LVwG-410093/4/WEI/BZ

Linz, 14.02.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Wolfgang Weiß über die Beschwerde des Finanzamts Neunkirchen Wiener Neustadt gegen den Einstellungsbescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 18. September 2013, Zl. S-36271/12-2, betreffend die Einstellung eines Verwaltungsstrafverfahrens wegen Übertretung des § 52 Abs 1 Z 1 Glücksspielgesetz (mitbeteiligte Partei: x)

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG  wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Bescheid vom 18. September 2013, Zl. S-36271/12-2, stellte die Landespolizeidirektion Oberösterreich (im Folgenden: belangte Behörde) das zur selben Zahl protokollierte Verwaltungsstrafverfahren gegen Herrn x, wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 2 Abs 1 und 4 GSpG iVm § 52 Abs 1 Z 1 GSpG, das mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 9. Februar 2013 eingeleitet wurde, ein.

Begründend führte die belangte Behörde dazu Folgendes aus:

 

"Aufgrund einer Anzeige der Finanzpolizei vom 14.8.2012 wurde dem Beschuldigten mit ha. Schreiben vom 9.2.2013 folgende Verwaltungsübertretung vorgeworfen:

 

Sie haben, wie am 25.04.2012 10.00 Uhr in x, im Lokal mit der Bezeichnung 'x' von Organen des Finanzamtes Neunkirchen Wiener Neustadt anlässlich einer Kontrolle festgestellt worden ist, als Unternehmer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen mit folgenden in Ihrem Eigentum stehenden Glücksspielgeräten veranstaltet

 

1)    'Kajot', 'Kajot Lines', Auftragsterminal, Seriennummer 200807085, Walzenspiel mit vorgeschaltetem Würfelspiel (Minimumeinsatz € 0,20, Maximaleinsatz € 5,50)

2)    'Kajot', 'Ring of Fire', Auftragsterminal, Seriennummer 9081109003820, Walzenspiel mit vorgeschaltetem Würfelspiel (Minimumeinsatz € 0,20, Maximaleinsatz € 5,-)

3)    'Kajot', 'Ring of Fire', Auftragsterminal, Seriennummer 200807082, Walzenspiel mit vorgeschaltetem Würfelspiel (Minimumeinsatz € 0,20, Maximaleinsatz € 6,-)

4)    'Kajot', 'Fruit Machine 27', Auftragsterminal, Seriennummer 200807083, Walzenspiel (Minimumeinsatz € 0,20, Maximaleinsatz € 6,-)

5)    'Kajot', 'Ring of Fire XL', Auftragsterminal, Seriennummer 9081109003828, Walzenspiel mit vorgeschaltetem Würfelspiel (Minimumeinsatz € 0,20, Maximaleinsatz € 6,-)

6)    'Kajot', 'Ring of Fire XL', Auftragsterminal, Seriennummer H8929, Walzenspiel mit vorgeschaltetem Würfelspiel (Minimumeinsatz € 0,20, Maximaleinsatz € 6,-)

7)    'Kajot', 'Fruit Machine 27', Auftragsterminal, Seriennummer 9080107000030, Walzenspiel mit vorgeschaltetem Würfelspiel (Minimumeinsatz € 0,20, Maximaleinsatz € 5,50)

 

mit welchen auf eigene Rechnung und Gefahr zumindest seit 25.04.2012 Glücksspiele Form von elektronischen Walzenspielen durchgeführt haben und aufgrund der möglichen o.a. Einsätze und der in Aussicht gestellten Gewinne in das Glücksspiel-monopol des Bundes eingegriffen haben, weil die dafür erforderliche Konzession des Bundesministeriums für Finanzen nicht vorlag.

Verwaltungsübertretung nach

§ 9 Abs. 1 VStG iVm §§ 2 Abs. 1 und 4 GSpG und 52 Abs. 1 Zi. 1 Tatbild 1 GSpG

 

Laut Anzeige der Finanzpolizei vom 14.8.2012 sind sämtliche Walzengeräte FA-Nr. 1) - FA-Nr. 7) mit einer Automatiktaste ausgestattet. Auf jedem dieser Geräte sind mehrere Spiele installiert. Von Organen der Finanzbehörde wurde jeweils nur ein Spiel getestet:

 

So konnte beim Gerät FA1) im Spiel 'Kajot Lines' ein Mindesteinsatz von € 0,20 und ein damit verbundener Höchstgewinn von € 12,--, bzw. ein Maximaleinsatz von € 5,50 und ein damit verbundener Höchstgewinn von € 20,-- + 28 SG,

  …… FA2) im Spiel 'Ring of Fire' ein Mindesteinsatz von € 0,20 und ein damit verbundener Höchstgewinn von € 20,-- + 34 SG, bzw. ein Maximaleinsatz von € 5,00 und ein damit verbundener Höchstgewinn von € 20,-- + 898 SG,

….. FA3) im Spiel 'Ring of Fire' ein Mindesteinsatz von € 0,20 und ein damit verbundener Höchstgewinn von € 20,-- + 34 SG, bzw. ein Maximaleinsatz von € 6,00 und ein damit verbundener Höchstgewinn von € 20,-- + 898 SG,

….. FA4) im Spiel 'Fruit Machine 27' ein Mindesteinsatz von € 0,20 und ein damit verbundener Höchstgewinn von € 16,--, bzw. ein Maximaleinsatz von € 6,00 und ein damit verbundener Höchstgewinn von € 20,-- + 38 SG,

….. FA5) im Spiel 'Ring of Fire XL' ein Mindesteinsatz von € 0,20 und ein damit verbundener Höchstgewinn von € 20,-- + 34 SG, bzw. ein Maximaleinsatz von € 6,00 und ein damit verbundener Höchstgewinn von € 20,-- + 898 SG,

….. FA6) im Spiel 'Ring of Fire XL' ein Mindesteinsatz von € 0,20 und ein damit verbundener Höchstgewinn von € 20,-- + 34 SG, bzw. ein Maximaleinsatz von € 6,00 und ein damit verbundener Höchstgewinn von € 20,-- + 898 SG,

….. FA7) im Spiel 'Fruit Machine 27' ein Mindesteinsatz von € 0,20 und ein damit verbundener Höchstgewinn von € 16,-- bzw. ein Maximaleinsatz von € 5,50 und ein damit verbundener Höchstgewinn von € 20,-- + 38 SG,

 

festgestellt werden.

 

Der Verfassungsgerichtshof hat nun die Zuständigkeiten klar geregelt und ist somit auch entschieden der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes (27.2.2013, 2012/17/0342, 15.3.2013, 2012/17/0365) aus dem Grund des Verstoßes gegen das Doppelbestrafungsverbot gem. Art 4 Abs. 1 7. ZP EMRK entgegengetreten.

Mit Erkenntnis vom 13.6.2013, B 42272013-9, legte der VfGH in verfassungskonformer Interpretation des § 52 Abs. 2 GSpG fest, dass hinsichtlich der Abgrenzung der Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden von jener der Strafgerichte es nur darauf ankomme, ob eine Glücksspielveranstaltung mit einem Einsatz von über € 10,- pro Spiel ermöglicht wird, und nicht darauf, ob der jeweilige Spieler Einsätze von höchstens € 10,-- oder mehr als € 10,-- tatsächlich leistet. Es ergibt sich daraus die Verpflichtung der Verwaltungsstrafbehörde, stets zu ermitteln, welcher mögliche Höchsteinsatz an einem Glücksspielautomat geleistet werden kann bzw. ob Serienspiele veranlasst werden können. Es liegt somit eine ausschließliche Gerichtszuständigkeit vor, wenn die Möglichkeit besteht, bei einem Gerät Einsätze von über € 10,-- zu leisten oder Serienspiel zu veranstalten.

 

Auch der VwGH geht von seiner bisherigen Judikatur ab und führt in seinem Erkenntnis vom 23.7.2013, Zl 2012/17/0249 aus:

'… Diesen Feststellungen kann nicht entnommen werden, ob eines der auf den konkreten -jeweils gesondert zu beurteilenden - Glücksspielgeräten installierten Spielprogramme Spiele mit einem Einsatz von über EUR 10,— ermöglichte, das heißt, welcher mögliche Höchsteinsatz an den verfahrensgegenständlichen Glücksspielautomaten jeweils geleistet werden konnte (bzw. ob Serienspiele veranlasst werden konnten). Derartige Feststellungen wären erforderlich gewesen, um ausgehend von der dargestellten Rechtslage beurteilen zu können, ob eine Gerichtszuständigkeit gemäß § 168 StGB oder die Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörden gemäß § 52 Abs. 1 GSpG besteht.'

 

Mit Schreiben vom 17.7.2013 erteilte die LPD /SVA1 der zuständigen Abgabenbehörde den Auftrag, bei den angeführten Geräten FA-Nr. 1) - FA-Nr. 7) den maximal möglichen Einsatz für die nicht vom Testspiel umfassten installierten Spiele zu ermitteln bzw. festzustellen, ob mit den Geräten Serienspiele veranlasst werden können.

 

Diesem Auftrag ist die Finanzbehörde nicht nachgekommen.

 

Da sämtliche Glücksspielgeräte mit einer Automatikstarttaste ausgestattet waren und außerdem eine äußerst günstige Relation zwischen Einsatz und den in Aussicht gestellten Gewinn bestand, war vor dem Hintergrund der Serienspieljudikatur des OGH dieser Sachverhalt unter den Tatbestand des § 168 StGB zu subsumieren, wobei zumindest von einem strafbaren Versuch auszugehen war.

 

Mit 1.3.2013 (BGBl I Nr. 33/2013) trat die Bestimmung des § 22 VStG neu in Kraft. Demnach ist eine Tat als Verwaltungsübertretung nur dann strafbar, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet. Durch diese generelle ausdrückliche Subsidiarität der verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit wurde ein Vorrang des konkurrierenden Gerichtsdeliktes manifestiert. Es kann somit keine strafbare Verwaltungsübertretung vorliegen.

 

Eine weitere Verfolgung des Beschuldigten ist daher wegen Verletzung des Art. 4 7. ZP EMRK nicht mehr zulässig.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden."

 

I.2. Gegen diesen am 23. September 2013 zugestellten Bescheid richtet sich die rechtzeitige Berufung des Finanzamts Neunkirchen Wiener Neustadt (im Folgenden: beschwerdeführende Partei) vom 3. Oktober 2013. Darin wird im Wesentlichen beantragt, der bekämpfte Bescheid möge aufgehoben werden.

Begründet wird die Beschwerde wie folgt:

 

"Die Behörde hat, aufgrund der vorliegenden Unterlagen, bislang keinerlei Tatsachen ermittelt, welche einen schlüssig begründbaren Anlass für die Anwendung der Bestimmungen des § 45 Abs 1 VStG und somit für die Einstellung des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens darstellen könnten. Vielmehr hat es die Behörde unterlassen, sollten entsprechende Bedenken tatsächlich bestanden haben, entsprechende Ermittlungen durchzuführen, aus denen eine ausschließliche Gerichtszuständigkeit tatsächlich hätte abgeleitet werden können. Die vorliegenden, dokumentierten Feststellungen der Finanzpolizei lassen einen derartigen Schluss jedenfalls nicht zu. Vielmehr haben die Kontrollorgane der Abgabenbehörde als Organe der öffentlichen Aufsicht gem § 50 Abs 2 GSpG maximal mögliche Einsätze von weniger als 10 Euro pro Spiel, also keine gerichtlich strafbare Tatbegehung festgestellt.

Die Verwaltungsbehörde hat aber, im Falle einer Entscheidung auf Verfahrenseinstellung, jedenfalls auf der Grundlage von Tatsachen zu entscheiden, nicht aufgrund eines bloßen Verdachtes.

Hegt die Behörde jedoch den Verdacht eines Vergehens gegen § 168 StGB, so hat sie gem § 30 Abs 2 VStG das eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren bis zur Entscheidung des Gerichtes auszusetzen.

Der VwGH hat mit Entscheidung vom 14.12.2011, 2011/17/0233, unter Hinweis auf das Erkenntnis vom 22.03.1999, 98/17/0134, klargestellt:

'Im Falle einer Verfahrenseinstellung oder eines freisprechenden Urteiles hat die Verwaltungsbehörde die Frage, ob ein vom Gericht zu ahndender Tatbestand vorlag, selbständig zu beurteilen.'

Sowohl im Hinblick auf einen Verdacht, als auch im Hinblick auf die allenfalls notwendige selbständige Beurteilung der Sachlage, hat die Behörde entsprechend zielgerichtete Ermittlungen durchzuführen.

Schlüssig nachvollziehbare Gründe, weshalb eine Einstellung des Strafverfahrens hätte anzuordnen gewesen sein sollen, liegen – mangels entsprechender Ermittlungshandlungen der Behörde – aufgrund der Aktenlage jedenfalls bis heute nicht vor.

Aufgrund des eingebrachten Strafantrages und aus der vorliegenden Aktenlage ergeben sich jedenfalls ausschließlich in die Kompetenz der Verwaltungsbehörde fallende Strafverfahren nach den Tatbildern des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG.

 

Für die Feststellung von allenfalls in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden Tatbegehungen fehlen jedoch bei sämtlichen verfahrensgegenständlichen Geräten entsprechende Ermittlungsergebnisse, etwa bezüglich des an jedem Gerät tatsächlich möglich gewesenen Höchsteinsatzes.

 

Die Behörde ist gehalten, innerhalb der Verjährungsfrist in rechtsmittelfähiger Weise – also mit hinreichend begründeten Bescheiden – über die vorgelegten Strafanträge zu entscheiden.

Der gegenständlich bekämpfte Bescheid bezüglich der Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens weist jedoch keinerlei schlüssig nachvollziehbare Begründung auf.

 

Um einen Verdacht auf ein Vergehen gem § 168 StGB zu begründen, oder aber ausschließen zu können, wären, aufgrund des vorliegenden Akteninhaltes, zweifelsfrei weitere Ermittlungshandlungen der Behörde erforderlich gewesen.

Es ist vorauszusetzen, dass der Behörde die Kompetenzen der Finanzpolizei als Organ der öffentlichen Aufsicht gem § 50 Abs 2 GSpG hinreichend bekannt sind.

Entgegen der als Begründung im Einstellungsbescheid angeführten Ansicht der Behörde, '…diesem Auftrag ist die Finanzpolizei nicht nachgekommen…', kommt nämlich der Finanzpolizei – nach abgeschlossener Kontrolle nach dem GSpG, also nach dem Verlassen des jeweils kontrollierten Lokales – keinerlei Ermittlungskompetenz mehr zu.

Die Finanzpolizei hätte also derartige Feststellungen schon mangels entsprechender Kompetenz gar nicht treffen können!

Vielmehr kommt im Verwaltungsstrafverfahren die Ermittlungskompetenz der Behörde zu, welche aufgrund eines Strafantrages ein Ermittlungsverfahren einzuleiten, und die von den Kontrollorganen vorläufig festgestellten, mit dem Strafantrag übermittelten Tatsachen und Angaben zur Rolle von Personen zu verifizieren sowie allenfalls noch fehlende, verfahrensrelevante Fakten zu erheben hat.

Ferner ist als bekannt vorauszusetzen, dass Glücksspielgeräte, nach Trennung vom Stromnetz, und allenfalls vom Datennetz, nur unter Mitwirkung des Veranstalters wieder in Betrieb genommen werden können, um weitere Erhebungen an den Geräten durchführen zu können. Den entsprechenden Auftrag zur Mitwirkung kann ausschließlich die Behörde erteilen, nicht die Finanzpolizei.

 

Aufgrund der aktuellen Judikatur des VfGH und des VwGH kommt der Verwaltungsstrafbehörde – nicht der Finanzpolizei – zudem die Verpflichtung zu, an jedem der verfahrensgegenständlichen Glücksspielgeräte den jeweils tatsächlich möglichen Höchsteinsatz zu ermitteln (arg.: 'ergibt sich im Übrigen die Verpflichtung der Verwaltungsstrafbehörde […] stets zu ermitteln, welcher mögliche Höchsteinsatz an einem Glücksspielautomat geleistet werden kann').

Somit sind sämtliche, nicht bereits ohnehin von der Finanzpolizei als Testspiel durchgeführten, jeweils mit Namen und Logo gekennzeichneten Spielgelegenheiten an jedem der gegenständlichen Geräte zur Durchführung aufzurufen und in Form von jeweils einem Testspiel mit dem jeweils möglichen Höchsteinsatz durchzuführen. Nur auf diese Weise kann gesichert festgestellt werden, dass der maximal wählbare, allenfalls unverschlüsselt erkennbar am Bildschirm dargestellte Einsatzbetrag auch tatsächlich für ein Spiel eingesetzt werden kann, also möglich ist.

 

Das bloße Aufrufen oder Auswählen eines Maximaleinsatzes, oder gar nur die Wahrnehmung eines am Bildschirm dargestellten Maximaleinsatzbetrages, beweist keinesfalls bereits, dass dieser bloß angekündigte Einsatz auch tatsächlich möglich ist, wie aktuell bei Kontrollen nach dem GSpG festzustellen war.

 

Zur Klärung der verwaltungsbehördlichen oder allenfalls gerichtlichen Zuständigkeit hätte die Behörde also eigene Ermittlungen durchzuführen gehabt.

Zum Zweck der Durchführung von Testspielen hätt die Behörde den Veranstalter aufzufordern gehabt, im Rahmen eines von der Behörde festzulegenden Lokalaugenscheines, in Gegenwart der Behörde und eines Vertreters der Finanzpolizei, die Glücksspielgeräte in jenem Zustand wieder in Betrieb zu nehmen, in dem sie sich zum Zeitpunkt der Kontrolle befunden haben, also ohne Update nach dem Hochfahren der Geräte.

Zur Ermöglichung von Testspielen wäre der Veranstalter ferner aufzufordern gewesen, ausreichend Bargeld zur Verfügung zu stellen (§ 50 Abs 4 GSpG), oder alternativ die Schlüssel zur Banknotenannahmevorrichtung beizustellen, sodass der jeweils als Spielguthaben für das Testspiel in das Gerät eingegebene Geldbetrag unverzüglich wieder hätte entnommen werden können.

Bei der Beobachtung der ordnungsgemäßen Inbetriebnahme der Geräte sowie bei der Durchführung und Dokumentation der zahlreich erforderlichen Testspiele wäre die Finanzpolizei jedenfalls behilflich gewesen.

 

Der Mangel an behördlichen Ermittlungsschritten manifestiert sich zweifelsfrei in der – völlig unzutreffenden – Schlussfolgerung: '…Da sämtliche Geräte mit einer Starttaste ausgestattet waren, und außerdem eine äußerst günstige Relation zwischen Einsatz und den in Aussicht gestellten Gewinnen bestand, war […] dieser Sachverhalt unter den Tatbestand des § 168 StGB zu subsumieren, wobei zumindest von einem strafbaren Versuch auszugehen war…'!

Mit jeder Betätigung der Start-Taste kann aber zweifelsfrei stets nur ein Einzelspiel ausgelöst werden!

Die Geräte waren – naturgemäß – mit einer Starttaste ausgestattet, andernfalls die Glücksspiele nämlich gar nicht hätten durchgeführt werden können!

In schlichter Verkennung des in der Judikatur des OGH geprägten Begriffes der 'Serienspiele', und aus bloßer Unkenntnis der grundsätzlichen Funktionsweise eines elektronischen Glücksspielgerätes, folgert die Behörde die Ermöglichung von Serienspielen, bloß weil die Geräte mit einer Starttaste ausgestattet waren.

Die Behörde hat es zudem geflissentlich unterlassen, die postulierte 'äußerst günstige Relation zwischen Einsatz und den in Aussicht gestellten Gewinnen' näher zu definieren. Um einen derartigen Sachverhalt annehmen zu können, hätte die Behörde jedenfalls Feststellungen bezüglich des jeweils maximal möglichen Spieleinsatzes und des dazu in Aussicht gestellten Höchstgewinnes treffen müssen.

Aufgrund der bisherigen Erfahrungen wäre sie wohl zu dem Schluss gelangt, dass sich diese Relation wie 1:1000, also genau gerade so verhält, wie der Gesetzgeber das Verhältnis zwischen Einsatz und Gewinn im Zusammenhang mit landesrechtlichen Glücksspielautomatenbewilligungen im Sinne des § 5 GSpG festgelegt hat.

 

Zu der von der Behörde angedachten Feststellungen von 'Serienspielen' (arg.: 'festzustellen, ob Serienspiele veranlasst werden können'), und zu der von der Behörde vermutlich fälschlich als Starttaste bezeichneten Automatikstart-Taste ist festzuhalten:

 

‘Serienspiele’ werden weder in einem Gesetz, noch in einer Verordnung definiert, bloß in der Judikatur in jeweils einem konkreten Urteil zu einem bestimmten Fall als Hilfsmittel für die Entscheidungsfindung konstruiert. Die jedenfalls verfehlte Annahme, dass 'Serienspiele' bereits ermöglicht worden wären, weil eine funktionsfähige Automatik-Start-Taste am Gerät vorhanden ist, vernachlässigt zweifelsfrei einerseits die Mehrfachfunktion dieser Taste, und andererseits die ausschließlich vom Verhalten des Spielers abhängig gemachte Strafbarkeit nach § 168 StGB (arg.: 'es sei denn, dass bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird').

 

Die Automatik-Start-Taste ist jedenfalls dann unverzichtbar, wenn in Form von 'AG' oder 'SG' in Aussicht gestellte Gewinne tatsächlich erzielt werden.

An Stelle jedes einzelne der erzielten 'AG' oder 'SG' durch Betätigung der Start-Taste auszulösen, um damit einen vom Spielprogramm schrittweise zugeteilten Teilgewinnbeträge, nämlich 10 Euro pro 'SG', dem Spielguthaben zubuchen zu können, muss der Spieler bloß einmal die 'Automatik-Start-Taste' betätigen, um diesen Vorgang automatisch ablaufen zu lassen.

Immerhin werden bei manchen Spielen 498 SG oder gar 998 SG in Aussicht gestellt, was bei Zubuchung der damit insgesamt gewonnen Beträge mittels der Start-Taste eine 498malige oder 898malige unmittelbar hintereinander erfolgende Betätigung dieser Taste erfordern würde.

Ferner ist die Taste dann unverzichtbar, wenn Einsatzleistungen von mehr als 50 Cent pro Spiel bloß in verschlüsselter Form ermöglicht werden, etwa durch das vorgeschaltete 'Würfelspiel' oder durch 'Risikostufen'. Für eine Einsatzleistung in der Höhe von 5 Euro pro Spiel müsste nämlich die Starttaste – abhängig vom geforderten Mindesteinsatz – bis zu 15mal unmittelbar hintereinander betätigt werden, bevor das eigentlich zur Durchführung aufgerufene Walzenspiel ausgelöst wird. Eine einmalige Betätigung der Automatikstart-Taste bewirkt diese Abfolge hingegen automatisch.

 

Die offenkundig immer noch herrschende Ansicht, dass die aus der Judikatur abgeleitete Bedingung für 'Serienspiele', nämlich '...die rasche Abfolge [von Spielen], auf die der Spieler auch keinen Einfluss nehmen kann...' bereits durch die Existenz dieser Taste erfüllt wäre, geht auch deshalb ins Leere, weil die mit dieser Taste ausgelöste Spielabfolge durch erneutes Betätigen der Taste sofort wieder abgebrochen wird, der Spieler auf die Abfolge der Spiele also durchaus Einfluss nehmen kann.

Durch zweimalige, unmittelbar hintereinander ausgeführte Betätigungen der Automatik-Start-Taste können durchaus auch Einzelspiele durchgeführt werden, was etwa zur Aufrechterhaltung der Gerätefunktion im Falle einer defekten Start-Taste jedenfalls unverzichtbar ist.

 

Die Ermöglichung von 'Serienspielen' könnte aufgrund verwaltungsbehördlicher Ermittlungen nur dann angenommen werden, wenn bei einem Glücksspiel ausschließlich Mindesteinsätze von mehr als 10 Euro pro Spiel erbracht werden müssen, um daran teilnehmen zu können, andernfalls nämlich die auf die Zukunft bezogene Aussage eines Spielers erforderlich wäre, wonach er das Glücksspiel einerseits mittels dieser Taste, und andererseits nicht bloß zum Zeitvertreib durchführen wolle.

Um 'Serienspiele' zu verwirklichen, müsste ein Spieler also die Automatik-Starttaste für die Auslösung von Spielen benützt haben, welche nicht bloß zum Zeitvertreib und/oder nicht um geringe Beträge tatsächlich gespielt wurden (arg.: 'es sei denn, dass [...] gespielt wird', nicht aber 'gespielt werden könnte'). Diesbezügliche Feststellungen liegen mangels entsprechender Spieleraussagen jedoch zweifelsfrei nicht vor.

Die allfälligen Absichten eines Spielers bezüglich künftig von ihm durchgeführter Glücksspiele bleiben aber wohl stets im Verborgenen und somit im Zusammenhang mit den Bestimmungen des § 168 StGB ohne Bedeutung.

 

Nachdem die Strafbarkeit der Veranstaltung eines Glücksspieles in Bereicherungsabsicht, also einer Tatbegehung im Sinne des § 168 Abs 1 StGB nur dann gegeben ist, wenn nicht bloß zum Zeitvertreib und/oder nicht um geringe Beträge gespielt wird, hängt die Strafbarkeit eines Veranstalters iSd § 168 Abs 1 StGB also ausschließlich vom Verhalten der Spieler ab (arg.: 'es sei denn, dass […] bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird'). Somit wird aber auch die Strafbarkeit eines Versuches einer Tatbegehung nach § 168 StGB durch das konkrete Verhalten der Spieler relativiert.

 

Der Verdacht nach § 15 StGB auf ein Vergehen nach § 168 StGB, somit ein gerichtlich strafbarer Tatbestand, kann also nicht schlüssig mit der bloßen Existenz der Automatik-Starttaste begründet werden.

 

Würden also nun bei den noch durchzuführenden Testspielen an den Geräten nicht tatsächlich mögliche Einsätze über 10 Euro pro Spiel, und damit keine gerichtlich strafbaren Tatbestände festgestellt werden können, wäre einer der beiden nach § 168 Abs 1 StGB kumulativ erforderlichen Ausnahmetatbestände bereits erwiesen, nämlich dass 'bloß um geringe Beträge' gespielt wurde.

Um Feststellungen bezüglich des zweiten, allenfalls Gerichtszuständigkeit begründenden Ausnahmetatbestandes treffen zu können, nämlich ob 'bloß zum Zeitvertreib' gespielt wurde, oder eben nicht (etwa in Form von 'Serienspielen'), bedürfte es jedenfalls der Einvernahme eines Spielers. Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft und der Oberstaatsanwaltschaft Linz dürfte ein Spieler, der angeben könnte, nicht bloß zum Zeitvertreib und/oder nicht um geringe Beträge gespielt zu haben, jedoch stets nur als Beschuldigter nach § 168 Abs 2 StGB – und somit nur nach entsprechender Rechtsbelehrung im Sinne der StPO – einvernommen werden, damit seine Aussagen vor Gericht anerkannt werden könnten, was wiederum nach Art. 94 B-VG den Verwaltungsbehörden verwehrt ist.

 

Auf diese somit von der Behörde nicht selbst aufklärbare Frage könnte der Verdacht eines Vergehens nach § 168 StGB  allenfalls gegründet werden, und das eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren bis zur gerichtlichen Entscheidung ausgesetzt werden.

Nach ständiger Judikatur des VwGH hat die Behörde im Falle das Gericht ein Verfahren einstellt oder einen Freispruch fällt, selbst festzustellen, ob eine gerichtlich strafbare Tat vorliegt.

Wurden nun weder Einsatzleistungen von mehr als 10 Euro pro Spiel festgestellt, noch entsprechende Aussagen von Spielern über deren beabsichtigte Intentionen bezüglich künftig durchgeführter Glücksspiele ermittelt werden, liegt eine gerichtlich strafbare Handlung schlicht nicht vor. Das ausgesetzte Verwaltungsstrafverfahren wäre sodann entsprechend dem Strafantrag fortzusetzen.

 

In offenkundiger Verkennung der Bedeutung der Bestimmungen des § 22 VStG nimmt die Behörde zwar einen '…Vorrang des konkurrierenden Gerichtsdeliktes…' an, hat aber verabsäumt, die den Vorrang jedenfalls erst ermöglichende Tatsache eines Gerichtsdeliktes konkret festzustellen."

 

 

I.3. Mit Schreiben vom 9. Februar 2013 hat die belangte Behörde gegen die mitbeteiligte Partei des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 78 Abs 1 StPO Anzeige an die zuständige Staatsanwaltschaft wegen Verdachts einer gemäß § 168 StGB gerichtlich strafbaren Handlung erstattet.

 

Mit dem formularhaften Schreiben "Benachrichtigung von der Einstellung des Verfahrens" vom 10. September 2013 wurde die belangte Behörde von der Staatsanwaltschaft Ried im Innkreis (Der Bezirksanwalt) davon benachrichtigt, dass das Ermittlungsverfahren gegen die mitbeteiligte Partei gemäß § 190 Z 1 StPO eingestellt wurde. Die Einstellung wurde wie folgt begründet: "[…], weil die dem Ermittlungsverfahren zu Grunde liegende Tat nicht mit gerichtlicher Strafe bedroht ist oder sonst die weitere Verfolgung aus rechtlichen Gründen unzulässig wäre.

Die Einstellung erfolgt, da aufgrund der aktuellen Rechtsprechung die Bestimmung des § 168 StGB infolge Unvereinbarkeit mit dem europäischen Unionsrecht unanwendbar ist (LG Feldkirch 25 Bl 32/12 p)."  

 

Im Hinblick auf die Tatzeit im Jahr 2012 ist zudem bereits Verjährung der Strafbarkeit nach § 57 Abs 3 StGB eingetreten.

 

 

II.1. Gemäß § 3 Abs 1 Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz, BGBl I Nr. 2013/33 idgF gilt eine bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 erhobene Berufung gegen einen Bescheid, der vor Ablauf des 31. Dezember 2013 erlassen wurde, als rechtzeitig erhobene Beschwerde gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG.

Das Verfahren kann gemäß § 3 Abs 7 Z 2 VwGbk-ÜG vom zuständigen Richter des Oö. Landesverwaltungsgerichts weitergeführt werden, weil er bereits vor dem 31. Dezember 2013 zuständiges Mitglied war.

 

II.2. Vorweg einige Bemerkungen zur Beschwerde der Abgabenbehörde:

 

Nach Ansicht des erkennenden Richters des Oö. Landesverwaltungsgerichts ist der Beschwerde zwar in verfahrensrechtlicher Hinsicht beizupflichten, dass die Feststellungen der belangten Behörde unzureichend sind, um eine Verfahrenseinstellung schlüssig zu begründen. Deshalb werden unter dem Abschnitt II.4. in dieser Entscheidung auch eingehende Feststellungen in tatsächlicher Hinsicht an Stelle der Darstellung der belangten Behörde getroffen.

 

Betreffend die Ausführungen der beschwerdeführenden Partei, für den Erhebungsauftrag der belangten Behörde nach Abschluss einer Kontrolle nicht zuständig zu sein, verkennt diese den Unterschied zwischen Behördenfunktion und den Aufgaben der Finanzpolizei. Richtig ist dabei nur, dass die Verwaltungsstrafbehörde dem Finanzamt als Abgabenbehörde keinen Auftrag erteilen kann. Anders verhält es sich hinsichtlich der Organe der Abgabenbehörde, denen gemäß § 50 Abs 2 GSpG – neben ihrer Überwachungsaufgabe bei Kontrollen "aus eigenem Antrieb" nach § 50 Abs 3 GSpG – auch die Aufgabe zur Mitwirkung am Verwaltungsstrafverfahren zukommt. Diese Organe der Abgabenbehörde, gemeint sind offensichtlich die Organe der Finanzpolizei, sind demnach Hilfsorgane der zuständigen Behörde.

 

Gemäß § 50 Abs 2 GSpG idF BGBl I Nr. 112/2012 können sich nämlich die im § 50 Abs 1 GSpG für Strafverfahren und Betriebsschließungen als zuständig genannten Bezirksverwaltungsbehörden und die für bestimmte Gemeinden zuständige Landespolizeidirektion (arg. "Diese Behörden") der Mitwirkung der Organe der öffentlichen Aufsicht bedienen. Nach dem § 50 Abs 2 Satz 2 GSpG zählen zu diesen Organen der öffentlichen Aufsicht jedenfalls die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der Abgabenbehörden.

 

Obwohl einzelne Organe der Finanzpolizei in der Praxis mit Approbationsbefugnis ausgestattet sind und die Abgabenbehörde als Amtspartei gemäß § 50 Abs 5 GSpG im Verwaltungsverfahren auch vertreten können, ändert dies nichts daran, dass nach dem Glücksspielgesetz die Organe der Finanzpolizei grundsätzlich als Hilfsorgane der zuständigen Behörden wie die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes fungieren und Erhebungsaufträgen bzw Fachweisungen dieser Behörden – ungeachtet ihrer organisatorischen Eingliederung in der Abgabenbehörde – nachzukommen haben. Diese gesetzliche Pflicht zur Mitwirkung kann durch innerorganisatorische Vorschriften der Finanzverwaltung weder aufgehoben noch abgeändert werden.

 

Den Einwendungen der beschwerdeführenden Partei hinsichtlich ihrer fehlenden Zuständigkeit zu Ermittlungen betreffend ein Vergehen nach § 168 StGB ist entgegenzuhalten, dass ein derartiger Ermittlungsauftrag von der belangten Behörde an die Finanzpolizei nicht erteilt wurde. Der Grundsatz der Erforschung der materiellen Wahrheit gebietet, dass nicht nur hinsichtlich belastender Elemente zu ermitteln ist, sondern im gleichen Maß entlastende Elemente zu ermitteln und zu würdigen sind. Allein darauf gerichtet ist der Ermittlungsauftrag der belangten Behörde, wie sich auch aus der darin zitierten Passage aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 23.7.2013, Zl. 2012/17/0249, eindeutig ergibt. Da der beschwerdeführenden Partei – wie der Beschwerde entnommen werden kann – die im Rahmen der Kontrolle von der Finanzpolizei durchgeführte mangelhafte Sachverhaltsfeststellung im Sinn der jüngsten höchstgerichtlichen Rechtsprechung offensichtlich ohnehin bewusst ist, hätten die Organe der Abgabenbehörde (Finanzpolizei) als Hilfsorgan entsprechend dem Ermittlungsauftrag die fehlenden Sachverhaltsfeststellungen umso mehr zu ergänzen gehabt.

 

Hinsichtlich der Einwendung, zur Feststellung, ob bloß zum Zeitvertreib gespielt werde, müsse iSd § 168 Abs 2 StGB ein Spieler als Beschuldigter vernommen werden, ist darauf hinzuweisen, dass § 168 Abs 2 StGB die gewerbsmäßige Beteiligung an einem Glücksspiel pönalisiert. Dazu ist allerdings erforderlich, dass ein Spieler sich an Glücksspielen in der Absicht wiederkehrend beteiligt, sich dadurch eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. In diesem Fall agiert ein Spieler keinesfalls zum Zeitvertreib (vgl Kirchbacher in WK² StGB § 168 Rz 17). Im Unterschied zu § 168 Abs 1 StGB wird im Fall des gewerbsmäßigen Spiels das Verhalten des Spielers unter Strafe gestellt. § 168 Abs 1 StGB stellt hingegen des Verhalten des gewinnorientierten Veranstalters oder Förderers unter Strafe (vgl Kirchbacher in WK² StGB § 168 Rz 9).

Hinsichtlich der im gegenständlichen Verfahren relevanten Frage der Abgrenzung zwischen § 168 Abs 1 StGB und § 52 Abs 1 Z 1 GSpG ist aber nicht – wie in der Beschwerde vorgebracht – auf das Verhalten des konkreten Spielers, sondern auf das Verhalten jener Person abzustellen, die einem Spieler verbotene Ausspielungen ermöglicht (vgl VfGH vom 13.6.2013, Zl. B 422/2013, Rz 26). Eine allfällige Befragung eines Spielers zur Abgrenzung der Strafnormen würde somit eine Zeugenbefragung in Hinblick auf § 52 Abs 1 Z 1 GSpG, nicht aber eine Beschuldigteneinvernahme in Hinblick auf § 168 Abs 2 StGB darstellen und wäre somit jedenfalls von der Verwaltungsbehörde bzw ihrem beauftragten Hilfsapparat durchzuführen. Das Ergebnis einer derartigen Befragung würde – abgesehen von der in diesem Zusammenhang völlig unbeachtet gelassenen Versuchsproblematik – allerdings bloß ein Indiz für die Tatbestandsmäßigkeit des § 168 Abs 1 StGB darstellen und wäre mit den übrigen Sachverhaltsfeststellungen hinsichtlich der Tatbestandsmäßigkeit des § 168 Abs 1 StGB bzw des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG abzuwägen.

 

Entgegen dem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei kann die Sachverhaltsermittlung auch nicht auf die Mitwirkung des Veranstalters reduziert werden. Der Veranstalter von verbotenen Ausspielungen ist – wie im Übrigen auch im gegenständlichen Verfahren – regelmäßig selbst Beschuldigter iSd § 52 Abs 1 Z 1 GSpG bzw des § 168 Abs 1 StGB und darf daher nicht gezwungen werden, sich selbst zu belasten. Eine Verpflichtung des (beschuldigten) Veranstalters zur Mitwirkung an der Sachverhaltsfeststellung wäre somit verfassungswidrig. Dieser muss sich im Rechtsstaat nicht freibeweisen, sondern kann davon ausgehen, dass Beweislücken, welche die Voraussetzungen für die Anwendung des Tatbestands betreffen, nicht zu seinem Nachteil gewertet werden dürfen. Im Zweifel ist zu Gunsten des Beschuldigten zu entscheiden.

 

II.3. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den mit Schreiben vom 10. Oktober 2013 unter gleichzeitiger Vorlage der Beschwerde übermittelten Verfahrensakt sowie durch Auswertung ergänzend beigeschaffter wesentlicher Beweismittel aus Parallelakten. Aus diesen Unterlagen ließ sich der entscheidungsrelevante Sachverhalt widerspruchsfrei feststellen.

 

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs 3 Z 3 VwGVG abgesehen werden, zumal im angefochtenen Bescheid keine (500 Euro übersteigende) Geldstrafe verhängt wurde und keine Partei die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat.

 

Gemäß § 2 VwGVG entscheidet das Verwaltungsgericht durch Einzelrichter, soweit die Bundes- oder Landesgesetze nicht die Entscheidung durch einen Senat vorsehen, was im Glücksspielgesetz nicht der Fall ist.

 

II.4. Das Oö. Landesverwaltungsgericht geht von folgendem  S a c h v e r h a l t aus:

 

II.4.1. Anlässlich einer von den Organen der Abgabenbehörde am 25. April 2012 im Lokal mit der Bezeichnung "x" in x, durchgeführten Kontrolle wurden folgende Geräte betriebsbereit vorgefunden und in der Folge vorläufig beschlagnahmt:

 

FA-Nummer Gehäusebezeichnung Seriennummer

1 Kajot   200807085

2 Kajot 9081109003820

3 Kajot   200807082

4 Kajot 200807083

5 Kajot   9081109003828

6 Kajot   H8929

7 Kajot 9080107000030

 

Mit diesen Glücksspielgeräten wurden – wie sich aus dem im Verwaltungsakt einliegenden Lieferschein vom 1. Juli 2011 ergibt – vom 2. Juli 2011 bis zum Tag der Beschlagnahme am 25. April 2012 wiederholt virtuelle Walzenspiele (mit vorgeschaltetem Würfelspiel) durchgeführt, bei denen für einen bestimmten Einsatzbetrag in Verbindung mit bestimmten Symbolen Gewinne in Aussicht gestellt worden sind.

 

Aufgrund der Darstellung in der Anzeige vom 14.08.2012, Zl. 033/10112/45/2012, der GSp26-Dokumentationen über die Probespiele, des Aktenvermerks vom 25. April 2012 und der Fotodokumentation stellt sich für den erkennenden Richter des Oö. Landesverwaltungsgerichts der Spielablauf generalisierend wie folgt dar:

 

Bei den gegenständlichen virtuellen Walzenspielgeräten sind für einen bestimmten Einsatzbetrag in Verbindung mit bestimmten Symbolkombinationen Gewinne in Aussicht gestellt worden. Die virtuellen Walzenspiele konnten an jedem dieser Geräte durch Betätigung mechanischer Tasten oder virtueller Bildschirmtasten zur Durchführung aufgerufen werden. Nach Eingabe von Geld, Auswahl eines Einsatzbetrages mit der "Setzen"-Taste und Auslösung des Spieles durch die Start-Taste oder die Automatik-Start-Taste wurden die am Bildschirm dargestellten Symbole auf den virtuellen Walzen ausgetauscht oder in ihrer Lage verändert, sodass der optische Eindruck von rotierenden, senkrecht ablaufenden Walzen entstand. Nach etwa einer Sekunde kam der "Walzenlauf" zum Stillstand. Ein Vergleich der nun neu zusammengesetzten Symbole mit den im Gewinnplan angeführten gewinnbringenden Symbolkombinationen ergab einen Gewinn oder den Verlust des Einsatzes.

 

Bei den Walzenspielen hatte man keinerlei Möglichkeit, gezielt Einfluss auf das Zustandekommen gewinnbringender Symbolkombinationen zu nehmen. Es war nur möglich, nach Eingabe eines Geldbetrages als Spielguthaben, ein Spiel auszuwählen und zur Durchführung aufzurufen, den Einsatz zu wählen, die Start-Taste so lange zu betätigen, bis das aufgerufene Walzenspiel ausgelöst wurde und nach etwa einer Sekunde den Verlust des Einsatzes oder einen Gewinn festzustellen.

 

Bei sämtlichen Gerätschaften handelt es sich um Kajot-Geräte. Im Rahmen der Kontrolle wurden an sämtlichen Walzenspielgeräten Probespiele durchgeführt. Aus den Angaben in der GSp26-Dokumentation, der Anzeige sowie aus der Fotodokumentation ergibt sich über die Probespiele folgende Tabelle:

 

Gerät gespielte Einsätze dazu in Aussicht gestellte Gewinne Spiel

FA von bis von bis

1 0,20 bis 5,50 Euro 12 Euro bis 20 Euro + 28 SG Kajot Lines

2 0,20 bis 5 Euro 20 Euro + 34 SG bis 20 Euro + 898 SG Ring of Fire

3 0,20 bis 6 Euro 20 Euro + 34 SG bis 20 Euro + 898 SG Ring of Fire

4 0,20 bis 6 Euro 16 Euro bis 20 Euro + 38 SG Fruit Machine

5 0,20 bis 6 Euro 20 Euro + 34 SG bis 20 Euro + 898 SG Ring of Fire XL

6 0,20 bis 6 Euro 20 Euro + 34 SG bis 20 Euro + 898 SG Ring of Fire XL

7 0,20 bis 5,50 Euro 16 Euro bis 20 Euro + 38 SG Fruit Machine

 

Wesentlich höhere Einsatzmöglichkeiten mit korrespondierend noch weit höheren Gewinnplänen sind auch wegen des sog. "Würfelspiels" (vgl 2 quadratische Felder mit Augendarstellung auf den dokumentierten Fotos sowie die Anzeige vom 14.08.2012) jedenfalls möglich.

 

Mit jeder Steigerung des Einsatzwertes werden nämlich – wie in der Anzeige der Finanzpolizei festgehalten – sämtliche Werte im dazugehörigen Gewinnplan erhöht. Die Einsatzsteigerung erfolgt durch Betätigung einer entsprechenden mechanischen oder einer virtuellen Bildschirmtaste.

 

Wie aus der Anzeige samt Dokumentation der Geräte hervorgeht, konnten die Einsätze bei den Walzenspielen auf sämtlichen Geräten durch ein sog. "vorgeschaltetes Würfelspiel" gesteigert werden, auf das nicht verzichtet werden konnte, wenn um entsprechend hohe Gewinne gespielt werden sollte. Es handelt sich dabei in Wahrheit um kein Spiel, sondern um eine verschlüsselte Einsatzleistung in Form von (weiteren) Teileinsatzbeträgen, die in "Augendarstellung" auf Feldern ("Würfeln") in der Nähe des Einsatzbetragsfeldes eingeblendet wird. Die Einsatzsteigerung erfolgt ab 50 Cent durch fortgesetzte Betätigung einer Taste bis zum programmbedingt höchstmöglichen Einsatz, wobei am Bildschirm "Augen" bis zu einer bestimmten Höchstzahl eingeblendet werden und danach noch ein Symbol erscheint, mit dem der gewählte Einsatzwert verschlüsselt angezeigt wird.

 

Wurde ein verschlüsselter Einsatz von mehr als 50 Cent vorgewählt, muss die Start-Taste solange hintereinander betätigt werden (oder einmal die Auto-Start-Taste) bis der vorgewählte Einsatzbetrag in Teileinsatzbeträgen vom Spielguthaben abgezogen worden ist, um dann das Spiel auszulösen.

 

Wie der GSp26-Dokumentation eindeutig zu entnehmen ist, waren sämtliche Geräte mit einer Auto-Start-Taste ausgestattet. Bei Auslösung einer Spielphase durch die Automatik-Start-Taste muss diese Taste nur einmal betätigt werden, um die einzelnen Spielabläufe ("Würfelspiel" und Walzenspiele) sehr rasch und kontinuierlich ablaufen zu lassen. Der wechselnde Vorgang von Einsatzabbuchung vom Spielguthaben und Walzenlauf erfolgt so lange fortgesetzt nacheinander, bis das Spielguthaben verbraucht ist, der Einsatz höher als das Spielguthaben ist oder die Taste vom Spieler erneut betätigt wird (vgl die Beschreibung in der Anzeige des Finanzamtes).

 

Zudem ergibt sich aus der Beschwerde vom 3. Oktober 2013, Seite 5, unzweifelhaft, dass die Auto-Start-Taste bei sämtlichen Geräten erforderlich war. Auszugsweise führt die Finanzpolizei Folgendes aus:

"Die Automatik-Start-Taste ist jedenfalls dann unverzichtbar, wenn in Form von 'AG' oder 'SG' in Aussicht gestellte Gewinne tatsächlich erzielt werden.

An Stelle jedes einzelne der erzielten 'AG' oder 'SG' durch Betätigung der Start-Taste auszulösen, um damit einen vom Spielprogramm schrittweise zugeteilten Teilgewinnbeträge, nämlich 10 Euro pro 'SG', dem Spielguthaben zubuchen zu können, muss der Spieler bloß einmal die 'Automatik-Start-Taste' betätigen, um diesen Vorgang automatisch ablaufen zu lassen.

Immerhin werden bei manchen Spielen 498 SG oder gar 998 SG in Aussicht gestellt, was bei Zubuchung der damit insgesamt gewonnen Beträge mittels der Start-Taste eine 498malige oder 898malige unmittelbar hintereinander erfolgende Betätigung dieser Taste erfordern würde.

Ferner ist die Taste dann unverzichtbar, wenn Einsatzleistungen von mehr als 50 Cent pro Spiel bloß in verschlüsselter Form ermöglicht werden, etwa durch das vorgeschaltete 'Würfelspiel' oder durch 'Risikostufen'. Für eine Einsatzleistung in der Höhe von 5 Euro pro Spiel müsste nämlich die Starttaste – abhängig vom geforderten Mindesteinsatz – bis zu 15mal unmittelbar hintereinander betätigt werden, bevor das eigentlich zur Durchführung aufgerufene Walzenspiel ausgelöst wird. Eine einmalige Betätigung der Automatikstart-Taste bewirkt diese Abfolge hingegen automatisch."

 

Im Hinblick auf die Tatsache, dass bei sämtlichen Geräten eine Einsatzsteigerung mit sog. "vorgeschaltetem Würfelspiel" sowie bereits bei einem Mindesteinsatz von 0,20 Euro bis zu 20 Euro + 34 SG in Aussicht gestellt werden (vgl Anzeige, GSp26-Dokumentation sowie Fotodokumentation), und dem Vorbringen der Finanzpolizei bestehen hinsichtlich der Funktionsfähigkeit der Auto-Start-Taste keine Zweifel, da die gegenständlichen Geräte ansonsten für Spieler aufgrund der "aufwändigen" Bedienung im Vergleich zu anderen Geräten völlig uninteressant gewesen wären.

 

II.4.2. Folgende Begleitumstände und Rahmenbedingungen veranlassen zu Serienspielen:

 

Wie aus den GSp26-Dokumentationen sowie der Fotodokumentation hervorgeht, verfügten beide Geräte über einen Banknoteneinzug zur Herstellung eines Spielguthabens. Herr x erklärte unter anderem den Organen der Abgabenbehörde gegenüber auf die Frage "Was machen sie, wenn jemand auf den Auftragsterminals einen Gewinn erzielt und diesen ausbezahlt bekommen will?": "Der kommt zu mir, sagt will löschen, bin löschen und gebe Geld." (vgl Niederschrift vom 25.04.2012).

 

Aus diesen Feststellungen ist zu schließen, dass ein Spieler mindestens eine Banknote in Höhe von 5 Euro einspeisen muss und dafür beim Mindesteinsatz von 0,20 Euro bereits 25 Einzelspiele durchführen kann. Da die Auszahlung von Guthaben einschließlich von erspielten Gewinnen nicht durch die Geräte selbst, sondern durch Angestellte im Lokal erfolgt – somit organisatorisch nicht unerhebliche Zwischenschritte zur Restgelderlangung notwendig sind – ist es wahrscheinlich, dass Restbeträge eher wieder eingesetzt werden. Diese Situation und Geräteausstattung begünstigt demnach die Ketteneinsatzleistung.

 

Bei den Geräten sind neben der "Würfelspielfunktion" zusätzliche Gewinnmöglichkeiten durch Supergames im Gewinnplan vorgesehen, die bei steigenden Einsätzen auch vermehrt zur Verfügung stehen. Der Vorteil liegt darin, dass mit geringem Einsatz ein vergleichsweise hoher Gewinn erzielbar ist.

Beim vorgeschalteten "Würfelspiel" wird durch minimale Einsätze und Gewinne bei bestimmten Symbolen suggeriert, dass es sich jeweils um eigenständige Spiele handeln soll. Es handelt sich aber in Wahrheit um einen versteckten "Einsatzmultiplikator" in der Form von scheinbar vorgeschalteten Spielen, die im Wesentlichen der Einsatzsteigerung dienen und bei denen nach "Gewinn" für erhöhte Einsätze auch erhöhte Gewinnlinien zur Verfügung stehen.

Diese Funktion schafft für den Spieler Rahmenbedingungen, die ihn durch einen möglichen höheren Gewinn in Relation zum geringen Einsatz zu Serienspielen veranlassen soll. Eine solche Verleitung zum Weiterspielen besteht für Spieler auch durch die sog. "Gamble-Funktion" (vgl GSp26-Dokumentation) ab bestimmten erzielten Gewinnen, die als Einsatz mit der Möglichkeit zur Verdoppelung oder Vervielfachung riskiert werden können.

 

Noch mehr Anreize ergeben sich durch die regelmäßig gegebene Ausstattung der auf den Walzenspielgeräten verfügbaren Spielprogramme mit der Supergame-Option. Auch hier hat der Spieler beim "Gewinn eines Supergames" mit einem geringen Einsatz die Möglichkeit in lukrativere (sei es "Gewinnwahrscheinlichkeit" oder "Gewinnhöhe") Gewinnautomatismen zu gelangen. Insofern ist ein Supergame auch mit dem Wert von 10 Euro zu bewerten (vgl ausdrücklich OGH vom 20.03.2013, Zl. 6 Ob 118/12i: "Ein Supergame ist im Ergebnis 10 EUR wert.").

 

Der Anreiz durch diese in Aussicht gestellten höheren Gewinnmöglichkeiten bei "Supergames" ist der Gleiche, wie bei einer Ausweisung der Gewinne in Geldbeträgen. Insofern ist es letztlich für den Spieler im Ergebnis von gleicher Bedeutung, wenn bspw 20 Euro plus 100 Supergames oder 1.020 Euro an Gewinnmöglichkeit ausgewiesen wird (vgl dazu OGH vom 20. März 2013, Zl. 6 Ob 118/12i, Seite 4 aE).

 

Für die gleichartigen Geräte mit den FA-Nrn. 1 bis 7 ergibt sich im konkreten Fall schon mit dem Mindesteinsatz von 0,20 Euro und einer Gewinnmöglichkeit bis 20 Euro, ohne Berücksichtigung von Supergames, eine Grundrelation von 1:100. Unter Berücksichtigung der Supergames mit dem Wertansatz laut OGH-Entscheidung ergeben sich im konkreten Fall bei den Mindesteinsatzmöglichkeiten und den dazugehörigen Gewinnmöglichkeiten folgende attraktive Relationen:

FA Einsatz Gewinnmöglichkeit Relation

1 0,20 Euro 12 Euro 0,20 zu 12 oder 1:60

2 0,20 Euro 20 Euro + 34 SG 0,20 zu 360 oder 1:1800

3 0,20 Euro 20 Euro + 34 SG 0,20 zu 360 oder 1:1800

4 0,20 Euro 16 Euro 0,20 zu 16 oder 1:80

5 0,20 Euro 20 Euro + 34 SG 0,20 zu 360 oder 1:1800

6 0,20 Euro 20 Euro + 34 SG 0,20 zu 360 oder 1:1800

7 0,20 Euro 20 Euro + 34 SG 0,20 zu 360 oder 1:1800

 

Es leuchtet ein, dass durch diese besonderen Einsatz- und Gewinnrelationen der gewinnsüchtige Spieler ganz bewusst zu Serienspielen veranlasst wird.

 

Eine gewisse Vorstellung von den möglichen Einsatz- und Gewinnhöhen gewinnt man, wenn man berücksichtigt, dass beim "Würfelspiel" eine Augendarstellung von maximal 9 Augen pro "Würfel" möglich ist und danach ein Symbol folgt, das für gewöhnlich dem höchsten Multiplikationsfaktor 10 pro "Würfel" entspricht. Insbesondere vor dem Hintergrund der für den Spieler besonders attraktiven "Supergames" (vgl dazu OGH 20. März 2013, Zl. 6 Ob 118/12i) verleiten diese Gewinn-Verlust-Relationen nach Auffassung des Oö. Landesverwaltungsgerichts unzweifelhaft zu Serienspielen iSd der OGH-Judikatur (vgl etwa OGH 20.04.1983, Zl. 11 Os 39/83, wo ein Verhältnis von 1:60 als sehr günstig beurteilt wurde).

 

Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung ist insbesondere aus der Ausgestaltung mit "Würfelspielmultiplikatoren" und der "Supergame-Funktion" zu erkennen, dass die Spielprogramme an den Gerätschaften – wie dies schon per se aus dem Banknoteneinzug und der Autostart-Taste an sich abzuleiten ist – darauf ausgerichtet sind, dass der Spieler eine große Anzahl an Einzelspielen durchführen soll. Aus der Quantität der Spielabläufe können nämlich nicht nur direkt, sondern vielmehr auch indirekt Berechtigungen erworben werden, die es ermöglichen, besser bewertete Spiele durchzuführen (ob dies wiederum als ein Spiel im Spiel oder als einheitliches Spiel gesehen wird, ist für die Serienspielindikation nicht wesentlich). Das einfache Spiel stellt lediglich die Möglichkeit dar, den "Zugang" zu weiteren "höherwertigen" Spielen zu erlangen und muss wiederum zufallsabhängig gewonnen werden. Mit diesen "besseren" Spielen wird der Spieler insofern an das Gerät gebunden, als entsprechend dem geräteinternen Spielplan die "Einsatzmultiplikation mit anschließenden höheren Gewinnplänen" und/oder der Gewinn von Supergames vorgesehen sind und dem Spieler suggeriert wird, dass er lediglich diese Hürde überwinden muss, um in eine "Gewinnzone" zu kommen. Nicht das einzelne Spiel wird dem Spieler "schmackhaft" gemacht, sondern eine ganze Spielphase bzw Spielserie. Das zeigt allein der Umstand, dass eine Vielzahl von Supergame-Optionen als besonders attraktive Gewinne in Aussicht gestellt werden (konkret: bis zu 34 SG bei bloßen Mindesteinsätzen), für die der Spieler nur einen "rabattiert" geringen Einsatz bei dennoch hohen Gewinnchancen (vgl zur Illustration ON 2 "Screenshot"-Dokumentation, Seiten 15 f: Bei nur 0,10 Euro Einsatz besteht bspw mindestens eine vierfache Chance – bzw 50 % Gewinnwahrscheinlichkeit auf 10 Euro am Glücksrad mit insgesamt 8 Feldern bei nur 2 Verlustfeldern) leisten muss. Deshalb wird ein Spieler "einfache Games" am Walzengerät vorwiegend mit der Intention spielen, möglichst viele Supergames erzielen und auch verwerten zu können. Seine Gerätenutzung ist intentional auf eine gewisse Dauer angelegt. Damit wird der Spieler auf derartigen Glücksspielgeräten absichtlich dazu veranlasst, "dabei" zu bleiben und eben Serienspiele durchzuführen. Insofern wird auch durch die Ausstattung mit der Supergame-Option und der "Würfelfunktion" der Unterhaltungsfaktor zu Gunsten der Gewinnerzielungsabsicht zur Gänze in den Hintergrund gedrängt.

 

Alle Geräte waren mit einer funktionsfähigen Automatik-Start-Taste ausgestattet. Bei Auslösung einer Spielphase durch die Automatik-Start-Taste muss diese Taste nur einmal betätigt werden, um die einzelnen Spielabläufe ("Würfelspiel" und Walzenspiele) sehr rasch und kontinuierlich ablaufen zu lassen. Der wechselnde Vorgang von Einsatzabbuchung vom Spielguthaben und Walzenlauf erfolgt so lange fortgesetzt nacheinander, bis das Spielguthaben verbraucht ist, der Einsatz höher als das Spielguthaben ist oder die Taste vom Spieler erneut betätigt wird.

 

Auch in der einschlägigen Entscheidung des Obersten Gerichthofs vom 20. März 2013, Zl. 6 Ob 118/12i, wird die Automatik-Start-Taste – in Bezug auf den gegenständlichen Geräten vergleichbare Gerätschaften – wie folgt beschrieben:

"Durch Betätigung einer 'Automatiktaste' werden die Spielabläufe extrem verkürzt. Es sind zwei Spiele in fünf Sekunden möglich. Das Wort 'Game Over', das das Ende des Spiels anzeigt, leuchtet dann – wenn überhaupt – nur so kurz auf, dass es für den Spieler gar nicht wahrnehmbar ist. … Der Unterhaltungswert tritt – insbesondere bei Betätigung der 'Automatiktaste' – zu Gunsten des Gewinnstrebens völlig in den Hintergrund."

 

Demnach stellt schon die Ausstattung mit dieser Taste offenbar eine wesentliche und auch hinreichende Rahmenbedingung zum alleinigen Zwecke dar, Spieler zu Serienspiele zu verleiten (zum Erfordernis der Rahmenbedingungen VwGH vom 07.10.2013, Zl. 2013/17/0210 und 0211).

 

Der an sich schon zweifelhafte Unterhaltungswert von Walzenspielen tritt spätestens durch die Verwendung der Automatik-Start-Taste zu Gunsten des Gewinnstrebens völlig in den Hintergrund.

 

 

II.5. Der dargestellte Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und den ergänzend beigeschafften Unterlagen. 

 

II.5.1. Wie die Finanzpolizei in ihrer Anzeige anschaulich darlegt, muss bei Auslösung des Spieles im Wege der Automatik-Start-Taste diese Taste nur einmal betätigt werden um die beschriebenen Abläufe sehr rasch kontinuierlich hintereinander ablaufen zu lassen. Der wechselnde Vorgang von Einsatzabbuchung vom Spielguthaben und Walzenlauf erfolgt so lange fortgesetzt nacheinander, bis das Spielguthaben verbraucht ist, der Einsatz höher als das Spielguthaben ist oder die Taste erneut betätigt wird.

 

Diese Feststellung der beschwerdeführenden Partei zur Funktionsweise der "Automatik-Start-Taste" bestätigen die unter Punkt II.4.2. getroffenen Feststellungen des Oö. Landesverwaltungsgerichts zur Serienspieleignung dieser Taste, zumal die Spieldauer eines einzelnen virtuellen Walzenspiels rund eine Sekunde beträgt. Selbst wenn durch erneutes Drücken der "Automatik-Start-Taste" der automatische Spielablauf wieder gestoppt werden kann, ist es bei einer derart geringen Spieldauer geradezu als unmöglich anzusehen, dass ein Spieler – unter Einrechnung der Reaktionszeit, die er benötigt, um den Automatik-Modus durch erneutes Drücken einer Taste zu beenden – ein im Automatik-Modus in der Dauer von einer Sekunde ablaufendes Spiel gezielt beenden kann (vgl dazu OGH von 20.3.2013, Zl. 6 Ob 118/12i, wonach bei im Automatikmodus ablaufenden Spielen das "Wort 'Game Over'... nur so kurz auf[leuchtet], dass es für den Spieler gar nicht wahrnehmbar ist").

 

Das Spielen einzelner voneinander unabhängiger Spiele wird aber mit den verfahrensgegenständlichen Geräten gar nicht primär bezweckt. Vielmehr ist der gesamte Aufbau der Spielprogramme darauf ausgerichtet, dass der Spieler an das Gerät gebunden wird, als entsprechend dem geräteinternen Spielplan die Einsatzmultiplikation mit anschließenden höheren Gewinnplänen und/oder der Gewinn von Supergames oder ähnlichen besser bewerteten Spielen (siehe oben, Punkt II.4.2.) vorgesehen sind und dem Spieler suggeriert wird, dass er lediglich diese Hürde überwinden muss, um in eine "Gewinnzone" zu kommen. Nicht das einzelne Spiel wird dem Spieler "schmackhaft" gemacht, sondern eine ganze Spielphase bzw Spielserie.

 

II.5.2. Alle diese Feststellungen und die darauf aufbauenden Schlussfolgerungen finden letztlich auch Bestätigung durch die Ergebnisse einer am 14. Februar 2013 durchgeführten Probebespielung durch den Oö. Verwaltungssenat auf einem vergleichbaren Glücksspielgerät mit vergleichbaren Spielen (Ring of Fire).

 

Über diese Probebespielung durch ein Mitglied des Oö. Verwaltungssenats wurden Videoaufnahmen gemacht, die auf Daten-CD festgehalten sind, welche im Rahmen der gemeinsamen Berufungsverhandlung der 9. und der 11. Kammer des Oö. Verwaltungssenats vom 13. November 2013 in den verbundenen Verfahren zu Zlen. VwSen-360057 und VwSen-360049 vorgeführt und besprochen worden sind (vgl das im Akt unter ON 3 einliegende Verhandlungsprotokoll samt Video-CD und Screenshot, ON 2). Von den Verfahrensparteien und dem finanzpolizeilichen Zeugen wurde damals der am Beispiel eines Gerätes "KAJOT Multigame" auf dem Video dokumentierte Spielablauf als dem für Walzenspiele üblichen Ablauf entsprechend angesehen. Das Video wurde auch in einer "Screen-Shot"-Dokumentation dargestellt und als Beilage zum Verhandlungsprotokoll genommen. In dieser werden die "Auto-Start-Taste", die "Gamble-Funktion", die "Würfelspielfunktion" und die "Supergame-Funktion" anschaulich erklärt und beschrieben. Außerdem werden die seriellen Veränderungen am Spielguthaben (Credit) bei aktivierter Auto-Start-Funktion dargestellt. Bei einem Einsatz von bloß 0,50 Euro reduzierte sich der Credit binnen etwa zwei Minuten von 613,5 auf 581 Euro (Verlust 32,50). Beim höchsten Spieleinsatz (= Superman-Symbol, das - wie aus der Video-CD ersichtlich - dem Faktor 10 entspricht) reduzierte sich der Credit binnen 1,5 Minuten von 581 Euro auf 506,5 Euro (Verlust 74,50) und nach wenigen weiteren Minuten sogar auf nur 126,5 Euro (Verlust 454,50). Damit zeigt sich eindrucksvoll, dass bei Serienspielen mit bloß einstelligen Einsätzen innerhalb einer einstelligen Minutenzahl leicht Beträge in Höhe von 450 bis 500 Euro verloren werden können.

 

Der monetäre Aspekt in Form des Gewinnstrebens verdeckt somit bei derartig ausgestalteten Gerätschaften selbstredend den Unterhaltungsaspekt zur Gänze.

 

 

III. Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 Glücksspielgesetz (GSpG) in der zum Tatzeitpunkt maßgeblichen Fassung BGBl I Nr. 112/2012 begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 40.000 Euro zu bestrafen, "wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs 2 daran beteiligt".

 

Nach § 168 Abs 1 StGB ist derjenige mit einer Freiheitsstrafe bis zu 6 Monaten oder mit einer Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, der "ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet oder eine zur Abhaltung eines solchen Spieles veranstaltete Zusammenkunft fördert, um aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden, [...] es sei denn, dass bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird".

 

 

IV. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

IV.1. Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ist im Lichte des verfassungsrechtlichen Doppelbestrafungs- und -verfolgungsver­botes gemäß Art 4 des 7. Zusatzprotokolls zur EMRK (ZPzEMRK) von einer stillschweigenden Subsidiarität der allenfalls anzuwendenden glücksspielgesetzlichen Verwaltungsstrafbestimmung gegenüber dem gerichtlichen Straftatbestand des § 168 StGB auszugehen (vgl VwGH 8.9.2009, Zl. 2009/17/0181; VwGH 22.3.1999, Zl. 98/17/0134; VfSlg 15.199/1998). Daraus folgt, dass eine Bestrafung nach der Verwaltungsstrafbestimmung dann zu unterbleiben hat, wenn sich der Täter nach dem § 168 StGB strafbar gemacht hat. Auch der Wegfall der Strafbarkeit nach dem primär heranzuziehenden Tatbestand infolge Eintritt eines Strafaufhebungsgrundes könne nicht die Anwendbarkeit des subsidiären Straftatbestandes (neu) begründen, handelt es sich bei dieser Form der Konkurrenz doch um die Verdrängung des subsidiären Tatbestandes durch den vorrangig anzuwendenden (so VwGH 22.3.1999, Zl. 98/17/0134).

 

Ob eine Tat den Tatbestand einer gerichtlich strafbaren Handlung erfüllt, ist grundsätzlich als Vorfrage iSd § 38 AVG zu beurteilen, wobei die Behörde im Zweifelsfall die Verfahrensvorschrift des § 30 Abs 2 VStG zu beachten hat (vgl VwGH 22.03.1999, Zl. 98/17/0134; VwGH vom 22.08.2012, Zl. 2012/17/0156 unter Hinweis auf VwGH 14.12.2011, Zl. 2011/17/0233). Dabei ist die Behörde an einen strafgerichtlichen Einstellungsbeschluss nicht gebunden, sondern hat iSd ständigen Rechtsprechung des VwGH selbst zu beurteilen, ob ein vom Gericht zu ahndender Tatbestand vorlag (vgl etwa VwGH 14.12.2011, Zl. 2011/17/0233 unter Hinweis auf VwGH 22.3.1999, Zl. 98/17/0134).

 

IV.2. Mit der Glücksspielgesetz-Novelle 2008, BGBl I Nr. 54/2010, wurde in § 52 Abs 2 GSpG eine ausdrückliche Zuständigkeitsklausel zur Abgrenzung zwischen verwaltungsbehördlicher und gerichtlicher Strafbarkeit eingefügt. Danach handelt es sich dann, wenn im Zusammenhang mit der Teilnahme an einer Ausspielung (mit oder ohne Glücksspielautomaten) von einem Spieler vermögenswerte Leistungen von über 10 Euro pro Spiel geleistet werden, schon ex lege nicht mehr um "geringe Beträge" iSd § 168 Abs 1 StGB, sodass insoweit "eine allfällige Strafbarkeit nach diesem Bundesgesetz [GSpG] hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB zurück[tritt]".

 

Mit Erkenntnis vom 22. August 2012, Zl. 2012/17/0156, hat der Verwaltungsgerichtshof dazu festgehalten, dass die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Gerichten und Verwaltungsbehörden nach den für die Spiele geleisteten Einsätzen zu erfolgen habe, da § 52 Abs 2 GSpG auf die Leistung eines Einsatzes von mehr als 10 Euro in einem einzelnen Spiel abstelle. Eine Subsidiarität der verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit gegenüber dem gerichtlichen Straftatbestand ergebe sich daher nur für die Veranstaltung von Spielen, bei denen der Einsatz 10 Euro übersteigt.

 

In diesem Erkenntnis äußerte sich der Verwaltungsgerichtshof allerdings bloß zu einer der beiden Voraussetzungen des Straflosigkeitsmerkmals der 2. Variante im letzten Gliedsatz des § 168 Abs 1 StGB ("oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge"). Da die Wendung "geringe Beträge" lediglich eine der beiden kumulativen Voraussetzungen für die in § 168 Abs 1 letzter Teilsatz StGB normierte Straffreiheit bildet, ist auch von einer gerichtlichen Strafbarkeit hinsichtlich jener Glücksspiele auszugehen, bei denen die Einsätze pro Einzelspiel zwar unterhalb der Geringfügigkeitsgrenze liegen, die aber nicht "bloß zum Zeitvertreib" gespielt werden. Dies ist nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, welcher sich der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 22. März 1999, Zl. 98/17/0134, angeschlossen hatte, etwa dann der Fall, wenn der Spielveranstalter vorsätzlich Serienspiele veranlasst oder zu solchen Gelegenheit bietet (vgl OGH 3.10.2002, Zl. 12 Os 49/02; OGH 2.7.1992, Zl. 15 Os 21/92; OGH 22.8.1991, Zl. 15 Os 27/91). Da somit eine Strafbarkeit gemäß § 168 StGB auch dann gegeben sein kann, wenn zwar Einsätze von unter 10 Euro pro Einzelspiel geleistet werden, es sich aber um Serienspiele iSd OGH-Judikatur handelt, ist in diesen Fällen hinsichtlich des Verhältnisses zu den Verwaltungsstraftatbeständen des GSpG nicht auf § 52 Abs 2 GSpG, sondern auf die eingangs zitierte Judikatur zurückzugreifen, der zufolge eine allenfalls anzuwendende glücksspielgesetzliche Verwaltungsstrafbestimmung hinter den gerichtlichen Straftatbestand des § 168 StGB stillschweigend zurücktritt.

 

Auch der Verfassungsrechtler Heinz Mayer vertritt in seinem Beitrag: "Das Verbot der Doppelbestrafung im Glücksspielrecht", ecolex 2013, Seiten 80 ff, die Auffassung, dass mit dem § 52 Abs 2 GSpG nur das Merkmal "geringe Beträge" im § 168 Abs 1 StGB präzisiert wurde. Nach Analyse der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs (VfSlg 15.199 und VfSlg 18.833) betreffend Vermeidung eines Verstoßes gegen das Doppelbestrafungsverbot durch verfassungskonforme Interpretation hält Mayer dem zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 22. August 2012 mit Recht kritisch entgegen (vgl ecolex 2013, 81 f):

 

"Wenn der VwGH im Erk v 22.8.2012 (FN 5: VwGH 22.8.2012, 2012/17/0156) nunmehr die Subsidiarität nur insoweit gelten lassen will, als es ausschließlich um Einsätze von mehr als Euro 10,- geht, so verkennt er die verfassungsrechtliche Bedeutung des Doppelbestrafungsverbots und das Erk des VfGH VfSlg 15.199. Folgt man dem VwGH, so hätte § 52 Abs 2 GSpG eine Doppelbestrafung dort ermöglicht, wo sie nach früherer Rechtslage nicht möglich war; dies lediglich deshalb, weil § 52 Abs 2 GSpG nunmehr den Begriff des 'geringen Betrages' des § 168 Abs 1 StGB definiert. Diese Auffassung ist unzutreffend; sie kann sich weder auf den Gesetzestext noch auf die Gesetzesmaterialien stützen. Die ErläutRV (FN 6: 658 BlgNR 14. GP 8) zur GSpG-Nov 2008 (FN 7: BGBl I 2010/54) zeigen deutlich, dass der Gesetzgeber beabsichtigte, der Rsp des VfGH Rechnung zu tragen und eine subsidiäre Kompetenz der Verwaltungsstrafbehörde zu normieren.

Die vom VwGH im Erk 22.8.2012 (FN 8: VwGH 22.8.2012, 2012/17/0156) gewählte Auslegung des § 52 Abs. 2 GSpG unterstellt dieser Bestimmung einen verfassungswidrigen Inhalt, indem sie nicht nur diese Bestimmung verkennt, sondern auch die Reichweite des verfassungsrechtlichen Doppelbestrafungsverbots gem Art 4 Abs 1 7. ZP. Die vom VwGH in diesem Erk vertretene Rechtsansicht macht es im Ergebnis ausschließlich vom Verhalten eines von ihm nicht beeinflussbaren Dritten abhängig, ob ein Veranstalter nur vom Gericht oder zusätzlich auch von der Verwaltungsbehörde bestraft wird; eine solche Auslegung scheint auch unsachlich und damit gleichheitswidrig.

Zuletzt ist darauf hinzuweisen, dass die im Erk VwGH 22. 8. 2012 vertretene Auffassung in Konflikt mit der Rsp des OGH im Falle von Serienspielen gerät; in diesen Fällen nimmt der OGH auch bei geringen Einsätzen eine Strafbarkeit gem § 168 StGB an (FN 9: Vgl OGH 14.12.1982, 9 Os 137/82; 22.8.1991, 15 Os 27/91; 3.10.2002, 12 Os 49/02 EvBl 2003/22)."

 

In seiner jüngsten Grundsatzentscheidung vom 13. Juni 2013, Zl. B 422/2013, tritt der Verfassungsgerichtshof der beginnend mit dem Erkenntnis vom 22. August 2012, Zl. 2012/17/0156, geänderten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ausdrücklich entgegen und führt zur Abgrenzung der verwaltungsrechtlichen von der gerichtlichen Strafbarkeit im Glücksspielrecht (Hervorhebungen nicht im Original) unter Punkt III. (RN 26 ff) Folgendes aus:

 

"[...]

Ungeachtet der Formulierung des § 52 Abs. 2 GSpG (iVm dem Straftatbestand des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG) kann diesem nicht der (verfassungswidrige) Inhalt unterstellt werden, dass die Abgrenzung der Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörde nach dem Glücksspielgesetz und der Strafgerichte nach § 168 StGB nach den vom jeweiligen Spieler tatsächlich geleisteten Einsätzen (höchstens oder über € 10,-) abhängt. Der Verwaltungsstraftatbestand des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG erfasst nämlich das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen von verbotenen Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG. Die Strafbarkeit knüpft somit nicht - wie dies aus der Textierung des § 52 Abs. 2 GSpG missverstanden werden könnte - an das Verhalten des konkreten Spielers - also daran, ob dieser im Einzelfall einen Einsatz von höchstens oder unter € 10,- an einem Glücksspielautomaten tatsächlich leistet - an, sondern stellt auf das Verhalten jener Person ab, die einem Spieler verbotene Ausspielungen ermöglicht ('wer ... veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht ...' - § 52 Abs. 1Z 1 GSpG). Bei der Abgrenzung der Strafbarkeit nach § 52 Abs. 1 (Z 1) GSpG und nach § 168 StGB sowie damit auch der Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörden und der Strafgerichte ist somit - bei einer verfassungskonformen, das Verbot der Doppelbestrafung gemäß Art. 4 Abs. 1 7. ZPEMRK berücksichtigenden Auslegung (vgl. VfSlg. 15.199/1998 mwN) - darauf abzustellen, ob derjenige, der eine Ausspielung etwa mit einem Glücksspielapparat oder Glücksspielautomaten bzw. mit einem darauf installierten Spielprogramm veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht, der bzw. das Einsätze von höchstens € 10,- oder mehr als €10,- ermöglicht. Würde auf die tatsächlichen Einsätze des jeweiligen Spielers abgestellt (wie dies der Verwaltungsgerichtshof in der zitierten Rechtsprechung [Anm: VwGH vom 22.08.2012, 2012/17/0156, VwGH vom 27.02.2013, 2012/17/0342 und VwGH vom 15.03.2013, 2012/17/0365] und die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid tun), würde eine Tat, also ein Lebenssachverhalt bzw. dasselbe Verhalten einer Person (nämlich des in § 52 Abs. 1 [Z 1] GSpG und § 168 StGB umschriebenen Täterkreises), in mehrere strafbare Handlungen zerlegt, obwohl diese strafbaren Handlungen dieselben wesentlichen Elemente ('essential elements') aufweisen und die eine strafbare Handlung den Unrechtsgehalt der anderen in jeder Beziehung mitumfasst. Das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen von verbotenen Ausspielungen, bei denen Einsätze bis zu € 10,- pro Spiel geleistet werden können, erschöpft sich vollständig in dem gemäß § 168 Abs. 1 StGB strafbaren Verhalten in Bezug auf (Automaten)Glücksspiele bzw. die darauf installierten Spielprogramme mit Einsätzen über € 10,-.

 

Bei einer verfassungskonformen Interpretation des § 52 Abs. 2 (iVm § 52 Abs. 1 Z 1) GSpG hinsichtlich der Abgrenzung der Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden von jener der Strafgerichte darf es somit nur darauf ankommen, ob eine 'Glücksspielveranstaltung' (also das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen von verbotenen Ausspielungen mit Spielautomaten über einen bestimmten Zeitraum) mit einem Einsatz von über € 10,- pro Spiel ermöglicht wird, und nicht darauf, ob der jeweilige Spieler Einsätze von höchstens € 10,- oder mehr als € 10,- tatsächlich leistet. Dabei umfasst das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen jeweils nur einen konkreten Spielautomaten und nicht mehrere Spielautomaten (gemeinsam).

 

3.4. Die belangte Behörde hat somit dem § 52 Abs. 2 (iVm § 52 Abs. 1 Z 1) GSpG einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellt, indem sie nicht auf den maximal möglichen Einsatz der vom Beschwerdeführer betriebenen Glücksspielautomaten, sondern auf den jeweils von Spielern geleisteten Einsatz pro Spiel abstellte. Da der Beschwerdeführer unbestrittenermaßen Ausspielungen mit zwei Glücksspielautomaten, welche einen Höchsteinsatz von € 10,50 pro Spiel ermöglichten, veranstaltete und deswegen auch in erster Instanz strafgerichtlich gemäß § 168 StGB verurteilt wurde, scheidet eine doppelte Bestrafung wegen ein und derselben Tat nach § 52 Abs. 1 Z 1 (iVm § 52 Abs. 2) GSpG aus.

 

3.5. Aus der dargelegten verfassungskonformen Interpretation der Abgrenzungsregelung des § 52 Abs. 2 GSpG ergibt sich im Übrigen die Verpflichtung der Verwaltungsstrafbehörde - auch nach Maßgabe der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz gemäß Art. 7 B-VG bzw. Art. 2 StGG und auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gemäß Art. 83 Abs. 2 B-VG - stets zu ermitteln, welcher mögliche Höchsteinsatz an einem Glücksspielautomat geleistet werden kann (bzw. ob Serienspiele veranlasst werden können), um derart beurteilen zu können, ob eine Gerichtszuständigkeit gemäß § 168 StGB oder die Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörden gemäß § 52 Abs. 1 GSpG besteht."

 

Dieser Rechtsansicht des Verfassungsgerichtshofes schloss sich nunmehr auch der Verwaltungsgerichtshof – in ausdrücklicher Abkehr von seiner zuvor zitierten Rechtsansicht – an (vgl VwGH 23.7.2013, Zl. 2012/17/0249).

 

IV.3. Zudem ist gemäß § 22 Abs 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG idF BGBl I Nr. 33/2013, soweit die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, eine Tat als Verwaltungsübertretung nur dann strafbar, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet.

 

Mit dem am 1. März 2013 in Kraft getretenen § 22 VStG idF BGBl I Nr. 33/2013, der mangels anderslautender Übergangsbestimmung auch für den vorliegenden Fall maßgeblich ist, soll nach dem Willen des Gesetzgebers nunmehr eine generell subsidiäre verwaltungsbehördliche Strafbarkeit normiert werden und eine Tat "als Verwaltungsübertretung nur dann strafbar sein, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet" (vgl Erl RV BGBl I Nr. 33/2013, 2009 BlgNR 24. GP, Seite 20 "Zu Z 4 (§ 22 samt Überschrift)".

 

Aus dem § 22 Abs 2 VStG idF BGBl I Nr. 33/2013 ergibt sich nunmehr, dass sowohl Taten, die zueinander in Realkonkurrenz stehen ("Hat jemand durch mehrere selbstständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen") als auch Taten, die zueinander in echter Idealkonkurrenz stehen ("oder fällt eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen"), entweder von einer oder von mehreren Verwaltungsbehörden nebeneinander zu bestrafen sind.

 

Auf Grund der in der Neufassung des § 22 Abs 1 VStG generell vorgesehenen ausdrücklichen Subsidiarität der verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit gegenüber Gerichtsdelikten ist konsequenter Weise die in der alten Fassung des § 22 Abs 2 VStG noch enthaltene Bestimmung, nach der auch beim Zusammentreffen von Verwaltungsübertretungen mit von einem Gericht zu ahndenden strafbaren Handlungen die Strafen nebeneinander zu verhängen waren, entfallen.

 

Offenbar im Interesse der Rechtssicherheit zwecks zuverlässiger Vermeidung einer verfassungsrechtlichen Konfliktlage soll eine Tat ganz allgemein nur mehr dann als Verwaltungsübertretung strafbar sein, wenn sie nicht auch – wenn auch nur teilweise - den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet. Auf diese Weise können auch schwierige Auslegungsfragen im Zusammenhang mit einer bisher nur stillschweigend anzunehmenden Subsidiarität (vgl etwa "same essential elements" - Doktrin des VfGH) vermieden und die Verwaltungsbehörden entlastet werden.

 

Im richtungweisenden Erkenntnis vom 11. Mai 1998, Zl. 98/10/0040 (= VwSlg 14.890 A/1998) hat der Verwaltungsgerichtshof unter Auswertung von Vorjudikatur für eine ausdrückliche Subsidiaritätsklausel betreffend eine Tat, die den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, ausgesprochen, dass es nicht erforderlich sei, dass das verdrängende und das verdrängte Delikt die gleiche Angriffsrichtung haben und dass die Subsidiarität auch dann greife, wenn der Gerichtstatbestand nicht allein durch die verwaltungsstrafrechtlich relevanten Elemente des Verhaltens, sondern erst durch Hinzutreten weiterer Sachverhaltselemente erfüllt werde.

 

Zusammenfassend kann daher festgestellt werden, dass die zunächst vom Verfassungsgerichtshof in VfSlg 15.199/1998 und anschließend auch vom Verwaltungsgerichtshof (VwGH 22.03.1999, Zl. 98/17/0134) angenommene verfassungskonforme Interpretation im Wege der stillschweigenden Subsidiarität der Bestimmungen des Glücksspielgesetzes gegenüber dem § 168 StGB nunmehr ex lege durch die generelle ausdrückliche Subsidiarität nach dem § 22 Abs 1 VStG idF BGBl I Nr. 33/2013 nicht nur abgesichert wurde, sondern der (bedingungslose) Vorrang des konkurrierenden Gerichtsdelikts im Sinne von VwSlg 14.890 A/1998 nunmehr durch ausdrückliche gesetzliche Subsidiarität angeordnet worden ist. Dies bedeutet weiter im Ergebnis, dass bei Glücksspielen (verbotenen Ausspielungen) mit Einsätzen über 10 Euro, mögen sie auch mit solchen darunter einhergehen, sowie bei Glücksspielen, die nicht bloß zum Zeitvertreib (Serienspiele) gespielt werden, jedenfalls eine die Verwaltungsdelikte ausschließende gerichtliche Strafbarkeit anzunehmen ist.

 

Die ausdrückliche Subsidiarität setzt nur voraus, dass eine Tat (auch) den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet. Es ist gleichgültig, ob es dabei zu einer tatsächlichen Bestrafung des Täters durch ein Gericht kommt (vgl Hauer/Keplinger, SPG-Kommentar4, 2011, Anm. 3 zu § 85 SPG mwN). Die Subsidiaritätsklausel verlangt dies nicht, sondern stellt ausschließlich auf die selbstständige Beurteilung durch die Verwaltungsstrafbehörde ab. Selbst wenn die gerichtliche Bestrafung mangels Zurechnungsfähigkeit, fehlenden Vorsatzes, Verjährung oder sogar aufgrund einer Arbeitsüberlastung des Gerichtes oder der Staatsanwaltschaft nicht erfolgt, liegt eine Verwaltungsübertretung nicht vor (vgl ausdrücklich Hauer/Keplinger, SPG-Kommentar4, 2011, Anm. 3 zu § 85 SPG mwN).

 

Außerdem hat der Verfassungsgerichtshof in der oben zitierten Entscheidung zur bisher bloß stillschweigenden Subsidiarität – bei der gebotenen verfassungskonformen Interpretation – für die Abgrenzung von verwaltungsrechtlicher und gerichtlicher Strafbarkeit im Glücksspielrecht darauf abgestellt, ob an einem Glücksspielgerät Höchsteinsätze von über 10 Euro möglich sind bzw ob auch Serienspiele veranlasst werden können und bereits für diese Möglichkeiten, die auch die Versuchsstrafbarkeit einschließen, eine gerichtliche Strafbarkeit nach § 168 StGB angenommen.

 

Nichts Anderes kann insofern auch für die von § 22 Abs 1 VStG angeordnete ausdrückliche Subsidiarität gelten!

 

IV.4. Die belangte Behörde hat am 9. Februar 2013 gemäß § 78 Abs 1 StPO Anzeige an die Staatsanwaltschaft erstattet.

 

Durch die Normierung der allgemeinen ausdrücklichen Subsidiarität für Verwaltungsstrafbestimmungen ergibt sich, dass die Tat (= der einheitliche Lebenssachverhalt; siehe dazu auch VfGH vom 13.6.2013, Zl. B 422/2013 Rz 27) als Verwaltungsübertretung nicht mehr strafbar ist, wenn sie unter § 168 StGB (bzw §§ 15, 168 StGB oder §§ 12, 15, 168 StGB) zu subsumieren ist – und zwar unabhängig davon, ob teilweise Einsätze unter oder über 10 Euro tatsächlich geleistet wurden. In Zusammenschau mit der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs, die einerseits die Reichweite des § 168 StGB klarstellt und andererseits die Funktion (s VfGH vom 13.6.2013, Zl. B 422/2013, Rz 30; "...Abgrenzungsregelung...") und den Regelungsinhalt des § 52 Abs 2 GSpG mit Art 4 7. ZPzEMRK in Einklang bringt (siehe VfGH vom 13.6.2013, Zl. B422/2013, ebenso VfGH vom 26.6.2013, Zl. B 63/2013), ergibt sich sohin, dass eine vom Oö. Landesverwaltungsgericht durchzuführende Ergänzung der selbstständigen Beurteilung der gerichtlichen Strafbarkeit nach § 168 StGB durch die belangte Behörde (im Sinne der strafrechtlichen stRsp des OGH zu dieser Bestimmung) Klarheit im Hinblick auf die Abgrenzung einer allfälligen verwaltungsrechtlichen Strafbarkeit von der Strafbarkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit bringt. Dies umso mehr, als bereits von der belangten Behörde in der bekämpften Entscheidung dem Grunde nach erkannt wurde, dass im Falle einer vom Gesetzgeber ausdrücklich und umfassend normierten Subsidiarität (§ 22 VStG) keine Zweifel darüber bestehen können, dass bei Vorliegen der gerichtlichen Strafbarkeit ausschließliche Zuständigkeit der Strafgerichte besteht und damit auch begrifflich schon keine Verwaltungsübertretung in Betracht kommt (arg. "... nur dann ... strafbar ...").

 

Vor dem Hintergrund der nunmehr mit § 22 VStG ausdrücklich und umfassend normierten Subsidiarität der verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit sowie insbesondere auch der eindeutigen aktuellen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs – der im Übrigen auch der Verwaltungsgerichtshof ausdrücklich folgt – hatte des Oö. Landesverwaltungsgericht daher nunmehr die selbstständige strafrechtliche Beurteilung durch die belangte Behörde zu ergänzen.

 

IV.5. Die strafrechtliche Beurteilung des festgestellten Sachverhalts ergibt Folgendes:

 

IV.5.1. Vorweg ist festzuhalten, dass am 5. November 2012 in einer LeiterInnenbesprechung bei der Oberstaatsanwaltschaft Linz die grundsätzliche Anwendbarkeit der Serienspieljudikatur des OGH ausdrücklich bestätigt wurde.

 

Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 13. Juni 2013, Zl. B 422/2013-9, abschließend festhält, kommt es bei verfassungskonformer Interpretation der Abgrenzungsregelung des § 52 Abs 2 GSpG allein darauf an, welcher mögliche Höchsteinsatz an einem Glücksspielgerät geleistet werden kann bzw ob Serienspiele veranlasst werden können. Sobald daher bei einem Spielgerät die bloße Möglichkeit von Höchsteinsätzen von über 10 Euro oder die Möglichkeit der Abhaltung von Serienspielen im Sinne der OGH-Judikatur besteht, liegt daher nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes eine ausschließliche Gerichtszuständigkeit gemäß § 168 StGB vor. Unter Zugrundelegung dieser Judikatur ergibt sich im gegenständlichen Verfahren Folgendes:

 

Durch den festgestellten Sachverhalt wird eindeutig belegt, dass nach der Funktionsweise der verfahrensgegenständlichen Walzenspielgeräte Begleitumstände und Rahmenbedingungen vorlagen, die zu Serienspielen veranlasst haben (vgl näher die Feststellungen in den Punkten II.4.1. und II.4.2. und weiter Punkt II.5.).

 

Neben der Ausstattung der Geräte mit Banknoteneinzug und funktionsfähiger Automatik-Start-Taste waren sehr günstige Gewinn-Verlust-Relationen (bis 1:1800) festzustellen (vgl näher Punkt II.4.2.). Überhaupt ist nach der Ausgestaltung der Walzenspielabläufe mit besonderen Dauerspielanreizen für Spieler durch attraktivere Gewinnlinien nach jeder Einsatzsteigerung beim "Würfelspiel", durch Gamble-Funktion (Gewinnverdoppelung oder -vervielfachung) und besonders durch die Supergame-Optionen und deren eklatant gesteigerte Häufigkeit je nach Einsatzerhöhung zu rechnen. Beim Gewinn eines Supergames bestehen besondere Gewinnchancen trotz minimaler Einsätze (vgl Punkt II.4.2.). Die Spielprogramme auf den Walzenspielgeräten sind nach den festgestellten Umständen darauf ausgelegt, den gewinnsüchtigen Spieler am Gerät zu "halten" und zu Serienspielen zu veranlassen. Dem gewöhnlichen Einzelspiel kommt dabei kaum eigenständige Bedeutung zu. Es muss nur immer wieder gespielt werden, um den Einstieg in höhere Gewinnlinien und damit in eine attraktivere Spielphase mit erhöhten Gewinnchancen zu schaffen.

 

Diese günstigen Gewinn-Verlust-Relationen in Verbindung mit einer funktionsfähigen Automatik-Start-Taste bzw der Funktion AUTOSTART belegen bei den gegenständlichen Walzenspielgeräten eindeutig einen besonderen Anreiz für Serienspiele iSd Judikatur des Obersten Gerichtshofs, die in gewinnsüchtiger Absicht und nicht "bloß zum Zeitvertreib" gespielt werden (vgl etwa OGH 20.04.1983, Zl. 11 Os 39/83, wo ein Verhältnis von 1:60 als sehr günstig beurteilt wurde). In der Zusammenschau von Serienspieljudikatur des Obersten Gerichtshofs mit der aktuellen Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs vom 13. Juni 2013, Zl. B 422/2013, ist zweifelsfrei erkennbar, dass der Betrieb der gegenständlichen Walzenspielgeräte auf Grund ihrer Funktionsweise gerichtlich strafbar erscheint, zumal keinesfalls bloß Spiele zum Zeitvertreib veranlasst oder ermöglicht werden. Letzteres bestätigte der Oberste Gerichtshof einmal mehr in der einschlägigen Revisionsentscheidung vom 20. März 2013, 6 Ob 118/12i, in der festgehalten wird (Hervorhebungen nicht im Original): "Der Unterhaltungswert tritt – insbesondere bei Betätigen der 'Automatiktaste' – zu Gunsten des Gewinnstrebens völlig in den Hintergrund."

 

VI.5.2. Auf Grund der dargelegten Funktionsweise der Walzenspielgeräte werden nach Auffassung des Oö. Landesverwaltungsgerichts Serienspiele veranlasst bzw ermöglicht. Entsprechend dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 13. Juni 2013, Zl. B 422/2013 (ebenso nunmehr VwGH 23.07.2013, Zl. 2012/17/0249), ist somit die oben zitierte Serienspieljudikatur des Obersten Gerichtshofs weiterhin anzuwenden.

 

Im gegebenen Zusammenhang liegt durch die eindeutig belegten Anreize, mit den gegenständlichen Geräten Serienspiele durchzuführen, zumindest der strafbare Versuch einer gemäß § 168 StGB iVm § 15 StGB mit gerichtlicher Strafe bedrohten Glücksspielveranstaltung vor, da allein schon das unternehmerische Zugänglichmachen ebenso wie das Aufstellen bzw Zur-Verfügung-Stellen von Glücksspielgeräten eine Versuchshandlung iSd § 15 Abs 2 StGB hinsichtlich des Tatbildes der Förderung einer Glücksspielzusammenkunft (vgl dazu § 168 Abs 1 StGB 2. Tatbildvariante) und überhaupt das vorsätzliche Verschaffen einer Spielgelegenheit – etwa durch den "Spielautomatenaufsteller" oder einen "die Gewinnabgeltung besorgenden Gastwirt" (Kirchbacher in WK² § 168 Rz 14 uHa Rainer, SbgK § 168 Rz 12) – auf mit Automatik-Start-Taste ausgestatteten Glücksspielgeräten schon vor dem ersten Spielgeschehen den strafbaren Versuch der Veranstaltung von Serienglücksspielen im Sinne der 1. Tatbildvariante des § 168 Abs 1 StGB darstellt (vgl allgemein zu den Begehungsweisen Kirchbacher in WK2 § 168 Rz 14 ff, die etwa die Förderung einer Glücksspielzusammenkunft schon "durch Beistellung entsprechender Räume oder Spielutensilien, durch Werbung oder durch sonstige Dienstleistungen" bejahen, und Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB3 § 168 Rz 9 ff). Allein der Umstand etwa des Zur-Verfügung-Stellens derartiger Gegenstände stellt bei entsprechendem Tatvorsatz somit jedenfalls schon den strafbaren Versuch der Förderung einer Glücksspielzusammenkunft (§ 168 Abs 1 2. Tatbildvariante) sowie allenfalls auch die strafbare Beteiligung am Versuch der Veranstaltung eines Glücksspiels (§ 168 Abs 1 1. Tatbildvariante) dar.

 

Mit anderen Worten: Bereits durch die Beistellung, betriebsbereite Aufstellung und öffentliche Zugänglichmachung eines der gegenständlichen Glücksspielgeräte, an denen die Spieler zu Serienspiele veranlasst werden, wird der strafbare Versuchsbereich der Tatbilder des § 168 Abs 1 StGB als Ausführungshandlung oder zumindest ausführungsnahe Handlung in Bezug auf die Veranstaltung von Serienglücksspielen und die Förderung der Abhaltung von Serienglücksspielen beschritten.

 

IV.5.3. Darüber hinaus ist nach den gegebenen Umständen zu erkennen, dass die mitbeteiligte Partei im Sinne des § 5 Abs 1 2. Halbsatz StGB die Verwirklichung des Tatbildes ernstlich für möglich gehalten und sich damit auch abgefunden hat:

 

Schon die Tatsache, dass aufgrund der dargelegten Funktionsweise der mit  "Automatik-Start-Taste" ausgestatteten Walzenspielgeräten Glücksspiele im Sekundentakt ablaufen können, zeigt ganz offensichtlich, dass solche Ausspielungen sowohl vom Veranstalter als auch vom Lokalbetreiber und Inhaber ebenso wie von sonstigen unternehmerisch Beteiligten in gewinnbringender Absicht beigestellt, betrieben bzw veranstaltet werden. Dies indiziert mindestens den erforderlichen dolus eventualis in Bezug auf die beiden Tatbilder des § 168 Abs 1 StGB. So ist im Regelfall davon auszugehen, dass Veranstalter und/oder Lokalbetreiber ebenso wie sonstige unternehmerisch Beteiligte es für möglich halten und sich auch damit abfinden, dass mit der Verschaffung einer Spielgelegenheit bzw der Zugänglichmachung von entgeltlichen Glücksspielen auf entsprechend ausgestatteten Geräten ebenso wie schon mit der erwerbsmäßigen Beistellung solcher Geräte auf unrechtmäßige (monopolwidrige) Art und Weise Geld verdient wird. Dementsprechend geht auch Kirchbacher im Wiener Kommentar zum StGB (vgl dieselben in WK² § 168 Rz 13) unter Hinweis auf eine "realistische Sicht" davon aus, dass wohl "jedem Automatenbetreiber, der keine Vorkehrung gegen 'Serienspiele' trifft, ein entsprechender dolus eventualis unterstellt werden" müsse.

 

Beim Einsatz von Walzenspielgeräten mit Automatik-Start-Taste werden aber nicht nur keine Vorkehrungen gegen Serienspiele getroffen, sondern solche Serienspiele geradezu provoziert. Im Fall der Betätigung der Automatik-Start-Taste durch den Spieler wird – wie oben dargelegt – der wechselnde Vorgang der Einsatzabbuchung mit anschließendem Walzenlauf so lange selbsttätig fortgesetzt, bis das gesamte Spielguthaben verbraucht, der Einsatz höher als das (verbleibende) Spielguthaben ist oder die Taste erneut betätigt wird.

 

Schließlich liegen bei den Geräten mit den FA-Nrn. 1 bis 7 – insbesondere unter Berücksichtigung der für den Spieler besonders attraktiven "Supergame"– Optionen (vgl abermals OGH 20.03.2013, Zl. 6 Ob 118/12i) – zu Serienspielen verleitende, sehr günstige Gewinn- und Verlustrelationen iSd OGH-Judikatur vor. Die in Aussicht gestellten Gewinnchancen sind offenkundig darauf ausgerichtet, einen besonderen Anreiz für den gewinnsüchtigen Spieler zu Serienspielen zu bieten. Der Spieler kann dadurch nicht nur sein Gewinnstreben an sich ausleben, sondern auch bei bereits eingetretenen Verlusten eine gute Chance sehen, diese durch wenige Einzelspiele wieder ganz oder teilweise wettzumachen. Die Gewinnerzielungsabsicht tritt somit in den Vordergrund und das Kriterium des bloßen Zeitvertreibs muss verneint werden. Dadurch liegt der strafbare Versuch einer gemäß § 168 iVm § 15 StGB mit gerichtlicher Strafe bedrohten Glücksspielveranstaltung vor, weil auch das unternehmerische Zugänglichmachen ebenso wie das Aufstellen bzw Zur-Verfügung-Stellen von Glücksspielgeräten eine Versuchshandlung iSd § 15 Abs 2 StGB hinsichtlich des Tatbildes der Förderung einer Glücksspielzusammenkunft darstellt.

 

IV.6. Der verfahrensgegenständliche Sachverhalt ist nach der selbstständigen Beurteilung grundsätzlich dem Tatbestand des § 168 StGB zu unterstellen und zumindest gemäß § 168 Abs 1 iVm § 15 Abs 2 StGB gerichtlich strafbar. Zu diesem Schluss führt auch die oben zitierte Entscheidung vom 13.6.2013, B 422/2013, in der der Verfassungsgerichtshof unter Randnummer 14 festhält, dass § 168 StGB seit Erlassung des Strafgesetzbuches, BGBl. 60/1974 unverändert besteht, da die strafrechtliche Gesetzeslage (§ 168 StGB) seit 1974 keine Änderung erfahren hat. Der bisherigen Judikaturlinie des Obersten Gerichtshofs zu § 168 StGB in Bezug auf Serienspiele ist daher weiterhin zu folgen. Auch bei einem Unterschreiten der Geringfügigkeitsgrenze beim Einzeleinsatz ist die gerichtliche Strafbarkeit gegeben, wenn nicht "bloß zum Zeitvertreib" gespielt wird.

 

Im Hinblick auf die im vorliegenden Fall grundsätzlich gegebene gerichtliche Strafbarkeit des angelasteten Sachverhalts kann auf Grund des § 52 Abs 2 GSpG in Verbindung mit der nunmehr durch § 22 Abs 1 VStG idF BGBl I Nr. 33/2013 ausdrücklich geregelten generellen Subsidiarität, aber auch in Verbindung mit der vormals von den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts judizierten stillschweigenden Subsidiarität der glücksspielrechtlichen Verwaltungsstrafbestimmungen und der aktuellen Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs keine strafbare Verwaltungsübertretung vorliegen.

 

IV.7.1. Darüber hinaus wäre die vorgeworfene Tat - ungeachtet der Frage der Subsidiarität des Verwaltungsstrafrechts – im Grunde der Sperrwirkung der Erledigung des gerichtlichen Strafverfahrens nicht verwaltungsbehördlich strafbar:

Aus der Einstellung des Verfahrens gemäß § 190 Z 1 StPO durch die zuständige Staatsanwaltschaft mit der mitgeteilten Begründung "Unvereinbarkeit mit Unionsrecht" unter Hinweis auf eine Rechtsmittelentscheidung und auch aufgrund der Tatsache, dass bereits Verjährung der Strafbarkeit eingetreten ist  (vgl dazu Punkt I.3.), kann abgeleitet werden, dass der gegenständlich angezeigte Sachverhalt grundsätzlich dem Straftatbestand des § 168 StGB unterstellt wurde und die Einstellung auf § 190 Z 1 2. Fall StPO ("oder sonst die weitere Verfolgung aus rechtlichen Gründen unzulässig wäre") beruht. Die Einstellung aus dem rechtlichen Grund der Unionsrechtswidrigkeit – ob zu Recht oder nicht kann dahingestellt bleiben – ist ebenso wie die Einstellung wegen Verjährung der Strafbarkeit einem Freispruch des Angeklagten gleichzuhalten.

Gemäß § 57 Abs 3 StGB beträgt die Verjährungsfrist ein Jahr, wenn die Handlung – wie im Fall des § 168 StGB – mit nicht mehr als sechsmonatiger Freiheitsstrafe oder nur mit Geldstrafe bedroht ist. Die Tathandlungen wurden im konkreten Fall im Jahr 2012 gesetzt und sind somit iSd § 57 Abs 3 StGB nunmehr jedenfalls gerichtlich verjährt. Eine Fortführung von dem nach § 190 StPO beendeten Ermittlungsverfahren ist somit ausgeschlossen, da die Strafbarkeit der Tat gegenständlich bereits verjährt ist. Im Ergebnis kommt der verfahrensgegenständlichen staatsanwaltschaftlichen Einstellung auch vor dem Hintergrund der zwischenzeitlich eingetretenen gerichtlichen Verjährung daher jedenfalls die Bedeutung eines "Freispruchs" iSd Art 4 7. ZPzEMRK zu.

Nach Auffassung des Oö. Landesverwaltungsgerichtes stellt unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte im Fall Zolotukhin nunmehr auch die Einstellung des gerichtlichen Strafverfahrens durch den öffentlichen Ankläger in der hier vorliegenden Form eine rechtskräftige und somit "unwiderrufliche" Erledigung im weit zu verstehenden Sinn des Art 4 7. ZPzEMRK dar (vgl EGMR v. 10.2.2009, Bsw.Nr. 14939/03, RN 107 f), die eine weitere Verfolgung oder Bestrafung eines Beschuldigten wegen einer Tat, die im Wesentlichen auf ein und demselben Sachverhalt gründet, ausschließt, zumal in diesem Fall unabhängig von der Einstellungsvariante bereits Verjährung gemäß § 57 Abs 3 StGB eingetreten ist und daher eine Fortführung des Ermittlungsverfahrens gemäß dem § 193 StPO nicht mehr möglich ist. Im Ergebnis liegt daher eine mit der oa. Judikatur vergleichbare Situation vor.

Eine erneute Verfolgung würde § 17 StPO und Art 4 7. ZPzEMRK verletzen (vgl Nordmeyer, WK-StPO § 190 Rz 20). Eine nicht mehr formlos fortführbare Einstellung nach § 190 StPO entfaltet auch nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs Sperrwirkung und bedeutet ein Verfolgungshindernis durch Verrauch des Anklagerechts (vgl OGH 21.08.2013, Zlen. 15 Os 94/13g, 15 Os 95/13d und 15 Os 96/13a).

Demzufolge erscheint auch die überkommene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshof (vgl zB VwGH 14.12.2011, Zl. 2011/17/0233) zur selbstständigen Beurteilung der Strafbarkeit durch die Verwaltungsbehörde im Falle eines Freispruchs (iwS) vom Gerichtsdelikt vor dem Hintergrund dieser Rechtsentwicklung im Rahmen des Doppelbestrafungs- und -verfolgungsverbotes der EMRK jedenfalls teilweise überholt.

Das Oö. Landesverwaltungsgericht hatte gegenständlich allein die vom Verfassungsgerichtshof nach Art 4 7. ZPzEMRK geforderte Prüfung vorzunehmen, ob der Betroffene für dasselbe (in den wesentlichen Elementen) strafbare Verhalten, für das er bereits rechtskräftig freigesprochen oder verurteilt wurde, nunmehr neuerlich verfolgt oder bestraft werden soll. Im Rahmen dieser Prüfung ist die Identität der gerichtlich strafbaren Handlung (Serienspiel mit Glücksspielgeräten bzw jedenfalls strafbarer Versuch) mit den gegenständlich angelasteten Verwaltungsdelikten aber jedenfalls zu bejahen.

IV.7.2. Da der vorliegenden Einstellung des Staatsanwaltes die Bedeutung eines Freispruchs zukommt, war die weitere verwaltungsstrafrechtliche Verfolgung wegen derselben Tat nicht mehr zulässig. Daraus ergibt sich weiter, dass das Oö. Landesverwaltungsgericht nach der durch die zuständige Staatsanwaltschaft verfügten Einstellung des gerichtlichen Strafverfahrens (= "final decision" iSd EGMR-Urteils vom 10.2.2009, Bsw.Nr. 14939/03, RN 107 f) nicht mehr befugt war, weitere Ermittlungstätigkeiten zu setzen. Davon abgesehen ist auch nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts im Falle der Tateinheit einer unter beide Strafdrohungen fallenden Handlung davon auszugehen, dass das Delikt des Glücksspieles gemäß § 168 Abs 1 StGB den Unrechts- und Schuldgehalt der einschlägigen Verwaltungsstrafbestimmung des Glücksspielgesetzes vollständig erschöpft und daher unter Berücksichtigung des Doppelbestrafungs- und Doppelverfolgungsverbotes gemäß Art 4 Abs 1 7. ZPzEMRK eine verfassungskonforme Interpretation insofern geboten ist, als eine Bestrafung nach § 168 Abs 1 StGB eine solche nach dem Glücksspielgesetz wegen desselben Verhaltens ausschließt (vgl VfSlg 15.199/1998; VwGH 22.3.1999, Zl. 98/17/0134; VwGH 8.9.2008, Zl. 2009/17/0181). Mit Blick auf das erwähnte Doppelverfolgungsverbot hat daher überdies auch bereits jede weitere Verfolgung der mitbeteiligten Partei zu unterbleiben.

Dieses Ergebnis wird im Übrigen auch durch die jüngste Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zum Grundsatz "ne bis in idem" vom 11. Dezember 2012, Asadbeyli et al v. Azerbaijan, bestärkt. In diesem Fall wurde in der rechtskräftigen strafrechtlichen Erstentscheidung keinerlei (detaillierte) Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts getroffen, anhand derer beurteilt werden hätte können, ob das zweite Verfahren dieselben oder im Wesentlichen übereinstimmende Fakten betraf. Unter Hinweis auf das Urteil im Fall Zolotukhin konstatierte der Gerichtshof, dass in einer solchen Fallkonstellation von einer Vermutung für eine – unzulässige – zweifache Bestrafung, die sich auf dieselben Vorgänge bezieht, auszugehen ist. Im Zweifel geht der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte somit zugunsten des Betroffenen von einem identischen oder im Wesentlichen gleichen Sachverhalt aus. Schon allein aufgrund der von der Staatsanwaltschaft im vorliegenden Fall pauschal ausgesprochenen Verfahrenseinstellung gegenüber der mitbeteiligten Partei stellte somit jede weitere verwaltungsstrafbehördliche Verfolgung eine Verletzung des Art 4 7. ZPzEMRK dar.

 

IV.7.3. Auf Grund der – in § 52 Abs 2 GSpG teilweise normierten bzw sich im Lichte des verfassungsgesetzlich verankerten Doppelbestrafungs- und –verfolgungs-verbots gemäß Art 4 des 7. ZPzEMRK stillschweigend ergebenden – Subsidiarität sowie nunmehr auch auf Grund der in § 22 Abs 1 VStG idF BGBl I Nr. 33/2013 gesetzlich vorgesehenen generellen Subsidiarität hat somit eine Verfolgung wegen des verdrängten Verwaltungsstraftatbestands des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG zu unterbleiben (zur Reichweite und Wirkung der ausdrücklichen Subsidiarität siehe unter Punkt IV.3.).

 

 

V. Im Ergebnis ist daher die vorgeworfene Tat als Verwaltungsübertretung nicht strafbar, weil sie den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet. Die belangte Behörde hat demnach im Ergebnis zu Recht die Einstellung verfügt, die auf der Grundlage des § 45 Abs 1 Z 1 VStG mangels einer strafbaren Verwaltungsübertretung vorzunehmen war.

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der aktuellen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Dr.  W e i ß