entgelt  (Auszüge „business register“ Beilage 4 und 5 der Niederschrift, Vereinbarung Beilage 6 der Niederschrift).

 

2.7.2. Es wurde im Verfahren nicht behauptet und hat sich auch sonst nicht ergeben, dass die G. s.r.o. in der x Republik zur Durchführung von Ausspielungen im Sinne des Glücksspielgesetzes berechtigt oder konzessio­niert wäre. Es wurde weder behauptet noch hat sich sonst ergeben, dass sich die G. s.r.o. um eine Konzession oder Bewilligung in Österreich in diesem Zusammenhang bemüht hätte (Akteninhalt).

 

2.7.3. Dem LVwG liegen zur behaupteten Unionsrechtswidrigkeit des Weiteren die in der mündlichen Verhandlung erörterten und einvernehmlich als verlesen geltenden Urkunden (Stellungnahme des BMF vom 26. Juni 2015, Glücksspiel­bericht 2010–2013, Bericht Auswirkungen Glücksspielgesetz 2010–2014) vor sowie die von den Bf in der Eingabe vom 26. August 2015 vorgelegten Urkunden (Beilage 1 bis 19 des Schriftsatzes) und die der Niederschrift angeschlossenen Firmenbuchauszüge der G. s.r.o. vor. Weiters liegt die erwähnte Studie K. 2015 vor.

 

2.7.4. Der Sachverhalt wurde in der mündlichen Verhandlung des LVwG eingehend erörtert. Auf folgende Ausführungen der Niederschrift wird hingewiesen: „Der Vertreter des Finanzamtes beantragt weiters die Abweisung des im Schriftsatz vom 7. Oktober 2015 gestellten Antrages, das Verfahren bis zur Entscheidung des EuGH im Vorabentscheidungsverfahren (Antrag des LG W. N. zu 60ZG44/15Y vom 26. August 2015) auszusetzen bzw. zu unterbrechen. Jedenfalls wird beantragt, von der Anregung, gleichfalls ein Vorab entscheidungsverfahren einzuleiten, Abstand zu nehmen. Dies mit der Begründung, dass das Glücksspielmonopol des Bundes jedenfalls gemeinschafts­rechtskonform ist. Es wird beantragt, die in der ergänzenden Eingabe gestellten Beweisanträge auf Einvernahme der Dr. I. H., Mag. A. S., Dr. D. K., Dr. P. B., Mag. B. F., Mag. A. F., Mag. M. G., H. G., Mag. I. G., M. G., Mag. R. H., Mag. L. H., Dipl. Soz. H. M., Mag. N. R., C. L., M. D., Mag. P., Mag. Dr. H., Mag. R., H. K., R. N., R. R., E. F., als unbegründet abzuweisen. Der Vertreter des Finanzamtes führt dazu ergänzend aus: „Diese Beweisanträge dienen soweit ersichtlich, zum Beweis für das Beweisthema 1. Anstieg der Anzahl an Spielsüchtigen innerhalb der letzten Jahre, insbesondere zwischen 2010 bis 2015 sowie 2. Ineffektivität der gesetzlichen und tatsachlichen Vorkehrungen zum Spielerschutz innerhalb der letzten Jahre, insbesondere zwischen 2010 bis 2015. Diese Beweismittel sind ungeeignet, um eine schlüssige Aussage über einen Gesamtkonnex zu den Wirkungen des GSpG herstellen zu können. Es ist eine Studie insoweit durch das Bundesministerium für Finanzen in Ausarbeitung, worauf im Bericht „Aus­wirkungen des Glücksspielgesetzes 2010 bis 2014“ auch ausdrücklich hingewiesen wird. Diese Studie liegt noch nicht vor. Es liegen daher derzeit keinerlei Daten dazu vor und sind keine Beweismittel vom Beschwerdeführer bekanntgegeben worden, die einen Rückschluss auf diesen Gesamtkonnex rechtfertigen würden. Es steht aus Sicht des Finanzamtes daher nicht fest, dass es trotz der Regelungen des Glücksspielgesetzes zu einem Anstieg der Anzahl an Spielsüchtigen gekommen wäre. Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, dass hier allenfalls Spieler auf andere Mitgliedsstaaten ausweichen, kann hier keinesfalls die Republik Österreich eine Verantwortung dafür treffen. Die G. s.r.o. hat sich im Verfahren gegenüber der BH-WL lediglich auf die Eigentümereigenschaft, an den Geräten berufen. Sie hat sich nicht auf die Veranstaltereigenschaft berufen. Wenn nun aus der Vereinbarung vom 19. September 2014 unter Umständen eine Veranstaltereigenschaft im Sinne des Glücksspielgesetzes folgen würde, dann stellt dies noch keine Berufung auf die Veranstaltereigenschaft seitens der G. s.r.o. dar. Diese hat sich ausdrücklich nur auf das Eigentum berufen. Weiters hat sich die G. s.r.o. nach der Aktenlage, nicht auf das Bestehen einer x Konzession oder Berechtigung zur Durchführung von Glücksspielen berufen. Sie hat auch nicht vorgebracht, dass sie sich um eine solche  Konzession in der S. oder in Österreich bemüht hätte. Es wurden keinerlei Konzessionen oder Berechtigungen nach dem Glücksspielgesetz hier vorgelegt. Der Sachverhalt ist hinreichend geklärt. Alle Beweisanträge und Anträge der Beschwerdeführerin sind damit als unbegründet abzuweisen.“

 

2.7.5. Fest steht: Im Jahr 2015 weisen in Österreich zwischen 0,34% und 0,60% der Bevölkerung ein problematisches Spielverhalten auf, die Zahl der Problemspieler beträgt daher entsprechend zwischen ca. 19.900 und ca. 35.800 Personen. Zudem sind 2015 in Österreich zwischen ca. 27.600 bis etwa 46.000 Personen aktuell spielsüchtig. Diese Werte sind im Vergleich zum Jahr 2009 annähernd konstant. Männer weisen zu höheren Anteilen ein problematisches und pathologisches Spielverhalten auf als Frauen. Innerhalb der verschiedenen Altersgruppen stellt sich das Ausmaß vorhandener Spielprobleme sehr unterschiedlich dar, wobei die 14- bis 30-Jährigen sich diesbezüglich am stärksten betroffen zeigen.

 

2.7.6. Ausgehend vom Jahr 2015 haben 41% der Bevölkerung (14 bis 65 Jahre) in den letzten 12 Monaten irgendein Glücksspiel um Geld gespielt, dieser Wert ist seit kaum verändert (2009: 42%). Das klassische Lotto „6 aus 45“ ist das beliebteste Glücksspiel in Österreich. Jeder dritte Österreicher hat dieses Spiel im Jahr 2015 mindestens einmal in den letzten 12 Monaten gespielt (ca. 33%), der prozentuale Anteil für die 30-Tages-Prävalenz beträgt ca. 20%. Seit 2009 haben sich diese Werte so gut wie nicht geändert (jeweils nur um ca. ± 1 Prozentpunkt). Dagegen ist für diesen Zeitraum eine deutliche Zunahme bei der europäischen Lotterie, den Euromillionen, zu konstatieren: Der Prozentwert für die monatliche Teilnahme hat sich von etwa 4% auf etwa 8% verdoppelt. Auch beim Joker gibt es seit 2009 einen prozentualen Anstieg. Inzwischen spielt jede siebte Person mindestens einmal im Jahr dieses Glücksspiel (ca. 14%). Damit ist es das zweitverbreitete Glücksspiel in Österreich. Bei den Rubbellosen – die auf dem vierten Platz liegen – sind nur geringe Veränderungen zwischen 2009 und 2015 vorhanden. Alle anderen Glücksspiele besitzen bezogen auf die Spielteilnahme in der Gesamtbevölkerung eine nachgeordnete Bedeutung: Das gilt für die Sportwetten genauso wie für die klassischen Kasinospiele, bei denen 2015 jeweils etwa 4% in den letzten 12 Monaten gespielt wurden. Glücksspielautomaten in Kasinos und in Spielhallen werden von noch weniger Personen gespielt. In den letzten 12 Monaten haben am Automatenglücksspiel in Spielbanken ca. 0,5% teilgenommen, im Jahr 2009 waren dies ca. 0,6% bezogen auf die 12-Monats-Prävalenz. Bezüglich der Teilnahme am Automatenglücksspiel außerhalb von Spielbanken (Spielhallen, Einzelaufstellungen, illegale Glücksspielautomaten) ist der Wert bezogen auf die 12-Monats-Prävalenz von ca. 1,2% im Jahr 2009 auf ca. 1% im Jahr 2015 zurückgegangen.

 

2.7.7. Der monatliche Geldeinsatz für Glücksspiele hat im Zeitraum von 2009 auf 2015 leicht zugenommen und zwar wurden von den Glücksspielenden 2015 im Durchschnitt etwa 57 € pro Monat für Glücksspiele ausgegeben im Vergleich zu 53 € im Jahr 2009. Auf der Ebene der einzelnen Glücksspielarten bestehen hier jedoch sehr unterschiedliche Entwicklungen. Der Geldeinsatz ist 2015 am höchsten bei den Automatenspielen außerhalb der Kasinos. Im Durchschnitt werden hierfür von den Spielern pro Monat ca. 203 € eingesetzt, vor sechs Jahren lag der entsprechende Wert sogar bei etwa 317 €. Es folgen die klassischen Kasinospiele mit einem Mittelwert von ca. 194 €. Auch für diese Glücksspielform wird im Jahr 2015 durchschnittlich weniger Geld aufgewendet als in 2009. Stark angestiegen sind dagegen im betrachteten Zeitraum die Geldeinsätze für Sportwetten, diese haben sich von ca. 47 € auf ca. 110 € mehr als verdoppelt.

 

2.7.8. Die Anteile problematischen und pathologischen Spielens unterscheiden sich je nach Glücksspielart erheblich. Die zahlmäßig große Gruppe der Spieler von Lotterieprodukten beinhaltet anteilsbezogen nur wenige Personen, die ein problematisches oder pathologisches Spielverhalten zeigen (jeweils etwa ein Prozent). Während bei den Rubbellosen sich nur leicht höhere Werte zeigen, ist bei den klassischen Kasinospielen bereits mehr als jeder zwanzigste Spieler betroffen.

 

2.7.9. Auch Sportwetten beinhalten ein erhebliches Risiko, spielbedingte Probleme zu entwickeln. So erfüllen ca. 7,1% dieser Spielergruppe die Kriterien problematischen Spielens und weitere ca. 9,8% zeigen ein pathologisches Spielverhalten. Etwa jeder sechste Sportwetter ist daher von einer Spielproblematik betroffen. Noch höher sind diese Anteile bei Spielautomaten, welche in Spielhallen, Kneipen oder Tankstellen stehen. Etwa 21,2% dieser Spieler sind spielsüchtig. Die Prävalenzwerte für die Automatenspiele der „Casino Austria“ nehmen sich im Vergleich dazu eher gering aus. So liegen die Anteile für problematisches Spielen bei ca. 3,7% und für pathologisches Spielen bei ca. 4,4%. Dennoch weist etwa jede zwölfte Person, die in den klassischen Spielbanken am Automaten spielt, glücksspielbedingte Probleme auf. Bei der Prävalenz problematischen und pathologischen Spielens ging die Rate bei Automaten in Kasinos von ca. 13,5% im Jahr 2009 auf ca. 8,1% im Jahr 2015 und bei Automatenaufstellungen außerhalb von Casinos von 33,2% im Jahr 2009 auf 27,2% im Jahr 2015 zurück.

 

2.7.10.    Durch Bedienstete des Bundesministeriums für Finanzen bzw. des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel werden stich­probenartig und unangekündigt Spielbankbetriebe nach abgabenrechtlichen und ordnungspolitischen Gesichtspunkten einer Überprüfung auf Einhaltung der gesetzlichen Regelungen unterzogen (sogenannte „Einschau“). Solche Einschauen erfolgen mehrmals jährlich stichprobenartig und unangekündigt durch Bedienstete der BMF-Fachabteilung bzw. des Finanzamts für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel (FAGVG). Neben der Beaufsichtigung des legalen Glücksspiels kommt es auch zur Bekämpfung des illegalen Glücksspiels. So gab es etwa im Jahr 2010 226, 2011 657, 2012 798, 2013 667 und 2014 (bis 3. Quartal) 310 Kontrollen nach dem Glücksspielgesetz, wobei im Jahr 2010 271, 2011 1854, 2012 2480, 2013 1299 und 2014 (bis 3. Quartal) 625 Glücksspiel­geräte von der Finanzpolizei vorläufig beschlagnahmt wurden.

 

2.7.11.    Im Bereich der Spielbanken wurden gemäß dem jährlichen Bericht des Konzessionärs an die Glücksspielaufsicht im Jahr 2013 in Summe 6.920 Wirtschaftsauskünfte beim KSV 1870, darunter 4.908 über österreichische Spielbankbesucher und 2.012 über Spielbankbesucher aus dem übrigen EU/EWR-Raum eingeholt. Zusätzlich erfolgten bei den Auskunfteien C. (vormals D.) und B. (vormals W.) 3.600 online-„Sofort-Checks“. 621.195 Spielbankbesucher aus dem EU/EWR (inklusive Österreich) wurden im Jahr 2013 den monatlichen Screening-Prozessen des Konzessionärs unterzogen. Bei 48.284 davon bestand die begründete Annahme im Sinne des § 25 Abs. 3 GSpG, dass aufgrund der Häufigkeit und Intensität der Spielteilnahme das Existenzminimum gefährdet ist, was zu 1.359 Informationsgesprächen sowie 741 Beratungen bzw. Befragungen führte. Zum 31.12.2013 bestanden in österreichischen Spielbanken bei 22.435 Spielbankbesuchern aufrechte, gültige Einschränkungen der Besuchs­möglichkeiten und 4.381 aktive Selbstsperren. In den VLT-Outlets wurden im Jahr 2013 aus begründetem Anlass 11.330 zur Alterskontrolle anhand eines Lichtbildausweises aufgefordert, wovon in 1.350 Fällen der Zutritt verwehrt wurde. Insgesamt wurden 343 protokollierte Spielerschutz-Informations­gespräche geführt.

 

2.7.12.          Beim BMF wurde mit 1.12.2010 eine Spielerschutzstelle eingerichtet. Zu den Aufgaben der BMF-Stabsstelle für Spielerschutz gehören insbesondere folgende Punkte: Fachliche Beurteilung von Spielerschutzkonzepten der Bundeskonzessionäre, Aufklärungs- und Informationsarbeit über die Risiken des Glücksspiels, Schaffung einer besseren Datenlage über die Behandlung und Beratung von Patientinnen durch Spielsuchteinrichtungen in Österreich, Evaluierung der GSpG-Novelle 2010 bis zum Jahr 2014 für den Bereich des Spielerschutzes, Unterstützung der Suchtforschung im Bereich des Glücksspiels, Erarbeitung von Qualitätsstandards hinsichtlich Spielerschutzeinrichtungen im Sinne des Glücksspielgesetzes und Erarbeitung eines Anerkennungsverfahrens für diese, bessere Koordinierung der Arbeit der Spielerschutzeinrichtungen und Erarbeitung/Vorstellung von Best-Practice-Modellen einer Zusammenarbeit zwischen Konzessionären und Bewilligungsinhabern sowie unabhängigen Spieler­schutzeinrichtungen, regelmäßiger Erfahrungsaustausch und Dialog zwischen Suchtberatung und Glücksspielaufsicht.

 

2.7.13.    Ferner ist durch die GSpG-Novellen 2008/2010 die Anbindung von Glücksspielautomaten und Videolotterieterminals der konzessionierten Unter­nehmen an die B. GmbH (B.) elektronisch festgelegt worden. Aus der elektronischen Anbindung an das Datenrechenzentrum der B. können unter anderem folgende Aspekte abgeleitet werden: Erfassung bzw. Kontrolle der minimalen und maximalen Ausschüttungsquoten, Erfassung bzw. Kontrolle der maximalen Ein- und Auszahlungen pro Spiel, Erfassung bzw. Kontrolle der Mindestspieldauer von Einzelspielen, Erfassung bzw. Kontrolle der Abkühlphase und Beschränkung auf die Anzeige spielerschutzbezogener Informationen während dieser Zeit, elektronische Überprüfung der Software-Komponenten zur Verhinderung potenzieller Manipulation von Glücksspiel­geräten, Prüfung von Glücksspielgeräten auf die Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen von Bund und Ländern durch unabhängige Unternehmen, äußerliche Kennzeichnung genehmigter Glücksspielgeräte über eine Vignette und Anzeige der Verbindung zum Datenrechenzentrum der B. am Bildschirm.

 

3.     Beweiswürdigung:

 

3.1.      Einleitend (1) wird der Beschwerdegegenstand und das verwaltungs­gerichtliche Ermittlungsverfahren zusammengefasst wieder gegeben.

 

3.2.      In der Sache selbst (2) stützen sich die Feststellungen auf die in Klammer angegebenen Beweismittel. Es ist unstrittig, dass die K. S. KG das bezeichnete Lokal betreibt und die Bf unbeschränkt haftende Gesellschafterin war. Die Finanzpolizistin L. beschrieb in ihrer Zeugenaussage schlüssig und in Übereinstimmung mit dem Akteninhalt den Ablauf der Kontrolle. L. ist zur Durchführung von Kontrollen nach dem GSpG besonders geschult, weshalb auch ihre – über Vorhalt des Verhandlungsleiters erfolgte –  Beschreibung des Spieles „Ring of Fire“ ohne weiteres den Feststellungen zu Grunde zu legen ist. Auch die Einsatzbeträge ergeben und in Aussicht gestellten Gewinne ergeben sich schlüssig aus dem Akteninhalt und der Aussage der Zeugin L. (2.1., 2.2., 2.3., 2.4.).

 

3.3.      Die G. s.r.o. wendet im Beschlagnahmeverfahren das Eigentum an den Geräten ein. Im Akt befindet sich eine zwischen der K. S. KG und der G. s.r.o. abgeschlossene Vereinbarung vom 19. September 2014. In freier Beweiswürdigung stellt das LVwG fest, dass entsprechend einer solchen Vereinbarung die Geräte Nr. 1, 2, 3 und 4 entgeltlich aufgestellt und zugänglich gemacht wurden. Die K. S. KG trug aber nicht Gewinn- und Verlustrisiko (2.5.).

 

3.4.      Die Bedienstete der K. S. KG, S. P., wurde von den Finanzpolizisten am 16. März 2015  niederschriftlich dazu befragt, wie lange die Geräte schon in diesem Lokal stehen. Darauf antwortet S.: „Ich arbeite seit 2. Februar 2015 hier, ich bin aber schon wieder gekündigt worden, mein letzter Arbeitstag wird der 19. März 2015 sein. Als ich hier begonnen habe, sind die Geräte schon hier gestanden, alle fünf Geräte die von der Finanzpolizei mit Zahlen gekennzeichnet wurden. Die Geräte haben immer funktioniert, an zwei Tagen im Februar hat keines der Geräte (bis auf den Musikwechlser) funktioniert, aber das wurde sofort repariert.“ Der Musikwechsler x wurde von den Finanzpolizisten mit der FA Nr. 5 versehen und ist nicht Gegenstand des Verwaltungsstrafverfahrens. Der Zeuge S. bestätigte in der Verhandlung vor dem LVwG, dass die protokollierten Angaben der S. Wort für Wort mit ihrer Aussage übereinstimmen. Es besteht kein Anlass, daran zu zweifeln. Es steht daher fest, dass die Geräte – wie im Spruch des Straferkenntnisses angenommen – in der Zeit von 2. Februar 2015 bis zur Kontrolle am 16. März 2015 von der K. S. KG den Kunden entgeltlich zugänglich gemacht wurden. Für die Ausspielungen lagen keine Berechtigungen vor (2.6.).

 

3.5.      Zur behaupteten Unionsrechtswidrigkeit (2.7.) ist zunächst festzustellen, dass einzige Person mit Auslandsbezug die G. s.r.o. ist. In der mündlichen Verhandlung wurden die von der Bf vorgelegten Urkunden, die beantragten Beweismittel sowie die Urkunden Beilage 1, 2 und 3 der Niederschrift eingehend erörtert.  Die Bf führte – im Anschluss an die Ausführungen zum Antrag auf Aussetzung bzw Vorlage beim EUGH  - mit Eingabe vom 7. Oktober 2015 aus:

 „Laut ständiger Rechtsprechung des VwGH und des OGH ist die Unionsrechtswidrigkeit als Vorfrage der Inländerdiskriminierung zu prüfen. Ein Verstoß gegen Art 7 B-VG liegt im gegenständlichen Fall vor. So der VwGH in Ro 2014/17/0120, 0121 und 0123 wörtlich: Die - eine Vorfrage für eine allfällige Verfassungswidrigkeit bildende – Unionsrechts-konformität des Glücksspielgesetzes hängt nach der Rechtsprechung des EuGH auch von tatsächlichen Umständen ab (C-390/12, P.; 4 Ob 145/14y; nunmehr auch VwGHRo 2014/17/0120, 0121 und 0123). Die einschlägigen Regelungen müssen in ihrer Gesamtheit dazu führen, dass die Gelegenheit zum Spiel verringert und die damit verbundene Kriminalität bekämpft wird. Diese Bedingung wäre etwa dann nicht erfüllt, wenn es trotz der vordergründig restriktiven Ausgestaltung des Glücksspielrechts in den letzten Jahren - auch unter Bedachtnahme auf Landesausspielungen iSv § 5 GSpG und die konkrete Geschäftstätigkeit von Konzessionären - zu einer Ausweitung der Spielsucht samt den damit verbundenen Problemen gekommen wäre. Dazu werden die Parteien in erster Instanz ein konkretes, mit Beweisanboten belegtes Vorbringen zu erstatten haben; dem Bund wird Gelegenheit zu geben sein, sich dazu in Form einer gutachterlichen Stellungnahme zu äußern (1 Ob 71/13t). Somit ist bei Vorliegen von Unionsrechtswidrigkeit das im Glücksspielgesetz normierte Monopol nicht anwendbar und demnach auch ein Rechtsbruch unmöglich. Darüber hinaus ist anzuführen:

•           Ein grenzüberschreitender Sachverhalt - wie immer wieder behauptet - ist nach der jüngsten Entscheidung des OGH vom 20.01.2015 zu 4 OB 244/14g sowie nach der EUGH-Rechtsprechung in der Rechtssache G. zu Zahl C 470/11 nicht notwendig, um sich auf die Unionsrechtswidrigkeit direkt berufen zu können.

•           Bei Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols ist der Einwand einer Vergleichsfigur innerhalb der Europäischen Union unstatthaft. Wenn das normierte Monopol inexistent ist, kann nicht dagegen verstoßen werden. Dies gilt völlig unabhängig davon, ob die Beschwerdeführer theoretisch rechtswidriger­weise Glücksspiele in einem anderen Land der Europäischen Union veranstalten bzw. anbieten darf.

Auf Grund der getätigten Aussagen steht fest, dass in jedem europäischen Land, in welchem Glücksspiele veranstaltet werden, der Spielerschutz besser ausgestaltet ist als in Österreich.

Der Oberste Gerichtshof hat erst jüngst in seiner Entscheidung vom 20.01.2015 zu 4 OB 244/14g zum mittlerweile wiederholten Mal festgestellt, dass die Bedingungen für die Zulässigkeit eines Monopols im Glücksspielbereich etwa dann nicht erfüllt sind, wenn

im Sinne der Rechtssprechung des EUGH und im Sinne der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa die Spielsucht in den letzten Jahren, auch unter Bedachtnahme der Landesausspielungen prozentuell gestiegen wäre. Genau das ist hier der Fall:

1.         Der Anteil an Spielsüchtigen steigt seit dem Jahr 2003 kontinuierlich.

2.         Die Bundesregierung kann Anfragen betreffend Spielerschutz, Kriminalitäts-bekämpfung und Spielsucht nicht beantworten.

3.         Die Regelungen betreffend Spielerschutz sind in allen Ländern direkt angesprochen durch den Zeugen R. N. zum Beispiel in D. massiv besser als in Österreich.

4.         Die Medien berichten ständig über einen dramatischen Anstieg der Spielsüchtigen. So wurde z. B. auf der allseits bekannten Online-Plattform www.spieler-info.at am 03.04.2015 ein Beitrag geschaltet, wonach auf Grund der Aussage von Mag. Dr. I. H., Leiterin der Suchtberatungsstelle in W. trotz des Verbotes in W. kein zahlmäßigen Rückgang der Spielsüchtigen zu beobachten ist. H. führt an, dass die Spielsüchtigen einfach umsteigen. Steigende Besucherzahl bei den Casinos Austria sind bereits zu verzeichnen, das Online-Glücksspiel wird immer attraktiver, Wettbüros freuen sich übersteigende Besucherzahlen und das benachbarte Bundesland N. sowie Spielmöglichkeiten in T., in der S. und U. werden genutzt.

H. sagt laut dieses Zeitungsberichtes auch selbst, dass allein die Anzahl der Online-Spielsüchtigen sich von 2012 auf 2014 verdoppelt hat. Weiters erläutert H. dem ORF gegenüber, dass ihrer Meinung nach das Automatenverbot (Landesausspielung) nicht dazu beiträgt, die Spielsucht einzudämmen. Im Übrigen wurde in gegenständlichem Verfahren bereits ein E-Mail nach einer Anfrage des Beschwerdeführervertreters von Frau Dr. H. sowie Auszüge aus ihren Behandlungsergebnissen vorgelegt. Auf Grund dieser Tatsache alleine steht fest, dass sich die Anzahl der Online-Spielsüchtigen von 2012 auf 2014 verdoppelt hat. Der Rechtssprechung des OGH, EUGH sowie Verwaltungsgerichtshofs folgend bedeutet das somit die Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols.

5.         Nach einer telefonischer Anfrage bei Dr. H. durch den

Beschwerdeführervertreter hat die Leiterin der Spielsuchthilfe W. bestätigt, auch per Mail (vorgelegt), dass

1)         Die Dunkelziffer der Spielsüchtigen massiv ist.

2)         Keine geregelte Finanzierung der Spielsuchteinrichtungen besteht. In D. etwa werden diese staatlich gefördert, in Österreich sind diese Einrichtungen auf freiwillige Spenden der Konzessionsinhaber angewiesen.

6.         Es gibt keine gesetzlichen Vorgaben für Spielsüchtige sowie z. B. für Drogensüchtige.

7.         Der Anteil an Spielsüchtigen steigt weiter massiv an. Diesbezüglich gab es etwa Im Jahr 2008 55 Erstkontakte zu Suchtbehandlung, 2014 60. Weiters wurden 2008 16 Beratungen durchgeführt, 2014 41; das Online-Gambling schlägt mit einer Steigerung von 11 % auf 40,7 % der Süchtigen zu Buche.

8.         Die Bundesregierung unternimmt nichts zum Thema Spielerschutz und Kriminalität. Beweis:

•           Aufstellung Dr. H. betreffend Behandlungen 2008-2014

•           Zeitungsartikel x von 17.03.2015 „Zitat H."

•           Anfrage vom 24.09.2014 XXV GB

•           Antwort D. B. von 21.11.2014 zu 2559/J XXV. GB

•           E-Mail Dr. H. vom 24.03.2015

•           ZV Einvernahme R. N.

Aus den bisher genannten Gründen steht fest, dass die Anzahl der Spielsüchtigen massiv gestiegen ist und demnach auf Grundlage der bestehenden Judikatur des Obersten Gerichtshofes unter anderem zu 4 OB 244/14g vom 20.01.2015 das im Glücksspielgesetz normierte Monopol mit Unionsrechtswidrigkeit belastet ist, da die Anzahl der Spielsüchtigen prozentuell in den letzten Jahren auch unter Bedachtnahme auf die Landesausspielungen massiv gestiegen ist.

Das in den Verhandlungen vor dem LG S. zur Zahl 2 CG 46/14 d erstattete Vorbringen der Beschwerdeführer wird unter Vorlage der jeweiligen Protokolle (Beilage ./18) auch zum Vorbringen in diesem Verfahren erhoben. Einer Verlesung der Protokolle wird bereits jetzt zugestimmt.

Die Regelungen im GSpG betreffend die Monopolregelungen und auch in weiterer Folge die aufgrund des Monopols erteilten Konzessionen sind unionsrechtswidrig und haben daher unangewendet zu bleiben. Ein Verstoß bzw. ein unerlaubter Eingriff in das Monopol ist somit unmöglich.

 

Untersuchungen haben gezeigt, dass der Spielerschutz in der momentanen Ausgestaltung nicht existent ist. So war es ua möglich in Lokalen der Konzessionsinhaber in NÖ und in den Sommermonaten 2014 für Minderjährige zu spielen und Gewinne bzw. Verluste zu lukrieren. Ebenso hat die Einholung eines Sachverständigengutachtens gezeigt, dass die im Gesetz vorgesehenen Mechanismen zur Gewährleistung von Spielerschutz nicht umgesetzt wurden.

Bei der Frage, ob ein Glücksspielmonopol überhaupt errichtet werden darf, ist zu prüfen, ob die Verfolgung einer expansionistischen Geschäftspolitik durch die mit einem Glücksspielmonopol betraute Einrichtung mit den von der Monopolregelung verfolgten Zielen im Einklang stehen kann (RS D. und O., Rz 40). Vor dem Hintergrund der soeben beschriebenen Judikatur des EuGH gilt es nunmehr zu klären, ob im Allgemeininteresse liegende zwingende Gründe bestehen, die das österreichische Glücksspielmonopol in seiner konkreten rechtlichen Ausgestaltung als adäquat und verhältnismäßig erscheinen lassen. Das österreichische Glücksspielmonopol ist als Finanzmonopol mit besonderer ordnungspolitischer Zielsetzung eingerichtet (VwGH 21.12.1985, 97/17/0175; 04.08.2005, 2004/17/0035). Das besondere Gewicht der fiskalpolitischen Intentionen des historischen Gesetzgebers ist aus den Materialien unschwer erweisbar. Aus der EuGH-Judikatur folgt jedoch, dass diese fiskalpolitischen Erwägungen nicht geeignet sind, die mit einer Monopolisierung notwendig verbundenen Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit zu rechtfertigen.

Das staatliche Monopol soll nach Ansicht der österreichischen Regierung der Kriminalitätsbekämpfung dienen (RS D. und O. Rz 52). Es ist damit zunächst zu prüfen, ob die staatlichen Kontrollen über die Tätigkeit des Inhabers des Monopols gewährleisten können, dass dieser tatsachlich in der Lage sein wird, die geltend gemachten Ziele mit einem Angebot, das nach Maßgabe dieser Ziele quantitativ bemessen und qualitativ ausgestaltet ist, in kohärenter und systematischer Weise zu verfolgen (RS D. und O., Rz 57).

In diesem Zusammenhang kann aber bereits nicht festgestellt werden, dass von 2009 bis 2012 kriminelle und betrügerische Aktivitäten im Zusammenhang mit Glücksspielen und Spielsucht in Osterreich ein erhebliches Problem darstellten. Dieses „non liquet" geht zu Lasten der klagenden Partei. Diese stützt sich in ihrem Vorbringen ua darauf, dass das österreichische Glücksspielmonopol aufgrund derartiger Probleme gerechtfertigt sei bzw. notwendig sei um diesen Zweck zu verfolgen.

Weiters ist zu prüfen, ob die Geschäftspolitik des Inhabers des Monopols sowohl hinsichtlich des Umfangs der Werbung als auch hinsichtlich der Schaffung neuer Spiele als Teil einer Politik der kontrollierten Expansion im Glücksspielsektor zur wirksamen Lenkung der Spiellust in rechtmäßige Bahnen angesehen werden kann. Die gesetzten Maßnahmen müssen darauf abzielen, die Spiellust der Verbraucher in rechtmäßige Bahnen zu lenken (RS D. und O., Rz 65 und 67).

 

Die Werbung des Inhabers des staatlichen Monopols muss deshalb maßvoll und eng auf das begrenzt bleiben, was erforderlich ist, um die Verbraucher zu den kontrollierten Spielenetzwerken zu lenken. Hingegen darf eine solche Werbung nicht darauf abzielen, den natürlichen Spieltrieb der Verbraucher zu fördern, also zur aktiven Teilnahme am Spiel anregen. Sie darf etwa das Spiel nicht verharmlosen, die Anziehungskraft durch zugkräftige Werbebotschaften erhöhen, oder bedeutende Gewinne verführerisch in Aussicht stellen. Ebenso wenig darf der Werbung wegen der Verwendung der Einnahmen für im Allgemeininteresse liegender Aktivitäten ein positives Image verliehen werden (RS D. und O., Rz 68).

Die von den Österreichischen Lotterien GmbH und den Casinos Austria AG betriebene Werbung lässt ober alle diese Vorgaben vermissen. Nicht nur, dass die Werbung aktiv zur Teilnahme am Spiel anregen soll, sie verharmlost konsequent das Spielen ganz grundsätzlich und spielt bewusst mit den Sehnsüchten der Spieler. Zugkräftige Werbebotschaften und Sexismus sind dabei ebenso an der Tagesordnung wie auch das Werben mit Aktionen, die den Unternehmen ein positives Image verleihen sollen.

Aufgrund der (aggressiven) Bewerbung der von den Monopolisten angebotenen Glücksspiele können die mit dem Glücksspielmonopol einhergehenden Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit mit Verbraucher- oder Spielerschutzerwägungen nicht gerechtfertigt werden.

Darüber hinaus kommt auch keine andere, mit dem Verbraucherschutz einhergehende Rechtfertigung im Allgemeininteresse in Betracht, da die Konzessionsvoraussetzungen des § 14 GSpG gar nicht auf eine Verhinderung von Wirtschaftsverbrechen (zB Betrug, Geldwäsche) abzuzielen scheinen. Eine Rechtfertigung scheidet sohin schon aus diesem Grund aus.

Selbst wenn man von einer Rechtfertigung ausgehen würde, so fehlt jede nachvollziehbare Begründung dafür, dass die angestrebten Zielsetzungen nur allein im Weg einer Monopolisierung erreicht werden konnten. Diese Zielsetzungen lassen sich mithin auch durch gelindere Mittel als die Monopolisierung eines ganzen Wirtschaftszweiges erreichen. So wäre es sinnvoller, anstelle einer Monopolisierung Suchtspielambulanzen finanziell zu unterstützen, damit den tatsachlich von der Glückspielsucht Betroffenen wirksam geholfen werden kann, oder Online-Seiten, auf denen gespielt werden kann, generell zu sperren, bedenkt man, dass mehreren Medienberichten zufolge gerade im Online-Bereich die Spielsucht bemerkbar ist, oder bei Sportwetten, für welche es von vorneherein keine gesetzliche Reglementierung gibt.

Dazu kommt, dass eben auch die Monopolinhaberin auf www.win2day.at Online-Glücksspiel anbietet, sohin in einem Bereich, wo das Monopol keinerlei Rechtfertigung mehr aufweisen kann, auch wenn zwar gewisse Einsatzgrenzen eingeführt sind, der monatliche Betrag, der verspielt werden kann, jedoch weit über dem Durchschnittseinkommen eines Österreichers liegt. Eine durch ein Monopol gegebene Kontrolle der Spielsucht ist daher schon durch dos Angebot der Monopolinhaberin von Onlineglückspiel gänzlich nicht mehr gewährleistet, sodass die staatlichen Kontrollen über die Tätigkeit des Inhabers des Monopols nicht mehr dazu dienen können, dass dieser tatsachlich in der Lage sein wird, die geltend gemachten Ziele mit einem Angebot, das nach Maßgabe dieser Ziele quantitativ bemessen und qualitativ ausgestaltet ist, in kohärenter und systematischer Weise zu verfolgen. Das österreichische Glückspielmonopol ist in seiner derzeitigen Ausgestaltung somit unionsrechtswidrig. Die monopolisie­renden Bestimmungen im GSpG werden daher wegen Widerspruchs gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht bei Auslandsbezug verdrängt.

Die bisherigen Ausführungen teilt auch das LG L. in seiner Entscheidung zu 1 CG 190/11 y, worin das LG L. das GSpG für unionsrechtswidrig erklärt.

Wie bereits der OGH in seiner jüngsten Entscheidung zu 4 Ob 200/14 m festgehalten hat muss nunmehr diese Unionrechtswidrigkeit aufgrund Art 7 B-VG direkt auch für Inländer gelten.

Die in der Beilage ./11 vorgelegte Auflistung zeigt, dass sich die nicht unions­rechtskonforme Werbung in Österreich seit dem Jahr 2009 häuft und die gesamte Situation eher schlechter als besser wird. Ein unabhängiges Gutachten aus dem Jahr 2015, welches auch vorgelegt wird, beleuchtet die Spielsucht­prävention in Österreich vier Jahre nach Inkrafttreten der Glücksspiel­gesetzesnovellierung 2010. Dieses Gutachten wurde erstattet von Frau MMag. M. Z., eine ausgesprochene Expertin im Bereich Glücksspielverhalten, klinische Psychologie und Gesundheitspsychologie. Frau MMag. Z. hat sich unter anderem in den Jahren 2009 bis laufend mit pathologischen Glücksspielverhalten, Suchterkrankungen insbesondere Glücksspielsucht sowie Behandlungsmöglichkeiten von pathologischen Spielern auseinandergesetzt. Ihre Qualifikation beweist sich durch zahlreiche Publikationen sowie zahlreiche orale Präsentationen. Ihren genauen CV kann man auf www.praxis-xhof.at einsehen. Der hier vorgelegte Bericht, welcher die Suchtspielprävention und die gesetzten bzw. nicht gesetzten Maßnahmen durch den Gesetzgeber aber auch die nicht vorhandene Umsetzung der Spielsuchtprävention in Österreich innerhalb der letzten Jahre (2010 - 2015) beleuchtet, kommt zu einem vernichtenden Ergebnis. So kristallisiert sich nach 15 Seiten stark kritischen Aussagen folgende Tatsache heraus:

Es geht mittlerweile nicht mehr um eine Vorreiterrolle Österreichs mit Vorbildfunktion in der Spielsuchtprävention, von der damals der zuständige Staatssekretär R. L. 2010 gesprochen hat. Es geht nunmehr vielmehr um Sicherung der Maßnahmen zur Prävention zum Spielerschutz und schließlich um eine gut organisierte Hilfeleistung für die Spielsüchtigen und ihre Familien. Das dringende Anliegen der Politik soll bei heutigem Tag heißen, kein europaweites Schlusslicht in der Spielsuchtprävention zu bilden. Schon alleine durch diesen letzten zusammenfassenden Satz steht fest, dass sowohl der Gesetzgeber wie auch die tatsächliche Umsetzung betreffend Spielerschutz nicht nur nicht vorhanden ist, sondern die Gesamtkonzeption des Gesetzes vollkommen versagt hat. So hat man z. B. am 10.12.2010 auf der unter http:\\www.spieler-info.at/article/x-spielerschutzstelle-im-finanzministerium-eingerichtet lesen können:

„Finanzstaatssekretär betont europaweite Vorbildfunktion Österreichs bei Suchtprävention im Bereich des Glücksspiels. Mehr Spielerschutz ist eines der Hauptziele des neuen Glücksspielgesetzes, das seit Sommer 2010 in Kraft ist. Erstmalig wird dadurch auch Suchtprävention und Spielerberatung gefördert...“

Wie bereits der Oberste Gerichtshof in seiner jüngsten Entscheidung zu 40b 200 -14m festgehalten hat, ist nach Durchsicht des reinen Gesetzestextes nicht von vornhinein erkennbar, dass das Gesetz keine Regelungen zum Spielerschutz trifft. Wie aber ebenfalls der OGH in der jetzt zitierten Entscheidung anführt, geht es nicht nur um die Grundintention des Gesetzgebers, sondern auch die darauf folgende tatsächliche Umsetzung und auch die Weiterentwicklung des Spielerschutzes und der Kriminalitätsbekämpfung, welche sowohl In der Praxis als auch durch den Gesetzgeber zu erfolgen haben. Sind diese Faktoren nicht gegeben - was spätestens nach Vorliegen des Gutachtens von MMag. Z. festgestellt wurde - so ist das Gesetz nicht mit den zwingenden Vorgaben des Unionsrechtes vereinbar und hat daher auf Grund bestehender Unionsrechtswidrigkeit unangewendet zu bleiben. Wie bereits eben ausgeführt, wurde im Jahr 2010 unter anderem durch den damals zuständigen Finanzstaatssekretär L. verlautbart, dass Österreich durch die erfolgte Novellierung eine Vorbildfunktion innerhalb Europas betreffend Spielerschutz und Suchtprävention einnimmt. Der eben erwähnte Finanzstaatssekretär veröffentlichte diese Meinung ebenso in seinem WEbblog unter www.x.at. Auszugsweise führt dies folgendes an:

„Seit 1. Dezember haben wir im Finanzministerium eine neue Spielerschutzstelle im Glücksspielbereich eingerichtet. Dr. D. K. leitet die neu ins Leben gerufene Spielerschutzstelle. Sie ist eine ausgewiesene Fachexpertin und hat bisher im Finanzministerium ihre Expertise als ehemalige Anwältin einfließen lassen... Dr. D. K. wird in ihrer neuen Funktion eine Schnittstelle zu Glücksspielaufsicht bilden und wird sich auch bei der Konzessionsbewertung hinsichtlich ausreichender Spielerschutzkonzepte einbringen. Eine der ersten Aufgaben dieser Stelle wird neben der Einrichtung eines Spielsuchtbeirates als Beratungsorgan sein, den Spielerschutz bei den für 2011 zu vergebenen Konzessionen umfassend einer fachlichen und wissenschaftlich fundierten Beurteilung zu unterziehen..."

Am 24.02.2011 konnte man online unter www.ots.at lesen, dass der Finanzierungsbeitrag aus Glücksspielumsätzen gesichert ist. Begründet wurde dies unter anderem damit, dass der Spielerschutz auch schon präventiv gestärkt wird durch den im Glücksspielgesetz verankerten Finanzierungsbeitrag in Höhe von ein Promille aller Glücksspielumsätze.

Mittlerweile steht fest, dass im Rückblick alle diese hoffnungsvollen Kommentare und Statements zum vorbildlich geregelten Spielerschutz nichts als reine Unwahrheiten sind. Die Hoffnungen der Spielerschutzeinrichtungen auf eine geregelte Finanzierung ihrer Arbeit wurde bis jetzt nicht erfüllt. Nach wie vor ist die Finanzierung der Spielerschutzeinrichtungen angewiesen auf freiwillige Spenden der Glücksspielanbieter. Die im Gesetz verankerten Bestimmungen wurden bis heute nicht erfüllt.

Auf jeder Fachtagung im BMF seit 2010 wird die Regelung der Finanzierung durch teilnehmende Vertreter der Spielerschutzeinrichtungen gefordert. In den Jahren 2011 bis 2013 wurde seitens des Gesetzgebers Versprechungen gemacht, dass erst mit der Anbindung der Glücksspielautomaten an das Bundesrechnungs­zentrum eine finanzielle Unterstützung erfolgen kann.

Nach der Übernahme der Leitung der Stabstelle durch Mag. A. S. (diese ersetzte Dr. D. K.) bei der Fachtagung 2014 kam die nunmehrige Leiterin der Stabstelle für Spielerschutz zu folgendem Ergebnis:

„Steuerannahmen in Österreich sind nicht zweckgebunden, daher werden sie auch nicht an Spielsuchteinrichtungen weitergeleitet."

Alleine diese Aussage aus dem Mund der Hauptverantwortlichen der Stabstelle für den Spielerschutz beweist, dass Suchtprävention und Spielerschutz in Österreich keine Rolle spielen.

Auf der ersten Fachtagung Glücksspielsucht im BMF am 20.06.2011 wurden notwendige Rahmenbedingungen betreffend effektiven Spielerschutz wie folgt dargestellt:

„Im Rahmen des Responsible Gaming muss ein Umfeld geschaffen werden, in dem es für den Konsumenten möglich ist, eine informierte Wahl zu treffen. Damit richtet sich das verantwortungsvolle Glücksspiel gleichermaßen an die Politik, an die Industrie und an den Konsumenten. Weiters wurde vom Vortragenden Prof. J. H. angeführt, dass glücksspielbezogene Probleme sich aus der Wechselwirkung zwischen spezifischen Eigenschaften eines Glücksspiels, ... des Spielers und der Verfügung von Glücksspielen ohne ausreichende Maßnahmen des Spielerschutzes ergeben. Der Vortragende Prof. H. führte zum Schluss seines Vortrages an, dass das x Modell aus dem Grund erfolgreich ist, da die staatliche Regulierung und die gesetzlichen Auflagen klar und widerspruchsfrei sind. Für den angeblich bereits umgesetzten oder zumindest angestrebten Erfolg im Responsible Gaming Bereich in Österreich würde dies Folgendes heißen:

Um eine wirksame Spielsuchtprävention zu betreiben, müssen alle beteiligten Parteien mitwirken und ihren Teil der Verantwortung übernehmen. Jugendschutz und Spielerschutz kann nur in einem gesetzlich regulierten Rahmen gesichert werden. Die ordnungsbildnerische Verantwortung übernimmt der Staat, in dem er den Glücksspielmarkt klar und widerspruchsfrei reguliert. Die Umsetzung von im Gesetz ausformulierten Auflagen muss kontrolliert und bei Nichterfüllung oder mangelhafter Umsetzung mit entsprechenden Konsequenzen sanktioniert sein. Ein Glücksspielgesetz ohne gut funktionierende Kontrolle und Sanktionen kann keine sichere Grundlage für eine wirksame Prävention gegen Spielsucht und illegale Aktivität bilden. Im Rahmen der Informationsvermittlung muss Risiko bewusst sein, für Glücksspiel in der Allgemeinbevölkerung geweckt und Spielsucht als eine behandelbare Krankheit entstigmatisiert werden. Das sind Voraussetzungen, die in den Jahren 2011 bis 2014 seitens des BMF nicht umgesetzt wurden. Darüberhinaus dies lässt sich unter anderem durch folgende Tatsachen beweisen:

Im Rahmen der ersten Fachtagung im BMF (20.6.2011) unter dem Titel „Glücksspielsucht -aktuelle Entwicklung: Epidemilogie, Prävention und Spielerschutz in Österreich, D. und der S." stellte die Leiterin der neu eingerichteten Stabstelle für Suchtprävention und Suchtberatung im BMF Frau Dr. D. K. Kernpunkte des Glücksspielgesetzes 2010, das Tätigkeitsprofil und die im Gesetz verankerten Aufgaben der neuen Einheit vor. Mit neuer Einheit ist die Suchtpräventionsstelle im BMF gemeint. Folgende Aufgaben der Stabstelle wurden genannt:

1.         Unterstützung der Suchtforschung im Bereich Glücksspiel

2.         Erarbeitung und Vorstellung von besten Praxismodellen (Zusammenarbeit von Spielerschutzeinrichtungen und Glücksspielkonzessionären

3.         Erarbeitung von Qualitätsstandards hinsichtlich Spielerschutzeinrichtungen

4.         Erarbeiten einer Verordnung zu Errichtung des Spielerschutzbeirates und Errichtung des Beirates

5.         für 2012 die Ausrichtungen der österreichweiten Antistigmakampagne

6.         bis Ende 2013 Folgestudien Epidemilogie

7.         im Jahr 2013 österreichweite Aufklärungs- und Informationskampagne zu Glücksspielsucht

8.         2014 Evaluierung der Wirksamkeit der Spielerschutzmaßnahmen im Glücksspielgesetz 2010 gemäß § 60 Abs. 2 Ziff. 5 GSpG

Fest steht, dass die Umsetzung dieser Punkte bis heute gänzlich ausständig ist. Dies beweist sich auch dadurch, dass 2012 das BMF eine Umfrage zum Wissenstand der Allgemeinbevölkerung zum Glücksspiel, Glücksspielsucht und Änderungen im Glücksspielgesetz in Auftrag gegeben wurde. Hierbei stellte sich heraus, dass etwas über die Hälfte der Österreicher denkt, dass die Jugend in unserem Land nicht bzw. wenig vor den negativen Folgen des Spielens geschützt ist. Obwohl 80 % der befragten Österreicher und Österreicherinnen Spielsucht als eine Krankheit erkennen, können sechs von zehn Personen spontan keine Stelle nennen, an die sich Spielsüchtige wenden können. Fazit aus dieser Umfrage, die von Dr. D. K. auf der zweiten Fachtagung im BMF 2012 präsentiert wurde, war:

„Das tatsächliche Wissen zur Veränderung ist gering; subjektiver Wissenstand zum Glücksspiel und zu Änderungen Verschärfungen unzureichend. Aufklärungs- und Informationskampagne ... gerichtet an Bevölkerung und Spieler ist notwendig!"

Es läßt sich erkennen, dass die Stabstelle für Spielerschutz eine Umfrage/Studie finanzieren musste, um einen Beweis dafür zu haben, dass eine Aufklärungs- und Informationskampagne zum Glücksspiel, Glücksspielsucht und Änderungen des Glücksspielgesetzes notwendig ist. Diese Notwendigkeit wurde im Mai 2012 kostenaufwendig nachgewiesen, eine Aufklärungskampagne wurde bis heute nicht umgesetzt. Weitere große gravierende Mängel insbesondere auch im Bereich Jugendschutz, welcher als Priorität im Glücksspielgesetz durch den Gesetzgeber ausgewiesen wurde, ergeben sich unter anderem aus einer Studie aus dem Jahr 2013 zum Thema Nutzung von Glücksspielen von Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Österreich. Ergebnisse aus dieser Studie belegen, dass der Jugendschutz bei Lotterieprodukten äußerst mangelhaft ist. Diese Fakten, welche sich ebenfalls aus dem Gutachten MMag. Z. ergeben, decken sich auch mit den Aussagen von R. N., Institut für Glücksspiel und Abhängigkeit in S.

Zum Schluss geht Frau MMag. Z. darauf ein, dass die Frage der Finanzierung und Betreuung bzw. Behandlung von Spielsüchtigen in Österreich nach wie vor ungeklärt ist. Als Vergleichsbeispiel dazu gibt es staatliche Unterstützung für Spielerschutzeinrichtungen in D. durch den Staat selbst, in Österreich ist dies nach wie vor nicht umgesetzt. Zusammenfassen läßt sich folgendes festhalten:

Die Werbung der österreichischen Lotterien sowie der Casinos Austria AG entsprechen nicht dem Koherenzgebot der Unionsrechtssprechung.

Die einzige Rechtfertigung für die Bildung eines Glücksspielmonopols, auf welchem das Glücksspielgesetz fusst, ist, dass der Spielerschutzgedanke und die Kriminalitätsbekämpfung einzig und allein durch dieses Monopol umgesetzt werden können. Diesbezüglich wurde nunmehr zweifelsfrei unter anderem durch das vorgelegte Konvolut an Werbeeinschaltungen der Konzessionäre, durch die Auflistung unzulässiger Glücksspielwerbung und der Zugrundelegung der vom OGH aufgestellten Kriterien, durch die zeugenschaftliche Einvernahme von R. N., durch die zeugenschaftliche Einvernahme von R. R. sowie durch die Vorlage des Gutachtens der klinischen Psychologin der MMag. M. Z. eindeutig nachgewiesen, dass das Monopol nicht im geringsten die gebotenen Zielsetzungen, nämlich jene des Spielerschutzes und der Kriminalitätsbekämpfung verfolgen. Der Gesetzgeber geht noch weiter und hüllt den einzigen Paragraphen, der eine strafrechtliche Verfolgung des illegalen Glücksspiels möglich macht, so aus, dass dieser nicht mehr angewendet werden kann. Spielerschutzeinrichtungen werden einzig und allein durch Glücksspielanbieter finanziert. Die Stabstelle für Spielerschutz kommt ihren geforderten Aufgaben in keinster Weise nach. Die Umsetzung der angekündigten Themen und Tätigkeitsgebiete betreffend Spielerschutz ist seit dem Jahr 2010 vollkommen ausgeblieben. Auch die tatsächliche Kontrolle der Konzessions­inhaber funktioniert nicht. Der beauftragte Privatdetektiv konnte stichprobenartig problemlos mit Minderjährigen in Lokale aller Konzessionsinhaber Glücksspiel­produkte konsumieren. Eine darüber hinaus gehende betreiberübergreifende Spielerkarte wurde bis heute trotz vehementen Forderungen nicht umgesetzt. Das heißt in der Praxis kann man neuen Stunden am Stück bei allen (drei Stunden pro Konzessionsinhaber in Oberösterreich) spielen. Fällt das Ende dieser neun Stunden genau auf den Tagessprung, um Mitternacht kann dann bis zu einer durchschnittlichen Öffnungszeit von vier Uhr morgens erneut bei den ersten beiden Konzessionsinhabern weiter spielen. Dies führt zu einer maximalen Spieldauer ununterbrochen am Stück von 13 Stunden. Auch hier sieht man, dass einer der Spielerschutzgedanken in Österreich nicht im Geringsten ein wichtiges Anliegen des Gesetzgebers ist.

 

Schließlich spricht auch die jüngst erfolgte Novellierung des GSpG durch BGBl. Nr. I 13/2014 deutlich gegen die Annahme, dass das illegale Glücksspiel ein maßgebliches Kriminalitätsproblem darstellt. Angesichts dessen, dass § 52 Abs. 2 GSpG in seiner zuvor maßgeblichen Fassung festlegte, dass bei einem Einsatz von mehr als 10 Euro pro Spiel ex lege von einer nicht bloß behördlich, sondern vielmehr von einer gerichtlich strafbaren Handlung nach § 168 StGB auszugehen war, ordnet nämlich § 52 Abs. 3 GSpG in seiner nunmehr geltenden Fassung an, dass ein Beschuldigter dann, wenn er durch seine Tat sowohl den Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 52 GSpG als auch den Tatbestand des § 168 StGB verwirklicht hat, nur nach den Verwaltungsstrafbestimmungen des § 52 GSpG zu bestrafen ist. Im Ergebnis wird damit aber objektiv besehen eine vergleichsweise ganz essentielle Einschränkung des rechtspolitischen Unwerturteils zum Ausdruck gebracht, knüpfen sich doch an eine bloß behördliche Bestrafung wesentlich geringfügigere Folgen als an eine strafgerichtliche Verurteilung. Eine derartige gesetzgeberische Maßnahme wäre schon unter dem Aspekt des Sachlichkeitsgebotes des Gleichheitsgrundsatzes freilich nicht vertretbar, wenn die Kriminalität und/oder die Spielsucht im präjudiziellen Zeitraum tatsächlich ein erhebliches Problem darstellt bzw. dargestellt hätte. Dass dies objektiv nicht zutraf, wird im Übrigen auch aus den Gesetzesmaterialien, in denen die geringe Zahl strafgerichtlicher Verurteilungen (insgesamt nur 13 in zwei Jahren) sogar ausdrücklich hervorgehoben wird, deutlich, wenngleich mit den dort - in zumindest fahrlässig irreführender Weise - verwendeten Begriffen „Kriminalität" und „Verurteilungen" die gerichtliche einerseits und die behördliche Strafbarkeit andererseits in unzulässiger Weise gleichgesetzt werden. Vielmehr resultiert insgesamt und objektiv besehen zweifelsfrei, dass die Novelle BGBl. Nr. I 14/2013 ausschließlich den Zweck einer verfahrensrechtlichen Effizienzsteigerung zur Sicherung des bestehenden Monopolsystems verfolgte.

Dies erhärtet sich durch den Bericht 111-104 der Beilagen XXV. GP - Bericht - Hauptdokument mit folgendem Inhalt:

 

StGB 2015 - Bericht der Arbeitsgruppe zum Thema § 168 Glücksspiel:

§ 168. (1) Wer ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet oder eine zur Abhaltung eines solchen Spieles veranstaltete Zusammenkunft fördert, um aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, es sei denn, dass bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird.

(2) Wer sich gewerbsmäßig an einem solchen Spiel beteiligt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.

Empfehlung der Arbeitsgruppe:

Die Arbeitsgruppe spricht sich einhellig für die Streichung des § 168 StGB aus. Ausgangssituation:

In der Praxis traten bei der Frage der Anwendbarkeit des § 168 StGB zum einen Abgrenzungsschwierigkeiten zu § 52 Glücksspielgesetz, und zum anderen Probleme im Zusammenhang mit der Diskussion um die Europarechtskonformität der Monopolregeln im Glücksspielgesetz auf.

Mit dem Abgabenänderungsgesetz 2014 (BGBl. I Nr. 13/2014) wurde § 52 Abs. 3 Glücksspielgesetz wie folgt geändert: „Ist durch eine Tat sowohl der Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 52 als auch der Tatbestand des § 168 StGB verwirklicht, so Ist nur nach den Verwaltungsstrafbestimmungen des § 52 zu bestrafen." Diese Änderung trat mit 1.3.2014 in Kraft.

In der Arbeitsgruppe diskutierte Vorschläge:

Streichung des § 168 StGB

 

Erwägungen:

Durch die Änderung im Glücksspielgesetz fällt der Hauptanwendungsbereich des § 168 StGB aufgrund des Vorranges des Verwaltungsstrafrechtes weg. Für die wenigen Fälle, die nur unter § 168 StGB zu subsumieren wären, ist die strengere gerichtliche Ahndung im Gegensatz zu den anderen Fällen, in denen nunmehr lediglich eine verwaltungsrechtliche Ahndung vorgesehen ist, nicht zu rechtfertigen.

Schon alleine aus dem Wortlaut des Berichtes geht eindeutig hervor, dass die strafrechtliche Konsequenz stärker zu bewerten ist als die verwaltungsstrafrechtliche. Wird somit § 168 StGB gestrichen so steht fest, dass es dem Gesetzgeber nicht notwendig erscheint illegales Glückspiel strafrechtlich zu sanktionieren.

Es lässt sich daher festhalten, dass ein verifizierbarer Nachweis dafür, dass die Kriminalität (in jener vom EuGH verstandenen Bedeutung) und/oder die Spielsucht im präjudiziellen Zeitraum tatsächlich ein erhebliches Problem darstell(t)e(n), objektiv besehen - und entgegen den vom EuGH in seinen Urteilen vom 9. September 2010, C 64/08, und vom 15. September 2011,
C 347/09, aufgestellten Kriterien - nicht vorliegt. Fehlt es aber schon an dieser Voraussetzung, so entfällt damit auch die Möglichkeit der nach dieser höchstgerichtlichen Judikatur erforderlichen Klärung der Frage, ob diesem Problem insbesondere nur durch ein Monopolsystem mit kontrollierter Expansion von zugelassenen Spieltätigkeiten hätte abgeholfen werden können.

Zudem ergibt sich aus den einschlägigen Gesetzesmaterialien, dass eine Einnahmenmaximierung zugunsten der öffentlichen Haushalte - wenn nicht das ausschließliche, so doch - ein Hauptziel (und nicht, wie die Österreichische Bundesregierung in ihrer Stellungnahme vom 11. Dezember 2012 ausführte, „bloß eine erfreuliche Nebenwirkung") der GSpG-Novelle BGBl. Nr. I 73/2010 war. Denn die Motivation des Gesetzgebers lag objektiv besehen zweifelsfrei - jedenfalls auch - darin, im Wege der gleichzeitigen Novellierung des Finanzausgleichsgesetzes 2008 die Staatseinnahmen zu erhöhen (vgl. 657 BlgNR, 24. GP, insbes. S. 1,3 ff u. 11 f, sowie 981 BlgNR, 24. GP, insbes. S. 148).

Auf Grund der gegenwärtigen Faktenlage resultiert sohin als Ergebnis, dass das im GSpG verankerte Monopolsystem nur vordergründig das Ziel des Spielerschutzes und nicht wirklich das Ziel der Kriminalitätsbekämpfung, sondern in erster Linie vielmehr das Ziel einer Maximierung der Staatseinnahmen verfolgt, sodass sich vor diesem Hintergrund die derzeit bestehende Monopolregelung in Verbindung mit dem unter einem zu dessen Effektuierung institutionalisierten strikten Sanktionensystem insgesamt besehen unver-hältnismäßig ist.

Entsprechend den vom EuGH in seinem Urteil vom 30. April 2014, C 390/12, getroffenen Feststellungen (vgl. RN 54 bis 56) widerspricht daher eine solche nationale Regelung dem Art. 56 AEUV (sowie den Art. 15 bis 17 EGRC), wobei sich vor dem Hintergrund der Unvereinbarkeit des Monopolsystems des GSpG als solchem auch das darauf fußende Sanktionensystem als unionsrechtswidrig erweist.“

 

Es wurde die Einvernahme der eingangs erwähnten Zeugen beantragt. Als Urkunden wurde vorgelegt:

•           Antrag auf Vorabentscheidung (Beilage ./l);

•           Urteil LG F. (Beilage ./2);

•           Einstellungsbeschluss vom 28.1 .2014 (Beilage ./3);

•           Ladung zur Beschuldigtenvernehmung (Beilage ./4);

•           Urteil EuGH vom 30.4.2014 (Beilage ./5);

•           Entscheidung des LVwG 00 vom 9.5.201 4 (Beilage ./6);

•           Beschluss LG W. zur Zahl 36 CG 138/ 14t vom 10.06.201 4
(Beilage ./7);

•           Beschluss des LG L. zur Zahl 4 CG 54/14 z vom 02.06.201 4
(Beilage ./8);

•           Beschluss des LG L. zur Zahl 1 CG 70/14 f vom 30.05.201 4
(Beilage ./9);

•           Auflistung unzulässiger Glückspielwerbung unter Zugrundelegung der von EuGH aufgestellten Kriterien (Beilage ./10)

•           Konvolut an Werbeeinschaltungen der Konzessionäre (Beilage ./ 11);

•           Sachverständigengutachten MMag. M. Z. (Beilage ./ 12) Urteil LG L. zu 1 CG 190/1 ly (Beilage ./13)

•           Übersicht über Spielsuchthilfe 2008 -2014 (Beilage ./l 4)

•           Zeitungsartikel x vom 17.03.2015 (Beilage ./15)

•           Anfrage Nationalrat vom 24.09.2014 samt Beantwortung (Beilage ./16)

•           E-Mail Dr. H. vom 24.3.2015 (Beilage ./17)

•           Protokolle der Verhandlungen vor dem LG S. zur Zahl 2 CG 46/14 d (Beilage ./18)

•           Urteil des LVwG Oberösterreich vom 29.5.2015 (Beilage ./l 9)“

 

Die Feststellungen zum Glücksspielverhalten, inklusive des problematischen und pathologischen Spielverhaltens ergeben sich aus der Studie „Glücksspielverhalten und Glücksspielprobleme in Österreich – Ergebnisse der Repräsentativerhebung 2015“ von Dr. K. und Prof. Dr. W. vom Institut für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung in H. In dieser Studie ist die Erhebungs- und Auswertungsmethodik nachvollziehbar dargelegt, es sind aus Sicht des erkennenden Gerichts im Verfahren keine Bedenken hinsichtlich der Richtigkeit dieser Studie hervorgekommen. Die Feststellungen zu den Tätigkeiten des BMF, der Finanzpolizei und der Konzessionäre sowie die Feststellungen zur Anbindung an das B. gründen vor allem auf den Angaben des BMF im Glücksspielbericht 2010-2013 und im Evaluierungsbericht des BMF zu den Auswirkungen des Glücksspielgesetzes 2010-2014. Aus Sicht des erkennenden Gerichts bestehen hinsichtlich der diesbezüglichen Ausführungen in der den Berichten keine Bedenken gegen die Richtigkeit, zumal auch davon auszugehen ist, dass das BMF über den Inhalt und Umfang der Tätigkeiten der Behörden Kenntnis hat und aufgrund der Funktion als Aufsichtsbehörde auch über bestimmte Tätigkeiten der Konzessionäre informiert ist. Gründe dafür, dass vom BMF diesbezüglich auf Tatsachenebene falsche Auskünfte gegeben worden wären, sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

 

4.           Rechtliche Erwägungen zur maßgeblichen Rechtslage und zum Einwand, das österreichische Glücksspielgesetz müsse unangewendet bleiben:

 

4.1.      Die Bf bringen vor, das GSpG sei unionsrechtswidrig und dürfe nicht angewendet werden. Wie der Verwaltungsgerichtshof in stRsp festhält, ist, um zu einer derartigen Beurteilung zu gelangen, zunächst die Frage zu beantworten, ob das Unionsrecht im konkreten Fall überhaupt anzuwenden ist, was auf Sachverhalte ohne Auslandsbezug nicht zutrifft (vgl VwGH vom 29.05.2015, GZ 2012/17/0178). Es ist zu prüfen, ob sich der Bf im vorliegenden Fall auf die Dienstleistungsfreiheit (Art 56 AEUV) oder die Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV) berufen kann. Der Anwendungsbereich der Dienstleistungsfreiheit ist insofern eingeschränkt, als sie gemäß Art. 57 AEUV der Niederlassungsfreiheit nachrangig ist. Bei der Abgrenzung zur Niederlassungsfreiheit kommt es auf die Dauer und Verfestigung der Tätigkeit im Ausland an: Die Dienstleistungsfreiheit nimmt derjenige in Anspruch, der sich nur vorübergehend in einen anderen Mitgliedstaat begibt. Er lässt sich dort gerade nicht nieder und ist dementsprechend nicht fest in die dortige nationale Volkswirtschaft integriert. Für diese Abgrenzung zwischen vorübergehender und verfestigter Tätigkeit haben sich in der Rechtsprechung des EuGH einige Indikatoren herausgebildet. Neben Dauer, Häufigkeit, Regelmäßigkeit und Kontinuität der Auslandstätigkeit kann auch eine infrastrukturelle Verfestigung (etwa in Form eines Büros) gegen den vorübergehenden Charakter einer Dienstleistungstätigkeit sprechen, wenn die Einrichtung nicht nur vorübergehend zur besseren Bewältigung einer konkreten Einzeldienstleistung erforderlich ist und unterhalten wird.

 

4.2.        Einzige Person mit Auslandsbezug ist im ggst. Fall die G. s.r.o. Die G. ist eine x s.r.o., die nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs mit einer österreichischen GmbH vergleichbar ist (VwGH 21.12.2012, 2012/17/0417). Durch die Bf, die ihren Sitz in Österreich hat, liegt nach der Judikatur des VwGH (vgl. hierzu etwa VwGH 27.04.2012, 2011/17/0046 und VwGH 15.12.2014, Ro 2014/17/0121) kein Sachverhalt vor, der die Anwendung der unionsrechtlichen Grundfreiheiten begründen würde.

 

4.3.        Zur Niederlassungsfreiheit:

 

4.3.1. Damit ein Eingriff (oder streng genommen eine Beschränkung) der Niederlassungsfreiheit angenommen werden kann, musste nach der alten Rechtsprechung des EuGH eine Diskriminierung, also eine Ungleichbehandlung (sei es eine offene oder verdeckte) vorliegen, vgl. etwa EuGH, Rs. C-61/89. Die neuere Rechtsprechung des EuGH ist offener für einen weiten Beschränkungs­begriff und kategorisiert deshalb teilweise auch Regelungen, die unterschiedslos für Inländer wie Ausländer gelten, als Eingriff in den Schutzbereich des Art. 49 AEUV Beschränkungsverbots setzte sich mit der Rechtssache in G. (EuGH, Rs. C-55/94) fort. Gleichwohl tendiert der EuGH bei der Niederlassungsfreiheit insbesondere bei steuerrechtlichen Regelungen eher zum Maßstab des Diskriminierungsverbots, vgl. EuGH, Rs. C­446/0. Auch neuere Fälle zeigen, dass der EuGH bei der Annahme eines allgemeinen Beschränkungsverbots bei Art. 49 AEUV zurückhaltender als etwa bei der Waren- und Dienstleistungsfreiheit vorgeht, vgl. etwa EuGH, Rs. C-656/08.

 

4.3.2. Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Urteil vom 6. Dezember 2012,
B 1337/11, festgehalten hat, ist es Ziel der gesetzlichen Beschränkungen hinsichtlich der Glücksspielkonzessionen, Straftaten zu verhindern, eine übermäßige Anregung zur Teilnahme am Glücksspiel durch unreglementierte Konkurrenz zu vermeiden und zu verhindern, dass das Glücksspiel ausschließlich zu gewerblichen Gewinnzwecken veranstaltet wird, wobei die strenge Mindestkapitalvorschrift Konzessionswerber vom Markt abhalten soll, die gegebenenfalls mit Hilfe illegaler Geschäfte die finanziellen Voraussetzungen für die Veranstaltung von Glücksspiel schaffen wollen. Im Hinblick auf diese von der österreichischen Rechtsordnung verfolgten Ziele und die sich aus der Rechtsprechung des EuGH ergebende Aufgabe der einzelnen Mitgliedstaaten, im Bereich des Glücksspielwesens im Einklang mit ihrer eigenen Wertordnung zu beurteilen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der betroffenen Interessen ergeben, erscheint die Bestimmung des § 14 Abs. 2 Z. 3 GSpG über das eingezahlte Stamm- oder Grundkapital jedenfalls nicht unvereinbar mit dem Unionsrecht (VwGH vom 7. März 2013, GZ 2011/17/0304).

 

4.3.3. Die G. s.r.o. verfügt über eine Zweigniederlassung in Österreich, weshalb schon deshalb allenfalls die Niederlassungsfreiheit und nicht die Dienstleistungsfreiheit maßgeblich ist. Im gegenständlichen Verfahren ist nicht hervorgekommen, dass die erwähnte Gesellschaft über jenes Stamm- oder Grundkapital verfügen würde, welches gemäß § 21 Abs. 2 Z 3 GSpG als zwingendes Erfordernis für die Erteilung einer Konzession nach dem GSpG Voraussetzung ist. Auch im vorliegenden Fall hat diese Gesellschaft ähnlich der Entscheidung des Verwaltungsgerichthofes vom  21.12.2012, 2012/17/0417, „gar nicht behauptet [...], über ein ausreichendes Grund- bzw. Stammkapital bzw. über einen Aufsichtsrat zu verfügen“, sodass auch gegenständlich entsprechend der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes davon auszugehen ist, dass sie schon deswegen keine Konzession nach § 21 GSpG erlangen konnte, weil sie grundsätzlich zulässige Rechtsform- und Kapitalerfordernisse nicht erfüllt und sie daher nicht unter Verstoß gegen das Unionsrecht davon abgehalten werden konnte, eine Konzession zu erlangen.

 

4.3.4. Es wurde im Verfahren nicht behauptet, dass sich die G. s.r.o. um eine Konzession in Österreich bemüht hätte. Eine Konzession könnte ihr mangels ausreichendem Kapital (Stamm- oder Grundkapital von mindestens 109 Millionen Euro iSd § 14 Abs. 2 Z 3 GSpG bzw. 22 Millionen Euro iSd § 16 Abs. 2 Z 3 GSpG)  auch nicht erteilt werden. Die nicht diskriminierenden Bestimmungen des GSpG stehen im Einklang mit der Niederlassungsfreiheit.

 

4.4.      Zur Dienstleistungsfreiheit:

 

4.4.1. Geht man davon aus, dass die G. s.r.o. über keine Niederlassung verfügt, wäre die Dienstleistungsfreiheit zu prüfen. Die Dienstleistungsfreiheit umfasst Leistungserbringungen bei vorübergehendem Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat. Unternehmer der 28 Mitgliedstaaten der EU, die in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen sind und dort eine Tätigkeit befugt ausüben, dürfen diese Tätigkeit vorübergehend und gelegentlich unter den gleichen Voraussetzungen wie Inländer in Österreich ausüben. (Dienst­leistungsfreiheit). Die G. s.r.o. könnte abgesehen davon die Dienst­leistungsfreiheit nur dann in Anspruch nehmen, wenn sie nach x Recht zu Ausspielungen befugt wäre.  Es wurde im Verfahren nicht behauptet und hat sich auch sonst nicht ergeben, dass die G. s.r.o. in der x Republik zur Durchführung von Ausspielungen im Sinne des Glückspielgesetzes berechtigt oder konzessioniert wäre.

 

4.5.      Zur Zielsetzung und den tatsächlichen Wirkungen des GSpG:

 

4.5.1. Im Ergebnis stehen weder Dienstleistungs- noch Niederlassungsfreiheit einer Bestrafung entgegen. Würde man entgegen der Ansicht des LVwG von einem Anwendungsfall der Dienstleistungsfreiheit oder der Niederlassungsfreiheit ausgehen, wäre nach der Rsp des VwGH Folgendes zu beachten: Der Europäische Gerichtshof hat mit seinen Urteilen vom 15. September 2011, Rs
C-347/09 (D. und Ö.), und vom 30. April 2014, Rs C-390/12 (P.), die unionsrechtliche Zulässigkeit des Glücksspielmonopols nicht nur von der Zielsetzung des Gesetzgebers - Spielerschutz und Kriminalitätsbekämpfung - sondern auch von der tatsächlichen Wirkung der Regelungen abhängig gemacht. Im Zuge eines amtswegigen Ermittlungsverfahrens wäre zu prüfen, ob die Regelungen des Glücksspielgesetzes in ihrer Gesamtheit dazu führen, dass die Gelegenheit zum Spiel verringert und die damit verbundene Kriminalität bekämpft wird. Dies wäre beispielsweise dann nicht erfüllt, wenn es trotz der restriktiven Ausgestaltung des Glücksspielrechts in den letzten Jahren zu einer Ausweitung der Spielsucht samt der damit verbundenen Probleme gekommen wäre (vgl VwGH vom 24. April 2015, Ro 2014/17/0126). Grundsätzlich ist die Vereinbarkeit von nationalem Recht mit Unionsrecht als Rechtsfrage von Amts wegen zu prüfen, sodass sich Fragen zu einer Darlegungspflicht (Behauptungslast) nicht stellen. Können aber bei Regelungen, bei denen   wie hier sowohl der Wortlaut und als auch die erklärte Zielsetzung des Gesetzgebers gegen die Annahme eines Unionsrechtsverstoßes sprechen, ausnahmsweise tatsächliche Umstände zu einem anderen Ergebnis führen, so hat sich diese Prüfung grundsätzlich an diesbezüglichen Parteienbehauptungen zu orientieren (Vgl OGH 20.01.2015 4Ob200/14m; 4Ob231/14w; 4Ob32/15g; 4Ob10/15x; 4Ob230/14y; 4Ob243/14k; 4Ob244/14g; 4Ob229/14a; 4Ob33/15d; 4Ob6/15h; 4Ob68/15a; 4Ob55/15i; 4Ob97/15s).

 

4.5.2. Gemäß Art 52 iVm 62 AEUV können mitgliedstaatliche Eingriffe in die Freiheiten aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sein. Auch Beschränkungen von Glücksspieltätigkeiten können nach dem EuGH (vgl. etwa Rechtssache P. ua, C-390/12 mwN) durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein. Von den Mitgliedstaaten auferlegte Beschränkungen haben der vom EuGH aufgestellten Voraussetzungen Rechnung zu tragen. Sowohl Beschränkungen der Nieder­lassungsfreiheit als auch Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit können durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein, wenn sie geeignet sind, die Verwirklichung dieser Ziele in dem Sinn zu gewährleisten, dass sie kohärent, systematisch und verhältnismäßig sind (vgl. EuGH Rechtssache G., C-243/01; siehe weiters EuGH Rechtssache D. und Ö., C-347/09; EuGH Rechtssache P.,
C-390/12; VwGH 29.05.2015, Ro 2014/17/0049; VwGH 15.12.2014, Ro 2014/17/0121).

 

4.5.3. Wie sich aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt, weisen in Österreich zwischen 0,34% und 0,60% der Bevölkerung ein problematisches Spielverhalten auf, und es sind (Stand 2015) zwischen ca. 27.600 bis ca. 46.000 Personen spielsüchtig. Die Spielsucht stellt daher in Österreich ein relevantes Problem dar. Durch das im GSpG geregelte Glücksspielmonopol sollen unter anderem die Gelegenheiten zum Spiel vermindert, die Ausnutzung der Spielleidenschaft begrenzt und der Spielerschutz gewährleistet werden (vgl. in diesem Zusammenhang etwa die §§ 5, 14, 16, 19, 21, 22, 25, 26, 31 und 56; so ausdrücklich auch die erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zur Novelle BGBl I Nr. 73/2010; in diesem Sinne auch bereits die Rsp der österreichischen Höchstgerichte siehe etwa VfGH 06.12.2012, B1337/11 ua; VfGH 12.3.2015, G 205/2014-15 ua; VwGH 7.03.2013, 2011/17/0304, VwGH 4.11.2009, 2009/17/0147; OGH 20.3.2013, 6 Ob 118/12i; 17.02.2015, 4 Ob 229/14a: Aus den gesetzlichen Bestimmungen als solchen sei nicht abzuleiten, dass die Ausgestaltung des Glücksspielrechts nicht dem Ziel des Spielerschutzes und der Kriminalitätsbekämpfung diente). Diese Zielsetzungen vermögen daher eine Beschränkung der Glücksspieltätigkeiten im Sinne der Rsp des EuGH zu rechtfertigen. Dem evidenten Spielsuchtproblem in Österreich soll gerade auch durch das im GSpG geregelte Monopol entgegengetreten werden, wobei es sich bei der Normierung eines Monopolsystems um eine geeignete Maßnahme handeln kann, um den negativen Erscheinungen unkontrollierten Glücksspieles entgegen zu wirken (vgl. EuGH Rechtssache P., C-390/12 RZ 41).

 

4.5.4. Es ist daher zu prüfen, ob die im GSpG normierten Beschränkungen der Glücksspieltätigkeit in ihren Wirkungen tatsächlich geeignet sind, dieses Ziel in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen. Hinsichtlich der Eignung der im GSpG normierten Beschränkungen der Glücksspieltätigkeit zur Erreichung der genannten Ziele in kohärenter und systematischer Weise ist nicht nur zu prüfen, welche gesetzlichen Vorgaben geregelt sind, sondern auch wie diese ungesetzt werden.

 

4.5.5. Das GSpG regelt einerseits die Anforderungen an die Erteilung einer Konzession oder Bewilligung zur Durchführung von Ausspielungen sowie deren Einhaltungsvoraussetzungen, andererseits stellt es Ausspielungen, die ohne Konzession oder Bewilligung durchgeführt werden, unter Strafe und ordnet dazu konkrete Verfolgungsmaßnahmen an. Somit geht aus dem GSpG klar hervor, dass nur jene Glücksspielbetreiber legal Glücksspiele in Form von Ausspielungen anbieten können, die einerseits Inhaber einer Konzession oder Bewilligung sind und andererseits die damit verbundenen Anforderungen fortlaufend erfüllen. Es liegt auf der Hand, dass eine beschränkte Zahl von Konzessionären effektiver zu überwachen ist als eine unbeschränkte Anzahl an Anbietern (vgl auch VfGH 6.12.2012, B 1337/11) und somit das im GSpG normierte Konzessions- und Bewilligungssystem dem Spielerschutz dienlich ist. Auch der OGH führte bereits aus, dass aus den gesetzlichen Bestimmungen als solchen nicht abzuleiten sei, dass die Ausgestaltung des Glücksspielrechts nicht dem Ziel des Spielerschutzes und der Kriminalitätsbekämpfung diente (OGH 17.02.2015, 4 Ob 229/14a). Auch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts sahen in jüngeren Entscheidungen keine Veranlassung für eine unionsrechtsbedingte Nichtanwendung, amtswegige Gesetzesprüfung oder Anfechtung der Verbotsbestimmungen des Glücksspiel­gesetzes (siehe etwa VfGH G 82/12, VfSlg 19.749; B 615/2013; VwGH Ro 2014/17/0120, 0121 und 0123; Ro 2014/02/0026; Z 2012/17/0440). Die österreichischen Höchstgerichte gehen demnach (bislang) davon aus, dass die gesetzlichen Vorgaben des GSpG geeignet sind, die festgelegten Ziele zu verfolgen.

 

4.5.6. Durch die zur Vollziehung berufenen Behörden erfolgt auch einerseits die Kontrolle der Einhaltung der Anforderungen an die Konzessionäre und andererseits die tatsächliche Verfolgung und Ahndung von illegalem Glücksspiel.

 

4.5.7. Durch Bedienstete des Bundesministeriums für Finanzen bzw. des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel werden stich­probenartig und unangekündigt Spielbankbetriebe nach abgabenrechtlichen und ordnungspolitischen Gesichtspunkten einer Überprüfung auf Einhaltung der gesetzlichen Regelungen unterzogen (sogenannte „Einschau“). Solche Einschauen erfolgen mehrmals jährlich stichprobenartig und unangekündigt durch Bedienstete der BMF-Fachabteilung bzw. des Finanzamt für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel (FAGVG). Neben der Beaufsichtigung des legalen Glücksspiels kommt es auch zur Bekämpfung des illegalen Glücksspiels. So gab es etwa im Jahr 2010 226, 2011 657, 2012 798, 2013 667 und 2014 (bis 3. Quartal) 310 Kontrollen nach dem Glücksspielgesetz, wobei im Jahr 2010 271, 2011 1854, 2012 2480, 2013 1299 und 2014 (bis 3. Quartal) 625 Glücksspielgeräte von der Finanzpolizei vorläufig beschlagnahmt wurden. Bereits aufgrund dieser vorläufigen Beschlagnahmen wurden aber grundsätzlich weitere Glücksspiele mit betroffenen Glücksspielgeräten (zumindest für die Dauer der Aufrechterhaltung der Beschlagnahme) verhindert und insoweit die Zugänglich­keit zu Ausspielungen beschränkt.

 

4.5.8. Beim BMF wurde mit 1.12.2010 eine Spielerschutzstelle eingerichtet. Zu den Aufgaben der BMF-Stabsstelle für Spielerschutz gehören insbesondere folgende Punkte: Fachliche Beurteilung von Spielerschutzkonzepten der Bundes­konzessionäre, Aufklärungs- und Informationsarbeit über die Risiken des Glücksspiels, Schaffung einer besseren Datenlage über die Behandlung und Beratung von Patientinnen durch Spielsuchteinrichtungen in Österreich, Evaluierung der GSpG-Novelle 2010 bis zum Jahr 2014 für den Bereich des Spielerschutzes, Unterstützung der Suchtforschung im Bereich des Glücksspiels, Erarbeitung von Qualitätsstandards hinsichtlich Spielerschutzeinrichtungen im Sinne des Glücksspielgesetzes und Erarbeitung eines Anerkennungsverfahrens für diese, bessere Koordinierung der Arbeit der Spielerschutzeinrichtungen und Erarbeitung/Vorstellung von Best-Practice-Modellen einer Zusammenarbeit zwischen Konzessionären und Bewilligungsinhabern sowie unabhängigen Spieler­schutzeinrichtungen, regelmäßiger Erfahrungsaustausch und Dialog zwischen Suchtberatung und Glücksspielaufsicht.

 

4.5.9. Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich ferner, dass durch die GSpG-Novellen 2008/2010 die Anbindung von Glücksspielautomaten und Video­lotterieterminals der konzessionierten Unternehmen an die B. GmbH (B.) elektronisch festgelegt worden ist. Aus der elektronischen Anbindung an das Datenrechenzentrum der B. können unter anderem folgende Aspekte abgeleitet werden: Erfassung bzw. Kontrolle der minimalen und maximalen Ausschüttungsquoten, Erfassung bzw. Kontrolle der maximalen Ein- und Auszahlungen pro Spiel, Erfassung bzw. Kontrolle der Mindestspieldauer von Einzelspielen, Erfassung bzw. Kontrolle der Abkühlphase und Beschränkung auf die Anzeige spielerschutzbezogener Informationen während dieser Zeit, elektronische Überprüfung der Software-Komponenten zur Verhinderung poten­zieller Manipulation von Glücksspielgeräten, Prüfung von Glücksspielgeräten auf die Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen von Bund und Ländern durch unabhängige Unternehmen, äußerliche Kennzeichnung genehmigter Glücksspiel­geräte über eine Vignette und Anzeige der Verbindung zum Datenrechenzentrum der B. am Bildschirm.

 

4.5.10.    Schon die oben angeführten Umstände, insbesondere der Kontrollen der Konzessionäre, der Maßnahmen zur Bekämpfung des illegalen Glücksspiels, der Festlegung der Anbindung der Glücksspielautomaten und VLT der konzessio­nierten Unternehmen an die B. GmbH, aber auch der Einrichtung der Spielerschutzstelle, zeigen nach Ansicht des Oö. Landesver­waltungsgerichtes, dass die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben in kohärenter und systematischer Weise erfolgt.

 

4.5.11.    Nach der Rechtsprechung der Höchstgerichte ist die unionsrechtliche Zulässigkeit der Beschränkungen der Glücksspieltätigkeit auch von der tatsächlichen Wirkung der Regelungen abhängig (so etwa jüngst VwGH Ro 24.04.2015, 2014/17/0126; OGH 20.01.2015, 4 Ob 231/14w).

 

4.5.12.    Als Folge der gesetzlichen und behördlichen Vorgaben werden durch die konzessionierten Betreiber Maßnahmen zum Spielerschutz tatsächlich umgesetzt. So ergibt sich aus dem festgestellten Sachverhalt etwa, dass im Bereich der Spielbanken gemäß dem jährlichen Bericht des Konzessionärs an die Glücksspielaufsicht im Jahr 2013 in Summe nahezu 7.000 Wirtschaftsauskünfte beim KSV 1870 eingeholt wurden und ferner bei Auskunfteien online-„Sofort-Checks“ erfolgten. Auch wurden im Jahr 2013 über 621.000 Spielbankbesucher den monatlichen Screening-Prozessen des Konzessionärs unterzogen. Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich zudem, dass zum 31.12.2013 in österreichischen Spielbanken bei 22.435 Spielbankbesuchern aufrechte, gültige Einschränkungen der Besuchsmöglichkeiten und 4.381 aktive Selbstsperren bestanden. In den VLT-Outlets wurde bei begründetem Anlass in über 11.000 Fällen zur Alterskontrolle anhand eines Lichtbildausweises aufgefordert, wovon in mehr als 1.300 Fällen der Zutritt verwehrt wurde.

 

4.5.13.    Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich weiters, dass es zu keiner Ausbreitung der Glücksspielsucht seit 2009 in Österreich gekommen ist. Gerade beim in Hinblick auf spielbedingte Probleme besonders risikoreichen Automatenglücksspiel ist die Prävalenz des problematischen und pathologischen Spielens (von ca. 13,5% [2009] auf ca. 8,1% [2015] bei Automaten in Kasinos und von ca. 33,2% [2009] auf ca. 27,2% [2015] bei Automatenaufstellungen außerhalb von Casinos) seit 2009 zurückgegangen. Auch ist der durchschnittliche Geldeinsatz im Automatenglücksspielbereich außerhalb von Spielbanken merklich gesunken. Es zeigt sich auch, dass die Prävalenzwerte für die Automatenspiele der konzessionierten „Casino Austria“ im Vergleich zu den (häufig auch nicht bewilligten) Ausspielungen in Spielhallen, Kneipen oder Tankstellen eher gering ausfallen.

 

4.5.14.    Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt, insbesondere der oben dargestellten tatsächlich durchgeführten Spielerschutzmaßnahmen durch die konzessionierten Betreiber und dem dargestellten Spielverhalten in Österreich (bezogen auf den Vergleichszeitraum 2009 bis 2015), erachtet das erkennende Landesverwaltungsgericht auch hinsichtlich der tatsächlichen Wirkungen der Regelungen des GspG eine unionsrechtlichen Zulässigkeit der Beschränkungen der Glücksspieltätigkeit als gegeben.

 

4.5.15.    Zum Vorbingen betreffend die Werbetätigkeit ist folgendes auszuführen: Aus der Rsp des EuGH ergibt sich, dass Werbung für Glücksspiel nicht generell dem Unionsrecht widerspricht, aber die Werbetätigkeit maßvoll und eng darauf begrenzt werden muss, was erforderlich ist, um Verbraucher zu den kontrollierten Spielernetzwerken zu lenken (vgl dazu etwa Rechtssachen D./Ö., C-347/09; P., C-338/04; H. h. u.a., C-176/11). Gemäß § 56 Abs. 1 GSpG haben die Konzessionäre und Bewilligungsinhaber bei ihren Werbeauftritten einen verantwortungsvollen Maßstab zu wahren, wobei die Einhaltung im Aufsichtswege überwacht wird. Bei Beurteilung der Werbetätigkeit kommt es nicht auf eine einzelne Werbung an, sondern es ist vielmehr die Gesamtheit der Werbemaßnahmen der Konzessionäre bzw. Bewilligungsinhaber heranzuziehen (vgl. auch OGH 27.11.2013, 2 Ob 243/12t).

 

4.5.16.    Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich, dass sich der Anteil der Personen, die in den letzten 12 Monaten irgendein Glücksspiel um Geld gespielt haben, im Zeitraum 2009 bis 2015 kaum verändert hat. Insgesamt hat sich der Geldeinsatz (in absoluten Zahlen) zwar von 53 € auf 57 € (also nur in etwa um die Inflationsrate) erhöht, bei den besonders problematischen Automatenspielen außerhalb der Kasinos ist er sogar deutlich zurückgegangen. Auch die Anzahl der Spielsüchtigen ist in diesem Zeitraum nicht gestiegen. Daraus ist abzuleiten, dass die Werbetätigkeit der Konzessionäre bzw. Bewilligungsinhaber in ihrer Gesamtheit im Ergebnis jedenfalls kein Wachstum des gesamten Markts für Glücksspiele bewirkt hat. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob jede einzelne Werbemaßnahme jedes Konzessionärs und Bewilligungsinhabers den Vorgaben des EuGH entspricht, da die Werbetätigkeit in ihrer Gesamtheit jedenfalls nicht dem Wachstum des gesamten Markts für Glücksspiele dient. Auch wenn einzelne Werbemaßnahmen für sich genommen geeignet sein sollten, die Spiellust zu wecken bzw. zu verstärken, so hat jedenfalls die Gesamtheit der Werbetätigkeiten nicht zu einer Ausweitung des Glücksspieles geführt. Es haben daher die Gesamtwirkungen der Werbetätigkeit die kohärente und systematische Verfolgung der Ziele des GSpG nicht beeinträchtigt.

 

4.5.17.    Nachdem es in Österreich (bezogen auf den Zeitraum 2009 bis 2015) zu keinem Wachstum des gesamten Glücksspielmarkts gekommen ist und (nach der Rsp des EuGH) eine Werbung der Konzessionäre für ihre Produkte zum Zweck, den vorhandenen Markt für sich zu gewinnen, jedenfalls zulässig ist (vgl. EuGH Rechtssache D./Ö. C‑347/09, RN 69), geht das Oö. Landesver­waltungsgericht im Ergebnis davon aus, dass die bisherige Werbetätigkeit der Konzessionäre bzw. Bewilligungsinhaber nicht zur Unionsrechtswidrigkeit der österreichischen Regelungen betreffend die Beschränkungen der Glücksspiel­tätigkeiten führt.

 

4.5.18.    Zusammenfassend ergibt sich daher für das erkennende Landesver­waltungsgericht, dass bei Gesamtwürdigung aller in diesem Verfahren hervorgekommenen Umstände eine Unionsrechtswidrigkeit durch die öster­reichischen Beschränkungen der Glücksspieltätigkeiten nicht vorliegt. Die von der österreichischen Regelung vorgesehenen Beschränkungen verfolgen vom EuGH anerkannten Gründe des Allgemeininteresses und sind geeignet, diese in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen. Die Beschränkungen erscheinen auch nicht unverhältnismäßig.

 

4.6.      Zu den offenen Beweisanträgen betreffend die Frage der Unionsrechts­konformität ist Folgendes auszuführen:

 

4.6.1. Der Bf hat die Einvernahme mehrerer Zeugen zum Beweis des Anstiegs der Anzahl an Spielsüchtigen und der Ineffektivität der gesetzlichen und tatsächlichen Vorkehrungen zum Spielerschutz insbesondere innerhalb der Jahre 2010 bis 2015 beantragt (2.7.4.). Soweit sich der Bf auf Aussagen von Fachleuten beruft, wonach die Zahl der spielsüchtigen Personen in den letzten Jahren gestiegen sei, sind diese nicht geeignet, die Untauglichkeit des GSpG und der behördlichen Maßnahmen zu beweisen. In der aktuellen Studie „Glücksspielverhalten und Glücksspielprobleme in Österreich – Ergebnisse der Repräsentativerhebung 2015“ von Dr. K. und Prof. Dr. W. vom Institut für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung in H. sind gerade diese Parameter in wissenschaftlicher Weise erhoben und ausgewertet worden. Diese Studie ist schlüssig und nachvollziehbar. Wahrnehmungen und Einschätzungen (auch einer größeren Zahl) von mit der Materie befassten Einzelpersonen können die Studie nicht widerlegen. Dies wäre nur durch eine auf gleicher fachlicher Ebene erstellten Studie möglich. Die Beweisanträge waren daher abzuweisen.

 

4.6.2. Soweit Zeugeneinvernahmen zum Beweis dafür beantragt wurden, dass die gesetzlichen und tatsächlichen Vorkehrungen zum Spielerschutz ineffektiv seien, ist auszuführen, dass die Zeugen lediglich ihre persönliche Meinung (ob eine „Ineffektivität“ vorliegt) darstellen könnten, die allenfalls auf Umständen gründet, die sich in ihrem unmittelbaren Umfeld abspielen. Hingegen sind der genannten Studie auch Auswirkungen der gesetzlichen Vorgaben und behördlichen Maßnahmen zu entnehmen. Persönliche Meinungen von Einzel­personen sind daher für die vom Oö. Landesverwaltungsgericht vorzunehmende rechtliche Beurteilung, ob angesichts bestimmter tatsächlicher Gegebenheiten die gesetzlichen und tatsächlichen Vorkehrungen als (im rechtlichen Sinne ausreichend) effektiv angesehen werden können oder nicht, nicht von Relevanz. Auch die Beweisanträge zur Effektivität der gesetzlichen und tatsächlichen Vorkehrungen zum Spielerschutz waren daher abzuweisen.

 

4.7.      Zusammenfassung:

 

4.7.1. Die G. s.r.o. als juristische Person mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ist nach den Parteibehauptungen Eigentümerin der Geräte, aber nicht mit einer Dienstleistung beteiligt, die einen Anwendungsfall der Dienstleistungs- oder Niederlassungsfreiheit begründen  würde. Durch die Bf, die ihren Sitz in Österreich hat, liegt nach der Judikatur des VwGH (vgl. hierzu etwa VwGH 27.04.2012, 2011/17/0046 und VwGH 15.12.2014, Ro 2014/17/0121) kein Sachverhalt vor, der die Anwendung der unionsrechtlichen Grundfreiheiten begründen würde.

 

4.7.2. Keine der beteiligten Personen – so insb nicht die G. s.r.o. - hat behauptet, in Österreich oder in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union über eine Konzession zu verfügen oder sich um eine derartige Berechtigung bemüht zu haben.  Es liegt daher kein Sachverhalt mit Auslandsbezug vor, der in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fallen würde  (vgl VwGH vom 29.05.2015, GZ 2012/17/0178). Eine Unanwendbarkeit des GSpG wegen eines allfälligen Widerspruchs zum Unionsrecht scheidet aus. Eine Aufnahme der vom Beschuldigten beantragten Beweise (Zeugeneinvernahmen) betreffend die behauptete Unionsrechtswidrigkeit war daher schon aus diesem Grund nicht erforderlich.

 

4.7.3. Das LVwG hat die vorhandenen Beweismittel eingehend geprüft. Das BMF hat sich wie schon erwähnt umfassend und schlüssig zur Zielsetzung des GSpG geäußert. Es werden – wie das BMF ebenfalls betont, massive Anstrengungen zur Eindämmung der Spielsucht unternommen und entsprechende Maßnahmen gesetzt. Wenn man das Vorbringen der Bf, Spieler würden auf andere Mitgliedstaaten der Europäischen  ausweichen, als wahr unterstellt, kann die Republik Österreich dafür keine Verantwortung treffen (vgl Pkt 3 im Urteil des EUGH RS C-347/09). Die von den Bf beantragten Beweise und vorgelegten Urkunden sind ungeeignet, ein vollständiges Bild über die Auswirkungen des Glückspielgesetzes zu vermitteln. Einer möglichen Ausbreitung der Glücksspielsucht konnte entgegengewirkt werden. Die Regelungen des Glücksspielgesetzes führen in ihrer Gesamtheit dazu, dass die Gelegenheit zum Spiel verringert und die damit verbundene Kriminalität bekämpft wird. (vgl VwGH vom 24. April 2015, Ro 2014/17/0126). Die Bestimmungen sind daher koheränt.

 

4.7.4. Da die Rechtslage durch die Rechtsprechung des VfGH, VwGH und EUGH geklärt ist, konnte von einer Anfechtung beim VfGH Abstand genommen werden. Das Recht der Europäischen Union steht der Anwendbarkeit des Glücksspiel­gesetzes nicht entgegen.

 

5.     Rechtliche Beurteilung:

 

5.1.      Die maßgeblichen Rechtsvorschriften ergeben sich aus folgenden Bestimmungen des Glücksspielgesetzes (GSpG):

 

5.1.1. § 52 Abs. 1 Z 1 Abs.  2 und 3 Glückspielgesetz (GSpG) lauten:

 

(1) Es begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde in den Fällen der Z 1 mit einer Geldstrafe von bis zu 60 000 Euro und in den Fällen der Z 2 bis 11 mit bis zu 22 000 Euro zu bestrafen,

1.      wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt;

 

(2) Bei Übertretung des Abs. 1 Z 1 mit bis zu drei Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenständen ist für jeden Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenstand eine Geldstrafe in der Höhe von 1 000 Euro bis zu 10 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 3 000 Euro bis zu 30 000 Euro, bei Übertretung mit mehr als drei Glücksspiel­automaten oder anderen Eingriffsgegenständen für jeden Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenstand eine Geldstrafe von 3 000 Euro bis zu 30 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 6 000 Euro bis zu 60 000 Euro zu verhängen.

 

(3) Ist durch eine Tat sowohl der Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 52 als auch der Tatbestand des § 168 StGB verwirklicht, so ist nur nach den Verwaltungsstrafbestimmungen des § 52 zu bestrafen.

 

5.1.2. Ein Glücksspiel im Sinne des GSpG ist ein Spiel, bei dem die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt (§ 1 Abs. 1 GSpG).

 

5.1.3. Gemäß § 2 GSpG sind Ausspielungen Glücksspiele,

1.  die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und

2.  bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung in Zusammen­hang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und

3.  bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermögens­werte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).

 

5.1.4. Gemäß § 2 Abs. 4 GSpG sind Ausspielungen, für die eine Konzession oder Bewilligung nach diesem Bundesgesetz nicht erteilt wurde und die nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes gemäß § 4 ausgenommen sind, verboten.

 

5.2.      Unter Berücksichtigung der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichts­hofes (vgl. etwa VwGH 28.6.2011, 2011/17/0068; 15.3.2013, 2012/17/0256) ist aufgrund des festgestellten Sachverhaltes davon auszugehen, dass die verfahrensgegenständlichen Geräte verbotene Ausspielungen im Sinne des GSpG bot: Bezüglich der mit Walzenspielgeräten angebotenen Spiele hat der VwGH in zahlreichen Entscheidungen (z.B VwGH v. 27.4.2012, 2011/17/0074) festgehalten, dass es sich da bei um Glücksspiele handelt, weshalb dazu keine weitere Erörterung und insbesondere kein Sachverständigengutachten erforderlich ist. Zusammenfassend kam es daher ausgehend vom festgestellten Sachverhalt zu verbotenen Ausspielungen, zumal den Gerätenutzern (Spielern) für einen Einsatz eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wurde, wobei das Spielergebnis vom Zufall abhing und für die stattfindenden Ausspielungen weder eine Konzession oder Bewilligung vorlag, noch diese vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen waren. Aufgrund der festgestellten Funktionseise des Gerätes ergibt sich, dass dieses von vornherein auf die Durchführung von Ausspielungen ausgerichtet war. Zum Vorbringen, wonach es sich beim gegenständlichen Gerät weder um einen Glücksspielautomaten, noch um eine elektronische Lotterie oder um einen sonstigen Eingriffsgegenstand handle, ist auszuführen, dass – wie oben ausgeführt – der objektive Tatbestand von § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG erfüllt ist. Es ist von einem „sonstigen Eingriffsgegenstand“ auszugehen. Nach dem festgestellten Sachverhalt hatte die K. S. KG die  Geräte im angelasteten Zeitraum in ihrer Gewahrsame und machte diese den Spielern zugänglich (drittes Tatbild des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG). Die Bf ist als nach Außen zur Vertretung berufenes Organ gemäß § 9 Abs 1 VStG verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich, was im Spruch präzisierend klarzustellen war.

 

5.3.      Der Vertreter des Finanzamtes wies in der Verhandlung zutreffend auf Folgendes hin: „Soweit in der Beschwerde auf die Firma P. GmbH Bezug genommen wird, ist festzuhalten, dass sie bei der Kontrolle keine Hinweise auf die Beziehung bzw. Einbindung der Firma P. GmbH ergeben haben. Eine Anfrage betreffend bzw. an das Amt der Steiermärkischen Landesregierung erscheint in diesem Zusammenhang schon deshalb nicht erforderlich.“

 

5.4.      Ob aufgrund des Umfanges der möglichen Spiele, des möglichen Spieleinsatzes oder aus anderen Gründen (eventuell vorhandene Auto(matic)-Start-Taste etc.) eventuell auch der Tatbestand des § 168 StGB verwirklicht wurde, braucht nicht weiter beurteilt zu werden, weil auch in diesem Fall gemäß § 52 Abs. 3 GSpG jedenfalls die verwaltungsbehördliche Strafbarkeit vorgeht. Diese Bestimmung ist auch nicht verfassungswidrig (siehe VfGH 10.3.2015, G 203/2014-16). Die örtliche Zuständigkeit lag entgegen der Ansicht der Bf bei der belangten Behörde, befindet sich das Lokal doch in ihrem örtlichen Wirkungsbereich.

 

5.5.      Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, soweit die Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Da § 52 GSpG über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt nach § 5 Abs. 1 VStG zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (sog „Ungehorsamsdelikt“). Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Beschuldigte initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht (vgl. VwGH 23.12.1991, 88/17/0010 mwN). Vom Beschuldigten wurde diesbezüglich nichts Konkretes vorgebracht und es ist auf Basis der im Verfahren hervorgekommenen Umstände auch nichts erkennbar, woraus sich ein fehlendes Verschulden ergeben würde, insbesondere wurden vom Beschuldigten auch keine effektiven organisatorischen Maßnahmen behauptet, die die Begehung derartiger Verwaltungsübertretungen hintanhalten sollten (vgl. etwa VwGH 10.12.2014, 2012/02/0102, zum wirksamen Kontrollsystem). Damit ist beim Beschuldigten zumindest von einem fahrlässigen Verhalten auszugehen, zumal zu erwarten gewesen wäre, dass sich die Beschuldigte davon zu überzeugt, dass keine Geräte zur Durchführung von verbotenen Ausspielungen zur Verfügung gestellt werden bzw. wäre zumindest zu erwarten gewesen, dass vom Beschuldigten effektive organisatorische Maßnahmen getroffen werden, die die Begehung derartiger Verwaltungsübertretungen hintanhalten.

 

5.6.      Der Bf beruft sich im Ergebnis auf einen Verbotsirrtum. Entschuldigend wirken dabei nach stRspr nur das Vertrauen auf die einschlägige und einhellige höchstgerichtliche Rsp zum Tatzeitpunkt (VwGH 22.3.1994, 93/08/0177), von der zuständigen Behörde selbst erteilte Auskünfte über ihre Verwaltungspraxis (VwSlg 14.020 A/1994) bzw. eine tatsächlich bestehende „ständige Verwaltungsübung“ (VwGH 22.3.1994, 93/08/0177) sowie Rechtsauskünfte auf Grundlage einer vollständigen Sachverhaltsmitteilung, wenn sie von einer fachkompetenten Stelle/Person stammen und bestimmte wesentliche Kriterien erfüllen. Entschuldigend wirkt hiebei eine Rechtsauskunft der zuständigen Behörde (VwGH 4.10.2012, 2012/09/0134, 18.9.2008, 2008/09/0187), einer anderer fachkompetenter Institutionen, zB der gesetzlichen beruflichen Vertretungen (zB VwGH 16.11.1993, 93/07/0022, 0023), der Gebietskranken­kasse (VwSlg 14.020 A/1994) oder auch des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (VwSlg 13.257 A/1990) bzw in sehr eingeschränktem Ausmaß die Rechtsauskunft berufsmäßiger Parteienvertreter (zB von Rechtsanwälten). Diese muss sich jedenfalls an der maßgeblichen Rsp der Höchstgerichte und gegebenenfalls an der Rechtsmeinung der zuständigen Behörde (VwSlg 11.744 A/1985) orientieren. Das Vertrauen auf die (falsche) Rechtsauskunft ist dem Auskunftssuchenden insbesondere dann vorwerfbar, wenn dem Beschuldigten das Spannungsverhältnis zur gegenteiligen Behördenauffassung bekannt ist oder sich unmittelbar aus dem Inhalt der Auskunft auch für den Nicht-Fachmann ersichtliche Zweifel ergeben (VwGH 22. 2.2006, 2005/17/0195); (vgl. Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG § 5 Rz 21  (Stand 1.7.2013, rdb.at). Die Bf beruft sich lediglich auf die vereinzelt gebliebene Judikatur des LVwG Oö. Demgegenüber steht eine ständige, der Bf aus etlichen anderen Verwaltungsstrafverfahren bekannte Praxis der zuständigen Verwaltungsbe­hörden und insbesondere die einhellige, weiter oben dargestellte Judikatur des VwGH. Sie konnte sich demnach nicht erfolgreich auf einen entschuldigenden Verbotsirrtum berufen, sondern unterliegt bestenfalls einem Rechtsirrtum, der ihr allerdings vorwerfbar ist.

 

5.7.      Die Beschuldigte ist daher für die ihm zur Last gelegte Tat zu bestrafen. Zur Strafbemessung ist Folgendes auszuführen: Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Nach § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Bei der Strafzumessung handelt es sich laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. VwGH 28.11.1966, 1846/65) innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Demgemäß obliegt es der Behörde in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensausübung maßgeblichen Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist.

 

5.7.1. Auf Grund der unwidersprochenen Aufforderung zur Rechtfertigung und der Ausführungen in der Begründung des Straferkenntnisses (Seite 9) war von einem Nettoeinkommen in der Höhe von 3.000 Euro sowie vom Nichtvorliegen von Vermögen und Sorgepflichten auszugehen. Es sind keine Vorstrafen aus dem Akt ersichtlich. Mildernd war die Unbescholtenheit. Erschwerende Umstände sind nicht hervorgetreten. Die Mindeststrafe beträgt gemäß § 52 Abs. 2 GSpG bei der ersten Übertretung mit mehr als 3 Geräten 3.000 bis 30.000 Euro je Eingriffsgegenstand. Das LVwG geht von fahrlässiger Tatbegehung aus. Unter Berücksichtigung dieser Umstände  und bei der Abwägung der konkreten Umstände des vorliegenden Falls, insbesondere der im Spruch angelasteten Tat, der Begehungsweise und der Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes erscheint dem erkennenden Verwaltungsgericht eine Geldstrafe von 4.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 30 Stunden) je Gerät im konkreten Fall als tat- und schuldangemessen. Die verhängte Strafe befindet sich im untersten Bereich des bestehenden Strafrahmens. Damit reduziert sich auch der für das Verfahren der belangten Behörde zu entrichtende Verfahrenskostenbeitrag. Für das Beschwerdeverfahren ist bei diesem Ergebnis kein Verfahrenskostenbeitrag zu entrichten. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

6.     Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Erkenntnis weicht weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes oder wäre die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als uneinheitlich zu beurteilen. Zu der im Zusammenhang mit der behaupteten Unionsrechtswidrigkeit vorgerbachten Inländerdiskriminierung ist zusätzlich zu den im Erkenntnis dargelegten Gründen, aufgrund derer eine Anfechtung von Regelungen des GSpG nicht erforderlich war, darauf hinzuweisen, dass die Parteien zudem kein subjektives Recht haben, dass ein Gericht von seinem Anfechtungsrecht Gebrauch macht (vgl. Mayer/Kucsko-Stadlmayer/Stöger, Bundesverfassungsrecht11 Rz 1158). Die Strafbemessung war im Übrigen anhand der konkreten Umstände des vorliegenden Sachverhalts vorzunehmen, sodass dieser keine Bedeutung über den vorliegenden Einzelfall hinaus zukommt. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung einer zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Wolfgang Weigl

Beachte:

Die Revision wurde zurückgewiesen.

VwGH vom 1. Dezember 2016, Zl.: Ra 2016/17/0090-3