LVwG-601161/2/MZ

Linz, 22.12.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Markus Zeinhofer über die Beschwerde des A W, geb x, vertreten durch RA Ing. Mag. K H, S, L, gegen das Straferkenntnis der LPD Oberösterreich vom 10.11.2015, GZ: VStV/915300539068/2015, wegen einer Übertretung des Kraftfahrgesetzes

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.          Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.         Gemäß § 52 Abs 9 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

 

III.     Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.a) Mit Schreiben der LPD Oberösterreich vom 16.6.2015, zugestellt am 23.7.2015, wurde der Beschwerdeführer (in Folge: Bf) als Zulassungsbesitzer des KFZ mit dem Kennzeichen L-x aufgefordert, binnen zwei Wochen ab Zustellung Auskunft darüber zu erteilen, wer das KFZ am 15.3.2015 um 10:51 Uhr in Linz, Leonfeldner Str. x, Richtung stadtauswärts auf der B126, gelenkt hat oder die Person zu benennen, welche die Auskunft erteilen kann.

 

b) Mit Schreiben vom 6.8.2015 teilte der Bf mit, die Behörde möge „sich an S H, geb. x, B, J … wenden“.

 

c.1) Mit Schreiben der LPD Oberösterreich vom 10.8.2015 wurde Frau S H „als vom Zulassungsbesitzer als auskunftspflichtig Benannter“ aufgefordert, binnen zwei Wochen ab Zustellung Auskunft darüber zu erteilen, wer das KFZ mit dem Kennzeichen L-x am 15.3.2015 um 10:51 Uhr in Linz, Leonfeldner Str. x, Richtung stadtauswärts auf der B126, gelenkt hat.

 

c.2) Frau H teilte daraufhin mit, die Behörde möge sich an Frau M G, G, T wenden, woraufhin von der belangten Behörde eine Strafverfügung wegen Nichterteilung der Auskunft erlassen wurde. Nach Einspruchserhebung wurde das Verfahren gegen Frau H eingestellt.

 

d) Mit dem nunmehr hier angefochtenen Straferkenntnis der LPD Oberösterreich vom 10.11.2015, GZ: VStV/915300539068/2015, wurde der Bf schließlich schuldig erkannt, als Zulassungsbesitzer des KFZ mit dem Kennzeichen L-x auf Verlangen der LPD Oberösterreich vom 16.6.2015 binnen zwei Wochen ab Zustellung keine dem Gesetz entsprechende Auskunft darüber erteilt zu haben, wer das KFZ am 15.3.2015 um 10:51 Uhr in Linz, Leonfeldner Str. x, Richtung stadtauswärts auf der B126, gelenkt hat. Er habe eine unzureichende Auskunft erteilt.

 

Der Bf habe daher § 103 Abs 2 KFG 1967 übertreten, weshalb über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von 230,- Euro, ersatzweise eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 46 Stunden, verhängt wurde.

 

Ihre Entscheidung begründet die belangte Behörde im Wesentlichen damit, der Bf habe auf die Anfrage gemäß § 103 Abs 2 KFG 1967 hin mitgeteilt, die Behörde möge „sich an S H, geb. x, B, J … wenden“. Damit habe der Bf eine unklare Auskunft erteilt die offenlasse, ob es sich bei der namhaft gemachten Person um die Lenkerin des in Rede stehenden Fahrzeuges zum angegebenen Zeitpunkt oder um eine auskunftspflichtige Person handle.

 

II. In der rechtzeitig gegen das in Rede stehende Straferkenntnis erhobene Beschwerde bringt der Bf im Wesentlichen vor, dass seine Auskunft „nicht nur klar und verständlich [war], sondern wurde diese ja auch von der erkennenden Behörde genau so verstanden, wie sie gemeint war. Dies ergibt sich schon daraus, dass ja die erkennende Behörde auf meine Beantwortung ihrer Anfrage hin per 10.08.2015 eine Lenkererhebung an die von mir bekannt[ge]gebene auskunftspflichtige Person S H gerichtet hat.“

 

Der Bf beantragt, eine mündliche Beschwerdeverhandlung durchzuführen, das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, in eventu die verhängte Strafe auf ein angemessenes Maß von maximal 100,- Euro herabzusetzen.

 

III.a) Die belangte Behörde legte die Beschwerde unter Anschluss des Bezug habenden Verwaltungsstrafaktes dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vor. Eine Beschwerdevorentscheidung wurde nicht erlassen; damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung (Art 130 Abs 1 Z 1 iVm 131 Abs 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art 135 Abs 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.

 

b) Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt. Gemäß § 44 Abs 2 VwGVG konnte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung angesichts der Tatsache, dass bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, unterbleiben.

 

c) Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht dem in Punkt I. genannten, unstrittigem Sachverhalt aus.

 

IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

a) Die maßgeblichen Bestimmungen des Kraftfahrgesetzes 1967 – KFG 1967, BGBl 1967/267 in der im Tatzeitpunkt geltenden Fassung lauten wie folgt:

 

" § 103. Pflichten des Zulassungsbesitzers eines Kraftfahrzeuges oder Anhängers

 

(1)          [...]

(2)       Die Behörde kann Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende
Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

 

§ 134. Strafbestimmungen

 

(1) Wer diesem Bundesgesetz, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen, den Artikeln 5 bis 9 und 10 Abs. 4 und 5 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006, der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 oder den Artikeln 5 bis 8 und 10 des Europäischen Übereinkommens über die Arbeit des im internationalen Straßenverkehr beschäftigten Fahrpersonals (AETR), zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 5 000 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Bei der Einbringung von Fahrzeugen in das Bundesgebiet sind solche Zuwiderhandlungen auch strafbar, wenn sie auf dem Wege von einer österreichischen Grenzabfertigungsstelle, die auf ausländischem Gebiet liegt, zur Staatsgrenze begangen werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits einmal bestraft, so kann an Stelle der Geldstrafe Arrest bis zu sechs Wochen verhängt werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits zweimal bestraft, so können Geld- und Arreststrafen auch nebeneinander verhängt werden. Die Verhängung einer Arreststrafe ist in diesen Fällen aber nur zulässig, wenn es ihrer bedarf, um den Täter von weiteren Verwaltungsübertretungen der gleichen Art abzuhalten. Auch der Versuch einer solchen Zuwiderhandlung ist strafbar.“

 

b) Der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zufolge schützt die Bestimmung des § 103 Abs 2 KFG 1967 das Interesse an einer jederzeit und ohne unnötige Verzögerung möglichen Ermittlung von Personen, die im Verdacht stehen, eine straßenpolizeiliche oder kraftfahrrechtliche Übertretung begangen zu haben, mithin das Interesse an einer raschen und lückenlosen Strafverfolgung (vgl VwGH 22.3.2000, 99/03/0434 mwN). Sinn und Zweck der Bestimmung ist es, der Behörde die jederzeitige Feststellung des verantwortlichen Lenkers ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen zu ermöglichen (vgl VwGH 23.4.2010, 2010/02/0090 mwN).

 

Die gesetzliche Auskunftspflicht ist nicht davon abhängig, dass rechtmäßiger Weise eine Bestrafung des Lenkers wegen einer Verwaltungsübertretung erfolgen darf (vgl VwGH 11.5.1990, 89/18/0177 mwN; siehe auch VfSlg 7056/1973); die Lenkeranfrage darf seitens der Behörde bloß nicht grundlos und somit willkürlich erfolgen (vgl VwGH 15.1.1992, 91/03/0349; 12.7.1994, 92/03/0200; 19.12.2014, Ra 2014/02/0081).

 

Für die Annahme, die Behörde habe im vorliegenden Fall ohne jeglichen Grund willkürlich Auskunft verlangt, besteht angesichts der für die Lenkeranfrage Anlass gegeben habenden Geschwindigkeitsübertretung kein Hinweis.

 

Davon ausgehend war der Bf verpflichtet, die gesetzliche Auskunftspflicht zu erfüllen. In einem vergleichbaren Fall hat der Verwaltungsgerichtshof zwar (obiter dicta) ausgesprochen, dass „[d]er Hinweis des Beschwerdeführers in der Berufung, sich an den Sohn des Beschwerdeführers zu wenden, … vom Inhalt her keine rechtmäßige Auskunft über die Lenkeranfrage“ sei. Bei strenger Betrachtung hätte der Bf daher mit der Mitteilung, die Behörde möge „sich an S H, geb. x, B, J … wenden“, keine dem Gesetz entsprechende Auskunft erteilt. Der vorliegende Fall ist jedoch insofern besonders gelagert, als die belangte Behörde die vom Bf erteilte Auskunft zunächst als ausreichend angesehen und darauf aufbauend eine Lenkererhebung an die „als auskunftplichtig [b]enannte“ Person versandt hat. Es ist vor diesem Hintergrund somit davon auszugehen, dass der Bf keine unklare Auskunft erteilt hat.

 

Das angefochtene Straferkenntnis ist daher ersatzlos zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

c) Gemäß § 52 Abs 8 VwGVG sind die Kosten des Beschwerdeverfahrens dem Bf nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist.

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da der Beantwortung der Frage, ob konkret der Bf eine ausreichende Auskunft erteilt hat, keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt und es sich damit um keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung handelt.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Markus Zeinhofer