LVwG-410094/3/WEI/BZ

Linz, 14.02.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Wolfgang Weiß über die Beschwerde des Finanzamts Neunkirchen Wiener Neustadt gegen den Einstellungsbescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 19. September 2013, Zl. S-36275/12-2, betreffend die Einstellung eines Verwaltungsstrafverfahrens wegen Übertretung des § 52 Abs 1 Z 1 Glücksspielgesetz (mitbeteiligte Partei: x)

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG  wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Bescheid vom 19. September 2013, Zl. S-36275/12-2, stellte die Landespolizeidirektion Oberösterreich (im Folgenden: belangte Behörde) das zur selben Zahl protokollierte Verwaltungsstrafverfahren gegen x, wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 2 Abs 1 und 4 GSpG iVm § 52 Abs 1 Z 1 GSpG, das mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 9. Februar 2013 eingeleitet wurde, ein.

Begründend führte die belangte Behörde dazu Folgendes aus:

 

"Aufgrund einer Anzeige der Finanzpolizei vom 14.8.2012 wurde dem Beschuldigten mit ha. Schreiben vom 9.2.2013 folgende Verwaltungsübertretung vorgeworfen:

 

Sie haben, wie am 25.04.2012 10.00 Uhr in x, im Lokal mit der Bezeichnung 'x' von Organen des Finanzamtes Neunkirchen Wiener Neustadt anlässlich einer Kontrolle festgestellt worden ist, als das zur Vertretung nach außen berufene Organ bzw. als Geschäftsführer der Fa. x mit Sitz in x, und somit als Unternehmer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen mit folgenden im Eigentum der Fa. x stehenden Glücksspielgeräten veranstaltet

 

1)    'www.racingDogs.eu' Terminal, Seriennummer 1161, Wetten auf Hunderennen (Minimumeinsatz € 0,50, Maximaleinsatz € 5,--) FA8

2)    'www.racingDogs.eu' Terminal, Seriennummer 1231, Wetten auf Hunderennen (Minimumeinsatz € 0,50, Maximaleinsatz € 5,--) FA9

3)    'www.racingDogs.eu' Terminal, Seriennummer 1230, Wetten auf Hunderennen (Minimumeinsatz € 0,50, Maximaleinsatz € 5,--) FA10

4)    'www.racingDogs.eu' Terminal, Seriennummer 20335, Wetten auf Hunderennen (Minimumeinsatz € 0,50, Maximaleinsatz € 5,--) FA11

 

mit welchen zumindest seit 25.04.2012 Glücksspiele Form von Wetten auf den Ausgang von virtuellen Hunderennen durchgeführt wurden und aufgrund der möglichen o.a. Einsätze und der in Aussicht gestellten Gewinne (€ 41,50 bzw. laut Quote) in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wurde, weil die dafür erforderliche Konzession des Bundesministeriums für Finanzen nicht vorlag. Verwaltungsübertretung nach § 9 Abs. 1 VStG iVm §§ 2 Abs. 1 und 4 GSpG und 52 Abs. 1 Zi. 1 Tatbild 1 GSpG

 

Laut Anzeige der Finanzpolizei vom 14.8.2012 handelt es sich bei den Geräten FA8) – FA11) um Wettterminals, mit welchen auf den Ausgang von in der Vergangenheit stattgefundenen Hunderennen 'gewettet' werden kann.

 

Der Verfassungsgerichtshof hat nun die Zuständigkeiten klar geregelt und ist somit auch entschieden der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes (27.2.2013, 2012/17/0342, 15.3.2013, 2012/17/0365) aus dem Grund des Verstoßes gegen das Doppelbestrafungsverbot gem. Art 4 Abs. 1 7. ZP EMRK entgegengetreten.

Mit Erkenntnis vom 13.6.2013, B 42272013-9, legte der VfGH in verfassungskonformer Interpretation des § 52 Abs. 2 GSpG fest, dass hinsichtlich der Abgrenzung der Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden von jener der Strafgerichte es nur darauf ankomme, ob eine Glücksspielveranstaltung mit einem Einsatz von über € 10,- pro Spiel ermöglicht wird, und nicht darauf, ob der jeweilige Spieler Einsätze von höchstens € 10,-- oder mehr als € 10,-- tatsächlich leistet. Es ergibt sich daraus die Verpflichtung der Verwaltungsstrafbehörde, stets zu ermitteln, welcher mögliche Höchsteinsatz an einem Glücksspielautomat geleistet werden kann bzw. ob Serienspiele veranlasst werden können.

Es liegt somit eine ausschließliche Gerichtszuständigkeit vor, wenn die Möglichkeit besteht, bei einem Gerät Einsätze von über € 10,-- zu leisten oder Serienspiel zu veranstalten.

 

Auch der VwGH geht von seiner bisherigen Judikatur ab und führt in seinem Erkenntnis vom 23.7.2013, Zl. 2012/17/0249 aus:

'… Diesen Feststellungen kann nicht entnommen werden, ob eines der auf den konkreten -jeweils gesondert zu beurteilenden - Glücksspielgeräten installierten Spielprogramme Spiele mit einem Einsatz von über EUR 10,— ermöglichte, das heißt, welcher mögliche Höchsteinsatz an den verfahrensgegenständlichen Glücksspielautomaten jeweils geleistet werden konnte (bzw. ob Serienspiele veranlasst werden konnten). Derartige Feststellungen wären erforderlich gewesen, um ausgehend von der dargestellten Rechtslage beurteilen zu können, ob eine Gerichtszuständigkeit gemäß § 168 StGB oder die Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörden gemäß § 52 Abs. 1 GSpG besteht.

 

Die belangte Behörde ist – offenkundig ausgehend von der nicht aufrecht erhaltenen Rechtsansicht, die sachliche Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörde sei anhand der tatsächlich geleisteten Einsätze zu beurteilen, - der ihr obliegenden Ermittlungspflicht betreffend die nunmehr als rechtlich relevant erkannten Tatsachen nicht nachgekommen. Ausgehend von den getroffenen Feststellungen kann sohin die Frage des Vorliegens der verwaltungsbehördlichen Zuständigkeit nicht geklärt werden.

 

Unterlässt die belangte Behörde ausgehend von einer sich als unzutreffend erweisenden Rechtsmeinung relevante Tatsachenfeststellungen, so liegt ein sekundärer Verfahrensmangel vor.'

 

Mit Schreiben vom 17.7.2013 erteilte die LPD /SVA1 der zuständigen Abgabenbehörde den Auftrag, bei den angeführten Geräten FA8) – FA11) festzustellen, ob mit den Geräten Serienspiele veranlasst werden können.

 

Diesem Auftrag ist die Finanzbehörde nicht nachgekommen. Im Bericht der Finanzpolizei vom 30.7.2013 werden nur rechtliche Würdigungen vorgenommen und keine Sachverhaltsfeststellungen getroffen (Arg. § 50 Abs. 2 GSpG). Derartige Feststellungen wären aber erforderlich gewesen,

 

Es konnte sohin die Frage des Vorliegens der verwaltungsbehördlichen Zuständigkeit nicht geklärt werden.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden."

I.2. Gegen diesen am 25. September 2013 zugestellten Bescheid richtet sich die rechtzeitige Berufung des Finanzamts Neunkirchen Wiener Neustadt (im Folgenden: beschwerdeführende Partei) vom 3. Oktober 2013. Darin wird im Wesentlichen beantragt, der bekämpfte Bescheid möge aufgehoben werden.

Begründet wird die Beschwerde wie folgt:

 

"Gegenstand der Anzeige vom 14.08.2012 bezüglich der im Zuge der Kontrolle nach dem GSpG am 25.04.2012 vorläufig beschlagnahmten sonstigen Eingriffsgegenstände, nämlich vier Hundewettannahmeterminals, waren die mit diesen Geräten konsenslos ermöglichten Abschlüsse von Wetten auf aufgezeichnete Hunderenn, also die Veranstaltung verbotener Ausspielungen gem § 2 Abs 4 GSpG, an denen vom Inland aus teilgenommen werden konnte.

 

Mit diesen Eingriffsgegenständen wurde ausschließlich die Durchführung von Glücksspielen im Sinne des § 1 Abs 1 GSpG in Form von Wetten auf den Ausgang von aufgezeichneten, bereits in der Vergangenheit stattgefundenen Hunderennen angeboten und verwirklicht.

 

Die Wettkunden konnten an diesen Geräten, nach Eingabe von Geld als Spielguthaben, auf jeweils eines der angebotenen, mit einer fortlaufenden Nummer versehenen Rennen eine Wette mit einem Einsatz von bis zu maximal 10 Euro abschließen. Die Wiedergabe der Rennaufzeichnungen erfolgte in regelmäßigen, zeitlichen Abständen. Das Spielergebnis stand für den Wettkunden stets erst nach dem Abschluss der Rennwiedergabe fest.

Wie aus der Fotodokumentation auf Seite 3, Bild 6, dem dargestellten Gewinnplan hervorgeht, kann bei Siegeinlaufwetten ein Minimaleinsatz € 0,50, sowie ein Maximaleinsatz € 10,00, bei Multitipps ein Minimaleinsatz € 0,50, sowie ein Maximaleinsatz € 5,00 gesetzt werden. Somit liegen eindeutig keine Einsatzhöhen über 10 Euro vor.

 

Die Behörde hat, aufgrund der vorliegenden Unterlagen, bislang keinerlei Tatsachen ermittelt, welche einen schlüssig begründbaren Anlass für die Anwendung der Bestimmungen des § 45 Abs 1 VStG und somit für die Einstellung des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens darstellen könnten. Vielmehr hat es die Behörde unterlassen, sollten entsprechende Bedenken tatsächlich bestanden haben, entsprechende Ermittlungen durchzuführen, aus denen eine ausschließliche Gerichtszuständigkeit tatsächlich hätte abgeleitet werden können. Die vorliegenden, dokumentierten Feststellungen der Finanzpolizei lassen einen derartigen Schluss jedenfalls nicht zu. Vielmehr haben die Kontrollorgane der Abgabenbehörde als Organe der öffentlichen Aufsicht gem § 50 Abs 2 GSpG maximal mögliche Einsätze von weniger als 10 Euro pro Spiel, also keine gerichtlich strafbare Tatbegehung festgestellt.

Die Verwaltungsbehörde hat aber, im Falle einer Entscheidung auf Verfahrenseinstellung, jedenfalls auf der Grundlage von Tatsachen zu entscheiden, nicht aufgrund eines bloßen Verdachtes.

Hegt die Behörde jedoch den Verdacht eines Vergehens gegen § 168 StGB, so hat sie gem § 30 Abs 2 VStG das eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren bis zur Entscheidung des Gerichtes auszusetzen.

Der VwGH hat mit Entscheidung vom 14.12.2011, 2011/17/0233, unter Hinweis auf das Erkenntnis vom 22.03.1999, 98/17/0134, klargestellt:

'Im Falle einer Verfahrenseinstellung oder eines freisprechenden Urteiles hat die Verwaltungsbehörde die Frage, ob ein vom Gericht zu ahndender Tatbestand vorlag, selbständig zu beurteilen.'

Sowohl im Hinblick auf einen Verdacht, als auch im Hinblick auf die allenfalls notwendige selbständige Beurteilung der Sachlage, hat die Behörde entsprechend zielgerichtete Ermittlungen durchzuführen.

Schlüssig nachvollziehbare Gründe, weshalb eine Einstellung des Strafverfahrens hätte anzuordnen gewesen sein sollen, liegen – mangels entsprechender Ermittlungshandlungen der Behörde – aufgrund der Aktenlage jedenfalls bis heute nicht vor.

Aufgrund des eingebrachten Strafantrages und aus der vorliegenden Aktenlage ergeben sich jedenfalls ausschließlich in die Kompetenz der Verwaltungsbehörde fallende Strafverfahren nach den Tatbildern des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG.

 

Für die Feststellung von allenfalls in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden Tatbegehungen fehlen jedoch bei sämtlichen verfahrensgegenständlichen Geräten entsprechende Ermittlungsergebnisse, etwa bezüglich des an jedem Gerät tatsächlich möglich gewesenen Höchsteinsatzes.

 

Die Behörde ist gehalten, innerhalb der Verjährungsfrist in rechtsmittelfähiger Weise – also mit hinreichend begründeten Bescheiden – über die vorgelegten Strafanträge zu entscheiden.

Der gegenständlich bekämpfte Bescheid bezüglich der Einstellung des Verwaltungsstraf­verfahrens weist jedoch keinerlei schlüssig nachvollziehbare Begründung auf.

 

Es ist vorauszusetzen, dass der Behörde die Kompetenzen der Finanzpolizei als Organ der öffentlichen Aufsicht gem § 50 Abs 2 GSpG hinreichend bekannt sind.

Entgegen der als Begründung im Einstellungsbescheid angeführten Ansicht der Behörde, '…diesem Auftrag ist die Finanzpolizei nicht nachgekommen…', kommt nämlich der Finanzpolizei – nach abgeschlossener Kontrolle nach dem GSpG, also nach dem Verlassen des jeweils kontrollierten Lokales – keinerlei Ermittlungskompetenz mehr zu.

Die Finanzpolizei hätte also derartige Feststellungen schon mangels entsprechender Kompetenz gar nicht treffen können!

Vielmehr kommt im Verwaltungsstrafverfahren die Ermittlungskompetenz der Behörde zu, welche aufgrund eines Strafantrages ein Ermittlungsverfahren einzuleiten, und die von den Kontrollorganen vorläufig festgestellten, mit dem Strafantrag übermittelten Tatsachen und Angaben zur Rolle von Personen zu verifizieren sowie allenfalls noch fehlende, verfahrensrelevante Fakten zu erheben hat.

Ferner ist als bekannt vorauszusetzen, dass Glücksspielgeräte, nach Trennung vom Stromnetz, und allenfalls vom Datennetz, nur unter Mitwirkung des Veranstalters wieder in Betrieb genommen werden können, um weitere Erhebungen an den Geräten durchführen zu können. Den entsprechenden Auftrag zur Mitwirkung kann ausschließlich die Behörde erteilen, nicht die Finanzpolizei.

 

Zur Klärung der verwaltungsbehördlichen oder allenfalls gerichtlichen Zuständigkeit hätte die Behörde also eigene Ermittlungen durchzuführen gehabt.

Zum Zweck der Durchführung von Testspielen hätt die Behörde den Veranstalter aufzufordern gehabt, im Rahmen eines von der Behörde festzulegenden Lokalaugenscheines, in Gegenwart der Behörde und eines Vertreters der Finanzpolizei, die Glücksspielgeräte in jenem Zustand wieder in Betrieb zu nehmen, in dem sie sich zum Zeitpunkt der Kontrolle befunden haben, also ohne Update nach dem Hochfahren der Geräte.

Zur Ermöglichung von Testspielen wäre der Veranstalter ferner aufzufordern gewesen, ausreichend Bargeld zur Verfügung zu stellen (§ 50 Abs 4 GSpG), oder alternativ die Schlüssel zur Banknotenannahmevorrichtung beizustellen, sodass der jeweils als Spielguthaben für das Testspiel in das Gerät eingegebene Geldbetrag unverzüglich wieder hätte entnommen werden können.

Bei der Beobachtung der ordnungsgemäßen Inbetriebnahme der Geräte sowie bei der Durchführung und Dokumentation der zahlreich erforderlichen Testspiele wäre die Finanzpolizei jedenfalls behilflich gewesen.

 

Würden also nun bei den noch durchzuführenden Testspielen an den Geräten nicht tatsächlich mögliche Einsätze über 10 Euro pro Spiel, und damit keine gerichtlich strafbaren Tatbestände festgestellt werden können, wäre einer der beiden nach § 168 Abs 1 StGB kumulativ erforderlichen Ausnahmetatbestände bereits erwiesen, nämlich dass 'bloß um geringe Beträge' gespielt wurde.

 

Nach ständiger Judikatur des VwGH hat die Behörde im Falle das Gericht ein Verfahren einstellt oder einen Freispruch fällt, selbst festzustellen, ob eine gerichtlich strafbare Tat vorliegt.

Wurden nun weder Einsatzleistungen von mehr als 10 Euro pro Spiel festgestellt, noch entsprechende Aussagen von Spielern über deren beabsichtigte Intentionen bezüglich künftig durchgeführter Glücksspiele ermittelt werden, liegt eine gerichtlich strafbare Handlung schlicht nicht vor. Das ausgesetzte Verwaltungsstrafverfahren wäre sodann entsprechend dem Strafantrag fortzusetzen.

 

In offenkundiger Verkennung der Bedeutung der Bestimmungen des § 22 VStG nimmt die Behörde zwar einen '…Vorrang des konkurrierenden Gerichtsdeliktes…' an, hat aber verabsäumt, die den Vorrang jedenfalls erst ermöglichende Tatsache eines Gerichtsdeliktes konkret festzustellen."

 

I.3. Mit Schreiben vom 9. Februar 2013 hat die belangte Behörde gegen die mitbeteiligte Partei des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 78 Abs 1 StPO Anzeige an die zuständige Staatsanwaltschaft wegen Verdachts einer gemäß § 168 StGB gerichtlich strafbaren Handlung erstattet.

 

 

II.1. Gemäß § 3 Abs 1 Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz, BGBl I Nr. 2013/33 idgF gilt eine bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 erhobene Berufung gegen einen Bescheid, der vor Ablauf des 31. Dezember 2013 erlassen wurde, als rechtzeitig erhobene Beschwerde gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG.

Das Verfahren kann gemäß § 3 Abs 7 Z 2 VwGbk-ÜG vom zuständigen Richter des Oö. Landesverwaltungsgerichts weitergeführt werden, weil er bereits vor dem 31. Dezember 2013 zuständiges Mitglied war.

 

II.2. Vorweg einige Bemerkungen zur Beschwerde der Abgabenbehörde:

 

Nach Ansicht des erkennenden Richters des Oö. Landesverwaltungsgerichts ist der Beschwerde zwar in verfahrensrechtlicher Hinsicht beizupflichten, dass die Feststellungen der belangten Behörde unzureichend sind, um eine Verfahrenseinstellung schlüssig zu begründen. Deshalb werden unter dem Abschnitt II.4. in dieser Entscheidung auch eingehende Feststellungen in tatsächlicher Hinsicht an Stelle der Darstellung der belangten Behörde getroffen.

 

Betreffend die Ausführungen der beschwerdeführenden Partei, für den Erhebungsauftrag der belangten Behörde nach Abschluss einer Kontrolle nicht zuständig zu sein, verkennt diese den Unterschied zwischen Behördenfunktion und den Aufgaben der Finanzpolizei. Richtig ist dabei nur, dass die Verwaltungsstrafbehörde dem Finanzamt als Abgabenbehörde keinen Auftrag erteilen kann. Anders verhält es sich hinsichtlich der Organe der Abgabenbehörde, denen gemäß § 50 Abs 2 GSpG – neben ihrer Überwachungsaufgabe bei Kontrollen "aus eigenem Antrieb" nach § 50 Abs 3 GSpG – auch die Aufgabe zur Mitwirkung am Verwaltungsstrafverfahren zukommt. Diese Organe der Abgabenbehörde, gemeint sind offensichtlich die Organe der Finanzpolizei, sind demnach Hilfsorgane der zuständigen Behörde.

 

Gemäß § 50 Abs 2 GSpG idF BGBl I Nr. 112/2012 können sich nämlich die im § 50 Abs 1 GSpG für Strafverfahren und Betriebsschließungen als zuständig genannten Bezirksverwaltungsbehörden und die für bestimmte Gemeinden zuständige Landespolizeidirektion (arg. "Diese Behörden") der Mitwirkung der Organe der öffentlichen Aufsicht bedienen. Nach dem § 50 Abs 2 Satz 2 GSpG zählen zu diesen Organen der öffentlichen Aufsicht jedenfalls die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der Abgabenbehörden.

 

Obwohl einzelne Organe der Finanzpolizei in der Praxis mit Approbationsbefugnis ausgestattet sind und die Abgabenbehörde als Amtspartei gemäß § 50 Abs 5 GSpG im Verwaltungsverfahren auch vertreten können, ändert dies nichts daran, dass nach dem Glücksspielgesetz die Organe der Finanzpolizei grundsätzlich als Hilfsorgane der zuständigen Behörden wie die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes fungieren und Erhebungsaufträgen bzw Fachweisungen dieser Behörden – ungeachtet ihrer organisatorischen Eingliederung in der Abgabenbehörde – nachzukommen haben. Diese gesetzliche Pflicht zur Mitwirkung kann durch innerorganisatorische Vorschriften der Finanzverwaltung weder aufgehoben noch abgeändert werden.

 

Entgegen dem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei kann die Sachverhaltsermittlung auch nicht auf die Mitwirkung des Veranstalters reduziert werden. Der Veranstalter von verbotenen Ausspielungen ist – wie im Übrigen auch im gegenständlichen Verfahren – regelmäßig selbst Beschuldigter iSd § 52 Abs 1 Z 1 GSpG bzw des § 168 Abs 1 StGB und darf daher nicht gezwungen werden, sich selbst zu belasten. Eine Verpflichtung des (beschuldigten) Veranstalters zur Mitwirkung an der Sachverhaltsfeststellung wäre somit verfassungswidrig. Dieser muss sich im Rechtsstaat nicht freibeweisen, sondern kann davon ausgehen, dass Beweislücken, welche die Voraussetzungen für die Anwendung des Tatbestands betreffen, nicht zu seinem Nachteil gewertet werden dürfen. Im Zweifel ist zu Gunsten des Beschuldigten zu entscheiden.

 

II.3. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den mit Schreiben vom 10. Oktober 2013 unter gleichzeitiger Vorlage der Beschwerde übermittelten Verfahrensakt sowie durch Auswertung ergänzend beigeschaffter wesentlicher Beweismittel aus Parallelakten. Aus diesen Unterlagen ließ sich der entscheidungsrelevante Sachverhalt widerspruchsfrei feststellen.

 

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs 3 Z 3 VwGVG abgesehen werden, zumal im angefochtenen Bescheid keine (500 Euro übersteigende) Geldstrafe verhängt wurde und keine Partei die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat.

 

Gemäß § 2 VwGVG entscheidet das Verwaltungsgericht durch Einzelrichter, soweit die Bundes- oder Landesgesetze nicht die Entscheidung durch einen Senat vorsehen, was im Glücksspielgesetz nicht der Fall ist.

 

II.4. Das Oö. Landesverwaltungsgericht geht von folgendem  S a c h v e r h a l t aus:

 

II.4.1. Anlässlich einer von den Organen der Abgabenbehörde am 25. April 2012 im Lokal mit der Bezeichnung "x" in x, durchgeführten Kontrolle wurden folgende Geräte betriebsbereit vorgefunden und in der Folge vorläufig beschlagnahmt:

 

FA-Nummer Gehäusebezeichnung Seriennummer

8 www.racingDOGS.eu 1161  

9 www.racingDOGS.eu 1231

10 www.racingDOGS.eu 1230

11 www.racingDOGS.eu 20335

 

Mit diesen Glücksspielgeräten wurden – wie sich aus der im Verwaltungsakt einliegenden Dienstanweisung der Firma x an Herrn x, datiert mit 10.11.2011, eindeutig ergibt, - zumindest vom 10.11.2011 bis zum Tag der Beschlagnahme am 25. April 2012 wiederholt (virtuelle) Hunderennen durchgeführt, bei denen für einen bestimmten Einsatzbetrag in Verbindung mit bestimmten Quoten Gewinne in Aussicht gestellt worden sind (vgl dazu den Aktenvermerk über die Erhebungen der Finanzpolizei sowie die Aussage von Herrn x in der Niederschrift vom 27. Februar 2013, an deren Richtigkeit kein Grund zu zweifeln besteht).

 

Aufgrund der Darstellung in der Anzeige vom 14.08.2012, Zl. 033/10113/44/2012, der GSp26-Dokumentationen über die Probespiele, des Aktenvermerks vom 25. April 2012 und der Fotodokumentation stellt sich für den erkennenden Richter des Oö. Landesverwaltungsgerichts der Spielablauf generalisierend wie folgt dar:

 

Bei den gegenständlichen Gerätschaften mit den FA-Nrn. 8 bis 11 konnten "Wetten" auf den Ausgang von bereits in der Vergangenheit stattgefundenen aufgezeichneten Hunderennen abgeschlossen werden. Die Kunden konnten lediglich einen Einsatzbetrag und einen oder mehrere vermutete Rennergebnisse auswählen und nach Eingabe von Geld eine "Wette" darauf abschließen. Danach war der in kurzen Abständen regelmäßig erfolgende Rennstart und das etwa 30 Sekunden dauernde Rennereignis abzuwarten, wonach der Verlust des Einsatzes oder ein Gewinn feststand. Nach dem Zieleinlauf werden die ersten Drei in Zeitlupe oder mit Standbild noch einmal kurz gezeigt.  Jedem Einlaufergebnis ist eine Quote zugeordnet, welche am Gerätebildschirm in einem Quotenblatt dargestellt wird. Der in Aussicht gestellte Gewinn errechnet sich durch Multiplikation des Einsatzes mit der jeweiligen dem erwarteten Rennverlauf entsprechenden Quote. Die auf diesen Geräten angebotenen Spiele waren "Wetten" auf den Ausgang der Wiedergabe aufgezeichneter (virtueller) Hunderennen. Diese Rennen waren Aufzeichnungen von bereits in der Vergangenheit stattgefundenen Rennveranstaltungen. Die Kunden hatten keinerlei Einfluss auf das Zustandekommen bestimmter Spielergebnisse. Sie konnten nur einen Einsatz wählen und eine Wette auf den Sieger oder eine Kombinationswette auf den ersten und zweiten, allenfalls auch noch auf den dritten durch das Ziel laufenden Hund abschließen und anschließend den Rennausgang abwarten. Der Ausgang dieser Spiele konnte vom Spieler nicht beeinflusst werden. Die Entscheidung über das Spielergebnis hing somit jedenfalls vorwiegend vom Zufall ab.

 

An den in Rede stehenden Geräten wurden – wie auch durch die durchgeführten finanzpolizeilichen Probespiele bestätigt – für einen bestimmten Einsatzbetrag Gewinne in Aussicht gestellt. Zu den diesbezüglichen in Aussicht gestellten Einsatz- und Gewinnmöglichkeiten sowie den in Aussicht gestellten Gewinn-Quoten ist unter Bezugnahme auf die im Akt einliegende Fotodokumentation der Finanzpolizei festzuhalten, dass bei dem finanzpolizeilichen Probespiel eine höchstmögliche Gewinnquote von 41,50 (vgl auch GSp26-Dokumentation) in Aussicht gestellt war. Die Geräte verfügen ferner über eine funktionsfähige "Multitipp-Taste", wie sich aus der finanzpolizeilichen Fotodokumentation (vgl Bild 18"Gewinnplan Hunderennen",) zweifelsfrei ergibt, da dieser Gewinnplan mit der "Multitipp-Taste" nicht speziell für ein Gerät, sondern generell für Geräte der Marke www.racingDOGS.eu gilt.

 

Wie die rechtsfreundliche Vertretung einer mitbeteiligten Partei in einem anderen Verfahren (protokolliert zu VwSen-360054; vgl die im Akt unter ON 2 einliegende Kopie) dem vormals zuständigen Oö. Verwaltungssenat per E-Mail vom 1. August 2013 mitgeteilt hat, sind sämtliche Geräte der Type "Racing-Dogs" baugleich. Weiters wird in diesem Schreiben ausgeführt, dass diese Geräte über eine sog. "Multitipp-Funktion" verfügen. Die an den – auch nach Angabe der rechtsfreundlichen Vertretung selbst diesbezüglich baugleichen – Geräten abrufbare Detailinformation zu dieser "Multitipp"-Funktion (vgl Fotodokumentation, Bild 18) lautet wie folgt: "Multitipp – Minimumeinsatz pro Tipp: 0,50 €, Maximumeinsatz pro Tipp: 5,00 € - Der Multitipp ist auch mit einer Maximumquote von 750 begrenzt! Sobald diese Obergrenze erreicht ist, werden die Quoten nicht mehr multipliziert." Diese Multitipp-Funktion ermöglicht eine Kombinationswette, dh es kann innerhalb desselben Wettvorganges auf mehrere Ereignisse gesetzt werden und somit die Einsatzmöglichkeit deutlich über 10 Euro erhöht werden (vgl die Ausführungen der rechtsfreundlichen Vertretung in dem bezogenen E-Mail vom 1. August 2013 zur Kombinationswette). So liegt etwa bei Auswahl der Multitipp-Funktion für 3 Multitipps bei höchstmöglichem Maximaleinsatz pro Tipp von 5 Euro die Einsatzmöglichkeit pro Spiel deutlich über 10 Euro – ebenso wie bei geringerem Tipp-Einsatz bei gleichzeitig mehreren Multitipps. Durch die Auswahl der Multitipp-Funktion werden auch die entsprechenden Gewinn-Quoten bis zu einer Maximalquote von 750 [!] multipliziert. An den in Rede stehenden Geräten sind demnach Quoten von bis zu 1:750 [!] in Aussicht gestellt.

 

 

II.4.2. Folgende Begleitumstände und Rahmenbedingungen veranlassen zu Serienspielen:

 

Wie aus den GSp26-Dokumentationen sowie der Fotodokumentation hervorgeht, verfügen die Geräte mit den FA-Nrn. 8 bis 10 über einen Banknoteneinzug zur Herstellung eines Spielguthabens. Beim Gerät mit der FA-Nr. 11 wird sowohl das Spielguthaben durch Bezahlung bei einem Mitarbeiter an der Theke hergestellt, als auch ein allfälliger Gewinn durch Mitarbeiter ausbezahlt (vgl GSp26-Dokumentation). Zudem bestätigt Herr x gegenüber den Organen der Abgabenbehörde, dass ein etwaiger Gewinn bei den Wettterminals mittels Gewinnbon durch das Personal ausbezahlt werde (vgl Niederschrift vom 25.04.2012).

 

Aus diesen Feststellungen ist zu schließen, dass ein Spieler mindestens eine Banknote in Höhe von 5 Euro einspeisen muss und dafür beim Mindesteinsatz von 0,50 Euro bereits 10 Einzelwetten durchführen kann. Da die Auszahlung von erspielten Gewinnen nicht durch die Geräte selbst, sondern durch Personal im Lokal erfolgt – somit organisatorisch nicht unerhebliche Zwischenschritte zur Restgelderlangung notwendig sind – ist es wahrscheinlich, dass Restbeträge eher wieder eingesetzt werden. Diese Situation und Geräteausstattung begünstigt demnach die Ketteneinsatzleistung.

 

 

III. Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 Glücksspielgesetz (GSpG) in der zum Tatzeitpunkt maßgeblichen Fassung BGBl I Nr. 112/2012 begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 40.000 Euro zu bestrafen, "wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs 2 daran beteiligt".

 

Nach § 168 Abs 1 StGB ist derjenige mit einer Freiheitsstrafe bis zu 6 Monaten oder mit einer Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, der "ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet oder eine zur Abhaltung eines solchen Spieles veranstaltete Zusammenkunft fördert, um aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden, [...] es sei denn, dass bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird".

 

 

IV. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

IV.1. Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ist im Lichte des verfassungsrechtlichen Doppelbestrafungs- und -verfolgungsver­botes gemäß Art 4 des 7. Zusatzprotokolls zur EMRK (ZPzEMRK) von einer stillschweigenden Subsidiarität der allenfalls anzuwendenden glücksspielgesetzlichen Verwaltungsstrafbestimmung gegenüber dem gerichtlichen Straftatbestand des § 168 StGB auszugehen (vgl VwGH 8.9.2009, Zl. 2009/17/0181; VwGH 22.3.1999, Zl. 98/17/0134; VfSlg 15.199/1998). Daraus folgt, dass eine Bestrafung nach der Verwaltungsstrafbestimmung dann zu unterbleiben hat, wenn sich der Täter nach dem § 168 StGB strafbar gemacht hat. Auch der Wegfall der Strafbarkeit nach dem primär heranzuziehenden Tatbestand infolge Eintritt eines Strafaufhebungsgrundes könne nicht die Anwendbarkeit des subsidiären Straftatbestandes (neu) begründen, handelt es sich bei dieser Form der Konkurrenz doch um die Verdrängung des subsidiären Tatbestandes durch den vorrangig anzuwendenden (so VwGH 22.3.1999, Zl. 98/17/0134).

 

Ob eine Tat den Tatbestand einer gerichtlich strafbaren Handlung erfüllt, ist grundsätzlich als Vorfrage iSd § 38 AVG zu beurteilen, wobei die Behörde im Zweifelsfall die Verfahrensvorschrift des § 30 Abs 2 VStG zu beachten hat (vgl VwGH 22.03.1999, Zl. 98/17/0134; VwGH vom 22.08.2012, Zl. 2012/17/0156 unter Hinweis auf VwGH 14.12.2011, Zl. 2011/17/0233). Dabei ist die Behörde an einen strafgerichtlichen Einstellungsbeschluss nicht gebunden, sondern hat iSd ständigen Rechtsprechung des VwGH selbst zu beurteilen, ob ein vom Gericht zu ahndender Tatbestand vorlag (vgl etwa VwGH 14.12.2011, Zl. 2011/17/0233 unter Hinweis auf VwGH 22.3.1999, Zl. 98/17/0134).

 

IV.2. Mit der Glücksspielgesetz-Novelle 2008, BGBl I Nr. 54/2010, wurde in § 52 Abs 2 GSpG eine ausdrückliche Zuständigkeitsklausel zur Abgrenzung zwischen verwaltungsbehördlicher und gerichtlicher Strafbarkeit eingefügt. Danach handelt es sich dann, wenn im Zusammenhang mit der Teilnahme an einer Ausspielung (mit oder ohne Glücksspielautomaten) von einem Spieler vermögenswerte Leistungen von über 10 Euro pro Spiel geleistet werden, schon ex lege nicht mehr um "geringe Beträge" iSd § 168 Abs 1 StGB, sodass insoweit "eine allfällige Strafbarkeit nach diesem Bundesgesetz [GSpG] hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB zurück[tritt]".

 

Mit Erkenntnis vom 22. August 2012, Zl. 2012/17/0156, hat der Verwaltungsgerichtshof dazu festgehalten, dass die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Gerichten und Verwaltungsbehörden nach den für die Spiele geleisteten Einsätzen zu erfolgen habe, da § 52 Abs 2 GSpG auf die Leistung eines Einsatzes von mehr als 10 Euro in einem einzelnen Spiel abstelle. Eine Subsidiarität der verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit gegenüber dem gerichtlichen Straftatbestand ergebe sich daher nur für die Veranstaltung von Spielen, bei denen der Einsatz 10 Euro übersteigt.

 

In diesem Erkenntnis äußerte sich der Verwaltungsgerichtshof allerdings bloß zu einer der beiden Voraussetzungen des Straflosigkeitsmerkmals der 2. Variante im letzten Gliedsatz des § 168 Abs 1 StGB ("oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge"). Da die Wendung "geringe Beträge" lediglich eine der beiden kumulativen Voraussetzungen für die in § 168 Abs 1 letzter Teilsatz StGB normierte Straffreiheit bildet, ist auch von einer gerichtlichen Strafbarkeit hinsichtlich jener Glücksspiele auszugehen, bei denen die Einsätze pro Einzelspiel zwar unterhalb der Geringfügigkeitsgrenze liegen, die aber nicht "bloß zum Zeitvertreib" gespielt werden. Dies ist nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, welcher sich der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 22. März 1999, Zl. 98/17/0134, angeschlossen hatte, etwa dann der Fall, wenn der Spielveranstalter vorsätzlich Serienspiele veranlasst oder zu solchen Gelegenheit bietet (vgl OGH 3.10.2002, Zl. 12 Os 49/02; OGH 2.7.1992, Zl. 15 Os 21/92; OGH 22.8.1991, Zl. 15 Os 27/91). Da somit eine Strafbarkeit gemäß § 168 StGB auch dann gegeben sein kann, wenn zwar Einsätze von unter 10 Euro pro Einzelspiel geleistet werden, es sich aber um Serienspiele iSd OGH-Judikatur handelt, ist in diesen Fällen hinsichtlich des Verhältnisses zu den Verwaltungsstraftatbeständen des GSpG nicht auf § 52 Abs 2 GSpG, sondern auf die eingangs zitierte Judikatur zurückzugreifen, der zufolge eine allenfalls anzuwendende glücksspielgesetzliche Verwaltungsstrafbestimmung hinter den gerichtlichen Straftatbestand des § 168 StGB stillschweigend zurücktritt.

 

Auch der Verfassungsrechtler Heinz Mayer vertritt in seinem Beitrag: "Das Verbot der Doppelbestrafung im Glücksspielrecht", ecolex 2013, Seiten 80 ff, die Auffassung, dass mit dem § 52 Abs 2 GSpG nur das Merkmal "geringe Beträge" im § 168 Abs 1 StGB präzisiert wurde. Nach Analyse der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs (VfSlg 15.199 und VfSlg 18.833) betreffend Vermeidung eines Verstoßes gegen das Doppelbestrafungsverbot durch verfassungskonforme Interpretation hält Mayer dem zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 22. August 2012 mit Recht kritisch entgegen (vgl ecolex 2013, 81 f):

 

"Wenn der VwGH im Erk v 22.8.2012 (FN 5: VwGH 22.8.2012, 2012/17/0156) nunmehr die Subsidiarität nur insoweit gelten lassen will, als es ausschließlich um Einsätze von mehr als Euro 10,- geht, so verkennt er die verfassungsrechtliche Bedeutung des Doppelbestrafungsverbots und das Erk des VfGH VfSlg 15.199. Folgt man dem VwGH, so hätte § 52 Abs 2 GSpG eine Doppelbestrafung dort ermöglicht, wo sie nach früherer Rechtslage nicht möglich war; dies lediglich deshalb, weil § 52 Abs 2 GSpG nunmehr den Begriff des 'geringen Betrages' des § 168 Abs 1 StGB definiert. Diese Auffassung ist unzutreffend; sie kann sich weder auf den Gesetzestext noch auf die Gesetzesmaterialien stützen. Die ErläutRV (FN 6: 658 BlgNR 14. GP 8) zur GSpG-Nov 2008 (FN 7: BGBl I 2010/54) zeigen deutlich, dass der Gesetzgeber beabsichtigte, der Rsp des VfGH Rechnung zu tragen und eine subsidiäre Kompetenz der Verwaltungsstrafbehörde zu normieren.

Die vom VwGH im Erk 22.8.2012 (FN 8: VwGH 22.8.2012, 2012/17/0156) gewählte Auslegung des § 52 Abs. 2 GSpG unterstellt dieser Bestimmung einen verfassungswidrigen Inhalt, indem sie nicht nur diese Bestimmung verkennt, sondern auch die Reichweite des verfassungsrechtlichen Doppelbestrafungsverbots gem Art 4 Abs 1 7. ZP. Die vom VwGH in diesem Erk vertretene Rechtsansicht macht es im Ergebnis ausschließlich vom Verhalten eines von ihm nicht beeinflussbaren Dritten abhängig, ob ein Veranstalter nur vom Gericht oder zusätzlich auch von der Verwaltungsbehörde bestraft wird; eine solche Auslegung scheint auch unsachlich und damit gleichheitswidrig.

Zuletzt ist darauf hinzuweisen, dass die im Erk VwGH 22. 8. 2012 vertretene Auffassung in Konflikt mit der Rsp des OGH im Falle von Serienspielen gerät; in diesen Fällen nimmt der OGH auch bei geringen Einsätzen eine Strafbarkeit gem § 168 StGB an (FN 9: Vgl OGH 14.12.1982, 9 Os 137/82; 22.8.1991, 15 Os 27/91; 3.10.2002, 12 Os 49/02 EvBl 2003/22)."

 

In seiner jüngsten Grundsatzentscheidung vom 13. Juni 2013, Zl. B 422/2013, tritt der Verfassungsgerichtshof der beginnend mit dem Erkenntnis vom 22. August 2012, Zl. 2012/17/0156, geänderten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ausdrücklich entgegen und führt zur Abgrenzung der verwaltungsrechtlichen von der gerichtlichen Strafbarkeit im Glücksspielrecht (Hervorhebungen nicht im Original) unter Punkt III. (RN 26 ff) Folgendes aus:

 

"[...]

Ungeachtet der Formulierung des § 52 Abs. 2 GSpG (iVm dem Straftatbestand des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG) kann diesem nicht der (verfassungswidrige) Inhalt unterstellt werden, dass die Abgrenzung der Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörde nach dem Glücksspielgesetz und der Strafgerichte nach § 168 StGB nach den vom jeweiligen Spieler tatsächlich geleisteten Einsätzen (höchstens oder über € 10,-) abhängt. Der Verwaltungsstraftatbestand des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG erfasst nämlich das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen von verbotenen Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG. Die Strafbarkeit knüpft somit nicht - wie dies aus der Textierung des § 52 Abs. 2 GSpG missverstanden werden könnte - an das Verhalten des konkreten Spielers - also daran, ob dieser im Einzelfall einen Einsatz von höchstens oder unter € 10,- an einem Glücksspielautomaten tatsächlich leistet - an, sondern stellt auf das Verhalten jener Person ab, die einem Spieler verbotene Ausspielungen ermöglicht ('wer ... veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht ...' - § 52 Abs. 1Z 1 GSpG). Bei der Abgrenzung der Strafbarkeit nach § 52 Abs. 1 (Z 1) GSpG und nach § 168 StGB sowie damit auch der Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörden und der Strafgerichte ist somit - bei einer verfassungskonformen, das Verbot der Doppelbestrafung gemäß Art. 4 Abs. 1 7. ZPEMRK berücksichtigenden Auslegung (vgl. VfSlg. 15.199/1998 mwN) - darauf abzustellen, ob derjenige, der eine Ausspielung etwa mit einem Glücksspielapparat oder Glücksspielautomaten bzw. mit einem darauf installierten Spielprogramm veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht, der bzw. das Einsätze von höchstens € 10,- oder mehr als €10,- ermöglicht. Würde auf die tatsächlichen Einsätze des jeweiligen Spielers abgestellt (wie dies der Verwaltungsgerichtshof in der zitierten Rechtsprechung [Anm: VwGH vom 22.08.2012, 2012/17/0156, VwGH vom 27.02.2013, 2012/17/0342 und VwGH vom 15.03.2013, 2012/17/0365] und die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid tun), würde eine Tat, also ein Lebenssachverhalt bzw. dasselbe Verhalten einer Person (nämlich des in § 52 Abs. 1 [Z 1] GSpG und § 168 StGB umschriebenen Täterkreises), in mehrere strafbare Handlungen zerlegt, obwohl diese strafbaren Handlungen dieselben wesentlichen Elemente ('essential elements') aufweisen und die eine strafbare Handlung den Unrechtsgehalt der anderen in jeder Beziehung mitumfasst. Das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen von verbotenen Ausspielungen, bei denen Einsätze bis zu € 10,- pro Spiel geleistet werden können, erschöpft sich vollständig in dem gemäß § 168 Abs. 1 StGB strafbaren Verhalten in Bezug auf (Automaten)Glücksspiele bzw. die darauf installierten Spielprogramme mit Einsätzen über € 10,-.

 

Bei einer verfassungskonformen Interpretation des § 52 Abs. 2 (iVm § 52 Abs. 1 Z 1) GSpG hinsichtlich der Abgrenzung der Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden von jener der Strafgerichte darf es somit nur darauf ankommen, ob eine 'Glücksspielveranstaltung' (also das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen von verbotenen Ausspielungen mit Spielautomaten über einen bestimmten Zeitraum) mit einem Einsatz von über € 10,- pro Spiel ermöglicht wird, und nicht darauf, ob der jeweilige Spieler Einsätze von höchstens € 10,- oder mehr als € 10,- tatsächlich leistet. Dabei umfasst das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen jeweils nur einen konkreten Spielautomaten und nicht mehrere Spielautomaten (gemeinsam).

 

3.4. Die belangte Behörde hat somit dem § 52 Abs. 2 (iVm § 52 Abs. 1 Z 1) GSpG einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellt, indem sie nicht auf den maximal möglichen Einsatz der vom Beschwerdeführer betriebenen Glücksspielautomaten, sondern auf den jeweils von Spielern geleisteten Einsatz pro Spiel abstellte. Da der Beschwerdeführer unbestrittenermaßen Ausspielungen mit zwei Glücksspielautomaten, welche einen Höchsteinsatz von € 10,50 pro Spiel ermöglichten, veranstaltete und deswegen auch in erster Instanz strafgerichtlich gemäß § 168 StGB verurteilt wurde, scheidet eine doppelte Bestrafung wegen ein und derselben Tat nach § 52 Abs. 1 Z 1 (iVm § 52 Abs. 2) GSpG aus.

 

3.5. Aus der dargelegten verfassungskonformen Interpretation der Abgrenzungsregelung des § 52 Abs. 2 GSpG ergibt sich im Übrigen die Verpflichtung der Verwaltungsstrafbehörde - auch nach Maßgabe der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz gemäß Art. 7 B-VG bzw. Art. 2 StGG und auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gemäß Art. 83 Abs. 2 B-VG - stets zu ermitteln, welcher mögliche Höchsteinsatz an einem Glücksspielautomat geleistet werden kann (bzw. ob Serienspiele veranlasst werden können), um derart beurteilen zu können, ob eine Gerichtszuständigkeit gemäß § 168 StGB oder die Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörden gemäß § 52 Abs. 1 GSpG besteht."

 

Dieser Rechtsansicht des Verfassungsgerichtshofes schloss sich nunmehr auch der Verwaltungsgerichtshof – in ausdrücklicher Abkehr von seiner zuvor zitierten Rechtsansicht – an (vgl VwGH 23.7.2013, Zl. 2012/17/0249).

 

IV.3. Zudem ist gemäß § 22 Abs 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG idF BGBl I Nr. 33/2013, soweit die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, eine Tat als Verwaltungsübertretung nur dann strafbar, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet.

 

Mit dem am 1. März 2013 in Kraft getretenen § 22 VStG idF BGBl I Nr. 33/2013, der mangels anderslautender Übergangsbestimmung auch für den vorliegenden Fall maßgeblich ist, soll nach dem Willen des Gesetzgebers nunmehr eine generell subsidiäre verwaltungsbehördliche Strafbarkeit normiert werden und eine Tat "als Verwaltungsübertretung nur dann strafbar sein, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet" (vgl Erl RV BGBl I Nr. 33/2013, 2009 BlgNR 24. GP, Seite 20 "Zu Z 4 (§ 22 samt Überschrift)".

 

Aus dem § 22 Abs 2 VStG idF BGBl I Nr. 33/2013 ergibt sich nunmehr, dass sowohl Taten, die zueinander in Realkonkurrenz stehen ("Hat jemand durch mehrere selbstständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen") als auch Taten, die zueinander in echter Idealkonkurrenz stehen ("oder fällt eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen"), entweder von einer oder von mehreren Verwaltungsbehörden nebeneinander zu bestrafen sind.

 

Auf Grund der in der Neufassung des § 22 Abs 1 VStG generell vorgesehenen ausdrücklichen Subsidiarität der verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit gegenüber Gerichtsdelikten ist konsequenter Weise die in der alten Fassung des § 22 Abs 2 VStG noch enthaltene Bestimmung, nach der auch beim Zusammentreffen von Verwaltungsübertretungen mit von einem Gericht zu ahndenden strafbaren Handlungen die Strafen nebeneinander zu verhängen waren, entfallen.

 

Offenbar im Interesse der Rechtssicherheit zwecks zuverlässiger Vermeidung einer verfassungsrechtlichen Konfliktlage soll eine Tat ganz allgemein nur mehr dann als Verwaltungsübertretung strafbar sein, wenn sie nicht auch – wenn auch nur teilweise - den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet. Auf diese Weise können auch schwierige Auslegungsfragen im Zusammenhang mit einer bisher nur stillschweigend anzunehmenden Subsidiarität (vgl etwa "same essential elements" - Doktrin des VfGH) vermieden und die Verwaltungsbehörden entlastet werden.

 

Im richtungweisenden Erkenntnis vom 11. Mai 1998, Zl. 98/10/0040 (= VwSlg 14.890 A/1998) hat der Verwaltungsgerichtshof unter Auswertung von Vorjudikatur für eine ausdrückliche Subsidiaritätsklausel betreffend eine Tat, die den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, ausgesprochen, dass es nicht erforderlich sei, dass das verdrängende und das verdrängte Delikt die gleiche Angriffsrichtung haben und dass die Subsidiarität auch dann greife, wenn der Gerichtstatbestand nicht allein durch die verwaltungsstrafrechtlich relevanten Elemente des Verhaltens, sondern erst durch Hinzutreten weiterer Sachverhaltselemente erfüllt werde.

 

Zusammenfassend kann daher festgestellt werden, dass die zunächst vom Verfassungsgerichtshof in VfSlg 15.199/1998 und anschließend auch vom Verwaltungsgerichtshof (VwGH 22.03.1999, Zl. 98/17/0134) angenommene verfassungskonforme Interpretation im Wege der stillschweigenden Subsidiarität der Bestimmungen des Glücksspielgesetzes gegenüber dem § 168 StGB nunmehr ex lege durch die generelle ausdrückliche Subsidiarität nach dem § 22 Abs 1 VStG idF BGBl I Nr. 33/2013 nicht nur abgesichert wurde, sondern der (bedingungslose) Vorrang des konkurrierenden Gerichtsdelikts im Sinne von VwSlg 14.890 A/1998 nunmehr durch ausdrückliche gesetzliche Subsidiarität angeordnet worden ist. Dies bedeutet weiter im Ergebnis, dass bei Glücksspielen (verbotenen Ausspielungen) mit Einsätzen über 10 Euro, mögen sie auch mit solchen darunter einhergehen, sowie bei Glücksspielen, die nicht bloß zum Zeitvertreib (Serienspiele) gespielt werden, jedenfalls eine die Verwaltungsdelikte ausschließende gerichtliche Strafbarkeit anzunehmen ist.

 

Die ausdrückliche Subsidiarität setzt nur voraus, dass eine Tat (auch) den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet. Es ist gleichgültig, ob es dabei zu einer tatsächlichen Bestrafung des Täters durch ein Gericht kommt (vgl Hauer/Keplinger, SPG-Kommentar4, 2011, Anm. 3 zu § 85 SPG mwN). Die Subsidiaritätsklausel verlangt dies nicht, sondern stellt ausschließlich auf die selbstständige Beurteilung durch die Verwaltungsstrafbehörde ab. Selbst wenn die gerichtliche Bestrafung mangels Zurechnungsfähigkeit, fehlenden Vorsatzes, Verjährung oder sogar aufgrund einer Arbeitsüberlastung des Gerichtes oder der Staatsanwaltschaft nicht erfolgt, liegt eine Verwaltungsübertretung nicht vor (vgl ausdrücklich Hauer/Keplinger, SPG-Kommentar4, 2011, Anm. 3 zu § 85 SPG mwN).

 

Außerdem hat der Verfassungsgerichtshof in der oben zitierten Entscheidung zur bisher bloß stillschweigenden Subsidiarität – bei der gebotenen verfassungskonformen Interpretation – für die Abgrenzung von verwaltungsrechtlicher und gerichtlicher Strafbarkeit im Glücksspielrecht darauf abgestellt, ob an einem Glücksspielgerät Höchsteinsätze von über 10 Euro möglich sind bzw ob auch Serienspiele veranlasst werden können und bereits für diese Möglichkeiten, die auch die Versuchsstrafbarkeit einschließen, eine gerichtliche Strafbarkeit nach § 168 StGB angenommen.

 

Nichts Anderes kann insofern auch für die von § 22 Abs 1 VStG angeordnete ausdrückliche Subsidiarität gelten!

 

IV.4. Die belangte Behörde hat am 9. Februar 2013 gemäß § 78 Abs 1 StPO Anzeige an die Staatsanwaltschaft erstattet.

 

Durch die Normierung der allgemeinen ausdrücklichen Subsidiarität für Verwaltungsstrafbestimmungen ergibt sich, dass die Tat (= der einheitliche Lebenssachverhalt; siehe dazu auch VfGH vom 13.6.2013, Zl. B 422/2013 Rz 27) als Verwaltungsübertretung nicht mehr strafbar ist, wenn sie unter § 168 StGB (bzw §§ 15, 168 StGB oder §§ 12, 15, 168 StGB) zu subsumieren ist – und zwar unabhängig davon, ob teilweise Einsätze unter oder über 10 Euro tatsächlich geleistet wurden. In Zusammenschau mit der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs, die einerseits die Reichweite des § 168 StGB klarstellt und andererseits die Funktion (s VfGH vom 13.6.2013, Zl. B 422/2013, Rz 30; "...Abgrenzungsregelung...") und den Regelungsinhalt des § 52 Abs 2 GSpG mit Art 4 7. ZPzEMRK in Einklang bringt (siehe VfGH vom 13.6.2013, Zl. B422/2013, ebenso VfGH vom 26.6.2013, Zl. B 63/2013), ergibt sich sohin, dass eine vom Oö. Landesverwaltungsgericht durchzuführende Ergänzung der selbstständigen Beurteilung der gerichtlichen Strafbarkeit nach § 168 StGB durch die belangte Behörde (im Sinne der strafrechtlichen stRsp des OGH zu dieser Bestimmung) Klarheit im Hinblick auf die Abgrenzung einer allfälligen verwaltungsrechtlichen Strafbarkeit von der Strafbarkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit bringt. Dies umso mehr, als bereits von der belangten Behörde in der bekämpften Entscheidung dem Grunde nach erkannt wurde, dass im Falle einer vom Gesetzgeber ausdrücklich und umfassend normierten Subsidiarität (§ 22 VStG) keine Zweifel darüber bestehen können, dass bei Vorliegen der gerichtlichen Strafbarkeit ausschließliche Zuständigkeit der Strafgerichte besteht und damit auch begrifflich schon keine Verwaltungsübertretung in Betracht kommt (arg. "... nur dann ... strafbar ...").

 

Vor dem Hintergrund der nunmehr mit § 22 VStG ausdrücklich und umfassend normierten Subsidiarität der verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit sowie insbesondere auch der eindeutigen aktuellen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs – der im Übrigen auch der Verwaltungsgerichtshof ausdrücklich folgt – hatte des Oö. Landesverwaltungsgericht daher nunmehr die selbstständige strafrechtliche Beurteilung durch die belangte Behörde zu ergänzen.

 

IV.5. Die strafrechtliche Beurteilung des festgestellten Sachverhalts ergibt Folgendes:

 

IV.5.1. Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 13. Juni 2013, B 422/2013, abschließend festhält, kommt es bei verfassungskonformer Interpretation der Abgrenzungsregelung des § 52 Abs 2 GSpG allein darauf an, welcher mögliche Höchsteinsatz an einem Glücksspielgerät geleistet werden kann bzw. ob Serienspiele veranlasst werden können. Sobald daher bei einem Spielgerät die bloße Möglichkeit von Höchsteinsätzen von über 10 Euro oder die Möglichkeit der Abhaltung von Serienspielen im Sinne der OGH-Judikatur besteht, liegt daher nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes eine ausschließliche Gerichtszuständigkeit gemäß § 168 StGB vor. Unter Zugrundelegung dieser Judikatur ergibt sich im gegenständlichen Verfahren Folgendes:

 

Wie unter Punkt II.4.1. näher ausgeführt, ist bei den Spielen auf den "racingDogs"-Geräten eine sog. "Multitipp"-Funktion (Kombinationswette) verfügbar. Schon die damit eindeutig belegten Einsatzmöglichkeiten auf diesen Hunderenn-Geräten von mehr als zehn Euro führen – nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund der diesbezüglich eindeutigen aktuellen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs – zur gerichtlichen Strafbarkeit des vorliegenden Sachverhaltes.

 

Durch den festgestellten Sachverhalt wird überdies eindeutig belegt, dass nach der Funktionsweise der verfahrensgegenständlichen Geräte Begleitumstände und Rahmenbedingungen vorlagen, die zu Serienspielen veranlasst haben (zum Erfordernis der Rahmenbedingungen VwGH vom 7. Oktober 2013, 2013/17/0210 und 0211).

 

Dementsprechend besteht – neben der Ausstattung der Geräte mit Banknoteneinzug – eine außergewöhnlich günstige, zu Serienspielen verleitende Relation zwischen Einsatz und möglichem Gewinn in Höhe eines Vielfachen entsprechend den jeweils gebotenen Quoten (bei gewählter Multitipp-Funktion: 1:750 [!]; vgl dazu OGH 20.04.1983, Zl. 11 Os 39/83, wo ein Verhältnis von 1:60 als sehr günstig beurteilt wurde). Im Hinblick auf die nur sehr kurze Einzelspieldauer (Wettabläufe) – die aufgezeichneten Rennereignisse starten in kurzen Abständen und dauern nur etwa 30 Sekunden (vgl die Ausführungen unter Punkt II.4.1.) – können ähnlich rasch wie auf Glücksspielgeräten mit Walzenspielen zahlreiche Glücksspiele in Form von "Wetten auf aufgezeichnete Rennergebnisse" innerhalb nur sehr kurzer Zeiträume ablaufen. Mit einer klassischen Situation von Wetten auf künftige sportliche Ereignisse hat dies nichts zu tun. Die aktenkundige Funktionsweise der in Rede stehenden Hunderenn-Geräte für aufgezeichnete Rennen ist offenkundig darauf angelegt, einen besonderen Anreiz für den gewinnsüchtigen "Wettkunden" zu Serienspielen zu bieten. Der Spieler kann dadurch nicht nur sein Gewinnstreben an sich ausleben, sondern auch bei bereits eingetretenen Verlusten eine gute Chance sehen, diese durch wenige Tipps oder auch nur einen gewonnenen Tipp mit günstiger Quote (insbesondere auch durch einen Multitipp und der damit verbundenen erhöhten Gewinn-Quote) wieder ganz oder teilweise wettzumachen. Er muss dafür nur eine gewisse Ausdauer mitbringen und eine "glückliche Hand" bei den gesetzten Einsatzhöhen haben. Die Bereitschaft eines Spielers zu Serienspielen wird dabei im Normalfall umso größer sein, je geringer die gespielten Einsätze sind und damit das Verlustrisiko des Einzelspiels ins Gewicht fällt. Insbesondere wenn es bloß um geringe Einsätze unter 10 Euro geht, werden Spieler daher aus Gewinnsucht bei den in Rede stehenden Geräten ihr Glück durch Serienspiele versuchen und ihre Chancen dabei ausreizen.

 

VI.5.2. Auf Grund der dargelegten Funktionsweise der in Rede stehenden Geräte mit den FA-Nrn. 8 bis 11 werden nach Auffassung des Oö. Landesverwaltungsgerichts nicht nur Spieleinsätze von über 10 Euro bei Kombinationswetten ermöglicht, sondern auch Serienspiele des "Wettkunden" veranlasst, und ist – iSd zitierten Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 13. Juni 2013 sowie diesem folgend auch iSd Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Juli 2013 – die oben dargestellte Serienspieljudikatur des Obersten Gerichtshofs weiterhin anzuwenden.

 

Im gegebenen Zusammenhang liegt durch die eindeutig belegte Möglichkeit, mit den gegenständlichen Geräten teilweise Einsätze über 10 Euro und außerdem Serienspiele zu veranlassen, zumindest der strafbare Versuch einer gemäß § 168 StGB iVm § 15 StGB mit gerichtlicher Strafe bedrohten Glücksspielveranstaltung vor, da allein schon das unternehmerische Zugänglichmachen ebenso wie das Aufstellen bzw Zur-Verfügung-Stellen von Glücksspielgeräten eine Versuchshandlung iSd § 15 Abs 2 StGB hinsichtlich des Tatbildes der Förderung einer Glücksspielzusammenkunft (vgl dazu § 168 Abs 1 StGB 2. Tatbildvariante) und überhaupt das vorsätzliche Verschaffen einer Spielgelegenheit – etwa durch den "Spielautomatenaufsteller" oder einen "die Gewinnabgeltung besorgenden Gastwirt" (Kirchbacher in WK² § 168 Rz 14 uHa Rainer, SbgK § 168 Rz 12) – auf Glücksspielgeräten schon vor dem ersten Spielgeschehen den strafbaren Versuch der Veranstaltung von Serienglücksspielen im Sinne der 1. Tatbildvariante des § 168 Abs 1 StGB darstellt (vgl allgemein zu den Begehungsweisen Kirchbacher in WK2 § 168 Rz 14 ff, die etwa die Förderung einer Glücksspielzusammenkunft schon "durch Beistellung entsprechender Räume oder Spielutensilien, durch Werbung oder durch sonstige Dienstleistungen" bejahen, und Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB3 §168 Rz 9 ff). Allein der Umstand etwa des Zur-Verfügung-Stellens derartiger Gegenstände stellt bei entsprechendem Tatvorsatz somit jedenfalls schon den strafbaren Versuch der Förderung einer Glücksspielzusammenkunft (§ 168 Abs 1 2. Tatbildvariante) sowie allenfalls auch die strafbare Beteiligung am Versuch der Veranstaltung eines Glücksspiels (§ 168 Abs 1 1. Tatbildvariante) dar.

 

Mit anderen Worten: Bereits durch die Beistellung, betriebsbereite Aufstellung und öffentliche Zugänglichmachung der verfahrensgegenständlichen Wettterminals wird der strafbare Versuchsbereich der Tatbilder des § 168 Abs 1 StGB als Ausführungshandlung oder zumindest ausführungsnahe Handlung in Bezug auf die Veranstaltung und die Förderung der Abhaltung von gerichtlich strafbaren Glücksspielen bzw Serienglücksspielen beschritten.

 

IV.5.3. Darüber hinaus ist nach den gegebenen Umständen zu erkennen, dass die mitbeteiligte Partei im Sinne des § 5 Abs 1 2. Halbsatz StGB die Verwirklichung des Tatbildes ernstlich für möglich gehalten und sich damit auch abgefunden hat:

 

Schon die Tatsache, dass auf den Geräten mit den FA-Nrn. 8 bis 11 äußerst hohe Quoten in Aussicht gestellt werden (bis zu 1:750!) und die Glücksspiele nicht nur in zeitlich bemerkenswert rascher Abfolge ablaufen, sondern die einzelnen "Rennabläufe" auch nur etwa 30 Sekunden dauern, zeigt ganz offensichtlich, dass solche Ausspielungen sowohl vom Veranstalter als auch vom Lokalbetreiber und Inhaber ebenso wie von sonstigen unternehmerisch Beteiligten (etwa dem beteiligten Geräteeigentümer) in gewinnbringender Absicht beigestellt, betrieben bzw veranstaltet werden.

 

Dies indiziert mindestens den erforderlichen dolus eventualis in Bezug auf die beiden Tatbilder des § 168 Abs 1 StGB. So ist im Regelfall davon auszugehen, dass Veranstalter und/oder Lokalbetreiber ebenso wie sonstige unternehmerisch Beteiligte (etwa der beteiligte Geräteeigentümer) es für möglich halten und sich auch damit abfinden, dass mit der Verschaffung einer Spielgelegenheit bzw der Zugänglichmachung von entgeltlichen Glücksspielen auf entsprechend ausgestatteten Geräten ebenso wie schon mit der erwerbsmäßigen Beistellung solcher Geräte auf unrechtmäßige (monopolwidrige) Art und Weise Geld verdient wird. Dementsprechend geht auch Kirchbacher im Wiener Kommentar zum StGB (vgl dieselben in WK² § 168 Rz 13) unter Hinweis auf eine "realistische Sicht" davon aus, dass wohl "jedem Automatenbetreiber, der keine Vorkehrung gegen 'Serienspiele' trifft, ein entsprechender dolus eventualis unterstellt werden" müsse.

 

Beim Einsatz von Glücksspielgeräten mit möglicher Multitipp-Funktion werden aber sogar nicht nur keine Vorkehrungen gegen Serienspiele (oder generell Glücksspiele iSd § 168 StGB) getroffen, sondern solche Serienspiele bzw gerichtlich strafbaren Glücksspiele mit Spieleinsätzen von über 10 Euro geradezu provoziert.

 

IV.6. Der verfahrensgegenständliche Sachverhalt ist nach der selbstständigen Beurteilung grundsätzlich dem Tatbestand des § 168 StGB zu unterstellen und zumindest gemäß § 168 Abs 1 iVm § 15 Abs 2 StGB gerichtlich strafbar. Zu diesem Schluss führt auch die oben zitierte Entscheidung vom 13.6.2013, Zl. B 422/2013, in der der Verfassungsgerichtshof unter Randnummer 14 festhält, dass § 168 StGB seit Erlassung des Strafgesetzbuches, BGBl. 60/1974 unverändert besteht, da die strafrechtliche Gesetzeslage (§ 168 StGB) seit 1974 keine Änderung erfahren hat. Der bisherigen Judikaturlinie des Obersten Gerichtshofs zu § 168 StGB in Bezug auf Serienspiele ist daher weiterhin zu folgen. Auch bei einem Unterschreiten der Geringfügigkeitsgrenze beim Einzeleinsatz ist die gerichtliche Strafbarkeit gegeben, wenn nicht "bloß zum Zeitvertreib" gespielt wird.

 

Im Hinblick auf die im vorliegenden Fall grundsätzlich gegebene gerichtliche Strafbarkeit des angelasteten Sachverhalts kann auf Grund des § 52 Abs 2 GSpG in Verbindung mit der nunmehr durch § 22 Abs 1 VStG idF BGBl I Nr. 33/2013 ausdrücklich geregelten generellen Subsidiarität, aber auch in Verbindung mit der vormals von den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts judizierten stillschweigenden Subsidiarität der glücksspielrechtlichen Verwaltungsstrafbestimmungen und der aktuellen Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs keine strafbare Verwaltungsübertretung vorliegen.

 

 

V. Im Ergebnis ist daher die vorgeworfene Tat als Verwaltungsübertretung nicht strafbar, weil sie den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet. Die belangte Behörde hat demnach im Ergebnis zu Recht die Einstellung verfügt, die auf der Grundlage des § 45 Abs 1 Z 1 VStG mangels einer strafbaren Verwaltungsübertretung vorzunehmen war.

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der aktuellen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Dr.  W e i ß