LVwG-750299/16/BP/BD
Linz, 27.11.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Dr. Bernhard Pree über die Beschwerde des F M, geb. am x, T, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 23. September 2015, GZ: SE-1592/5-2015-Aig, mit dem die Entziehung der Waffenbesitzkarte Nr. x, ausgesprochen wurde,
zu Recht e r k a n n t:
I. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm. §§ 25 Abs. 3 und 8 Abs. 1 des Waffengesetzes 1996, BGBl. I Nr. 12/1997, in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. 161/2013, wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art.133 Abs.4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.
1. Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land (im Folgenden: belangte Behörde), entzog mit Bescheid vom 23. September 2015, GZ: SE-1592/5-2015-Aig, dem
Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) gem. § 25 Abs. 2 i.V.m. § 8 Abs. 2 Z2 WaffG 1996 i.d.g.F. die am 31.08.1981 von der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land ausgestellte Waffenbesitzkarte, Nr. x.
Begründend führt die belangte Behörde darin zunächst wie folgt zum Sachverhalt aus:
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitig am 30. September 2015 eingebrachte Beschwerde des Bf, worin wie folgt ausgeführt wird:
3. Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land legte den in Rede stehenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit Schreiben vom 21. Oktober 2015 zur Entscheidung vor.
4.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt und das Beschwerde-vorbringen.
Zusätzlich wurde am 26. November 2015 eine öffentliche Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich durchgeführt.
4.2. Im Vorfeld teilte die belangte Behörde mit, dass ihr ein Erscheinen bei der Verhandlung nicht möglich sei. Angeschlossen war der E-Mail ein Schreiben des Bf vom 15. November 2015, das hier kurz wiedergegeben wird:
Es ist ohne unnoetigem Aufschub mein Eigentum zurückzubringen (Langwaffen ehest). Habe schon Schreiben erhalten vom Verwaltungssenat Linz. Mir sind schon erhebliche Kosten entstanden. Habe seit acht Monaten Lungenentzündung und wenn man dazu noch von Nachbarn bedroht wird bleibt einem die Luft weg. Ich muss gezwungener weise durch diesen Umstand zwei Liegenschaftsnachbarn verklagen was Kraft kostet und man wieder bedroht wird. Ich bin zur Zeit zahlungsunfaehig habe Schulden und nichts mehr zu essen und brauche mich dadurch vor einem Amt nicht mehr öffentlich wehren. Erst dann wieder wenn ich wieder zahlungsfähig bin. Dies haben jetzt schon viele Menschen erfahren und die erzaehlen es weiter. Ich will kein Mittleid !
5. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von folgendem relevanten Sachverhalt aus:
Der Bf zeigt unverkennbar extreme Angstzustände, schildert nicht zusammenhängende Bedrohungsszenarien, denen er seit Jahren ausgesetzt ist und fühlt sich mannigfaltig bedroht. Er äußerte mit seinen Schusswaffen im Bedrohungsfall höchstens zuzuschlagen, nicht aber damit zu schießen. Die vom LKH S vorgeschlagene Medikation lehnt er ab, weil er nur Medikamente gegen seine Angstzustände benötige, keinesfalls aber schizophren oder paranoid sei.
6. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ist gemäß § 2 VwGVG zur Entscheidung durch Einzelrichter berufen, zumal das Materiengesetz keine Senatszuständigkeit vorsieht.
II.
Das vom Bf in der Verhandlung gezeigte Verhalten war durchaus geeignet, die aktenkundigen Diagnosen zu unterstreichen. Er brach häufig in Tränen aus und schilderte eingehend diverse Situationen, in denen er Angst gehabt habe oder bedroht worden sei. Er hält sich aber nicht für schizophren oder paranoid, weshalb er auch die vorgeschlagene Medikation ablehne. Wenn das gesamte Erscheinungsbild zwar eher depressiv als aggressiv wirkte, äußerte der Bf doch explizit mit seinen Schusswaffen im Bedrohungsfall nicht zu schießen, aber mit ihnen höchstens zuzuschlagen.
Die Ausführungen des Zeugen Dr. S rundeten den schon in der Verhandlung vom Bf gewonnenen Eindruck ab. Er bestätigte, dass der Bf in früheren Jahren die Medikamente entsprechend eingenommen habe, mit deren Anpassung allerdings nicht zufrieden gewesen sei, weshalb er sie selbst reduziert habe.
III.
1. Gemäß § 25 Abs. 3 Waffengesetz 1996, BGBl. I. Nr. 12/1997, in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. 161/2013 (WaffG), hat die Behörde waffenrechtliche Urkunden zu entziehen, wenn sich ergibt, dass der Berechtigte nicht mehr verlässlich ist. Von einer Entziehung auf Grund einer nicht sicheren Verwahrung ist abzusehen, wenn das Verschulden des Berechtigten geringfügig ist, die Folgen unbedeutend sind und der ordnungsgemäße Zustand innerhalb einer von der Behörde festgesetzten, zwei Wochen nicht unterschreitenden Frist hergestellt wird.
Gemäß § 8 Abs. 1 WaffG 1996 ist ein Mensch verlässlich, wenn er voraussichtlich mit Waffen sachgemäß umgehen wird und keine Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er
1. Waffen missbräuchlich oder leichtfertig verwenden wird;
2. mit Waffen unvorsichtig umgehen oder diese nicht sorgfältig verwahren wird;
3. Waffen Menschen überlassen wird, die zum Besitz solcher Waffen nicht berechtigt sind.
Gemäß § 25 Abs. 1 Waffengesetz 1996 in der geltenten Fassung hat die Behörde die Verlässlichkeit des Inhabers eines Waffenpasses oder einer Waffenbesitzkarte zu überprüfen, wenn seit der Ausstellung der Urkunde oder der letzten Überprüfung 5 Jahre vergangen sind. Außerdem hat die Behörde die Verlässlichkeit des Inhabers einer waffenrechtlichen Urkunde zu überprüfen, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Berechtigte nicht mehr verlässlich ist. Ergibt sich im Zuge solcher Überprüfungen, dass der Berechtigte nicht mehr verlässlich ist, so hat die Behörde die waffenrechtlichen Urkunden zu entziehen.
Ein Ausschluss der Verlässlichkeit ist gemäß § 8 Abs.6 des Waffengesetzes 1996 dann gegeben, wenn die überprüfte Person an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes nicht mitwirkt.
2.1. § 25 Abs. 3 WaffG normiert also in seinem ersten Satz, dass bei Wegfall der Verlässlichkeit einer Person waffenrechtliche Urkunden zu entziehen sind. Dabei ist der Behörde vom Gesetzgeber kein Ermessen eingeräumt, sondern die Rechtsfolge hat bei Wegfall der Verlässlichkeit einzutreten.
Die Verlässlichkeit im Sinne des WaffG wird durch § 8 Abs. 1 normiert, und dabei werden mehrere Alternativen angeführt, bei deren Vorliegen die Verlässlichkeit zu verneinen sein wird.
2.2. Im vorliegenden Fall ist insbesondere § 8 Abs. 1 Z. 1 WaffG relevant. Es muss also gewährleistet sein, dass eine Person Waffen nicht leichtfertig oder missbräuchlich verwendet.
Durch die Formulierung des § 8 Abs.1 ist die waffenrechtliche Verlässlichkeit im Sinne einer Prognose zu beurteilen. Diese Prognose betrifft den Umstand, dass die zu bewertende Person in Zukunft voraussichtlich mit Waffen sachgemäß umgehen und sie unter anderem nicht missbräuchlich oder leichtfertig verwenden wird. Diese Prognose zukünftiger Verhaltensweisen ist auf Grund der jeweils aktuellen Situation zu erstellen. Dabei wird auf das zu erwartende zukünftige Verhalten eines Menschen geschlossen.
2.3. Es ist nun festzuhalten, dass der Bf mannigfach unter Angstzuständen leidet und sich auch durchaus bedroht fühlt, sei es durch Nachbarn, sei es durch Personen, die ihm im Wirtshaus den Tisch wegnehmen, weil sie sich zu ihm setzen und mit ihm ein Gespräch über Autos beginnen, was er aber nicht wolle.
Dezidiert äußerte er auf Bedrohungsszenarien nicht durch Schießen mit der Schusswaffe reagieren zu wollen, höchstens damit zuzuschlagen. Im Sinne des § 8 Abs. 1 Z. 1 WaffG muss hier aber jedenfalls allein aus diesem Grund schon eine Prognose dahingehend gestellt werden, dass der Bf Waffen missbräuchlich oder leichtfertig verwenden könnte. Insbesondere ist hier anzuführen, dass der Bf die aufgrund der Diagnose Schizophrenie getroffene Medikation ablehnt. Es kann als allgemein bekannt vorausgesetzt werden, dass je nach Stadium der Erkrankung raptive Reaktionen zu erwarten sind, sofern nicht eine entsprechende Medikation befolgt wird. Genau dies ist aber vorliegend der Fall. Trotz des Umstandes, dass sich der Bf im Rahmen der Verhandlung sehr depressiv, aber wenig aggressiv zeigte, muss also in einer Prognose die Verlässlichkeit im Sinne des § 8 Abs. 1 Z. 1 WaffG als nicht gegeben erachtet werden.
2.4. Es ist also klar zu erkennen, dass der Bf Tatsachen gesetzt hat, die eindeutig Anhaltspunkte dafür bieten, dass er nicht (mehr) als verlässlich im Sinne des § 8 Abs. 1 WaffG anzusehen ist. Damit war aber grundsätzlich die waffenrechtliche Urkunde im Sinne des § 25 Abs. 3 erster Satz WaffG zu entziehen.
3. Es war also im Ergebnis die Beschwerde als unbegründet abzuweisen und spruchgemäß zu entscheiden.
IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art.133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Bernhard Pree