LVwG-600992/14/KLi
Linz, 19.01.2016
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Dr. Lidauer über die Beschwerde vom 22. Juli 2015 des Dr. R A, geb. x, S, P, vertreten durch Dr. R A, R, N, T gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 24. Juni 2015, GZ: VerkR96-11181-2014,
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs.4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Dem Beschwerdeführer (Bf) wurde mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 24.6.2015, GZ: VerkR96-11181-2014 zur Last gelegt, er habe am 8.1.2014 um 00:23 Uhr in Traun, Kremstalerstraße, Höhe Schloss Traun in Fahrtrichtung stadteinwärts, das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen LL-x gelenkt und dabei die durch Zonenbeschränkung in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h um 14 km/h überschritten.
Der Bf habe daher § 20 Abs 1 iVm § 52 lit a Z 11a StVO 1960 verletzt, weshalb über ihn gem § 99 Abs 3 lit a StVO 1960 eine Geldstrafe in der Höhe von
EUR 30,00, falls diese uneinbringlich ist, eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 14 Stunden verhängt wurde.
Der Bf erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schreiben vom 22.7.2015 rechtzeitig Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich.
II. Beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich sind Bedenken hinsichtlich der Gesetzmäßigkeit der Verordnung des Gemeinderates der Stadt Traun vom 26.5.2008, GZ: PA 1114/482/08, welche der dem Bf angelasteten Verwaltungsstraftat zugrunde liegt, entstanden.
Mit Antrag vom 24.8.2015 begehrte das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich daher beim Verfassungsgerichtshof, die genannte Verordnung als gesetzwidrig aufzuheben.
III. Mit Erkenntnis vom 19.11.2015, GZ: V 54/2015-7. V 104/2015-8,
V 107/2015-7, V 112-113/2015-8, V 119-120/2015-8, hob der Verfassungsgerichtshof die Verordnung des Gemeinderats der Stadt Traun vom 26.5.2008, GZ: PA 1114/482/08, als gesetzwidrig auf und sprach aus, dass die Aufhebung mit 30.6.2016 in Kraft tritt.
IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:
a) Die einschlägige Bestimmung der Straßenverkehrsordnung 1960 - StVO 1960 lautet in der im Tatzeitpunkt geltenden Fassung:
„§ 20. Fahrgeschwindigkeit.
(1) …
(2) Sofern die Behörde nicht gemäß § 43 eine geringere Höchstgeschwindigkeit erläßt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, darf der Lenker eines Fahrzeuges im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h, auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h und auf den übrigen Freilandstraßen nicht schneller als 100 km/h fahren.“
b) Im ggst. Fall wurde dem Bf vorgeworfen, die durch Zonenbeschränkung, d.h. durch die Verordnung des Gemeinderats der Stadt Traun vom 26.5.2008, GZ: PA 1114/482/08, im tatörtlichen Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h um 14 km/h überschritten zu haben.
Wie oben dargelegt, wurde die in Rede stehende Verordnung mit Wirkung vom 30.6.2016 vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben. Gemäß Art 139 Abs 7 letzter Satz B-VG ist die Verordnung auf alle bis zum Ablauf dieser Frist verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles anzuwenden. Da es sich bei der hier verfahrensgegenständlichen Rechtssache um einen Anlassfall handelt und die Aufhebung des Verfassungsgerichthofes damit ex post wirkt, ist davon auszugehen, dass im dem Bf vorgeworfenen Tatzeitpunkt die in Rede stehende Verordnung keine Wirkung entfaltet.
Maßgeblich für die Beurteilung der Verwaltungsstrafsache ist daher einzig § 20 Abs 2 StVO 1960. Demzufolge „darf der Lenker eines Fahrzeuges im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h“ fahren. Der Bf hat – dem Tatvorwurf zufolge – sein Fahrzeug mit einer Geschwindigkeit von 44 km/h gelenkt. Eine Übertretung der genannten Bestimmung ist daher zu verneinen.
c) Das angefochtene Straferkenntnis ist vor diesem Hintergrund ersatzlos zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen.
V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision
Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde und die revisionsberechtigte Formalpartei unzulässig, da über die Auslegung der Bestimmung, auf welche sich die Abweisung stützt (§ 20 Abs 2 StVO 1960), vernünftigerweise keine Zweifel bestehen können und die Frage, ob das in Rede stehende Verhalten des Bf unter die genannten Bestimmung zu subsumieren ist, nicht der Verallgemeinerung zugänglich ist.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.
Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs. 4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde / der revisionslegitimierten Formalpartei die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. Lidauer