LVwG-850433/12/HW
Linz, 05.01.2016
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag.
Dr. Wiesinger über die Beschwerde von Mag. M E, Rechtsanwalt, X, P, gegen den Bescheid des Plenums des Ausschusses der Oö. Rechtsanwaltskammer vom 15.4.2015, GZ: VH 14/2788, betreffend die Umbestellung eines Verfahrenshelfers,
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.1. Mit Beschluss vom 18.12.2014 wurde vom Bezirksgericht T A S, Verfahrenshilfe inklusive der Beigebung eines Rechtsanwaltes für das einzubringende Scheidungsverfahren gegen N S bewilligt. Mit Bescheid des Ausschusses der OÖ. Rechtsanwaltskammer vom 19.12.2014, zugestellt am 23.12.2014, wurde der Beschwerdeführer (kurz „Bf“ genannt) zum Vertreter für die verfahrensbeholfenen Partei bestellt.
I.2. Ein Antrag des Bf auf Umbestellung wurde mit Bescheid der Abteilung II des Ausschusses der Oö. Rechtsanwaltskammer vom 11.3.2015 abgewiesen. Die dagegen erhobene Vorstellung vom 30.3.2015 wurde mit dem angefochtenen Bescheid des Plenums des Ausschusses der Oö. Rechtsanwaltskammer vom 15.4.2015, GZ: VH 14/2788, als unbegründet abgewiesen. Begründend wird im Wesentlichen ausgeführt, dass kein gesetzlich anerkannter Umbestellungsgrund vorliege.
I.3. Gegen diesen Bescheid vom 15.4.2015 richtet sich die Beschwerde des Bf, in welcher die Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie die Abänderung des angefochtenen Bescheides dahingehend, dass dem Antrag auf Umbestellung des Verfahrenshelfers stattgegeben werde, in eventu die Auf-hebung des angefochtenen Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die belangte Behörde und in eventu die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt werden.
I.4. Am 10.12.2015 fand eine öffentliche mündliche Verhandlung statt. Danach wird in Ergänzung zu Punkten I.1. bis I.3. folgender Sachverhalt als erwiesen angenommen:
Mit Beschluss vom 18.12.2014 wurde vom Bezirksgericht T A S Verfahrenshilfe inklusive der Beigebung eines Rechtsanwaltes für das einzubringende Scheidungsverfahren gegen N S bewilligt (Beschluss des BG T).
Der Bf ist Rechtsanwalt in P. Er wurde mit Bescheid des Ausschusses der Oö. Rechtsanwaltskammer vom 19.12.2014, zugestellt an den Bf am 23.12.2014, zum Vertreter für die verfahrensbeholfene und in T wohnhafte A S für das einzubringende Scheidungsverfahren gegen N S bestellt (Beschluss des BG T; Bescheid vom 19.12.2014; Angaben des Bf zur Zustellung).
In der Verfahrenshilfesache wurde bereits beim Bezirksgericht T eine Klage eingebracht. N S ist nach Wissen des Bf türkischer Staatsbürger und unbekannten Aufenthaltes. Der Bf verfügt über keine Kenntnisse des türkischen Rechtes (Angaben des Bf in der mündlichen Verhandlung).
Die Verfahrensbeholfene wurde in einem Obsorgeverfahren durch Rechtsanwalt Dr. A aus T vertreten. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Vertretung durch Dr. A im Rahmen einer Verfahrenshilfe erfolgt wäre (Beschwerdevorbringen; Angaben des Bf und der informierten Vertreterin der belangten Behörde in der mündlichen Verhandlung).
II. Beweiswürdigung:
Der unter Punkt I. dargestellte Verfahrensablauf ergibt sich widerspruchsfrei aus den im Akt befindlichen Unterlagen. Der ergänzend unter Punkt I.4. festgestellter Sachverhalt folgt ebenso widerspruchsfrei aus den im Akt befindlichen Unterlagen sowie den Angaben in der mündlichen Verhandlung, wobei die einzelnen Feststellungen insbesondere auf den jeweils in Klammer angeführten Beweismitteln gründen. Dass nicht festgestellt werden kann, dass die Vertretung durch Dr. A im Rahmen einer Verfahrenshilfe erfolgt wäre, folgt daraus, dass der Bf in der mündlichen Verhandlung zwar angab, dass ihm die Verfahrensbeholfene erzählt hätte, dass sie von Dr. A vertreten worden wäre, wobei aus heutiger Erinnerung die Verfahrensbeholfene glaublich von Verfahrenshilfe gesprochen hätte. Die informierte Vertreterin der belangten Behörde erklärte in der mündlichen Verhandlung jedoch, dass bei einer Recherche bei der belangten Behörde keine Aufzeichnungen über eine allfällige diesbezügliche Bestellung von Dr. A gefunden worden wären. Angesichts dieses Umstandes gelangt das erkennende Gericht daher nicht zur Überzeugung, dass die Vertretung durch Dr. A tatsächlich im Rahmen einer Verfahrenshilfe erfolgt wäre. Dem Bf wurde im Übrigen (auch im Hinblick auf diesen Umstand) noch eine Frist für eine weitere Stellungnahme bzw. Urkundenvorlage eingeräumt, wobei der Bf mit Eingabe vom 16.12.2015 bekannt gab, keine weiteren Beweisanträge zu stellen bzw. Urkunden vorzulegen.
III. In rechtlicher Hinsicht ist folgendes auszuführen:
III.1. Die gegenständliche Verwaltungssache wurde gemäß § 26 Abs. 2 Rechtsanwaltsordnung (RAO), RGBl. Nr. 96/1868 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 156/2015, zunächst durch die Abteilung II des Ausschuss der Oö. Rechtsanwaltskammer erledigt. Die Abteilung II hat dabei für die belangte Behörde und nicht als selbständiges Organ der Rechtsanwaltskammer gehandelt (vgl. ErlRV 2357 BlgNR XXIV. GP 13). Gegen den von der Abteilung II des Ausschusses erlassenen Bescheid ergriff der Bf das in § 26 Abs. 5 RAO vorgesehene Rechtsmittel der Vorstellung an das Plenum des Ausschusses. Sowohl beim Bescheid der Abteilung II als auch beim (verfahrens-gegenständlichen) Bescheid des Plenums handelt es sich um Erledigungen ein- und derselben Behörde, weshalb die Vorstellung kein aufsteigendes Rechtsmittel darstellt. Erst gegen die Entscheidung des Plenums des Ausschusses ist eine Beschwerde nach Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG zulässig (vgl. ErlRV 2357 BlgNR XXIV. GP 13). Die Erlassung eines Bescheides durch eine Abteilung des Ausschusses setzt nach § 26 Abs. 2 RAO voraus, dass „dies ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens möglich ist“. Damit sind die Absätze 2 und 5 des
§ 26 RAO insofern mit § 57 AVG vergleichbar, als auch nach dieser Bestimmung gegen einen ohne vorangegangenem Ermittlungsverfahren erlassenen Bescheid („Mandat“) bei der bescheiderlassenden Behörde binnen zwei Wochen das remonstrative Rechtsmittel der Vorstellung (und keine Beschwerde an das Verwaltungsgericht) erhoben werden kann (zur verfassungsrechtlichen Zuläs-sigkeit einer solchen Konstruktion vgl. Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungs-verfahrensrecht10 Rz. 518; Herbst, Das Verfahren der Verwaltungsgerichte, ZVR 2012/235, 435; Hengstschläger/Leeb, Verwaltungsverfahrensrecht5 Rz. 1025; B. Raschauer, Auswirkungen der Reform auf die Verwaltung, in ÖJK [Hrsg.], Justizstaat: Chance oder Risiko 237). Die Entscheidungsmöglichkeiten des Aus-schusses aufgrund einer Vorstellung hat der Gesetzgeber nicht ausdrücklich normiert. Analog zu den Entscheidungsmöglichkeiten der Behörde im Falle einer Vorstellung nach § 57 Abs. 2 AVG ist nach Ansicht des Landes-verwaltungsgerichtes Oberösterreich anzunehmen, dass das Plenum des Ausschusses aufgrund der Vorstellung über die Verwaltungssache bescheidmäßig neu zu entscheiden und dabei den Bescheid der Abteilung zu beheben, abzuändern oder zu bestätigen hat, wobei eine Bestätigung des Mandats auch durch eine „Abweisung“ der Vorstellung zum Ausdruck gebracht werden kann (vgl. Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10 Rz. 588). Durch die vollständige Abweisung der Vorstellung hat die belangte Behörde daher eine neuerliche Sachentscheidung getroffen, indem sie einen mit dem Bescheid der Abteilung II inhaltsgleichen Vorstellungsbescheid erlassen hat (vgl. in diesem Sinne zum Berufungsverfahren Pabel, Der Umfang der Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde, RFG 2011/10, 40). Das verfahrenseinleitende Ansuchen des Bf wurde daher durch den angefochtenen Bescheid auf zulässige Weise einer inhaltlichen Erledigung zugeführt (vgl. bereits LVwG Oö. 27.07.2015, LVwG-850319/9/HW/MD; gegenteilig allerdings VwG Wien 16.01.2015, VGW-162/ 076/32738/2014 [jeweils mit Zulassung der ordentlichen Revision]).
III.2. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Abweisung des Antrages des Bf auf Umbestellung des Verfahrenshelfers. Der Bf erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid insbesondere in seinen Rechten auf Freiheit der Berufs-ausübung, Unverletzlichkeit des Eigentums, Umbestellung des Rechtsanwalts bei Vorliegen eines die Umbestellung rechtfertigenden Grundes und Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens verletzt und führt auch aus, worin die Rechtsverletzungen liegen würden. Hierzu ist im Einzelnen folgendes auszuführen:
III.2.1. Der Bf bringt unter anderem vor, dass die belangte Behörde nicht dargetan hätte, dass der Bf aufgrund der Liste /Reihung zur Übernahme der Vertretung im gegenständlichen Fall heranzuziehen gewesen wäre und erstattete in diesem Zusammenhang auch in der mündlichen Verhandlung ein ergänzendes Vorbringen betreffend den von der belangten Behörde vorgelegten Auszug aus der Bestellliste 2014.
Hierzu ist auszuführen, dass nach § 17 Abs. 1 der Geschäftsordnung für die Oberösterreichische Rechtsanwaltskammer sowie deren Ausschuss und Plenarversammlung (GO-OÖRAK) die Bestellung von Rechtsanwälten aufgrund gesetzlicher Verpflichtung aus den Listen der in den Sprengeln der Gerichtshöfe erster Instanz ansässigen Rechtsanwälte grundsätzlich in alphabetischer Reihenfolge zu erfolgen hat. Im vorliegenden Verfahren vor dem Landes-verwaltungsgericht geht es aber nicht um die Rechtsrichtigkeit des Bestellungs-bescheides vom 19.12.2014 (dieser wurde nicht angefochten), sondern um einen Umbestellungsantrag des Bf. Auch wenn der Bf entgegen der alphabetischen Reihenfolge (rechtswidrig) zum Verfahrenshelfer bestellt worden wäre, so könnte dies im gegenständlichen Verfahren daher nicht aufgegriffen werden. Vielmehr ist im vorliegenden Fall (nur) zu prüfen, ob ein Umbestellungsgrund vorliegt.
III.2.2. Der Bf bringt weiters vor, dass ein Verfahrenshelfer am Sitz des Gerichtes oder am Wohnort der Partei bestellt werden sollte.
Hierzu ist auszuführen, dass die Bestellung von Rechtsanwälten aufgrund gesetzlicher Verpflichtung gemäß § 17 Abs. 1 GO OÖRAK aus den Listen der in den Sprengeln der Gerichtshöfe erster Instanz ansässigen Rechtsanwälte zu erfolgen hat. Daraus ergibt sich, dass nicht der Bezirksgerichtssprengel, sondern der Sprengel der Landesgerichte (als Gerichtshöfe erster Instanz) entscheidend ist. Es kann daher der Bf als in P ansässiger Rechtsanwalt als Verfahrenshelfer für Verfahren im Landesgerichtssprengel L und damit auch für Verfahren vor dem Bezirksgericht T bestellt werden. Es könnte jedoch gemäß § 17 Abs. 5 lit. d und Abs. 6 GO OÖRAK eine Umbestellung in Betracht kommen, wenn die Bestellung eines am Sitz des Gerichtes oder am Wohnort der Partei ansässigen Rechtsanwaltes zweckmäßig wäre. Dies steht grundsätzlich im Einklang mit § 46 RAO, wonach örtliche Verhältnisse bei der Festlegung der Bestellungsregeln zu berücksichtigen sind. Auch § 45 Abs. 3 RAO trägt der räumlichen Distanz Rechnung. Dies allerdings nur insofern, als ein Rechtsanwalt außerhalb des Sprengels des Gerichtshofs erster Instanz, wo er seinen Kanzleisitz hat, tätig werden müsste bzw. als der Partei, die sich außerhalb dieses Sprengels aufhält, die Zureise zu dem bestellten Rechtsanwalt für eine notwendige mündliche Aussprache wegen unüberwindlicher Hindernisse oder hoher Kosten unzumutbar wäre. Da nach den Bestellungsregeln des § 17 GO OÖRAK nur Rechtsanwälte im betreffenden Landesgerichtssprengel bestellt werden können, kann sich der erste Fall des § 45 Abs. 3 RAO gar nicht verwirklichen. Durch diese Bestellungsregeln wird den örtlichen Verhältnissen iSd § 46 RAO bereits Rechnung getragen. Auch der zweite Fall des § 45 Abs. 3 RAO liegt nicht vor, da die Verfahrensbefohlene im selben Landesgerichtssprengel wohnt wie der Rechtsanwalt ansässig ist. Besondere Umstände, weswegen im vorliegenden Fall die Bestellung eines am Sitz des Bezirksgerichtes T oder eines am Wohnort der Partei ansässigen Rechtsanwaltes zweckmäßig wäre, sind im gegenständlichen Verfahren nicht hervorgekommen, insbesondere erscheint sowohl die Fahrt für den in P ansässigen Bf zu einer Verhandlung nach T als auch die Fahrt für die Verfahrensbefohlene aus T zu einer mündlichen Aussprache in P zumutbar. Allein aufgrund der räumlichen Distanz P (Sitz des Rechtsanwaltes) – T (Sitz des Gerichts und Wohnort der Verfahrensbefohlenen) ist im vorliegenden Fall nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich eine Umbestellung gemäß § 17 Abs. 5 lit. d und Abs. 6 GO OÖRAK nicht geboten.
III.2.3. Zum Vorbringen des Bf, wonach die Kanzlei A bereits mit der Vertretung der Verfahrensbeholfenen in einem Obsorgeverfahren betraut ist, ist auszuführen, dass gemäß § 17 Abs. 6 iVm § 17 Abs. 5 lit. b GO OÖRAK eine Umbestellung eines Verfahrenshelfers möglich sein könnte, wenn ein Zusammenhang einer Rechtssache mit einer anderen besteht, für die schon ein Rechtsanwalt bestellt wurde. Zwischen einem Obsorgeverfahren und dem verfahrensgegenständlichen Scheidungsverfahren besteht im gegenständlichen Fall nach Ansicht des erkennenden Gerichtes aber kein Zusammenhang im Sinne von § 17 Abs. 5 lit. b GO OÖRAK aufgrund dessen eine Umbestellung geboten wäre, wobei gegenständlich in diesem Zusammenhang auch zu berücksichtigen ist, dass der im Scheidungsverfahren Beklagte unbekannten Aufenthaltes ist, sodass eine Scheidung im Einvernehmen (derzeit) nicht absehbar ist. Im Übrigen ergibt sich aus dem festgestellten Sachverhalt auch nicht, dass Dr. A im Obsorgeverfahren zum Verfahrenshelfer „bestellt“ worden wäre, sondern lediglich, dass Dr. A Frau A S im Obsorgeverfahren vertreten hat. Die Bestimmung des § 17 Abs. 5 lit. b GO OÖRAK stellt aber nach ihrem Wortlaut wohl darauf ab, dass der Rechtsanwalt in einer Rechtssache „bestellt“ wurde.
III.2.4. Der Bf bringt weiters unter anderem vor, dass es sich bei der Verfahrenshilfesache um einen Sachverhalt handle, welcher Kenntnisse des türkischen Rechtes erfordere. Kenntnisse des türkischen Rechts seien nicht Gegenstand der Rechtsanwaltsprüfung. Es sei falsch, dass ein Rechtsanwalt aus Österreich in der Lage sein müsste oder gehalten sei, sich Kenntnisse des türkischen Rechts anzueignen. Es stelle einen gravierenden Eingriff in das Recht auf freie Berufsausübung bzw. das Eigentumsrecht dar, wenn man gezwungen werde, eine Vertretung auszuüben, wozu keine ausreichenden Kenntnisse vorhanden seien bzw. man sich dieses Wissen zukaufen müsste, da neben der Berufsausübung wohl keine fundierten Kenntnisse des türkischen Ehe-, Scheidungs- bzw. Zivilrechtes erworben werden könnten.
Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich auch, dass der Bf über keine Kenntnisse des türkischen Rechtes verfügt. Dadurch wird aber keiner der in § 45 RAO oder in § 17 Abs. 5 GO OÖRAK geregelten Umbestellungsgründe verwirklicht. Dass ein Verfahrenshelfer (im Zeitpunkt der Bestellung noch) keine Kenntnisse in Rechtsbereichen oder in einer bestimmten ausländischen Rechtsordnung (gegenständlich etwa des türkischen Ehe-, Scheidungs- bzw. Zivilrechtes) hat, welche im betreffenden Verfahren notwendig sein könnten, stellt keinen der im Gesetz bzw. in der GO OÖRAK normierten Umbestellungs-gründe dar. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass es sich – wie etwa beim türkischen Recht – um ein Bereich handelt, welcher nicht Gegenstand der Ausbildung zum Rechtsanwalt ist. Es mag zwar zutreffen, dass es für einen Verfahrenshelfer mit einem erheblichen Aufwand verbunden ist, sich Kenntnisse in einer (bei einer konkreten Verfahrenshilfesache möglicherweise anwendbaren) ausländischen Rechtsordnung zu verschaffen. Dieser Umstand verwirklicht für sich genommen aber keinen der in der RAO bzw. in der GO OÖRAK vor-gesehenen Umbestellungsgründe. Im Übrigen können Verfahrenshilfesachen auch in Fällen, in denen ausschließlich Rechtsgebiete, welche Gegenstand der Ausbildung zum Rechtsanwalt sind, betroffen sind, mit einer besonderen Belastung für einen Verfahrenshelfer verbunden sein.
III.2.5. Der vom Bf geltend gemachte Ablehnungsgrund des § 17 Abs. 5 lit. f GO OÖRAK kommt im vorliegenden Fall nicht zum Tragen, zumal „in der Person der Partei gelegene Bedenken“ an einer grundrechtskonformen Vertretung im vorliegenden Verfahren nicht hervorgekommen sind. Es bestehen auch sonst gegenständlich keine Bedenken hinsichtlich einer grundrechtskonformen Vertretung. Es haben sich im vorliegenden Verfahren vor dem Landes-verwaltungsgericht insbesondere auch keine Bedenken dahingehend ergeben, dass der Bf in der verfahrensgegenständlichen Verfahrenshilfesache nicht in der Lage sein würde, die verfahrensbeholfene A S ordnungsgemäß zu vertreten und sich über die in der Verfahrenshilfesache relevanten Rechts-bereiche ausreichend zu informieren (mag dies auch mit einem Aufwand für den Bf verbunden sein).
III.2.6. Zum in der mündlichen Verhandlung erstattetem Vorbringen des Bf zu
§ 10 RAO, wonach ein Rechtsanwalt nicht verpflichtet sei, die Vertretung einer Partei zu übernehmen, ist auszuführen, dass dies die Bestellung eines Rechtsanwaltes als Verfahrenshelfer nicht ausschließt. Auch die gesetzlich normierten Umbestellungsgründe gemäß § 45 Abs. 4 RAO sind im vorliegenden Fall nicht einschlägig. Nach dieser Bestimmung hat unter anderem eine Umbestellung auf Antrag des bestellten Rechtsanwalts zu erfolgen, wenn der bestellte Rechtsanwalt die Vertretung oder Verteidigung aus einem der in § 10 Abs. 1 erster Satz zweiter Halbsatz oder zweiter Satz angeführten Gründe oder wegen Befangenheit nicht übernehmen kann. In § 10 RAO ist einerseits der Fall angeführt, dass der Rechtsanwalt die Gegenpartei in derselben oder in einer damit zusammenhängenden Sache vertreten hat oder in solchen Angelegenheiten früher als Richter oder als Staatsanwalt tätig war. Andererseits darf der Rechtsanwalt nicht beiden Teilen in dem nämlichen Rechtsstreit dienen oder Rat erteilen. Es wurde keiner dieser Fälle der Doppelvertretung bzw. Befangenheit vorgebracht und es sind auch keine Anhaltspunkte für deren Vorliegen ersichtlich.
III.2.7. Auch sonst ist im gegenständlichen Verfahren kein Umbestellungsgrund ersichtlich, sodass die belangte Behörde den Umbestellungsantrag mit Recht abgewiesen hat.
III.3.1. Der Bf bringt zudem vor, dass die (Um-)Bestellungsregeln der RAO verfassungswidrig seien, zumal sie Rechtsanwälte zur Übernahme von Verfahrenshilfen zwingen würden, in denen sie Rechtsgebiete anzuwenden haben, die nicht Gegenstand der Ausbildung zum Rechtsanwaltsberuf sind. Dadurch liege eine Verletzung des verfassungsrechtlich geschützten Rechts auf freie Berufsausübung vor. Außerdem werde das Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums verletzt, weil dem bestellten Rechtsanwalt ein erhöhtes Haftungsrisiko treffe, wenn er Tätigkeiten ausüben müsse, zu denen keine (ausreichende) Ausbildung bestehe bzw. weil er Kosten aufwenden müsse, um ein solches Wissen zu erwerben oder um Fachleute mit der Übernahme der Vertretung zu beauftragen. Zu den verfassungsrechtlichen Bedenken des Bf bzw. zur Anregung des Bf, wonach das Verwaltungsgericht beim VfGH die Aufhebung der Rechtsanwaltsordnung, insbesondere der §§ 45 - 46 RAO wegen Verfassungs-widrigkeit beantragen möge, ist folgendes auszuführen:
III.3.2. Die Verfassungswidrigkeit der (Um-)Bestellungsregeln der RAO sieht der Bf darin, dass sie Rechtsanwälte uneingeschränkt zur Übernahme von Verfahrenshilfen zwingen und in begründeten Fällen ein Recht auf Umbestellung verwehren, wodurch Rechtsanwälte auch zu Verfahrenshilfesachen bestellt werden können bzw. bestellt bleiben, in welchen die betroffenen Rechtsgebiete bzw. -ordnungen nicht die Grundlage der Ausbildung zum Rechtsanwaltsberuf bilden. Da ausschließlich der Umbestellungsantrag verfahrensgegenständlich ist und der (ursprüngliche) Bestellungsbescheid vom 19.12.2014 nicht angefochten wurde, würde die Aufhebung jener Regelungen, welche bei der ursprünglichen Bestellung angewendet wurden, aber nichts daran ändern, dass der Bf bereits rechtskräftig als Verfahrenshelfer bestellt wurde. Auch eine Aufhebung der Umbestellungsregeln, insbesondere etwa von § 45 Abs. 4 RAO bzw. § 17 Abs. 6 iVm Abs. 5 lit. a bis f. GO OÖRAK, wäre für den Bf nicht zielführend, zumal der VfGH nur als „negativer Gesetzgeber“ agieren kann (Öhlinger/Eberhard, Verfassungsrecht10 [2014] Rz 1002). Das bedeutet aber, dass der VfGH nur Regelungen in dem Umfang aufheben könnte, als sie verfassungswidrig sind und nicht Regelungen ergänzen kann, etwa durch Hinzufügen weiterer Um-bestellungsgründe.
III.3.3. Im Übrigen treffen die verfassungsrechtlichen Bedenken des Bf nach Ansicht des erkennenden Gerichtes auch inhaltlich nicht zu: Es ist dem Verfahrenshilfesystem immanent, dass Rechtsanwälte als Verfahrenshelfer auch in solchen Fällen mit einer Vertretung oder Verteidigung betraut werden, die einen überdurchschnittlich hohen Arbeitsaufwand nach sich ziehen (vgl. VfSlg 12.638/1991). Die Betrauung des Bf im Rahmen der Verfahrenshilfe mit einer Vertretung, die möglicherweise aufwändiger ist als andere Verfahrenshilfesachen, weil sie die Aneignung spezifischer Kenntnisse in einer Rechtsmaterie, die nicht Gegenstand der Ausbildung war, erfordert, stellt für sich genommen daher keine Verfassungswidrigkeit, insbesondere keine Verletzung des Gleichheitssatzes, dar.
Gemäß § 8 RAO sind Rechtsanwälte „zur berufsmäßigen Parteienvertretung in allen gerichtlichen und außergerichtlichen, in allen öffentlichen und privaten Angelegenheiten“ befugt. Die Vertretungsbefugnis wird damit nicht auf Rechtsmaterien beschränkt, die Gegenstand der Ausbildung waren. Die Ausbildung soll daher nur die Grundlage der Befähigung zum Rechtsanwaltsberuf schaffen, grenzt aber nicht den späteren Tätigkeitsbereich ab, da ein Rechts-anwalt seine Kenntnisse und Fähigkeiten im Rahmen der Berufsausübung weiter-entwickeln kann. Es erscheint daher auch zulässig, einen Rechtsanwalt zum Verfahrenshelfer in Fällen, wie dem vorliegenden Fall zu bestellen. Wäre man hingegen der Ansicht, dass eine Bestellung zum Verfahrenshelfer nicht in Betracht kommt, wenn der Verfahrenshelfer Tätigkeiten ausüben müsste, für die er im Zeitpunkt der Bestellung keine (ausreichende) Ausbildung bzw. Kenntnisse hat, so könnte dies bei einer ausländischen Rechtsordnung, in welcher kein in der Liste eingetragener Rechtsanwalt Kenntnisse hat, letztlich dazu führen, dass in einer Verfahrenshilfesache gar kein Vertreter bestellt werden könnte. Eine solches Ergebnis wäre aber auch mit dem Grundrecht auf ein faires Verfahren gemäß Art. 6 EMRK unvereinbar, welches nicht nur in Strafverfahren ein Recht auf unentgeltliche Beigabe eines Pflichtverteidigers, sondern nach EGMR auch in Verfahren über zivilrechtliche Ansprüche unter bestimmten Umständen ein Recht auf Verfahrenshilfe einräumt.
Es war daher nach Ansicht des erkennenden Landesverwaltungsgerichtes auch verfassungsrechtlich zulässig, den Bf in der gegenständlichen Verfahrens-hilfesache zum Verfahrenshelfer zu bestellen bzw. den Antrag auf Umbestellung abzuweisen. Daran ändert auch am Umstand nichts, dass für den Bf aufgrund der gegenständlichen Verfahrenshilfesache ein Haftungsrisiko besteht. Im Übrigen besteht auch bei anderen Verfahrenshilfeangelegenheiten ein Haftungsrisiko und es ist auch nach dem bei Rechtsanwälten grundsätzlich anwendbaren Haftungs-maßstab des § 1299 ABGB nur für die Sorgfalt eines durchschnittlichen Fach-mannes des jeweiligen Gebietes, also gegenständlich für die Sorgfalt eines österreichischen Rechtsanwaltes, einzustehen (vgl. Reischauer in Rummel, ABGB3 § 1299 ABGB Rz 1 ff mwN).
III.4. Der Beschwerde kommt daher keine Berechtigung zu, sodass spruchgemäß zu entscheiden war.
IV. Die ordentliche Revision ist zulässig, da – soweit ersichtlich – keine Judikatur des VwGH zur Frage der Zulässigkeit einer „Abweisung“ einer Vorstellung durch das Plenum des Ausschusses einer Rechtsanwaltskammer vorliegt (vgl. dazu Punkt III.1.).
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs-gerichtshof und/oder einer ordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes-verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Dr. Wiesinger