LVwG-350005/3/BMa/BA

Linz, 17.02.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag.a Gerda Bergmayr-Mann über die Beschwerde der P vom 12. November 2013, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 31.10.2013, GZ. 3.01-ASJF, wegen Ablehnung des Antrags auf Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs gemäß Oö. Mindestsicherungsgesetz zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

 

II.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 31.10.2013, 3.01-ASJF, wurde der Antrag der Beschwerdeführerin (im Folgenden Bf) vom 20. September 2013 auf Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs in Anwendung der Bestimmungen der §§ 4ff, 17 und 31 Oö. BMSG abgewiesen.

Begründend wurde von der belangten Behörde unter Zugrundelegung des Verwaltungsgeschehens und der Rechtsgrundlagen im Wesentlichen ausgeführt, die Bf habe keine Bereitschaft, ihre Arbeitskraft in zumutbarer Weise einzusetzen und sich um eine entsprechende Erwerbsmöglichkeit zu bemühen. Aus diesem Grund werde ihr die bedarfsorientierte Mindestsicherung gemäß § 11 Abs.5 Oö. BMSG nicht mehr gewährt.

 

I.2. Dagegen richtet sich die von der Bf am 12. November 2013 und damit rechtzeitig eingebrachte Beschwerde, die ausführt, die Bf fühle sich ungerecht behandelt, so habe die Bf wegen Sicherheitsbedenken die Stelle im Hutgeschäft nicht angenommen, da das WC in einem anderen Gebäude sei und das Geschäft während dessen unbeaufsichtigt sei, weil man nicht absperren dürfe. Somit sei das Geschäft frei zugänglich, obwohl das gesamte Bargeld in einer Schublade aufbewahrt werde. Ihr als alleinerziehender Mutter sei die Sicherheit sehr wichtig, weil sie sämtliche entstehende Schwierigkeiten alleine bewältigen müsse. Dass es von März bis Juli 2013 zu keiner Arbeitsaufnahme gekommen sei, sei darin begründet, dass sie schon 47 Jahre und damit für viele Firmen schon zu alt bzw. zu teuer sei, sie gesundheitliche Probleme habe, auf eine offene Stelle unzählige Bewerbungen kommen würden, sie als alleinerziehende Mutter eine Stelle mit mindestens 30 Wochenstunde benötige, um davon leben zu können und die meisten offenen Stellen im Bereich um die 20 Wochenstunden oder darüber seien. Sie bewerbe sich zumeist im Verkauf, weil es dort die meisten offenen Stellen gebe. Sie würde sich auch in anderen Bereichen bewerben, hätte jedoch nur Absagen bekommen.

 

II.1. Mit Schreiben vom 20. November 2013 wurde die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat vorgelegt. Damit ist gemäß § 49 Oö. BMSG die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenats begründet.

 

II.2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und erhoben, dass die BF seit 7. September 2013 Notstandshilfe in der Höhe von täglich 15,53 Euro bezieht (Ausdruck der AMS Daten für die Mindestsicherung vom 13.01.2014) und seit 2. Jänner 2014 geringfügig beschäftigt ist (Versicherungsdatenauszug betreffend P vom 13. Jänner 2014).

Über die Höhe des Entgelts aus der geringfügigen Beschäftigung hat die Bf aber keine Angaben gemacht, sodass diese nicht festgestellt werden kann.

Weil sich bereits aus dem vorgelegten Akt und den Erhebungen des LVwG der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und nur Rechtsfragen zu beantworten sind, konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

III.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Mit Bescheid vom 15. März 2013, 301-12-2/1 ASJF, wurde der Bf bedarfsorientierte Mindestsicherung befristet bis 4. September 2013 gewährt. Am 13. September 2013 sprach die Bf beim Magistrat der Stadt Linz vor, weil sie einen neuen Antrag auf Mindestsicherung stellen wollte. Dieser Antrag wurde am 20. September 2013 von ihr eingebracht unter Vorlage eines Schreibens der X betreffend die einvernehmliche Lösung des Arbeitsverhältnisses mit der Bf, der Vereinbarung über die Höhe der gesetzlichen Unterhaltsleistungen gemäß § 214 Abs.2 ABGB in Höhe von 524 Euro betreffend ihre Tochter T P, mit der sie im gemeinsamen Haushalt wohnt, der Zusicherung der Wohnbeihilfe vom 22. Mai 2013 in Höhe von 207,06 Euro und der Kopie eines Mietvertrags vom 21. Mai 2010, der Umsatzaufstellungen ihres Kontos vom 19. September 2013 und einer Lohnabrechnung vom August 2013. Von der belangten Behörde wurde eine AMS-Abfrage der Daten der letzten drei Monate am 20.11.2013  durchgeführt, wonach die Bf vom 20.6.2013 bis 27.6.2013 Notstandshilfe in der Höhe von täglich 20,97 Euro und Kursnebenkosten von 1,86 Euro und von 7.9.2013 bis 5.9.2014 Notstandshilfe in Höhe von täglich 15,53 Euro zugesprochen bekommen hat.

Aus einem Versicherungsdatenauszug vom 20.9.2013 geht hervor, dass die Bf von 28.6.2013 bis 6.9.2013 als Arbeiterin bei der Firma xy GmbH gearbeitet hat und ab 7. September 2013 wieder Notstandshilfe, Überbrückungshilfe bezieht.

 

Mit Schreiben vom 21. Oktober 2013 hat die Bf im Rahmen des ihr eingeräumten Parteiengehörs behauptet, sie sei arbeitswillig, sie habe jedoch die Arbeit, bei der sie im Zuge des WC-Besuchs in einem anderen Gebäude das Geschäft nicht absperren dürfe und dieses damit unbeaufsichtigt wäre, wobei sich das gesamte Bargeld in einer Schublade befinden würde, weil keine Kassa vorhanden sei, wegen Sicherheitsbedenken nicht übernehmen können. Zusätzlich könne sie aus gesundheitlichen Gründen keine Stelle annehmen, wo sie den ganzen Tag stehend verbringen müsse. Ihre gesundheitlichen Probleme wurden von der Bf aber nicht belegt.

Am 8. Juli 2011 wurde ein BBRZ-Gutachten des Berufsdiagnostischen Zentrums erstellt, wonach hinsichtlich der Bf eine Belastbarkeit für einen 8-stündigen Arbeitstag gegeben ist.

 

In der Folge erging der nunmehr bekämpfte Bescheid.

 

III.2. Beweiswürdigend wird ausgeführt, dass sich diese Sachverhaltsdarstellung auf den Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes zu 3.01-ASJF gründen, der ausschließlich von der Bf vorgelegte Dokumente und behördliche Erhebungen beeinhaltet, sowie auf die vom LVwG beigeschafften Ausdrucke betreffend die Bf aus Datenbanken.

 

III.3. In rechtlicher Hinsicht hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erwogen:

 

III.3.1. Gemäß § 4 Oö. BMSG kann bedarfsorientierte Mindestsicherung nur folgenden Personen geleistet werden:

  1. Personen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Land Oberösterreich haben und die Voraussetzungen des § 19 oder des § 19a Meldegesetz, BGBl. Nr. 9/19992 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl.Nr. 135/2009, erfüllen
  2. a) österreichischen Staatsbürgerinnen  und –bürgern oder deren Familien-angehörigen;

b) Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten;

c) EU-/EWR-Bürgerinnen oder Bürgern, Schweizer Staatsangehörigen oder deren Familienangehörigen, jeweils soweit sie durch den Bezug dieser Leistung nicht ihr Aufenthaltsrecht verlieren würden;

d) Personen mit einem Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt – EG" oder "Daueraufenthalt-Familienangehörige" oder mit einem Niederlassungsnachweis oder einer unbefristeten Niederlassungs- bewilligung;

e) Personen mit einem sonstigen dauernden Aufenthaltrecht im Inland, soweit sie durch den Bezug dieser Leistung nicht ihr Aufenthaltsrecht verlieren würden.

 

Voraussetzung für die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung ist gemäß § 5 Oö. BMSG, dass eine Person im Sinne des § 4 Oö. BMSG von einer sozialen Notlage betroffen ist und auch bereit ist, sich um die Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage zu bemühen (§ 7 Oö. BMSG).

 

Daraus geht hervor, dass die Mitwirkung der Hilfe bedürftigen Person in allen Phasen einer sozialen Notlage umfassend erforderlich ist: Sowohl bei der Abwendung drohender als auch zur Milderung und (dauerhaften) Überwindung bestehender Notlagen (Beilage 357/2011 zu den Wortprotokollen des Oö. Landtags XXVII. Gesetzesperiode, zu § 5 nach § 7 Abs.1 Oö. BMSG) setzt die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung die Bereitschaft der hilfebedürftigen Person voraus, in angemessener, ihr möglicher und zumutbarer Weise zur Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage beizutragen. Gemäß Abs.2 gilt als Beitrag der hilfebedürftigen Person im Sinne des Abs.1 insbesondere gemäß Z2 der Einsatz der Arbeitskraft nach Maßgabe des § 11 Oö. BMSG.

 

Nach § 11 Abs.1 haben Hilfebedürftige ihre Arbeitskraft in zumutbarer Weise einzusetzen und sich um entsprechende Erwerbsmöglichkeiten zu bemühen.

Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit ist auf die persönliche und familiäre Situation der hilfesuchenden Person sowie auf die Eigenart und Ursache der sozialen Notlage Bedacht zu nehmen (Abs.2 leg.cit.).

Gemäß Abs.3 leg.cit. darf der Einsatz der Arbeitskraft insbesondere dann nicht verlangt werden von

1.   arbeitsunfähigen Personen,

2.   Personen, die das 60. Lebensjahr vollendet haben,

3.   jenem Elternteil, der das im gemeinsamen Haushalt lebende, unterhaltspflichtige Kind bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres überwiegend selbst pflegt und erzieht, sofern aufgrund mangelnder geeigneter Unterbringungsmöglichkeiten (wie Kinderbetreuungseinrichtungen, Tagesmütter oder Tagesväter) keine Beschäftigung aufgenommen werden kann. Bis zur Vollendung des 2. Lebensjahres eines Kindes kann dieser Elternteil auch bei verfügbaren geeigneten Unterbringungsmöglichkeiten vom Einsatz der Arbeitskraft absehen, es sei denn, es hätte bereits bei der Entscheidung zum Bezug des Kinderbetreuungsgeldes eine abweichende Wahl für eine kürzere Bezugsvariante getroffen,...

 

Gemäß § 11 Abs.5 Oö. BMSG können im Einzelfall Leistungen der bedarfsorientierten Mindestsicherung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, über die Hälfte hinaus gekürzt werden oder von vornherein nicht gewährt werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn die betreffende Person ausdrücklich die Aufnahme einer zumutbaren Beschäftigung verweigert.

 

III.3.2. Die belangte Behörde hat nachvollziehbar dargelegt, dass die Aussage der Bf „arbeitswillig zu sein“ sowohl der Aussage der zuständigen Mitarbeiterin der Firma X entgegensteht als auch ihrer langjährigen Arbeitslosigkeit, nämlich seit Februar 2011. Seit März 2011 bis Juli 2013 wurde von der Bf bedarfsorientierte Mindestsicherung bezogen. Von März 2011 bis Juni 2013 ist es zu keiner Arbeitsaufnahme gekommen und die Bf wurde mehrmals darauf hingewiesen, dass sie verpflichtet sei, alle angebotenen Tätigkeiten anzunehmen, um die soziale Notlage abzuwenden. Eine Arbeit dürfe aus eigenem Verschulden nicht beendet werden.  Aus der von der Firma xy GmbH ausgestellten Bestätigung über die Beendigung des Dienstverhältnisses mit 6. September 2013, wonach dieses einvernehmlich aufgelöst wurde, und den nachfolgenden Recherchen des Magistrats der Landeshauptstadt Linz ergibt sich kein plausibler Grund dafür, dass diese Arbeit nicht fortgesetzt wurde.  

Auch das Vorbringen, aus Verantwortungsbewusstsein keine Stelle in einem Hutgeschäft anzunehmen, dessen Tür nicht versperrt werden könne, ist keine plausible Erklärung für die Beendigung der Beschäftigung nach zwei Probetagen. Die Aussage der Bf, sie könne aus gesundheitlichen Gründen keine Stelle annehmen, bei der sie den ganzen Tag stehen müsse, wurde von der Bf nicht weiter belegt. Diesbezüglich verweist aber die belangte Behörde in der Begründung des bekämpften Bescheids auf ein BBRZ-Gutachten des berufsdiagnostischen Zentrums vom 8.7.2011 von Dr. W, das zwar im Akt nicht aufliegt, gegen das die Bf jedoch auch nichts vorgebracht hat, wonach eine Belastbarkeit für einen 8-stündigen Arbeitstag für alle leichten und drittelzeitig mittelschweren Arbeiten gegeben ist.

Die belangte Behörde hat damit zutreffend die Mindestsicherung wegen fehlender Arbeitsbereitschaft nicht nochmals gewährt, ist es doch der Sphäre der Bf zuzurechnen, dass sie bei nunmehriger Antragstellung kein eigenes Einkommen mehr bezogen hat.

Zutreffend hat die belangte Behörde auch darauf hingewiesen, dass aufgrund der Alimente des vom KV für die minderjährige Tochter in Höhe von 524 Euro, den vom AMS gezahlten Leistungen in Höhe von 15,53 Euro täglich und der Wohnbeihilfe in Höhe von 207,06 Euro monatlich bei einem zu zahlenden monatlichen Wohnungsaufwand von 492,97 Euro der Wohnbedarf und der Lebensunterhalt für die Bf und ihr Kind mit dem Haushaltseinkommen gedeckt und durch die Nichtgewährung der Mindestsicherung nicht gefährdet ist.

Dies umso mehr, als die Bf nunmehr, seit 2. Jänner 2014, im Umfang einer geringfügigen Beschäftigung tätig ist, wodurch sie eine Entlohnung bis zu 395,31 Euro monatlich lukrieren kann.  Ihre Tätigkeit lediglich im geringfügigen Umfang ist aber ein weiteres Indiz für die Arbeitsunwilligkeit bzw. nur eingeschränkte Bereitschaft der Bf zu arbeiten, wäre sie doch nach dem BBRZ- Gutachten im Umfang eines achtstündigen Arbeitstags belastbar, was einer Vollbeschäftigung entsprechen würde.

 

Der bekämpfte Bescheid war damit zu bestätigen.

 

 

IV.   Zulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist zulässig, da im gegenständlichen Verfahren eine Rechtsfrage zu lösen war, zu der eine Rechtsprechung des VwGH zum Oö. BMSG fehlt, bei der Arbeitsunwilligkeit der Antragstellerin thematisiert wurde.

 

 

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer ordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag.a Gerda Bergmayr-Mann