LVwG-600962/2/EW

Linz, 14.01.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Elisabeth Wiesbauer über die Beschwerde des J N, geb. x, vertreten durch L Rechtsanwälte, x gegen das Straferkenntnis des Landespolizeidirektors von Oberösterreich vom 29.4.2015, GZ VStV/915300381763/2015,

 

zu Recht   e r k a n n t :

    I.        Gemäß § 50 VwGVG iVm. § 28 VwGVG ist der Beschwerde stattzugeben, das Straferkenntnis des Landespolizeidirektors zu beheben.

 

 II.        Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

 

III.        Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4   B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.

I. Mit Straferkenntnis des Landespolizeidirektors von Oberösterreich (im Folgenden: belangte Behörde) vom 29.4.2015, GZ VStV/915300381763/2015, wurde über Herrn J N (Beschwerdeführer, im Folgenden: Bf), geb. x, mit nachfolgendem Spruch wegen Verletzung der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) eine Geldstrafe idHv. 150 Euro bzw. 3 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, sowie ein Kostenbeitrag idHv. 15 Euro verhängt:

 

„Sie haben wie am 10.02.2015 um 8:35 Uhr in Sierning, B 122 bei km 39.037 beim Verkehrskontrollplatz Sierning in Fahrtrichtung Bad Hall festgestellt wurde, als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen x im angeführten Bereich, welcher außerhalb des Ortsgebietes liegt, die durch Straßenverkehrszeichen in diesem Bereich kundgemachte Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h erheblich überschritten.“

 

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass sich der Meldungsleger bei der Anhaltung bei der Einfahrt des Kontroll-Parkplatzes befand und das Fahrzeug des Bf erst bei der Ausfahrt des Parkplatzes angehalten werden konnte. Im Zuge der freien Beweiswürdigung werde der Darstellung des Meldungslegers mehr Glauben geschenkt als jener des Bf und nimmt die belangte Behörde daher die dem Bf zur Last gelegte Tat eindeutig als erwiesen an.

 

 

II. Gegen das angefochtene Straferkenntnis erhob der Bf rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde, in welcher er zusammengefasst ausführt, dass er die verordnete Geschwindigkeitsbeschränkung eingehalten habe. Eine verlässliche Geschwindigkeitsschätzung sei nur dann möglich, wenn der schätzende Beamte im Zuge der Vorbeifahrt freie Sicht auf das zu schätzende Fahrzeug hat. Zu einer Vorbeifahrt beim einschreitenden Organ sei es aber nicht gekommen, weil es den Bf bereits am Beginn der Einfahrt zum Parkplatz (in Fahrtrichtung Bad Hall) angehalten habe und der Bf das Fahrzeug wenige Meter nach der Position des einschreitenden Beamten noch im Nahbereich der Einfahrt zum Stillstand gebracht habe. Aufgrund des Anhalteweges bei 50 km/h bzw. 70 km/h und der vom Meldungsleger angegebenen Stillstandposition könne die Annäherungsgeschwindigkeit technisch unmöglich mehr als 50 km/h betragen.

 

III.a) Die belangte Behörde hat die Beschwerde unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsstrafaktes, ohne eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, mit Schreiben vom 28.7.2015 (eingelangt am 30.7.2015) dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt. Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung (Art 130 Abs 1 Z 1 iVm 131 Abs 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art 135 Abs 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin.

 

b) Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt. Auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs 2 VwGVG verzichtet werden, da bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

 

c) Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ergibt sich unstrittig aus den Punkten I. und II.

 

IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

a.) Die einschlägigen Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) lauten in der im Tatzeitpunkt geltenden Fassung:

 

§ 52 lit a Z 10a:

„Die Vorschriftszeichen sind

a) Verbots- oder Beschränkungszeichen,

[...]

10a.“GESCHWINDIGKEITSBESCHRÄNKUNG(ERLAUBTE HÖCHSTGESCHWINDIGKEIT)“

 

http://www.ris.bka.gv.at/~/Dokumente/Bundesnormen/NOR40128461/image029.png

 

Dieses Zeichen zeigt an, dass das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist. Ob und in welcher Entfernung es vor schienengleichen Eisenbahnübergängen anzubringen ist, ergibt sich aus den eisenbahnrechtlichen Vorschriften.“

 

§ 99. Strafbestimmungen

[...]

(3) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, zu bestrafen,

a) wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs. 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b, 2c, 2d, 2e oder 4 zu bestrafen ist,

[...]“

 

 

b) Nach § 44a lit. a VStG 1950 hat ein Schuldspruch "die als erwiesen angenommene Tat" zu enthalten. Im Hinblick auf diese Bestimmung ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass nicht nur die Identität der Tat (z.B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht, sondern dass insbesondere auch die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird. Es sind somit entsprechende, d.h. in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende, wörtliche Anführungen erforderlich (vgl. hiezu das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 13. Juni 1984, Slg. N.F. Nr. 11.466/A; vgl 3.9.2003, 2001/03/0150).

 

Im Spruch des bekämpften Straferkenntnisses wurde dem Bf nach dem objektiv zu beurteilenden Wortlaut inhaltlich vorgeworfen, er habe die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h erheblich überschritten, „wie am 10.02.2015 um 08:35 Uhr in Sierning, B 122 bei km 39.037 beim Verkehrskontrollplatz Sierning in Fahrtrichtung Bad Hall festgestellt wurde“.

 

Der Spruch des bekämpften Straferkenntnisses enthält somit nicht die Bezeichnung des Tatzeitpunktes der dem Beschwerdeführer angelasteten Tathandlung, sondern lediglich den Zeitpunkt deren Feststellung (vgl. VwGH 25.2.1992, 91/04/0258; Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 10.9.2015, LVwG-700114/2/MB).

 

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie schon im Hinblick darauf den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Dieser war daher, ohne dass es einer Erörterung des weiteren Beschwerdevorbringens bedurfte, aufzuheben.

 

In diesem Sinn war dem Bf auch kein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem LVwG aufzuerlegen (vgl. § 52 VwGVG).

 

 

IV.

 

Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde und die revisionsberechtigte Formalpartei unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs.4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde/der revisionslegitimierten Formalpartei die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.

 

 

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Elisabeth Wiesbauer