LVwG-600702/7/MB/Bb
Linz, 21.12.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Markus Brandstetter über die Beschwerde des W K, geb. 1963, S, D, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. N N, R, G, vom 30. Dezember 2014 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 27. November 2014, GZ VerkR96-7377-2014, wegen Übertretung des § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 10. November 2015,
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von 66 Euro zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.
1. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen (im Folgenden: belangte Behörde) warf W K (Beschwerdeführer - im Folgenden: Bf) mit Straferkenntnis vom 27. November 2014, GZ VerkR96-7377-2014, eine Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs. 2 StVO vor und verhängte gemäß § 99 Abs. 2e StVO eine Geldstrafe in Höhe von 330 Euro. Weiters wurde dem Bf von der belangten Behörde gemäß § 64 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 33 Euro auferlegt.
Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zugrunde (auszugsweise Wiedergabe):
„Sie haben die auf österreichischen Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 63 km/h überschritten. Die in Betracht kommende Messtoleranz wurde bereits zu Ihren Gunsten abgezogen.“
In ihrer Begründung führte die belangte Behörde ua. Folgendes aus:
„(...) Die gegenständliche gravierende Geschwindigkeitsüberschreitung wurde durch die stationäre geeichte Radarmessanlage der Marke MUVR 6FA 0246 mit der Identifikationsnummer 04 festgestellt. Die Radarmessanlage maß auf Höhe des ABkm 35,225 der A 8 die Fahrgeschwindigkeit von 204 km/h. Nach Abzug der Verkehrsfehlergrenze bei derartigen Messungen ergibt sich eine gefahrene Geschwindigkeit von 193 km/h – also eine Überschreitung von 63 km/h. (...)
Auch liegen bei dieser Messung keine Anhaltspunkte für eine eventuelle Funktionsungenauigkeit oder –untüchtigkeit des verwendeten Radargerätes vor. (...)
Die bei dieser Messung verwendete Radarmessanlage wurde laut vorliegendem Eichschein der Nr. 246 vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen geeicht und verliert ihre Gültigkeit mit Ablauf der Nacheichfrist am 31. Dezember 2016. Zur Tatzeit am 29. März 2014 lag somit eine gültige Eichung vor.
Zur Vielzahl der gestellten Anträge:
Bei diesen Beweisanträgen handelt es sich durchwegs um die Einholung von „Erkundungsbeweisen“, zu deren Aufnahme die Behörde nicht verpflichtet ist (siehe VwGH vom 25. September 2007, Zahl: 2004/18/0141 ua.). (...)
Bei der Strafbemessung wurde, wie in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 08. September angeführt, Ihr monatliches Einkommen auf ca. 2.000 Euro geschätzt, sowie der Umstand angenommen, dass Sie über kein Vermögen verfügen und keine Sorgepflichten haben. Als mildernd war Ihre bisherige absolute Unbescholtenheit bei der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen zu werten. Erschwerende Umstände liegen nicht vor bzw. sind nicht hervorgekommen. (...).“
2. Gegen dieses Straferkenntnis, zugestellt am 5. Dezember 2014, erhob der Bf im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung mit Schriftsatz vom 30. Dezember 2014, bei der belangten Behörde eingelangt am 30. Dezember 2014, rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde, mit welchem die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Verfahrenseinstellung, in eventu der Ausspruch einer Ermahnung bzw. die Herabsetzung der Geldstrafe im Sinne des § 20 VStG begehrt wurde.
Im Rechtsmittel bringt der Bf vor, die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen zu haben. Er führte dazu aus, es müsse eine Verdoppelung vorliegen und der tatsächliche Messwert sohin 102 km/h betragen.
Radargeräte der gegenständlichen Art seien im Einvernehmen mit dem Eich- und Vermessungsamt aufzustellen. Darüber hinaus schreibe § 15 Z 3 MEG vor, dass Radargeräte alle drei Jahre nachzueichen sind. Es sei nicht bekannt, ob eine dieser Gesetzesstelle entsprechende Nacheichung bzw. überhaupt eine Eichung erfolgt sei und ob das Radargerät im Einvernehmen mit dem Eich- und Vermessungsamt aufgestellt worden sei. Das fehlerhafte Messergebnis lasse nur den Schluss zu, dass dies nicht geschehen ist.
Aufgrund der Verwendungsbestimmungen des Messgerätes seien insbesondere nachfolgende Erfordernisse einzuhalten, deren Beweis bisher unterblieben sei:
- die Verwendungshinweise des Herstellers in dessen Bedienungsanleitung sind genauestens zu beachten;
- sämtliche Geräteteile müssten zusammen geeicht worden sein;
- Blitzgerät und Geschwindigkeitsmesser müssen je eine eigene Batterie und entsprechende Spannungswerte haben;
- die ortsfest aufgestellten Kabinen müssen geerdet sein und von autorisierten Firmen aufgestellt werden;
- es muss eine Betriebstemperatur zwischen -10° bis + 50° C eingehalten werden;
- Verwendung nur an geraden Straßenstücken;
- die Aufstellung der Kabine darf nicht auf Dämmen, Böschungen oder Brücken erfolgen und nicht mehr als 20 cm über oder unter dem Fahrbahnniveau;
- es dürfen keine reflektierenden Gegenstände in der Nähe des Messgerätes angebracht sein;
- es muss eine Aufstellung im richtigen Kamerawinkel erfolgen;
- eine Reichweiteneinstellung hat entsprechend zu erfolgen;
- es wird in diesem Zusammenhang auf die Verwendungsbestimmungen zum Verkehrsgeschwindigkeitsmesser verwiesen, wobei von behördenseits das Vorliegen sämtlicher Verwendungsvoraussetzungen nachzuweisen ist.
Der Bf stellte daher nachstehende Anträge:
a) Einvernahme des Meldungslegers über die Aufstellung des Radargerätes zum Beweise dafür, dass dies nicht ordnungsgemäß erfolgte;
b) Vorlage der Betriebsanleitung für das Radargerät bei einem technischen Sachverständigen zum Beweise dafür, dass das Radargerät nicht ordnungsgemäß aufgestellt wurde;
c) Beischaffung des amtlichen Eichscheines für das gegenständliche Messgerät zum Beweise dafür, dass zumindest die im Gesetz vorgeschriebene Nacheichung nicht erfolgte;
d) Vorlage der Betriebsanleitung des Messgerätes samt Radarlichtbild an einen techn. Sachverständigen zum Beweise dafür, dass die gemessene Geschwindigkeit nicht das Kfz des Bf betrifft bzw. von den anderen Kraftfahrzeugen verfälscht wurde;
e) fotogrammetrische Rückrechnung zum Beweise des Vorliegens einer Fehlmessung;
f) Auswertung des „Kontrollfotos", welches nach jedem Filmwechsel zu erstellen ist; dies zum Beweise dafür, dass das Radargerät nicht richtig in Betrieb genommen wurde.
Über all diese Punkte lägen keinerlei Beweisergebnisse vor, weshalb das Verfahren noch nicht spruchreif gewesen und die angefochtene Entscheidung sohin rechtswidrig sei.
Unter Berücksichtigung der vorliegenden Milderungsgründe sei die verhängte Geldstrafe überdies als überhöht anzusehen. Im konkreten Fall würden nachfolgende Milderungsgründe vorliegen:
- der bisher ordentliche Lebenswandel und die Tatsache, dass die Tat mit dem sonstigen Verhalten in Widerspruch steht;
- die Tat lediglich aus Fahrlässigkeit begangen wurde;
- die Tat nur aus Unbesonnenheit (Unachtsamkeit) begangen wurde;
- die Tat mehr durch besonders verlockende Gelegenheit, als mit vorgefasster Absicht begangen wurde;
- optimale Fahrbahn- und Straßen-, sowie Verkehrsverhältnisse herrschten (kein anderer Fahrzeugverkehr);
- die Tat unter Umständen begangen wurde, die einem Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund nahe kommen;
- es trotz Vollendung der Tat zu keinen Schäden Dritter gekommen ist;
- sich von der Zufügung eines größeren Schadens, obwohl dazu die Gelegenheit offengestanden wäre, freiwillig Abstand genommen wurde;
- die Tat schon vor längerer Zeit begangen wurde und seither ein Wohlverhalten vorliegt.
3. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat die Beschwerde dem Landesverwaltungsgericht mit Vorlageschreiben vom 22. Jänner 2015 unter Anschluss des Verwaltungsstrafaktes mit der GZ VerkR96-7377-2014, zur Entscheidung vorgelegt, ohne eine Beschwerdevorentscheidung zu fällen.
Mit der Aktenvorlage wurde die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung begründet (Art. 130 Abs. 1 Z 1 iVm Art. 131 Abs. 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art. 135 Abs. 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.
II.
1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt und das Beschwerdevorbringen und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 10. November 2015, zu welcher beide Verfahrensparteien nachweislich geladen wurden und an der der Rechtsvertreter des Bf teilgenommen und zum Sachverhalt gehört und befragt wurde. Ein Vertreter der belangten Behörde hat an der Verhandlung nicht teilgenommen.
2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von folgendem relevanten Sachverhalt aus:
Der Bf lenkte am 29. März 2014 um 20.15 Uhr den – auf die A Vertriebs- und VerwaltungsGmbH mit Sitz in B, N, D, zugelassenen – Pkw mit dem internationalen Kennzeichen LA-x (x) in der Gemeinde Aistersheim auf der Autobahn A 8 in Fahrtrichtung Suben bei Strkm 35,225 mit einer Geschwindigkeit – abzüglich der entsprechenden Messtoleranz – von 193 km/h (gemessene Geschwindigkeit 204 km/h). Die zulässige Höchstgeschwindigkeit betrug zum fraglichen Zeitpunkt im tatgegenständlichen Straßenabschnitt gemäß § 20 Abs. 2 StVO 130 km/h. Die Geschwindigkeitsmessung erfolgte mit dem stationären Radarmessgerät der Type MUVR 6FA 0246, Messgerät Nr. 04 und wurde fotografisch durch ein Radarlichtbild, das die für die Messungen erforderlichen Daten aufweist, festgehalten.
Der bislang zumindest im Verwaltungsbereich der belangten Behörde verwaltungsstrafrechtlich unbescholtene Bf verfügt nach der unwidersprochen gebliebenen Schätzung der belangten Behörde über monatliche Einkünfte in Höhe von ca. 2.000 Euro netto, besitzt kein Vermögen und hat keine Sorgepflichten.
3. Der dargestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Inhalt des behördlichen Verfahrensaktes und als Ergebnis der öffentlichen mündlichen Verhandlung, die am 10. November 2015 stattfand. Soweit der Sachverhalt strittig ist (konkret: das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung), wird dieser in freier Beweiswürdigung aufgrund folgender Überlegungen als erwiesen angenommen:
Die konkrete Geschwindigkeitsüberschreitung wurde – wie oben dargestellt wurde – mittels geeichtem Radarmessgerät der Type MUVR 6FA 0246 mit der Messgerät Nr. 04, festgestellt. Bei einem Messgerät wie diesem handelt es sich nach ständiger verwaltungsgerichtlicher Judikatur um ein absolut taugliches Beweismittel zur Feststellung von Fahrzeuggeschwindigkeiten und ist einem mit der Radarmessung betrauten Polizeiorgan aufgrund seiner Schulung und Erfahrung die ordnungsgemäße Verwendung und Bedienung des Gerätes – im Falle eines in einer feststehenden Kabine befindlichen Gerätes auch dessen Anbringung – zuzumuten (VwGH 19. September 1990, 90/03/0136 uvm.).
Es gibt keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass das verwendete Radargerät zur Tatzeit nicht ordnungsgemäß aufgestellt gewesen wäre. Der Polizeibeamte ChefInsp. G B von der Landesverkehrsabteilung für Oberösterreich erläuterte anlässlich der mündlichen Verhandlung dazu als Zeuge schlüssig und glaubhaft, dass die Aufstellung des Radarmessgerätes auf einem für tauglich begutachteten Standort ordnungsgemäß erfolgt sei.
Das Radarmessgerät wurde laut Eichschein des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen vom 5. März 2013 am 21. Februar 2013 auf der Grundlage der Eichvorschriften für Verkehrsgeschwindigkeitsmesser und der erteilten Zulassung unter Anschluss an die österreichischen Normale des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen gültig geeicht und die gesetzliche Nacheichfrist des Gerätes ist bis 31. Dezember 2016 festgesetzt. Für das verwendete Messgerät lag im fraglichen Tatzeitpunkt daher eine gültige Eichung vor. Die vom Bf aufgestellte Behauptung dem Radargerät fehle es an einer entsprechenden Eichung entbehrt damit jeglicher Grundlage.
Das dem Verfahrensakt angeschlossene Radarfoto zeigt den vom Bf gelenkten Pkw mit dem Kennzeichen LA-x als einziges Fahrzeuges im relevanten Messbereich und die festgestellte Geschwindigkeit samt Tatzeit ergibt sich eindeutig aus der oberen Bildleiste des Fotos, sodass der ermittelte Messwert damit zweifellos dem Fahrzeug des Bf zuzuordnen und eine Verfälschung des Messergebnisses durch andere Kraftfahrzeuge ausgeschlossen ist.
Die Angaben eines Organs der Straßenaufsicht zusammen mit einem eindeutigen Radarfoto können als ausreichender Beweis für eine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit angesehen werden (VwGH 27. März 1985, 84/03/0358, ZVR 1989/27).
Aufgrund der ordnungsgemäßen Eichung des im Beschwerdefall verwendeten Radarmessgerätes, der Zeugenaussage eines der meldungslegenden Polizeibeamten und des Radarlichtbildes ist die Funktionsfähigkeit des Radargerätes bei der konkreten Messung für das erkennende Gericht hinreichend belegt. Es bedurfte daher nicht eines näheren Eingehens auf die vom Bf im Beschwerdeschriftsatz gestellten Beweisanträge b) bis f), zumal er keinen einzigen konkreten Hinweis auf einen Messfehler bzw. eine mangelnde Funktionstüchtigkeit des Gerätes aufzuzeigen vermochte, sondern es sich vielmehr bei seinen Anträgen um die Aufnahme (unzulässiger) Erkundungsbeweise handelt.
Die abstrakte Behauptung des Bf es liege eine fehlerhafte Messung (Verdoppelung) vor, gründet sich auf bloße Vermutungen, welche nicht geeignet sind, das Messergebnis in Zweifel zu ziehen und eine Ermittlungspflicht in Richtung auf insoweit unbestimmte Fehler des Gerätes auszulösen, weil es nicht um die „denkbare“ oder „mögliche“ Fehlerhaftigkeit des Gerätes, sondern um eine tatsächliche geht (VwGH 5. Juni 1991, 91/18/0041 mit Vorjudikatur). Der Beschuldigte muss nicht nur mögliche Fehlerquellen, sondern im Einzelfall vorliegende konkrete Umstände für eine unrichtige Radarmessung aufzeigen (VwGH 9. Mai 1984, 83/03/0386). Hypothetische, nicht entsprechend fachlich untermauerte Behauptungen lösen keine Ermittlungspflicht in Richtung Messfehler oder Irrtümer des Meldungslegers aus (VwGH 19. September 1990, 90/03/0136).
Nach der gegebenen Beweislage bestehen jedenfalls keine Zweifel an der Richtigkeit des – abzüglich der Messtoleranz – festgestellten Messergebnisses von 193 km/h.
Die Lenkereigenschaft des Bf zur fraglichen Tatzeit wurde im Rahmen des behördlichen Ermittlungsverfahrens (Fotoabgleich) festgestellt und vom Bf nicht bestritten.
Da der wesentliche Sachverhalt geklärt ist, waren keine weiteren Beweise aufzunehmen. Den auf bloße Erkundungsbeweise hinauslaufenden Beweisanträgen des Bf war nicht stattzugeben.
III.
1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht hierüber erwogen:
1.1. Gemäß § 20 Abs. 2 StVO darf der Lenker eines Fahrzeuges auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h fahren.
2. Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens (vgl. II. 2. und 3.) steht für das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich außer Zweifel, dass der Bf am 29. März 2014 um 20.15 Uhr den Pkw, Kennzeichen LA-x (x) in der Gemeinde Aistersheim auf der Autobahn A 8 in Fahrtrichtung Suben lenkte, wobei dessen Fahrgeschwindigkeit bei km 35,225 mittels technisch einwandfreien und geeichten Radarmessgerät MUVR 6FA 0246 – abzüglich der entsprechenden Messtoleranz – mit 193 km/h festgestellt wurde, obwohl in diesem Straßenbereich gemäß § 20 Abs. 2 StVO die zulässige Höchstgeschwindigkeit 130 km/h beträgt. Ein Hinweis auf einen Defekt des Gerätes bzw. ein Anhaltspunkt für eine Fehlmessung liegt nicht vor. Die Messung war sohin als beweiskräftig anzusehen und es war das Messergebnis der Entscheidung zugrunde zu legen. Es ist daher der objektive Tatbestand der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs. 2 StVO erwiesen.
Da auch keine Umstände hervorgekommen sind, welche den Bf subjektiv entlasten hätten können, war gemäß § 5 Abs. 1 VStG zumindest von fahrlässigem Verhalten auszugehen. Mangelndes Verschulden (§ 5 Abs. 2 VStG) konnte der Bf mit seiner Verantwortung nicht glaubhaft machen. Die Tat ist somit auch in subjektiver Hinsicht als erfüllt zu bewerten.
3. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG iVm § 38 VwGVG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Gemäß § 19 Abs. 2 VStG iVm § 38 VwGVG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Nach der bezughabenden Strafbestimmung des § 99 Abs. 2e StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 150 bis 2.180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe von 48 Stunden bis zu sechs Wochen, zu bestrafen, wer die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb des Ortsgebiets um mehr als 50 km/h überschreitet.
Die belangte Behörde ist bei der Bemessung der Strafe von einem monatlichen Einkommen des Bf in Höhe von 2.000 Euro netto, keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten ausgegangen. Der Bf hat diesen angenommenen Bemessungsgrundlagen nicht widersprochen, sodass diese Schätzwerte auch der Beschwerdeentscheidung zugrunde gelegt werden konnten.
Nach verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung ist dann mit einer Einschätzung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse vorzugehen, wenn der Beschuldigte im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens Angaben über diese Umstände verweigert. Er hat es diesem Fall seiner unterlassenen Mitwirkung zuzuschreiben, sollte die Behörde über diese Einschätzung zu seinem Nachteil Umstände unberücksichtigt gelassen haben, die ohne seine Mitwirkung der Behörde nicht zur Kenntnis gelangen konnten (VwGH 22. April 1992, 92/03/0019, 21. Jänner 2012, 2009/05/0123).
Laut Aktenlage stellt die zu beurteilende Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs. 2 StVO die erste Verfehlung des Bf im Verwaltungsbereich der belangten Behörde dar. Seine bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit war daher im Sinne des in der Beschwerde geltend gemachten bisherigen ordentlichen Lebenswandels als strafmildernd zu werten.
Den übrigen in diesem Zusammenhang in der Beschwerdeschrift angeführten Umständen kommt allerdings keine Bedeutung zu. Es liegt kein Milderungsgrund darin, dass eine Übertretung, zu deren Begehung Fahrlässigkeit ausreicht, fahrlässig begangen wurde (VwGH 15. September 1997, 97/10/0154). Die fahrlässige Tatbegehung stellt eine gewöhnliche und ausreichende Schuldform dar (§ 5 Abs. 1 VStG). Die Unbesonnenheit, die verlockende Gelegenheit und die Nichtbeschädigung Dritter stellen normale Begleitumstände der Tatbegehung dar, denen kein erheblicher Milderungseffekt zukommen kann. Inwiefern die freiwillige Abstandnahme von weitergehenden Schadenszufügungen mildernd zum Tragen kommen könnte, ist nicht ersichtlich. Das Wohlverhalten des Bf nach der Tat ist zwar lobenswert, jedoch konkret nicht bedeutsam, da das Wohlverhalten seit Begehung einer Übertretung längere Zeit angedauert haben muss, um einen Strafmilderungsgrund darzustellen, wobei hiefür ein Zeitraum von zwei Jahren nicht genügt (VwGH 21. April 1994, 93/09/0423; 15. Mai 1991, 90/02/0204).
Straferschwerungsgründe waren im gegenständlichen Verfahren nicht festzustellen.
Die gesetzlichen Bestimmungen hinsichtlich der Fahrgeschwindigkeit dienen der Sicherheit im Straßenverkehr. Insbesondere auf Autobahnen stellen Geschwindigkeitsüberschreitungen höheren Ausmaßes – wie jene vom Bf in Höhe von 63 km/h – unzweifelhaft eine sehr hohe Gefährdung der Verkehrssicherheit dar.
In Anbetracht des als hoch einzuschätzenden Unrechtsgehaltes der vom Bf begangenen Überschreitung erachtet daher das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die von der belangten Behörde verhängte Geldstrafe in Höhe von 330 Euro tat- und schuldangemessen und aus spezialpräventiver Sicht in der festgesetzten Höhe erforderlich, um den Bf künftig von weiteren einschlägigen Tatbegehungen abzuhalten und entsprechend darauf hinzuweisen, dass die Einhaltung der erlaubten Höchstgeschwindigkeiten im Straßenverkehr von wesentlicher Bedeutung ist. Auch aus dem Blickwinkel der Generalprävention steht dieser Strafzumessung nichts entgegen.
Die festgesetzte Geldstrafe ist noch an der Untergrenze des gesetzlichen Strafrahmens angesiedelt und beträgt 15,1 % der möglichen Höchststrafe. Im Hinblick auf den gesetzlichen Strafrahmen von bis zu 2.180 Euro (§ 99 Abs. 2e StVO) kann die verhängte Geldstrafe daher nicht als überhöht angesehen werden. Für eine Strafherabsetzung fand sich kein Ansatz.
Von der Anwendung der Bestimmung des § 20 VStG (außerordentliche Strafmilderung) konnte nicht Gebrauch gemacht werden, da der einzige zu berücksichtigende Milderungsgrund der verwaltungsrechtlichen Unbescholtenheit trotz Fehlen von Erschwerungsgründen noch kein beträchtliches Überwiegen der Milderungsgründe über die Erschwerungsgründe im Sinne des § 20 VStG bedeutet (vgl. dazu z. B. auch VwGH 8. September 1998, 98/03/0159).
Auch ein Absehen von der Bestrafung und Erteilung einer Ermahnung im Sinne des nunmehrigen § 45 Abs. 1 Z 4 VStG kam nicht in Betracht, da die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Bf nicht als gering zu werten sind. Dass gravierende Geschwindigkeitsüberschreitungen zu den schwersten und gröbsten Verstößen gegen die verkehrsrechtlichen Bestimmungen zählen und immer wieder die Ursache für Verkehrsunfälle mit teils schwerwiegenden Folgen sind, steht außer Zweifel.
4. Gemäß § 52 Abs. 1 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens zu leisten hat. Dieser Beitrag ist Abs. 2 leg. cit. zufolge für das Beschwerdeverfahren mit 20 % der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit 10 Euro zu bemessen.
In diesem Sinne war dem Bf für das Beschwerdeverfahren daher ein Betrag in der Höhe von 66 Euro vorzuschreiben.
IV.
Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. Markus B r a n d s t e t t e r