LVwG-550710/15/Fi/MD

Linz, 15.12.2015

B E S C H L U S S

gefasst:

 

I. Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid der Bezirksgrundverkehrskommission Perg vom 1. September  2015, GZ: Agrar20-97-2015, aufgehoben sowie die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Bezirksgrundverkehrskommission Perg zurückverwiesen.

 

II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Eingabe vom 22. Juni 2015 beantragte der Bf die Genehmigung der Eigentumsübertragung an den Grundstücken Nr. 850/1, 850/6, 850/7 und 851 der Liegenschaft EZ 586, KG X, im Ausmaß von insgesamt 20.630 m2, durch den Mitbeteiligten aufgrund des Schenkungsvertrags vom 3. Juni 2015. Zur Begründung des Rechtserwerbs wurde angeführt, dass die Schenkung in erster Linie aus dem Grunde der Vermögensweitergabe in die nächste Generation erfolge. Der Bf erwerbe das Schenkungsobjekt zum Zwecke der Eigenbewirtschaftung. Der Bf habe einen landtechnischen Lehrgang absolviert, auf eine entsprechende Bescheinigung werde verwiesen. Derzeit sei das Schenkungsobjekt noch bis 18. Dezember 2015 an den Bruder des Bf verpachtet.

 

I.2. Der Bürgermeister der Marktgemeinde M erklärte mit Schreiben vom 1. Juli 2015, dass seitens der Marktgemeinde M gegen den beantragten Rechtserwerb keine Einwände erhoben werden würden.

 

I.3. Mit dem angefochtenen Bescheid versagte die belangte Behörde die grundverkehrsbehördliche Genehmigung mit der Begründung, dass die Liegenschaften des Mitbeteiligten immer einen einheitlichen landwirtschaftlichen Besitz dargestellt hätten, wobei mit Übergabsvertrag vom 6. Mai 2010 ein Teil dieses Besitzes im Ausmaß von 40,01 ha an seinen Sohn F H übergeben worden sei, der Rest sei als Rückbehalt im Eigentum des Mitbeteiligten verblieben. Dieses Rechtsgeschäft sei in der Sitzung vom 25. Mai 2010 trotz des erwähnten Rückbehalts grundverkehrsbehördlich genehmigt worden, da laut ergänzendem Schreiben des öffentlichen Notars Mag. W B vom 11. Februar 2010 der Mitbeteiligte erklärt habe, dass er diese zurückbehaltenen land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke später ohnehin an seinen Sohn F H übertragen werde. Begründet sei dieser zwischenzeitige Rückbehalt damit worden, dass er eine gewisse Sicherheit für den Fall eines nachträglichen Kapitalbedarfes, insbesondere auch im Hinblick auf eine allfällige Pflegebedürftigkeit seiner Ehegattin oder seiner eigenen Person, bedeute. Unter diesen Voraussetzungen habe damals aus Sicht der belangten Behörde das Rechtsgeschäft genehmigt werden können, da die gesamten Betriebsflächen letztlich wieder einheitlich dem Sohn F H zufallen sollten. Entgegen dieser von Übergeberseite bestimmten Vorgangsweise sehe nunmehr der gegenständliche Übergabsvertrag vom 3. Juni 2015 eine Aufteilung der zurückbehaltenen Flächen an die Tochter A-M H und an den Bf vor. Diese Vorgehensweise verhindere, dass der ursprünglich einheitliche Gesamtbesitz wieder zu einer Einheit in der Person des F H jun. zusammengeführt wird, vielmehr würde eine Realteilung stattfinden.

 

 

 

Ausgehend davon, dass bereits im grundverkehrsbehördlichen Verfahren aus dem Jahr 2010 entscheidungswesentlich davon ausgegangen worden sei, die gegenständlichen Grundflächen (die damals vom Rückbehalt betroffen gewesen seien) an F H jun. zu übergeben, solle es nunmehr – in Abkehr zur damaligen Zusage – eine Aufteilung der Flächen an die anderen Geschwister geben. Der ursprüngliche Stammbetrieb zerfalle somit. Überdies verfügten weder A-M H noch der Bf über einen landwirtschaftlichen Betrieb, zu dessen Stärkung der Grunderwerb beitragen könnte. Vielmehr komme es letztlich zu einer Verschlechterung der Agrarstruktur, da in Hinkunft die Flächen drei Eigentümern zufielen. Damit entspreche dieses Rechtsgeschäft nicht den Interessen an der Schaffung, Erhaltung und Stärkung eines leistungsfähigen Bauernstandes oder an der Erhaltung eines wirtschaftlich gesunden mittleren oder kleinen land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzes.

 

I.4. Gegen diesen Bescheid erhob der Bf durch seinen Rechtsvertreter mit Schriftsatz vom 15. Oktober 2015 Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit dem Antrag, dem Schenkungsvertrag vom 3. Juni 2015 die Genehmigung zu erteilen bzw. (in eventu) die Angelegenheit an die belangte Behörde zurückzuverweisen. Der Bf bringt vor, dass die belangte Behörde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens jegliche Erhebungen unterlassen und somit anhand eines mangelhaft festgestellten Sachverhaltes entschieden habe.  Mit Schenkungsvertrag vom 3. Juni 2015 habe der Mitbeteiligte die Grundstücke 850/1, 850/6, 850/7 und 851 im Ausmaß von 20.630 m2 aus der Liegenschaft EZ 586 Grundbuch X an den Bf übertragen. Diese Grundstücke seien vom Mitbeteiligten im Zuge der Übergabe an seinen Sohn F H zurückbehalten worden. Die belangte Behörde stelle hierzu fest, dass die Liegenschaft des Mitbeteiligten immer einen einheitlichen landwirtschaftlichen Besitz dargestellt habe, wobei mit Übergabsvertrag vom 6. Mai 2010 ein Teil dieses Besitzes im Ausmaß von 40,01 ha an den Sohn F H übergeben worden und der Rest als Rückbehalt im Eigentum des Übergebers verblieben sei. Dies sei nur teilweise richtig. Einerseits sei mit Übergabsvertrag ein Grundbesitz im Gesamtausmaß von 40,1326 ha übertragen worden. Darüber hinaus habe F H jun. mit Schenkungsvertrag vom 3. Februar 2015 eine weitere Liegenschaft, nämlich EZ 519 Grundbuch X mit dem bei der EZ vorgetragenen Grundstück 1919 Landw. (Acker) im Ausmaß von 25.561 m2 erhalten, sodass sich der Grundbesitz des F H jun. aktuell auf 42,6887 ha belaufe. Die belangte Behörde führe weiters aus, dass die grundverkehrsbehördliche Genehmigung des Übergabsvertrages an F H jun. nur deshalb erfolgt sei, weil der Mitbeteiligte in einem ergänzenden Schreiben des öffentlichen Notars Mag. W B vom 11. Februar 2010 erklärt habe, dass er diese zurückbehaltenen land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke später ohnehin an seinen Sohn F H übertragen werde. Unter diesen Voraussetzungen sei damals aus der Sicht der belangten Behörde das Rechtsgeschäft genehmigt worden, da die gesamten Betriebsflächen letztlich wieder einheitlich dem Sohn F H zufallen sollten. Dies sei jedoch unrichtig. Es sei immer die Absicht des Mitbeteiligten gewesen, seine drei Kinder gleichermaßen abzufinden. Um eine entsprechende Versorgung auch hinsichtlich der weichenden Kinder, nämlich des Bf sowie dessen Schwester A H, sicherzustellen, habe der Mitbeteiligte nicht seinen gesamten Liegenschaftsbesitz an seinen Sohn F H jun. übergeben, sondern habe er zu diesem Zweck weitere Grundstücke zurückbehalten. Nicht richtig sei, dass im Zuge der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung des Übergabsvertrages vom 6. Mai 2010 verbindlich erklärt worden sei, dass er die zurückbehaltenen land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke später ohnehin an seinen Sohn F H übertragen werde. Richtig sei vielmehr, dass das genannte Schreiben des öffentlichen Notars Mag. W B vom 11. Februar 2010 diesbezüglich überhaupt keine verbindliche Aussage enthalte. Es werde lediglich ausgeführt, dass der Mitbeteiligte „gedenkt, diese land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke, vorzugsweise entweder bereits unter Lebenden oder zumindest von Todeswegen auch an seinen Sohn Herrn F H zu übertragen“. Es sei aber auch ein Hinweis erfolgt, dass der Mitbeteiligte auch beabsichtigt, seine weichenden Kinder entsprechend abzufinden. Dass damit jedoch keine Bedingung bzw. verbindliche Zusage erfolgt sei, zeige sich auch daran, dass der bezughabende Bescheid der belangten Behörde vom 25. Mai 2010 zu Agrar20-63-2010 diesbezüglich auch keinerlei Ausführungen enthalte, dass aus der Sicht der belangten Behörde das Rechtsgeschäft nur deshalb genehmigt worden sei, da die gesamten Betriebsflächen letztendlich wieder einheitlich dem Sohn F H zufallen sollten. Dies sei dem genannten Bescheid nicht zu entnehmen. Das Schreiben des öffentlichen Notars Mag. B vom 11. Februar 2010, dessen Inhalt überdies vom Mitbeteiligten gar nicht genehmigt worden sei, habe somit auch keine verbindliche Aussagekraft. Tatsache sei nämlich, dass der Mitbeteiligte immer darauf aus gewesen sei, jedes seiner drei Kinder zu versorgen. Die belangte Behörde gehe überdies davon aus, dass die Liegenschaften immer einen einheitlichen landwirtschaftlichen Besitz dargestellt hätten und es nunmehr aufgrund der gegenständlichen Schenkungsverträge mit dem Bf und A H zu einer Realteilung des ursprünglich einheitlichen Gesamtbesitzes kommen würde. Dies sei ebenso unrichtig. Einerseits sei die Stammsitzliegenschaft des Mitbeteiligten etwa im Jahr 1960 in einem Ausmaß von 13,00 ha gekauft worden. Sämtliche dem Grundbesitz zugehörigen weiteren Grundstücke, so auch die gegenständlichen Grundstücke seien vom Mitbeteiligten zugekauft worden und seien daher ursprünglich nicht Teil der landwirtschaftlichen Stammsitzliegenschaft gewesen. Die Grundstücke 850/1, 850/6, 850/7 und 851 seien mit Kaufvertrag vom 18. März 1964 von Dr. L H gekauft worden. Mit Übergabsvertrag vom 6. Mai 2010 seien dann folgende Liegenschaften im Ausmaß von 40,1326 ha an F H jun. übertragen worden:

Grundstücke 506/1, 519/2, 525/2, 982/2, .224 und .267 der EZ 187, GB X,

EZ 372, GB X,

EZ 10, GB X,

EZ 6, GB X,

EZ 177, GB X sowie

EZ 105, GB X.

Darüber hinaus habe F H noch mit Schenkungsvertrag vom 3. Februar 2015 die Liegenschaft EZ 519 GB X im Ausmaß von 25.561 m2 erhalten, sodass sich der Grundbesitz des F H nunmehr auf insgesamt 42,6887 ha belaufe. Nicht richtig sei, dass nunmehr durch die gegenständliche Übertragung der zurückbehaltenen Grundstücke an den Bf sowie dessen Schwester A H der ursprüngliche einheitliche Grundbesitz zerfalle. Die Gesamtfläche der hier übertragenen Grundstücke der EZ 586 GB X, betrage 2,0630 ha. In Anbetracht eines bestehenden Grundbesitzes des F H im Ausmaß von 42,6887 m2 erscheine die nunmehr übertragene Grundfläche daher lediglich als geringfügig, sodass von einem Zerfall des Grundbesitzes nicht die Rede sein könne. Durch den späteren Zukauf der Einlagezahl 519 GB X durch den Mitbeteiligten sowie der Übertragung an seinen Sohn F H jun. sei ohnehin der ursprüngliche Grundbesitz beinahe zur Gänze wieder aufgestockt worden. Im Übrigen sei mit dem Bruder des Bf Herrn F H jun. vereinbart worden, dass dieser künftig die übertragenen Grundstücke des Bf bewirtschafte, sodass diese letztendlich im Wege der Pacht dem ursprünglichen Grundbesitz wieder zurückgeführt würden. Es werde ausdrücklich auf die Pachtbestätigung vom 14. Oktober 2015 hingewiesen. Die belangte Behörde gehe in ihrer rechtlichen Begründung davon aus, dass es entgegen der von Übergeberseite bestimmten Vorgangsweise eine Aufteilung der Flächen an die anderen Geschwister des F H jun. geben solle, weshalb der ursprüngliche Stammbetrieb zerfalle. Überdies würden weder A-M H noch der Bf über einen landwirtschaftlichen Betrieb verfügen, zu dessen Stärkung der Grunderwerb beitragen könnte. Vielmehr komme es dadurch zu einer Verschlechterung der Agrarstruktur, da in Hinkunft die Flächen drei Eigentümern zufielen. Dies sei nicht mit den Interessen an der Schaffung, Erhaltung und Stärkung eines leistungsfähigen Bauernstandes oder an der Erhaltung eines wirtschaftlich gesunden mittleren oder kleinen landwirtschaftlichen Grundbesitzes vereinbar, weshalb auf dieser Grundlage die grundverkehrsbehördliche Genehmigung versagt werden müsse. Diese Begründung sei jedoch unrichtig. Wie oben bereits dargelegt, handle es sich beim Schreiben des öffentlichen Notars Mag. W B um keine verbindliche Zusage und habe sich der Mitbeteiligte stets die Versorgung seiner weichenden Kinder durch Rückbehalt einiger Grundstücke vorbehalten. Darüber hinaus sei von der belangten Behörde übersehen worden bzw. seien diesbezüglich überhaupt keine Erhebungen gemacht worden, dass sich der Grundbesitz des F H entgegen der Angabe im Bescheid nicht auf 40,01 ha, sondern nunmehr auf 42,6887 ha belaufe. Mit Schenkungsvertrag vom 3. Februar 2014 sei vom Mitbeteiligten an seinen Sohn F H jun. eine weitere Liegenschaft EZ 519 Grundbuch X übergeben worden, sodass die zurückbehaltenen Grundflächen durch diese Schenkung beinahe zur Gänze wieder aufgestockt worden seien und sich der landwirtschaftliche Grundbesitz des F H aktuell auf 42,6887 belaufe. Die nunmehr übertragenen Grundstücke der EZ 586, GB X – mit Ausnahme der Grundstücke 864/2 und 865 - im Ausmaß von 2,0630 m2 verringerten daher den Grundbesitz – wenn überhaupt – nur geringfügig, sodass eine Gefährdung des ursprünglichen land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzes nicht zu erwarten sei. Darüber hinaus sei mit dem Bruder des Bf, Herrn F H jun., vereinbart worden, dass diese Grundstücke nunmehr im Wege der Pacht von Letzterem bewirtschaftet werden würden, sodass diese wieder dem ursprünglichen Stammbetrieb als land- und forstwirtschaftliche Nutzfläche dienten. Im Übrigen verfüge auch der Bf über die entsprechende Befähigung, die übertragenen Grundstücke selbst zu bewirtschaften, da dieser die Landwirtschaftslehre abgeschlossen habe und bis zum 22. Lebensjahr am elterlichen Hof beschäftigt gewesen sei.

 

II.1. Mit Schreiben vom 4. November 2015, eingelangt am 6. November 2015, legte die belangte Behörde dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die Beschwerde samt Bezug habenden Verwaltungsakt vor.

 

II.2. Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens wird (ergänzend zu Punkt I.) folgender Sachverhalt als erwiesen angenommen:

 

Der Mitbeteiligte ist Eigentümer der Liegenschaft EZ 586, KG X, bestehend aus den Grundstücken Nr. 850/1, 850/6, 850/7, 851, 864/2 und 865 mit einer Gesamtfläche von ca. 40.513 m2. Das Grundstück Nr. 851 (ca. 14.145 m2) ist ein Waldgrundstück, bei den Grundstücken Nr. 850/1 (ca. 5.887 m2), 864/2 (ca. 19.008 m2) und 865 (ca. 875 m2) handelt es sich um landwirtschaftliche Nutzflächen, bei den Grundstücken Nr. 850/6 (ca. 140 m2) und 850/7 (ca. 458 m2) um Straßenverkehrsanlagen.

 

Der Bf ist Alleineigentümer der Liegenschaften EZ 110, KG X, bestehend aus dem landwirtschaftlichen Grundstück Nr. 829/5 im Ausmaß von ca. 1.998 m2, EZ 350, KG X, bestehend aus der Bauparzelle Nr. 1004/7 mit einer Fläche von ca. 988 m2, sowie EZ 470, KG X, bestehend aus dem Baugrundstück Nr. 826/1 mit einer Fläche von ca. 1.465 m2. Darüber hinaus ist er Hälfteeigentümer der Liegenschaft EZ 830, KG X, bestehend aus den Bauparzellen Nr. 826/8 (ca. 714 m2) und 827/3 (ca. 679 m2).

 

Mit Schenkungsvertrag vom 3. Juni 2015 schenkte der Mitbeteiligte dem Bf die „restliche Liegenschaft Einlagezahl 586 Grundbuch X – nach Abschreibung der Grundstücke 864/2 und 865 – samt allen darin nunmehr vorgetragenen Grundstücken“ im Ausmaß von insgesamt ca. 20.630 m2.

 

Hinsichtlich der vom verfahrensgegenständlichen Schenkungsvertrag nicht erfassten Grundstücke Nr. 864/2 und 865 der Liegenschaft EZ 586, KG X, wurde zwischen dem Mitbeteiligten und Frau A-M H, bei der es sich um die Schwester des Bf handelt, ein auf den 3. Juni 2015 datierter Schenkungsvertrag abgeschlossen, welchem die belangte Behörde mit Bescheid vom 1. September 2015, GZ: Agrar20-96-2015, ebenfalls die Genehmigung versagte. Dieser Bescheid wurde vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit Erkenntnis vom 12. November 2015, GZ: LVwG-550709, wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

 

Mit von der belangten Behörde grundverkehrsbehördlich genehmigten  Übergabsbvertrag vom 6. Mai 2010 übertrugen der Mitbeteiligte und Frau M H an deren Sohn F H land- bzw. forstwirtschaftliche Grundflächen im Gesamtausmaß von ca. 40 ha. Es handelte sich dabei um die Grundstücke Nr. 506/1, 519/2, 525/2, 982/2, .224 und .267 der Liegenschaft EZ 187, KG X sowie die Liegenschaften EZ 372, KG X, EZ 10, KG X, EZ 6 und 177, je KG X, und EZ 105, KG X. Die verfahrensgegenständlichen Grundstücke der EZ 586, KG X, wurden  zurückbehalten.

 

Der Bf beabsichtigt im Falle der Erteilung der grundverkehrsrechtlichen Genehmigung die verfahrensgegenständlichen Grundstücke nicht selbst zu bewirtschaften, sondern an seinen Bruder, Herrn F H jun., zu verpachten.

 

Hinsichtlich des verfahrensgegenständlichen Rechtserwerbs wurde vom  Vorsitzenden der belangten Behörde kein Bekanntmachungsverfahren nach § 5 Oö. GVG durchgeführt.

 

II.3. Der festgestellte Sachverhalt ergab sich widerspruchsfrei aus den im Akt befindlichen Unterlagen, insbesondere aus dem Schenkungsvertrag vom 3. Juni 2015, den Grundbuchsauszügen und DORIS-Karten sowie aus dem das oben zitierte Verfahren der A-M H betreffenden Verfahrensakt zu LVwG-550709.

 

Die entscheidungswesentliche Feststellung, dass der Bf beabsichtigt, die verfahrensgegenständlichen Grundstücke nicht selbst zu bewirtschaften, sondern an seinen Bruder zu verpachten, ergab sich aus dem in dieser Hinsicht eindeutigen Vorbringen des Bf in seiner Beschwerde. So führt der Bf auf Seite 5 wie folgt aus: „Im Übrigen wurde mit dem Bruder des Beschwerdeführers Herrn F H jun. vereinbart, dass dieser künftig die übertragenen Grundstücke des Beschwerdeführers bewirtschaftet, sodass diese letztendlich im Wege der Pacht dem ursprünglichen Grundbesitz wieder zurückgeführt werden. Es wird ausdrücklich auf die Pachtbestätigung vom 14.10.2015, welche diesem Schriftsatz als Beilage angeschlossen wird, hingewiesen.“ Im gleichen Sinne heißt es auf Seite 7: „Darüber hinaus wurde mit dem Bruder des Beschwerdeführers Herrn F H jun. vereinbart, dass diese Grundstücke nunmehr im Wege der Pacht von Letzterem bewirtschaftet werden, sodass diese wieder dem ursprünglichen Stammbetrieb als land- und forstwirtschaftliche Nutzfläche dienen.“ Bestätigt wird dieses Vorbringen durch die mit der Beschwerde vorgelegte „Pachtbestätigung“ vom 14. Oktober 2015, nach welcher F H die verfahrensgegenständlichen Grundstücke auf unbestimmte Zeit vom Bf pachte. Der Bf bringt zwar auch vor, dass er „über die entsprechende Befähigung, die übertragenen Grundstücke selbst zu bewirtschaften“ verfüge. Dieser Hinweis kann aber aufgrund der zitierten, eindeutigen Ausführungen zur beabsichtigten Verpachtung sowie der schriftlichen „Pachtbestätigung“ nur als Hinweis auf eine möglicherweise vorhandene Befähigung verstanden werden, mit dem jedoch nicht zum Ausdruck gebracht werden soll, die gegenständlichen Grundstücke auch tatsächlich selbst bewirtschaften zu wollen. Aus diesen Gründen ist davon auszugehen, dass der Bf entgegen seinen Angaben im verfahrenseinleitenden Antrag („Der Geschenknehmer erwirbt das Schenkungsobjekt zum Zwecke der Eigenbewirtschaftung“) bzw. seiner Erklärung im Schenkungsvertrag nunmehr vorhat, die Grundstücke von seinem Bruder bewirtschaften zu lassen.

 

Im vorliegenden Verwaltungsakt finden sich keinerlei Anhaltspunkte dahingehend, dass ein Bekanntmachungsverfahren durchgeführt worden wäre (wie z.B. ein Schreiben an den Landwirtschaftlichen Siedlungsfonds oder Hinweise auf eine Bekanntmachung auf der Amtstafel bei der Geschäftsstelle der belangten Behörde), weshalb von dessen Unterbleiben auszugehen ist.

 

III. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

III.1. Gemäß § 31 Abs. 6 Oö. GVG hat das Landesverwaltungsgericht durch Senat zu entscheiden.

 

III.2. Die gegenständlichen Grundstücke sind zur land- bzw. forstwirtschaftlichen Nutzung geeignet und werden nicht zur Gänze für andere Zwecke als der Land- und Forstwirtschaft verwendet. Der zwischen dem Bf und dem Mitbeteiligten über die gegenständlichen Grundflächen abgeschlossene Schenkungsvertrag vom 3. Juni 2015 bedarf daher, aufgrund der darin vereinbarten Übertragung von Eigentum an land- bzw. forstwirtschaftlichen Grundstücken, der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung (§ 4 Abs. 1 i.V.m. §§ 1 Abs. 2 Z 1, 2 Abs. 1 Oö. GVG).

 

III.3. Zur maßgeblichen Rechtslage:

 

Nach § 4 Abs. 2 Oö. GVG sind Rechtserwerbe nach § 4 Abs. 1 leg. cit. zu genehmigen, wenn den öffentlichen Interessen an der Erhaltung land- oder forstwirtschaftlicher Nutzflächen und

1. an der Schaffung, Erhaltung und Stärkung eines leistungsfähigen Bauernstandes oder

2. an der Erhaltung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden mittleren oder kleinen land- oder forstwirtschaftlichen Grundbesitzes

entsprochen wird und

1. der Rechtserwerber glaubhaft macht, dass er das zu erwerbende Grundstück selbst ordnungsgemäß bewirtschaften wird oder

2. der Rechtserwerber glaubhaft macht, dass eine andere Person das zu erwerbende Grundstück ordnungsgemäß bewirtschaften wird und der Rechtserwerb nicht gemäß § 5 Oö. GVG zu untersagen ist.

 

Gemäß § 5 Abs. 1 Oö. GVG sind Rechtserwerbe nach § 4 Abs. 1 leg. cit. an Flächen mit einem Gesamtausmaß von mehr als 5.000 durch einen Rechtserwerber, der nicht glaubhaft macht, dass er diese selbst ordnungsgemäß bewirtschaften wird, vom Vorsitzenden der Bezirksgrundverkehrskommission  unverzüglich dem Landwirtschaftlichen Siedlungsfonds für Oberösterreich mitzuteilen sowie durch Anschlag an der Amtstafel bei der Geschäftsstelle bekannt zu machen. Ein Rechtserwerb ist nach § 5 Abs. 3 leg. cit. zu untersagen, wenn

1. eine Person, die die ordnungsgemäße Selbstbewirtschaftung der Flächen glaubhaft macht, diese Flächen für die Aufstockung ihres land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs benötigt und auch den Nachweis erbringt, zum Rechtserwerb in der Lage zu sein, oder

2. der Landwirtschaftliche Siedlungsfonds für Oberösterreich in Erfüllung seiner Aufgaben nach § 16 Abs. 1 lit. a Oö. LSG 1970

innerhalb der Bekanntmachungsfrist der Bezirksgrundverkehrskommission ein Kaufanbot für alle in der Bekanntmachung angeführten Flächen zu einem mindestens ortsüblichen Preis vorlegt.

 

Nach § 5 Abs. 2 Oö. GVG kann von einer Bekanntmachung abgesehen werden, wenn anzunehmen ist, dass der Rechtserwerb bereits aus Gründen des § 4 Abs. 6 Oö. GVG zu versagen oder der Rechtserwerb nach § 4 Abs. 5 Oö. GVG zu genehmigen ist.

 

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Bescheidbeschwerden in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, hat das Verwaltungsgericht nach § 28 Abs. 3 VwGVG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

 

III.4. Im gegenständlichen Verfahren steht der maßgebliche Sachverhalt noch nicht fest:

 

Der Bf beabsichtigt die verfahrensgegenständlichen Grundstücke nicht selbst zu bewirtschaften, sondern an seinen Bruder zu verpachten. Voraussetzung für die Erteilung einer Genehmigung ist damit unter anderem, dass der Rechtserwerb nicht gemäß § 5 Oö. GVG zu untersagen ist (vgl. § 4 Abs. 2 letzter Halbsatz Oö. GVG).

 

Nachdem im vorliegenden Fall keiner der Versagungstatbestände des § 4 Abs. 6 Oö. GVG erfüllt wird und der beantragte Rechtserwerb auch nicht nach § 4 Abs. 5 Oö. GVG genehmigungsfähig erscheint, ist vom Vorsitzenden der belangten Behörde zwingend ein Verfahren nach § 5 Oö. GVG durchzuführen. Erst nach dessen Abschluss kann festgestellt werden, ob für die gegenständlichen Grundstücke entsprechende Kaufanbote vorgelegt wurden, die zu einer Untersagung des Rechtserwerbs nach § 5 Abs. 3 Oö. GVG (bzw. einer entsprechenden Beurteilung des Rechtsgeschäfts im Hinblick auf § 4 Abs. 2 Oö. GVG) führen könnten.

 

Da dem Landesverwaltungsgericht selbst keine Kompetenz zur selbständigen Durchführung eines Bekanntmachungsverfahrens nach § 5 Oö. GVG zukommt, war der angefochtene Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit an die belangte Behörde zurückzuverweisen. Die Mitteilung an den Landwirtschaftlichen Siedlungsfonds für Oberösterreich sowie die Bekanntmachung durch Anschlag an der Amtstafel bei der Geschäftsstelle der belangten Behörde sind nach dem klaren Wortlaut des § 5 Abs. 1 und 2 Oö. GVG Aufgaben des Vorsitzenden der belangten Behörde, und nicht der belangten Behörde selbst. Schon alleine deshalb kann es sich bei § 5 Oö. GVG um keine vom Verwaltungsgericht nach § 17 VwGVG sinngemäß anzuwendende verfahrensrechtliche Bestimmung, die „die Behörde“ im Verwaltungsverfahren anzuwenden gehabt hätte, handeln. Ebenso wenig kommt die Durchführung eines Bekanntmachungsverfahrens durch den Vorsitzenden der belangten Behörde während des laufenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens in Betracht, zumal das Landesverwaltungsgericht keine Möglichkeit hat, dem Vorsitzenden der belangten Behörde die Durchführung eines Bekanntmachungsverfahrens (etwa mittels einer Weisung) aufzutragen (wohl würde es auch dem Sinn und Zweck des § 5 Oö. GVG widersprechen, Bekanntmachungen an der Amtstafel des Landesverwaltungsgerichts auszuhängen). Hingegen ist die belangte Behörde im Falle einer Zurückverweisung an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Landesverwaltungsgericht bei diesem Beschluss ausgegangen ist (vgl. § 28 Abs. 3 letzter Satz VwGVG).

 

Da somit ausschließlich vom Vorsitzenden der belangten Behörde zwingend durchzuführende Verfahrenshandlungen, die eine Voraussetzung für die Feststellung entscheidungserheblicher Tatsachen bilden, nicht gesetzt wurden, kann das Landesverwaltungsgericht den maßgeblichen Sachverhalt derzeit (vor Durchführung eines Bekanntmachungsverfahrens) nicht feststellen. Vielmehr ist die Sache an die belangte Behörde nach § 28 Abs. 3 Satz 2 VwGVG zurückzuverweisen. Nach dem Gesetzeswortlaut ist ein Vorgehen nach dieser Bestimmung grundsätzlich im Falle des Unterlassens „notwendiger Ermittlungen“ vorgesehen. Auch wenn das Verwaltungsgericht die fehlenden Ermittlungsschritte selbst setzen könnte, kann es nach § 28 Abs. 3 VwGVG bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken eine Zurückverweisung vornehmen (VwGH 26.6.2014, Ro 2014/03/0063). Umso mehr ist in Fällen wie dem vorliegenden eine Zurückverweisung geboten, wenn für die Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit wesentliche Verfahrensschritte, deren Setzung durch das Verwaltungsgericht selbst gesetzlich ausgeschlossen ist, im behördlichen Verfahren nicht vorgenommen wurden. Mangels einer Möglichkeit zur selbständigen Klärung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts kommt in derartigen Konstellationen nur eine Zurückverweisung der Angelegenheit an die belangte Behörde zwecks Ergänzung des Ermittlungsverfahrens in Betracht.

 

III.5. Die rechtswidrige Unterlassung der Durchführung eines Bekanntmachungsverfahrens nach § 5 Oö. GVG führt zwingend zu einer Zurückverweisung der Sache an die belangte Behörde, da nur deren Vorsitzender die in § 5 Oö. GVG vorgesehenen Handlungen durchführen kann. Dass die Voraussetzungen eines Bekanntmachungsverfahrens vorliegen bzw. dass ein solches nicht durchgeführt wurde, geht eindeutig aus dem vorliegenden Akteninhalt hervor. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte daher gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen werden.

 

IV. Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision

 

Trotz Fehlens einer Rechtsprechung des VwGH liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, wenn – wie im vorliegenden Fall – die Rechtslage eindeutig ist (vgl. VwGH 28.5.2014, Ro 2014/07/0053). Im gegenständlichen Fall ergibt sich aus dem klaren Wortlaut bzw. dem Sinn und Zweck des § 5 Oö. GVG, dass die darin vorgesehenen Verfahrensschritte nicht durch das Verwaltungsgericht selbst gesetzt werden können. Mangels einer Möglichkeit zur selbständigen Klärung des Sachverhalts kam daher nur die Zurückverweisung der Sache in Betracht.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Dr. Johannes Fischer